WORLD TOUR 2005

Reisezeit: Februar / März 2005  |  von Thomas M.

China: Beijing

Am nächsten Tag musste ich meinen Air China Flieger morgens um 8 Uhr bekommen - mal wieder ein früher Start. Ich war irgendwie supernervös - und habe mir die ganze Zeit vorzustellen versucht was mich wohl erwartet in der mir allzu wohl bekannten Hauptstadt?
Hat sich viel verändert in den anderthalb Jahren seit denen ich nicht mehr dort war? Gehört hab ich im Vorfeld ja schon einiges - aber war es das auch? Der 3-Stunden Flug war ganz angenehm bis auf den Sitz den man nicht zurücklehenen konnte und den ätzenden Fraß den die gute Air China serviert hat inklusive Instant - Kaffee (brrr). Vor dem Landeanflug konnte ich ein paar schöne Blicke auf die Chinesische Mauer erhaschen. Eine halbe Stunde später knallt der Pilot die 757 auf die Bahn. Das müsste man den in einer Simulatorsession noch mal üben lassen. Während er abbremst rauscht der 4-Bay Hangar von AMECO vorbei - mein früherer Praktikumsbetrieb. In mir kommt ein Gefühl der Vertrautheit hoch und ich kann es kaum mehr erwarten aus den Flieger zu kommen. Das ist in der Tat ein Problem mit 200 drängelnden und schubsenden Chinesen die noch mit an Bord sind.
Für die Fahrt in die Stadt nehme ich diesmal den Bus - auf eine lange Streiterei mit einen übergeschnappten Taxifahrer habe ich heute keine Lust. Ging aber ganz schnell und reibungslos. Es ist noch relativ kalt und die Landschaft braun und tot. Aber das wird sich in ein paar Wochen ändern. Mein Ziel ist Sanlitun, das Diplomatenviertel. Da der Bus dort nicht hält muss ich das letzte Stück mit dem Taxi fahren. Dann ist mir die Erste Veränderung aufgefallen - es fahren viele neue (grüngelbe) Taxis herum und die alten, roten für 1,20Y sind am verschwinden. Ein Vorbote der olympischen Spiele in 3 Jahren? Theo, einer meiner Freunde aus meiner Praktikumszeit hat mir sein Gästezimmer für meine Zeit in Peking angeboten - was ich dankbar angenommen habe. Es ist schon ganz was anderes, in einer richtigen Wohnung mit Freunden zu leben als in einen anonymen Hotelzimmer - auch wenn es da in Peking aber ganz gute gäbe.

Nun bin ich hier... an einem schönen, sonnigen Vorfrühlingstag. Spontan beschließe ich mir Theos Giant - Mountainbike zu schnappen und loszuradeln. Tiananmen, der Platz des Himmlischen Friedens heißt mein erstes Ziel. Berühmt und berüchtigt vor allem durch die blutige Niederschlagung der Demokratiebewegung am 3. Juni 1989. Der größte freie Platz der Welt auf den es geradezu wimmelt von uniformierten und Zivilspitzeln. Ich hatte Glück. Heute am Donnerstagnachmittag konnte man ins Mausoleum des Großen Vorsitzenden Mao Zedong. Das konnte ich mir nicht entgehen lassen vor allem weil ich es beim letzten mal in den ganzen sechs Monaten nicht geschafft habe Mao zu sehen was wohl an den nicht sehr arbeitnehmer- freundlichen Öffnungszeiten lag.
Das Ganze ist ein für China beängstigendes Schauspiel... hunderte von Menschen, Chinesen wie Touristen, die zivilisiert, ohne zu drängeln oder schubsen sich in eine Schlange anstellen und geduldig warten bis sie an der Reihe waren um Ihren -immer noch- innig verehrten Staatsgründer Plastikblumen zu Füßen zu legen.
Keiner rotzt, keiner spuckt und keiner sagt etwas - alle sind sie wie hypnotisiert. Das findet man ich China nur hier... glaubt es mir.
Das lustige ist, dass die Plastikblumen am Abend wieder eingesammelt werden und am nächsten Öffnungstag erneut verkauft werden - chinesischer Pragmatismus.
Anschließend gucke ich noch ein wenig den Drachen zu die am Platz herumfliegen- das habe ich früher auch gerne gemacht. War immer eine Schau für die Chinesen und ein beliebtes Fotomotiv. Rothaariger Ausländer der Drachen steigen lässt und dabei noch eine ganz gute Figur macht.

Auf den Rückweg radle ich die Chang-an entlang, die Prachtstraße bis zur Wangfujing der "Zeil" von Peking. Dort gibt es ein ganz gutes Kaffee. Viel Zeit habe ich nicht mehr da ich vor Einbruch der Dunkelheit zurück in der Sanlitun sein wollte. Theo´s Bike hatte kein Licht und der Gedanke 8 km in der Rush-hour ohne Licht zurückzuradeln gefiel mir ganz und gar nicht.
Irgendwie verspüre ich auf einmal ein Hungergefühl...essen aber was? Da fällt mir mein Lieblings - Russe ein. Restorant Elephant am Ritan - Park gelegen. Die haben eine klasse Forelle mit saurer Sahne überbacken. Das will ich. Ich schmeiße meine Bedenken über Bord und stoppe dort auch wenn es schon dunkel ist als ich wieder herausgekommen bin - hat sich aber gelohnt. Das mit den radeln im dunkeln war dann nicht halb so dramatisch wie befürchtet. Wirklich keiner von den Chinesen hat Licht am Rad und auch die Autofahrer schalten meist nur das Standlicht ein. Wozu auch kostet doch nur Sprit... Irgendwie hab ich es dann doch heil nach Hause geschafft und hab mich müde in der Küche breit gemacht.
Ganz schön heiß in der Wohnung... ach ja Peking ist eine zentralbeheizte Stadt und die Stadtregierung von Peking hat halt mal beschlossen, dass die Fernheizwerke erst am 15. April abgestellt werden, bis dahin laufen die Heizkörper in den Wohnungen auf vollen touren, und man kann sie nicht mal regulieren - ganz egal ob es außen kalt ist oder 25 Grad hat. Alles was einen bleibt ist das Fenster zu öffnen. Ich kann mich gut daran erinnern, dass 2003 nach abstellen der Heizung kurzzeitig eine kleine Kälteperiode einbrach und wir morgens in der Küche den Gasherd anstellen mussten um wenigstens ein bisschen Wärme zu haben. Das ist halt der Nachteil der Planwirtschaft, dass sie sich nicht wirklich am Bedarf orientiert.
Beim Blick aus dem Fenster sieht man die Botschaft von Zimbabwe, die Tag und nacht von einem Soldaten bewacht wird. Echt nett, den Kleinen zuzusehen, wie er in seiner schlecht sitzenden Uniform im Stechschritt vor dem Tor auf und ab schreitet. Das ist auch eine Besonderheit in Peking, die vielen Uniformierten die hier herumlaufen, vor allem im Diplomatenviertel. Der Grund für die scharfe Bewachung sind die Nordkoreaner, die früher gerne in ausländische Botschaften eindrangen um Asyl zu beantragen - vor allem die Deutsche Botschaftsschule war dafür ein beliebtes Ziel.

So ich merke schon, ich plaudere wieder mal aus dem Nähkästchen.
Die nächsten Tage verbringe ich meistens mit Radfahren, shoppen und dem ein oder anderen Besuch im Cafe. In Peking hat sich vor ein paar Jahren ein weiteres Kneipenviertel am Houhai - See gebildet. Wenn das Wetter passt ist es dort echt schön, weil man dort prima draussen sitzen kann.

Irgendwie wird mir plötzlich bewusst, dass mein Trip schon fast wieder zuende ist. Viel bleibt nicht mehr, eigentlich nur noch ein Tag Shanghai um Chi, einen weiteren bekannten zu besuchen.

© Thomas M., 2005
Du bist hier : Startseite Asien China Beijing
Die Reise
 
Worum geht's?:
Zweimonatige Reise durch Indien, Neuseeland, Indochina und China.
Details:
Aufbruch: 01.02.2005
Dauer: 8 Wochen
Heimkehr: 30.03.2005
Reiseziele: Indien
Bikaner
Neuseeland
Australien
Thailand
Laos
China
Weltweit
Der Autor
 
Thomas M. berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
Bild des Autors