Peru - oder "Ich weiss, das liegt nicht in Asien!"

Reisezeit: September / Oktober 2009  |  von Theresa Völlker

Die Klinik in San Juan de Lurigancho

An meinem zweiten Tag nun sollte ich in der Klinik in San Juan de Lurigancho anfangen. Ich bin also bis zu der Außenstelle des Institutes gefahren und von dort hat mich dann Ivan mit dem Instituts-minibus zur Klinik gebracht.
Wichtigste Aussage die mir mit auf den Weg geben wurde: "Du verlässt auf keinen Fall alleine das Klinikgelände!!! Ruf an wenn du wieder weg willst!"
Der Fakt dass in und um das Gelände mehr Securitypersonal steht als drinnen Ärzte arbeiten machte die Sache auch nicht viel vertrauenswürdiger. Aber immerhin kann man sich auf dem Gelände frei bewegen.
Ich bin also einfach losgezogen und habe mich durchgefragt zu dem Arzt der mir gestern zugeteil wurde: "Donde está Dr. Ruiz?" (Ok, das ist nicht die wortgewandteste Art dies zu tun, hat mich aber am Ende zum Ziel geführt!)
Der fragte mich noch einmal kurz ob ich gut Spanisch spreche und verstehe (was ich verneinte!) und führte mich dann stolz und wie ein Wasserfall quasselnd durch die Klinik - leider habe ich eben nur die Hälfte verstanden.

Die Klinik hat also eine Notaufnahme, eine Normalstation (bestehend aus 5 Betten), eine Gynäkologie (ca 210 Betten) mit angeschlossener Geburtshilflicher Station (20 Betten) und der Kinderstation (ca 20 Betten). Die letzten drei gennanten beherrschen eindeutig das gesammte Geschehen und eigentlich scheint die ganze Klinik aussschließlich für Entbindungen da zu sein. Operationen werden nur in Notfällen durchgeführt und mindestens die Hälfte davon scheinen Kaiserschnitte zu sein.
Zur ihrer Verteidigung ist zu sagen, dass es sich um eine Klinik der Kathegorie 2 handelt. Es geht in Peru insgesamt bis von 1 bis 4 und die Kathegorien 1 und 2 sind fast ausschließlich für Basisversorgung und Notfälle da.

Schön für mich ist, dass ich nicht nur bei den Kindern bin, sondern eigentlich die ganze Zeit durch die Klinik gereicht werde und scheinbar alle das Ziel haben mich rechtzeitig zu den Geburten zu lotsen.
Leider ist es bis jetzt nicht so richtig gelungen. Ich kam immer ein klein wenig zu spät und konnte nur gerade noch sehen wie die Nabelschnur durchtrennt wurde.
Aber man vertraut mir offensichtlich genug, um mir die Kinder nach der Geburt gleich in die Hand zu drücken und den ersten Check zu machen. Bei uns würde das U1 heißen. Ausserdem gibt's eine Vitamin K Spritze. Nach dem Trockenrubbeln (was gleichzeitig ein schöner Atemantrieb für die Kleinen ist) stecke ich die Minis dann in entsprechend zartrosa oder blau gefärbte Jübchen, Pullover, Jacken,... (ungefähr 5 Schichten!) bis nur noch die Nasenspitzen rausschauen.

Mein erster kleiner Patient bevor ich die finalen Schichten hinzufüge!

Mein erster kleiner Patient bevor ich die finalen Schichten hinzufüge!

Insgesamt sind das aber schon andere Zustände als bei uns.
Zum einen ist es so, dass hier KEINE Angehörigen mit auf Station dürfen. Bei uns heißt es immer, das wäre so in anderen Kulturen, wenn wieder 10 Mann in einem Zimmer stehen. Hier würde die das auch gerne tun, werden allerding grob davon abgehalten. Nachteil: Wenn man auf die Station will muss man durch eine riesige Traube von Menschen. (Die einem allerdings alle ein freundliches "Guten Tag Herr/Frau Doktor!" zu rufen.)
Außerdem müssen die Angehörigen der Patientinnnen eine Anzahl bestimmter medizinischer Verbrauchsmaterialien in der Klinik abgeben bevor irgendeine Behandlung los geht. Diese müssen selbstständig außerhalb der Klinik erworben werden.
Weiterhin ist beispielsweise der Kreißsaal alles andere als schön. Hier ist nichts mit Beruhigungsmusik und tollen Gebährstühlen oder so. Der Raum ist ca 12qm groß, gefließt und enthält 3 gynäkologische Stühle auf denen ohne räumliche Abtrennung nacheinander oder gleichzeitig die Kinder zur Welt kommen. Nach der Geburt steht eine Schwester (oder ich ) bereit und nehmen das Kind in Empfang. Dann sieht die Mutter das Kind meist für die nächste Stunde nicht - Nachgeburt, gegebenenfalls Naht des Dammschnitts, Kindsuntersuchung, ...

Die ganze Zeit werde ich glücklicherweise von 2 PJlern (in Peru ist das Medizinstudium fast genau wie bei uns!) begleitet die leider auch nicht wirklich Englisch können aber immerhin eine wahnsinns Geduld aufbringen wenn ich versuche irgendetwas zu sagen.

Patty und Andrea - ohne die ich hier total verloren wäre!

Patty und Andrea - ohne die ich hier total verloren wäre!

© Theresa Völlker, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Im September 2009 ist es nun so weit und ich traue mich tatsächlich einmal in ein Land welches nicht in Asien liegt! Das ist Absicht! ;-)
Details:
Aufbruch: 07.09.2009
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 21.10.2009
Reiseziele: Peru
Der Autor
 
Theresa Völlker berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.