China 2007
Grosse Mauer und Sommerpalast
26.11.2007
Von 19.00 Uhr gestern bis heute morgen 7.00 Uhr habe ich nicht geschlafen - nein - ich war im Koma. Ich wachte von allein auf, jet-lag Richtung Osten ist niemals so schlimm, wie Richtung Westen. Ich fand mich im Frühstücksbereich ein. Es gab alles, was mein Herz begehrte ! Obst, O-Saft, Tee, Toast, Brötchen, Bacon, Würstchen, baked beans, Käse und Eier ! Wie verabredet standen Yang und der Fahrer parat und wir machten uns auf in Richtung Badaling, ca. 70 KM außerhalb Pekings, wo einer der am besten restaurierten und meistbesuchten Mauerabschnitte zu sehen ist.
Auf dem Weg dorthin stoppten wir jedoch noch in einer Cloisonné-Fabrik. Diese Besuche in meist staatlichen Fabriken gehören auch zum "Pflicht-Programm", man wird dort einfach hingeschleppt, wenn man organisiert unterwegs ist, ob man nun will, oder nicht. Nicht uninteressant, wie hier die Cloisonné-Stücke angefertigt wurden, aber es entspricht nicht meinem Geschmack und so kaufte ich nichts.
Warm verpackt, denn hier wehte ein scharfer, kalter Wind, machte ich mich auf die Klettertour auf der Großen Mauer. Sie ist übrigens nicht aus dem Weltraum zu sehen, wie vielfach behauptet wurde ! Mein Guide verabschiedete sich und ich machte mich auf den Weg.
Was auf Fotos immer so wie ein lockerer Spaziergang aussieht, ist in Wirklichkeit ganz schön anstrengend ! Das Teil ist nämlich fies steil und die Stufen sind hoch und unregelmäßig.
Und weiter, nur noch bis zum nächsten Wachturm...naja, und doch noch weiter bis zum übernächsten. Das Gefühl, auf der chinesischen Mauer zu sein, muß man auskosten. Anstrengend hin oder her...Das ist eben auch so ein "once-in-a-lifetime"-Erlebnis.
Nach 2 Stunden Geklettere war ich wieder unten - mit weichen Knien. Es ist einfach atemberaubend und total beeindruckend.
Relativ früh kehrten wir zum lilr (lunch in local restaurant) ein. Hunger hatte ich trotz der sportlichen Betätigung an der frischen Luft überhaupt nicht. Das interessiert allerdings nicht. Wenn auf dem itinerary lilr steht, dann wird das gnadenlos durchgezogen. Und zwar diesmal in einer Art riesigen, kahlen Halle, in der ich ca. 7 Teller gleichzeitig auf den Tisch geknallt bekam, dazu das obligatorische Getränk in wahlweise Form von Wasser, Cola oder Bier. Ich machte noch einen relativ lustlosen Versuch, mir etwas eiskalten Reis aufzutun und etwas Rindfleisch + x dazuzumengen, aber gab sehr schnell entnervt auf: Es schmeckte mir einfach nicht und ich hatte null Appetit. An den Tischen um mich herum waren andere Tourguppen (durchaus auch chinesische) platziert worden und mir fiel auf, daß die meisten westlichen Langnasen ebenfalls lustlos im Essen herumstocherten, während die Chinesen begeistert mampften. Mich beschlich der Verdacht, daß ich für den Rest der Reise wohl ein klitzekleines Essensproblem haben würde...(was ich von allen bisherigen Asienreisen nicht kannte).
Als nächstes besuchten wir den Sommerpalast und das war wunderschön ! Beeindruckende Tempel, Pagoden, Hallen und Nebengebäude in einer wunderschönen Parkanlage. Dazu ein riesiger See, auf dem man im Sommer auch rudern kann und ein bildschöner Wandelgang.
Wenn man als chinesischer Tourguide nicht - wie sonst gewohnt - eine Gruppe von mindestens 20 Touristen im Schlepptau hat, sondern nur eine einzelne Touristin, hat man ein Problem: Zuviel Zeit ! Wir waren eigentlich schon durch mit dem offiziellen Besichtigungsprogramm für diesen Tag, aber es war erst früher Nachmittag. Yang schlug vor, daß ich ja noch eine Hutong-Tour machen könne. Die Hutong sind die typischen, alten, verschachtelten Pekinger Altstadtgassen, von denen leider schon soviele der modernen Bauwut zum Opfer gefallen sind. Gott sei Dank hat man sich angesichts der letzten verbliebenen Hutong-Viertel endlich besonnen und den Wert dieser historischen Kleinode erkannt. Statt weiterhin Menschen brutal umzusiedeln und reihenweise Altstadtquartiere zu schleifen, um Baugrund zu gewinnen, hat man nun umgeschwenkt und restauriert wie besessen, um perfekt aufgemöbelte Hutong dem Olympia-Publikum 2008 präsentieren zu können. In der Gegend um Glocken- und Trommelturm setzte Yang mich also ab und überließ mich einem Rikscha-Fahrer und einem englisch-sprachigen Hutong-Guide, der auf dem Fahrrad nebenher fuhr.
Die Türen in den Hutong sind sehr aussagekräftig. Verzierungen, Balken und Schwellen verraten alles über den gesellschaftlichen Rang des Bewohners, seinen Beruf und seine finanzielle Lage.
Die ehemals mongolischen Begründer der Hutong haben ihre Quartiere sehr intelligent angelegt. Wasser war vorhanden und die Bauweise der Gassen war eine integrierte "firewall" im wahrsten Sinne des Wortes. Ich war tief beeindruckt !
Eine Hutong-Tour beinhaltet auch, daß man mal einen Blick in ein Privathaus werfen darf. Der Hausherr begrüßte uns und bat uns in´s Esszimmer. Dort tranken wir Tee, der Hausherr (ich schätzte ihn auf ca. 75 Jahre) erklärte die 400-jährige Geschichte seines Anwesens und mein Guide übersetzte. Dieser Mann und seine Familie hatten das Familien-Anwesen über Generationen für sich bewahrt und in einem hervorragenden Zustand erhalten. Das war bestimmt nicht einfach ! Als wir mit dem Tee-Trinken fertig waren, wurde es etwas weniger zeremoniell: Der Hausherr lotste mich in die "honeymoon-suite" (es war das Schlafzimmer seines Sohnes)und nötigte mich, auf dem Bett für ein Foto Platz zu nehmen. Kurzerhand schnappte er sich meine Kamera und machte die nächsten paar Fotos selbst. Er hatte sichtlich Spaß mit meiner Kamera und war jetzt nach dem "offiziellen Teil" ganz locker drauf. Er zeigte mir noch das Wohnzimmer und den Innenhof - ganz wichtig mit dem glücksbringenden Goldfischbecken.
Schon angesichts der Paläste und Hallen der Kaiser war mir eines aufgefallen: So besonders gemütlich, wohnlich und kuschelig haben die Chinesen es wohl nie gehabt. Harte Holz-Sessel, bzw. Stühle, weitgehend möbelarme Hallen, Betten (Kangs) mit Kissen aus Porzellan, alles etwas unbequem und mit Deko-Schnickschnack hatten sie es wohl auch nie wirklich. und noch heute sieht es in einem chinesischen Hutong-Anwesen fast genauso aus: Es ist zweckmäßig, aber gemütlich ist was anderes !Nur der offene Innenhof mit Goldfischbecken - das fand ich anheimelnd ! Mit der Hausbesichtigung waren wir im Prinzip durch - nur die Küche fehlte noch. Ich mochte nicht fragen, ob ich wohl einen Blick in die Küche werfen dürfe, aber mein Guide kam mir zuvor und sagte "keine Ahnung, wieso, aber die meisten Touristen wollen immer die Küche sehen! Wollen Sie auch ?" Und ob ich wollte !
Äh, nun ja. Dies ist die Küche. Sie war klein und ööh..., naja, also..schluck..., meine sieht anders aus, aber hier gab´s auf der anderen Seite auch eine Microwelle, die gibt´s bei mir nicht..also, okay, gewöhnungsbedürftig !
Weiter ging´s durch die engen Gassen, bis wir vorm Trommelturm standen. Gegenüber auf der gleichen Achse befindet sich der Glockenturm (der jedoch gerade restauriert wird). Wir erklommen die steile Treppe des Trommelturms und ich sah mir begeistert die riesigen Trommeln an, darunter auch die größte der Welt. Sinn und Zweck des Trommelturms war eigentlich die Zeitansage, denn das Gebäude beherbergt auch eine sehr schöne Wasseruhr und alle halbe Stunde wird auch heute noch getrommelt. So wußte man früher, wie spät es war. Ich hatte Glück und konnte eine Trommelshow beobachten.
Nun stand nur noch eines für heute auf dem offiziellen Programm: Peking-Ente. Ich kürze es ab: Ich mochte weder die Ente besonders gern, noch alles andere. Ich probierte zwar alles, aber ehrlich gesagt, machen Restaurantbesuche ganz allein nirgendwo auf der Welt Spaß, mir jedenfalls nicht, die ich auch zuhause höchst ungern auswärts esse, das sage ich mal fairerweise dazu.
Zurück im Hotel entledigte ich mich aller Kameras und machte mich auf in die hypermoderne Fußgängerzone Pekings, die Wanfujing Road. Inzwischen jetzt doch noch ein bißchen hungrig, lockte mich dort Mc Donald´s. Alle Chinesen dürfen mich jetzt steinigen, aber der Cheeseburger dort schmeckte mir wesentlich besser ! Ich bummelte noch ein wenig durch die shopping malls, aber ansonsten war´s das für heute !
Aufbruch: | 24.11.2007 |
Dauer: | 13 Tage |
Heimkehr: | 06.12.2007 |