Iran 2009
Shiraz
5.05.09
Ein Taxi bringt mich zum Terminal Kaveh. Der freundliche Herr an der Reception hat gestern für mich die Abfahrtszeiten nach Shiraz erfragt und mir einen Platz reservieren lassen. Der Bus fährt um zehn, gut zu wissen, dann reicht es, wenn man wenige Minuten vor der Abfahrt da ist und braucht nicht lange zu warten. Die Fensterscheibe ist dreckig, sodass man überhaupt keine schönen Fotos machen kann. Noch dazu ist der Himmel heute bewölkt. Gegen jegliche Regeln, die ich in anderen orientalischen Ländern kennen gelernt habe - in Jordanien stieg ich mal gegen zehn in einen Bus, der dann erst um elf losfuhr, als auch der letzte Platz besetzt war. Andere Mitreisende erzählten, dass der Bus eigentlich schon um 8 Uhr hätte losfahren sollen - startet unser Bus, obwohl wir nur halb besetzt sind, ganz pünktlich. Auf autobahnähnlichen Straßen verlassen wir den pulsierenden Trubel der Stadt steil in die Berge hinauf. Da die Fenster auf der anderen Seite sauberer sind und eh genügend Platz da ist, setze ich mich um. Wir umfahren halb Isfahan und dann wird mir plötzlich klar, warum wir halbbesetzt losgefahren waren: Nach einer guten dreiviertel Stunde steuert der Fahrer den Südterminal an, wo weitere Fahrgäste zusteigen. Zum Glück hat niemand den Platz reserviert, auf den ich mich gerade gesetzt habe. Im Fernsehen läuft irgend ein iranischer Film. Die Land- schaft ist ähnlich wie die zwischen Teheran und Isfahan. Weite wüsten- ähnliche Flächen, die in der Ferne durch raue, vegetationslose Gebirgs- züge, die fast an den Sina'i erinnern, begrenzt werden, ziehen kilometer- lang draußen vorbei. Weiter im Süden geht es Mitten durch eine Berg- landschaft mit satterem Grün, wahrscheinlich regnet es hier ab und zu. Sogar niedere Büsche gedeihen. Immerwieder stehen Polizisten am Straßenrand, die scheinbar nichts besseres zu tun haben, als Jagd auf Verkehrssünder zu machen. Nirgendwo sonst habe ich so viele Blitzer gesehen, wie im Iran.
Dummerweise habe ich in Shiraz nur noch ein Hotel für eine Nacht bekommen können, da wegen eines Seminars alles ausgebucht ist. Das heißt ich kann heute Abend Shiraz im Eildurchgang besichtigen, ohne viel zu sehen und dann morgen weiter nach Kerman, wenn es mir nicht noch gelingt für mindestens eine weitere Nacht ein Zimmer zu finden. Selbst dann muß ich mich morgen zwischen Shiraz und der Persepolis entscheiden.
Gegen halb sechs erreichen wir Shiraz. Ist das schöne Tor dort am Straßenrand nicht das Korantor? Dann wäre mein Hotel ganz in der Nähe, sodass ich eigentlich hier aussteigen könnte. Für die wenigen Schritte würde es sich nicht einmal lohnen, einen Taxifahrer zu bemühen, der dann enttäuscht ob der kurzen Entfernung nur wenige Rial einnehmen würde.
Es war tatsächlich das Korantor, aber der Busterminal ist auch nicht weit vom Park Saadi Hotel entfernt, wo ich heute Nacht bleibe. Die Dame an der Rezeption bedauert. Kein Zimmer für auch nur eine weitere Nacht frei. Sie hat heute morgen schon alle besseren Hotels in Shiraz für einen Gast, der noch ein Zimmer suchte, angerufen, alles ausgebucht. Schade eigentlich, das Park Saadi Hotel hat sehr schöne Zimmer und auch das Bad ist groß.
So schnell will ich aber nicht aufgeben. Ich beschließe trotzdem, in der Stadt in jedem Hotel an dem ich vorbei komme, egal, ob fünf oder keine Sterne, nachzufragen, vielleicht ist ja kurzfristig etwas frei geworden.
Der Weg in die Stadt führt bergab über den ausgetrockneten Fluß, wie er heißt, auch hier gibt es nur im regenreicheren Winter - bestimmt nicht halb so verregnet wie ein gewöhnlicher, kalter, deutscher (Nicht)sommer - und im Frühjahr nach der Schneeschmelze Wasser um dann in einem abflußlosen Salzsee östlich von Shiraz zu münden.
Händler haben ihre Sachen mitten auf der Straße ausgebreitet, wie auf einem Flohmarkt. Hauptsächlich werden Kleider und Schuhe angeboten. Ein Mordsauflauf herrscht, als finde das ganze nur einmal im Jahr statt. Die Straße endet dann in einem überdachten Bazar, welcher bald auf der Hauptstraße von Shiraz rauskommt. Ein Stück westlich trotzt die große Stadtfestung Arg-e Karim. Gegenüber strömt ein herrlicher Blumenduft aus dem Garten des Parsmuseums. Aber hierfür habe ich keine Zeit, jetzt gilt es erst, eines der hartumkämpften Hotelzimmer zu sichern. Westlich der Festung soll es laut Reiseführer einige Hotels geben. Das erste, in dem ich nachfrage, hat auch kein freies Zimmer mehr für die nächsten Nächte. Das zweite ist das Eram Hotel, indem schon meine Agentur, über die ich gebucht habe, erfolglos geblieben war. Ich will es trotzdem versuchen. In den besseren Hotels sprechen sie an der Rezeption alle Englisch, das ist kein Problem. Zwei Männer sitzen hinter dem Tresen. "Salam. Gibt es für morgen Nacht ein freies Zimmer?" "Kann sein, ich weiß es noch nicht, komm morgen früh um zehn, dann wissen wir vielleicht mehr." Ich frage, ob es Nachtbusse nach Kerman gibt, dann hätte ich morgen Zeit für die Persepolis und kann, wenn ich kein Zimmer bekomme, nachts weiter nach Kerman fahren. "Natürlich gibt es Nachtbusse" "Persepolis?" mischt sich der jüngere, schlanke, dunkle Mann ein, "Brauchst du einen Fahrer?" "Wieviel?" "350 000 zu Persepolis und Naqsh-e Rostam." "Und wenn ein Zimmer frei wird, ruf ich Euch gleich an, damit du bescheid weißt." fügt der andere hinzu. Das ist ein superduper Angebot. Wenn ich überlege, was eine zweistündige Wüstenfahrt im Wadi Rum gekostet hat, ist das wirklich billig und ich willige ein. "Ich heiße Mehdi, komm morgen früh und frag nach mir, wenn ich nicht da bin.
Zum Glück wird es hier erst gegen acht dunkel, und ich kann noch ein bisschen was von Shiraz bei Helligkeit sehen. Die ganzen Sehenswür- digkeiten haben zwar schon geschlossen, aber der Bazar von Shiraz ist architektonisch sehr schön gestaltet. Alles ist mit Spitzbögen und Gewöl- ben überdacht. Kleine Vögel zwitschern vergnügt aus Käfigen, die hoch über manchen Läden aufgehängt sind. Mit langgezogenem Ton ruft der Ezan zum Abendgebet. Dicht an dicht drängen sich die geparkten Autos in der Straße vor der Vakil-Moschee und einige, denen jeder Schritt zu weit ist, haben ihr Fahrzeug direkt vor dem grün erleuchteten Eingangsportal abgestellt.
Beim Essen im Hotel sitze ich nah an einer Art Terrassentür. Zwei Katzen kommen und warten vergebens, bis was herunterfällt. Eine Restaurant- angestellte mit violettrotem Kopftuch verscheucht sie. Als bestes Getränk im Iran hat sich das Delster, eine Art alkoholfreies Bier mit verschiedenen Geschmacksrichtungen, herauskristallisiert. Es gibt Neutral, Pfirsich oder Lemon. Lemon schmeckt am besten.
6.05.09
Gegen zehn bin ich wieder am Eram Hotel. Zimmer ist noch keines frei geworden und Mehdi ist auch nicht da. Auch telefonisch ist er nicht zu erreichen. Aber ich bekomme einen anderen Taxifahrer organisiert. Wenige Minuten später ist er da. Er heißt Hosein. Während ich auf ihn warte, kommt ein Gruppe Franzosen und fragt nach freien Zimmern. Die Antwort ist die gleiche. Zum Glück stehe ich schon oben auf der Reservierungsliste.
Hosein ist sehr nett und spricht gut Englisch. Er hat auch nichts dagegen , kurz beim Hotel Park Saadi vorbei zu fahren, um mein Gepäck abzuholen. Während ich auschecke tankt er den Wagen voll. 1 Liter kostet 1000 Rial, also etwa 8 Cent. Das heißt für jedes Auto steht monatlich zu diesem Preis eine Ration von 80 Litern zu. Alles was darüber ist kostet 5000 Rial, aber auch das ist für unsere Verhältnisse spottbillig.
Wir erreichen Marv Dasht, eine geschäftige Stadt, am Rande der Berge. Viele Nomaden und Bauern aus der Umgebung kommen hier her, um landwirtschaftliche und andere Erzeugnisse zu verkaufen. Riesige Weizenehren zieren einen Kreisverkehr an einer wichtigen Kreuzung. Weizen gilt als Wahrzeichen der weitläufigen Stadt, die ein wichtiges Zentrum für die Umgebung geworden ist. Nichts würde Touristen hier her ziehen, wenn da nicht die Persepolis, die Stadt der Perser, wie sie die Griechen nannten, wäre.
Die Persepolis oder Takht-e Jamsheed, Thron des Jamsheed, wie die Perser sie nennen, ist jene Stadt, die Darius im Jahre 515 v.Chr. am Fuße des Kuh-e Rahmat, dem Berg der Gnade, auf einer künstlich angelegten Terrasse erbauen ließ. Die Pracht der eindrucksvollen Gebäude, die mit Hilfe lydischer Architekten erbaut wurden, sollte die Weltherrschaft des Achäminidenreiches sinnbildlich demonstrieren. Darius' Nachfolger Xerxes und Artaxerxes vollkommneten die Anlage, indem auch sie ihre Paläste hier bauten.
332 v. Chr. wurde sie von Alexander dem Großen besetzt und ging nach einer Feier des griechischen Heeres in Flammen auf. Ob es sich um ein Racheakt für die Zerstörung der Akropolis in Athen oder nur um einen Unfall im Überschwang der Feier handelt ist Streitpunkt vieler Forscher und wird wahrscheinlich für immer ungewiss bleiben.
Die Stufen des Monumentalaufgangs wurden bewusst sehr flach gebaut, damit sie auch von Reittieren mühelos begangen werden konnten. Das Tor aller Länder, an dessen Seiten, riesige Steinfiguren, wie zwei Aufpasser wachen, erinnert etwas an die Tempelanlagen in Ägypten. Von dem Hügel oberhalb der Stadt hat man einen tollen Ausblick über die gesamte Anlage. Die heiße Fühjahrssonne brennt wieder in ihrer gewöhnlichen Kraft. Es ist immer wieder lustig zu sehen, wie sich Deutsche verhalten, wenn sie glauben nicht verstanden zu werden. "Blau wie die Nacht." singt ein Rentner der sich dort auf einem Stein nierdegelassen hat. "Kennst du das nicht mehr?" fragt er den anderen. "Ne kenn ich nicht." "Blau wie die Nacht." singt er wieder: "Das passt doch, bei dem blauen Himmel." meint er und beide lachen.
Von der Hundert-Säulen-Halle sind nur noch die Sockel der Säulen, die bei dem Brand zerbarsten und die gewaltigen steinernen Türrahmen der acht Eingänge übrig geblieben. Die Überreste der Apadana, in der die Empfänge zum Neujahrsfest stattfanden, bringen nur noch einen geringen Eindruck davon, wie sie früher einmal ausgesehen haben muß. 10000 Leute fanden darin Platz. Über 20 Meter war der Palast hoch, dessen Dach nur mächtige Säulen aus Zedernholz zu tragen vermochten. Von den mit Gold beschlagenen Holztoren ist heute nichts mehr zu sehen. Hier ist auch der Fundort einer Steinkiste, die eingemauert war und die goldenen Gründungsurkunden der Persepolis barg. Eindrucksvolle Wandreliefs stellen dar, wie die Gesandten dem König zum Neujahrsfest ihre Gaben brachten. Meder, Armenier, Byzanthiner, Skythen, Babilonier und andere mit Schalen, Bechern und Tüchern in den Händen, mit Schafen, Kamelen oder Pferden im Schlepptau formieren sich zu einer ganzen Prozession. Als Sinnbild für den Sieg des Frühlings über den Winter und damit für den Beginn eines neuen Jahres, rammt ein Löwe, der die Sonne symboli- siert, seine scharfen Zähne in den Schenkel eines sich aufbäumenden Stieres. Die meisten Reliefs sind noch sehr gut erhalten und damit das auch so bleibt, sind einige Bereiche mit Sperrbändern versehen, sodass niemand etwas kaputt machen kann. Nicht selten ertönen die schrillen Trillerpfeifen der strengen Aufpasser, wenn jemand versucht, über die Absperrungen zu klettern.
Hosein hat sein Auto an einem schattigen Platz geparkt, es sich auf dem Rücksitz bequem gemacht und die Zeit genütz, ein kleines Nickerchen zu machen. Auf einer schnurgeraden Straße geht es weiter Richtung Naqsh-e Rostam. Rechts stehen die Zelte eines Nomadenlagers. Verschleierte Frauen und dunkelhäutige, sonnengebräunte Männer gehen ihrer Abreit nach. Vor uns treibt ein Hirte seine Ziegenherde über die Straße. Einige Hunde kauern vor dem Lager im Sand.
Man weiß nicht viel über die Nekropole Naqsh-e Rostam, die etwas an Petra in Jordanien erinnert. Klein wie Ameisen wirken die Leute vor den gigantischen, kreuzförmigen, hoch über dem Erdboden tronenden Vertiefungen im Fels. Die Gräber werden nur durch einen kleinen Eingang markiert, neben dem Säulen, wie eine Vorhalle zu einem Palast angedeuted sind. Eine Inschrift über dem rechten Grab, die ohne Fernglas allerdings fast nicht zu entziffern ist, nennt Darius den Großen. Man nimmt an, dass das Grab auf der rechts abknickenden Seite und die links davon auf das Konto von Darius' Nachfolgern Xerxes, Artaxerxes und Darius ll gehen. Unter den Gräbern, fast auf Bodenhöhe, wurden kämpferische Krieger zu Pferd mit Schwertern und Spießen in den Fels gehauen.
Gegenüber der Felswand steht die Kabeh-ye Zartosht, die "Kaba'a des Zaratustra". Keiner weiß genau, wozu sie diente, die einen Forscher sehen darin einen Feuertempel, andere bestreiten dies mit der Begrün- dung, dass der Tempel oben komplett geschlossen ist und kein Rauch hätte abziehen können. Sie glauben eher an eine provisorische Grab- stätte, in der die Toten solange gelagert wurden, bis die Felsgräber fertiggestellt waren.
Auf der Rückfahrt klingelt Hosseins Handy. Gerade ist ein Zimmer für mich frei geworden. Am Qorantor legen wir noch einen Stop ein. Früher führte die Straße direkt durch das Tor, in dem zum Schutz der Stadt ein Koran eingemauert war. Außerdem glaubte man, wer beim Verlassen der Stadt am heiligen Koran vorbei gehe, sei auf seiner Reise beschützt. Oberhalb des Tors steht das Khwaju-Kermani-Denkmal. Es stellt den Dichter und Sufi-Meister selbst dar, wie er gerade in einem seiner Bücher schreibt. Auch seine Grabstätte befindet sich hier. Schon von hier hat man einen schönen Blick über die Stadt doch noch besser soll er vom Aussichtsturm oben auf dem Berg sein.
Bevor wir ins Hotel zurückfahren machen wir einen Umweg zum Buster- minal, um ein Ticket nach Kerman zu kaufen und erfragen die Abfahrts- zeiten. Hossein macht das alles für mich. Der Bus fährt früh um sieben, das ist mir fast zu bald, aber einen späteren Bus gibt scheinbar es nicht.
Ich beziehe mein neues Hotelzimmer mit modernen Möbeln, werfe einen Blick in den Reiseführer und bin schon wieder startklar, für eine Stadtbe- sichtigung von Shiraz. Es ist erst halb drei und die verbleibende Zeit sollte reichen, das gröbste an Sehenswürdigkeiten zu besichtigen.
Die alte Festung Arg-e Karim ist aus Lehmziegeln gebaut. An jeder der vier Ecken wird sie durch einen runden Turm verstärkt. An einer Seite ist der Untergrund abgesackt, sodass der Turm eine starke Schieflage hat und somit an den Schiefen Turm von Pisa erinnert. Über dem Eingang der Burg ist ein Bild aus Fliesen von Rostam, dem Helden des Shahmaneh. Hinter den Mauern befindet sich ein Garten, mit Zitrusbäumen, ein altes Badehaus, eine Fotoausstellung mit historischen Bildern der Stadt und einen Raum mit lebensgroßen Puppen, die eine Szene darstellen, wie es in der Festung damals so war.
Im Bazar-e Vakil reicht mir eine junge Frau einen schmalen, einparfü- mierten Papierstreifen, bedruckt mit persischen Schriftzügen, und die Vögel in ihren Käfigen zwitschern wieder voller Fröhlichkeit. Südlich des Bazar sprechen mich zwei Touristen mit einem aufgeschlagenen Buch in der Hand an und fragen nach dem Weg. Leider kann ich ihnen auch nicht helfen.
Mein Spaziergang führt mich zur Masdjed-e Atiq, die alte Freitags- moschee. In der Mitte des typischen vier-Iwan-Hofes steht das Khodai Khaneh, "Haus Gottes". Die ausufernden, runden Eckeinfassungen erinnern an die Türme einer Burg. Ein Schriftband auf türkisblauem Grund zieht sich oberhalb der Säulen um das ganze Gebäude. Zwei Frauen sitzen in einer schattigen Ecke und reden gedämpft miteinander. Ein alter Mann in ausgebeultem, braunen Anzug schleicht langsam über den Hof.
Dann sticht mir die auffällige Kuppel der benachbarten Moschee ins Auge. Sie hat fast die Form einer Birne. Es ist der Schrein des Shah-e Chiraq. Hier lieg Seyyed Mir Ahmed, ein Bruder des 8. Imams Reza begraben. Im Gegensatz zur Masdjed-e Atiq ist der Innenhof von vielen Besuchern belebt. Ein großes mit weißem Marmor eingefasstes Wasserbecken ist in der Mitte und hohe Bäume spenden mit ihrem grünen Blätterdach den ein oder andren schattigen Platz. Vor dem Eingang des Mausoleums gibt man seine Schuhe ab. Der Wärter stellt sie in ein extra dafür vorgese- henes Regal. Erst später lese ich im Reiseführer, dass Nichtmuslime seit 2002 hier eigentlich gar keinen Einlass mehr finden. Das Eingangsportal wird von einem goldenen Stalaktitengewölbe geziert. Im Inneren ist alles mit tausenden und abertausenden von kleinen Spiegeln ausstaffiert, in denen das Licht der gewaltigen Kronleuchter in alle Richtungen reflektiert wird. Ganze Schlangen haben sich vor dem Grabmal gebildet. Geduldig warten die Gläubigen, bis sie an der Reihe sind, um einen ehrfürchtigen Blick hinter die Glasscheibe zu werfen, die silbernen Gitter davor zu berühren und zu küssen. Obwohl verboten gibt es doch den ein oder anderen, der fotografiert. Auch ich ziehe mein Handy vorsichtig aus der Hosentasche und mache schnell und unauffällig zwei Fotos.
Ein paar Jungs spielen auf der Straße, rennen herum oder fahren Fahrrad. Der eine hat seinen Gürtel abgemacht und versucht einem anderen, dar auf dem Drahtesel sitzt, auf den aller Wertesten zu hauen. Dieser tritt mächtig in die Pedale und entwischt dem Übeltäter. Ein anderer, vielleicht sechs Jahre alt, sitzt vor einem Vogelkäfig und flennt, aber der Vogel ist nicht tot, er lebt und singt ganz unbeeindruckt von dem Kummer des Jungen.
Im Hamam-e Vakil, ein altes Badehaus, ist eine Teppichausstellung. Besonders gefallen mir die Teppiche mit den Löwenmotiven. Der eine stellt eine Löwin dar, die sich mit den Vorderpfoten auf einen Baumstamm stützt und den Betrachter mit neugierigen, wachen Augen ansieht. Auf einem anderen ein Löwe, der auf der Suche nach Beute, majestätisch durch ein Blumenfeld schleicht.
Shiraz ist für seine schönen, großzügig angelegten Gärten bekannt. Schon immer haben die Bewohner dieses trockenen, vegetationsarmen Landes ihre Blütenvielfalt und das frische Grün geliebt. Um wenigstens einen von ihnen gesehen zu haben, schaue ich beim Baq-e Jahan Nama vorbei. Auf dem Weg dorthin, direkt hinter dem ausgetrockneten Fluß liegt ein weiteres Mausoleum eines Bruders des 8. Imams. Der Schrein des Ali Ibn Hamzeh .Die Kuppel ist ebenfalls wie die des Shah Cheraq birnenförmig und auch hier ist das Innere mit zahlreichen Spiegeln geschmückt.
Am Abend, auf dem Rückweg ins Hotel, treffe ich auf einen recht seltsamen Zeitgenossen, der fragt, ob Sex unter Männern in Deutschland gut ist und außer ähnlichem Unsinn nichts im Kopf zu haben scheint. Ich habe meine Bedenken, dass er falsch gepolt ist. "Ich muß gehen." sage ich. "Warum?" "Ich bin müde, ich war bei der Persepolis, in Naqsh-e Rostam und den ganzen Nachmittag in Shiraz unterwegs." Dass ich zum Essen gehen will muß ich ihm ja nicht gerade auf die Nase binden, sonst muß ich womöglich noch die iranische Gastfreundschaft kennen lernen, was unter anderen, normalen Bedingungen sicher sehr schön und interessant gewesen wäre. Auch wenn das Essen in den Hotels oder Restaurants nicht schlecht ist, heißt es, dass man die wahren Gaumenfreuden und die Vielfalt der persischen Küche nur als Gast bei einer Familie erfahren kann.
Mehdi ist wieder an der Reception. Er bedauert, dass er heute früh nicht da sein konnte, weil ihm etwas wichtiges dazwischen gekommen ist. Er mußte seine Frau irgendwohin wohin fahren.
Zwischen Isfahan und Shiraz
abends in Shiraz
Persepolis
Naqsh-e Rostam
Shiraz
Arg-e Karim Khan
Shah-e Cheraq
Hamam-e Vakil
Baq-e Jahan Nama
Aufbruch: | 01.05.2009 |
Dauer: | 15 Tage |
Heimkehr: | 15.05.2009 |