Marokko
Drei mal drei Atlanten
Atlas Nummer eins nahm im Kampf der Titanen gegen die Götter teil und wurde von Zeus dazu verdammt, den Himmel, nach anderer Überlieferung die Erde, für alle Zeiten auf seinen Schultern zu tragen. Er stand mit einem Fuß auf dem Felsen von Gibraltar, mit dem anderen auf dem Atlas Nummer zwei, dem großen Gebirge, das Marokko in eine Nord- und Südhälfte teilt. Dies kann man im Atlas Nummer drei, der wahlweise Diercke, Meyer oder Bertelsmann heißt, ausführlich studieren. Dort sieht man, dass der marokkanische Atlas wiederum in dreifacher Ausfertigung vorliegt: als kleiner, mittlerer und großer Atlas.
Der mittlere Atlas erinnert etwas vage an den Schwarzwald. Das wäre noch deutlicher, wenn es dort Tannen statt Zedern gäbe. Die bekanntesten Skistationen (!) und Erholungsorte Marokkos finden sich hier und es wäre keine Überraschung, wenn man in einem der chicen Restaurants Schwarzwälder Torte angeboten bekäme, möglicherweise auch Schwarzwälder Kirsch, sicher jedoch keinen Schwarzwälder Schinken.
Der hohe Atlas ist ein imposantes Gebirge mit tiefen Schluchten und folgerichtig auch mit großen Höhen. Die Straßen winden sich endlos den Berg hinauf und die schweren Laster fahren bergauf wie bergab mit höchsten 5 Kilometer in der Stunde. Sehr nervig, wenn der Bus hinterher kriechen muss. Auf dem Pass und an anderen exponierten Aussichtsstellen haben Händler ihre Stände aufgebaut und bieten die schönsten Mineralien und Fossilien an. Um uns vor einem Kaufrausch zu bewahren, blieb der Bus nur eine Minute stehen, gerade genug Zeit, um das Schild mit dem witzigen Passnamen Tizi-n-Tichka aufzunehmen.
Am schönsten ist der mittlere oder Antiatlas. Er ist richtig kahl, braun, grau, wüstenhaft. Die Berge haben so gut wie keine Vegetation, sind aber dennoch wegen der geologischen Ablagerungen, Falten und Verwerfungen hochinteressant. Unsere Aufmerksamkeit galt aber nicht nur der Natur, sondern auch den beflaggten Straßen und Ortschaften. Der König von Marokko geruhte an selbigem Tag dieselbe Region zu besuchen wie wir. Wir sahen ihn zwar nicht, dafür aber die Menschen, die Fähnchen schwenkend am Straßenrand warteten und die Flotte schwerer Motorräder und Jeeps seiner Leibwache und mehrere Ambulanzwagen. Vor einem Gebäude standen einige dicke, schwarze, protzige Mercedes-Limousinen. Das war wohl der Moment, wo wir seiner Majestät am dichtesten auf die Pelle gerückt waren. Mohammed VI hat sich offensichtlich Harun al Raschid zum Vorbild genommen. Er reist zwar nicht anonym wie der berühmte Kalif von Bagdad, aber durchaus vergleichbar durch das Land, um Missstände aufzuspüren und umgehend zu beheben. Angeblich hat er, als er in einem Krankenhaus den Chefarzt nicht vor fand und man ihm sagte, er sei Golf spielen, diesen umgehend gefeuert. Er ist gefürchtet, dieser König, er verbreitet bei einigen seiner Landeskinder gehörig Angst und Schrecken. Uns hätte er vermutlich huldvoll zugelächelt, wenn er geruht hätte, uns überhaupt wahr zu nehmen. Sind wir es doch, die ihm die Euros und den Mercedes und die BMW-Motorräder ins Land bringen.
Aufbruch: | 07.04.2008 |
Dauer: | 12 Tage |
Heimkehr: | 18.04.2008 |