Eine Kaffeefahrt nach Kolumbien

Der Winter und die Regenzeit in Perú hat uns weder sesshaft noch träge gemacht. John und ich wollten einen Tapetenwechsel, die dunkle Wolken in Lima und auch die, für uns, relativ niedrige Temperaturen verführten uns dazu mal über die Grenzen zu schauen und dabei wurde unser Blick auf Kolumbien gelenkt. John hatte schon lange die Anzeigen in den Zeitungen gesehen mit Titeln wie, "wenn du einmal in Kolumbien bist, läufst du Gefahr nicht wieder nach Hause zu wollen". Aber das waren alles Angebote zu den Stränden der Karibik, in Hotels mit 1000 und mehr Gästen, jeden Abend Remmidemmi, Mittags am Pool Coco Loco, Caribean Punch und abends Salsa bis zum Umfallen. Ansosten hatten bislang Johns Auskünfte über Kolumbien, mangels zuverlässiger Information, oder eher solcher beunruhigender Art zum Erfolg, dass wir eher verängstigt waren.

Als John aber eine Anzeige sah von einer zuverlässigen Fluggesellschaft, der uns zu einem geringen Preis Retour Flüge nach Kolumbien anbot, haben wir zugegriffen. Und dann ging es mit der Planung ernsthaft los. Wir wollten eine echte eigene Tour abklappern und John, der ein Meister im Organisieren ist, hat nach einer zweimonatigen Internetstudie, endlich mir einen Entwurf von einer 2000 Km Reise mit dem Auto präsentiert. Zur Sicherheit hat auch beigetragen, dass in dem Frommer's Reiseführer 2009 zum ersten mal Kolumbien aufgeführt wurde.

Im El Dorado Flughafen von Bogotá angekommen wurden wir von einem jungen Mann abgeholt, der uns zur Thrifty Agentur fuhr, wo John unser Auto gemietet hatte. Dass es sich um einen Hyundai Vision 1.6 handelte und obendrein automatisch, haben wir später sehr bereut, der Wagen war total ungeeignet für die Topografie Kolumbiens.

Aber vorerst waren wir erst mal total motiviert und sausten los, die Formalitäten in der Agentur hatten sehr lange gedauert und wir hatten nicht damit gerechnet, dass unser Ziel weiter war, als uns vorgeschaukelt worden war.

Diese Tatsache war während der ganzen Reise für uns oft ein grosses Problem, die Kilometer Zahlen in Kolumbien können sehr irreführend sein, einmal steht eine Zahl 15 und es stellt sich heraus, dass es das Doppelte ist, aber es kann auch sein, dass es nur 2 kilometer sind. Und diese Aussage gilt sowohl für die Landkarten als auch für die Schildern entlang der Strassen. Hinzu kam, dass so nah an dem Äquator, es in Kolumbien immer um ungefähr 6 Uhr dunkel wird, also sehr schnell war es stockfinster und wir noch längst nicht angekommen.

Übrigens ist das Klima von Bogotá sehr angenehm, niemals tropisch heiss, denn die Stadt liegt auf 2.500 meter über dem Meer. In Kolumbien teilt sich die Andenkette in drei Teilen, sodass man die westliche, zentrale und östliche Cordillera hat und dadurch gibt es drei verschiedene Klimazonen. In den zwei Tälern entlang der Cordilleras fliessen die zwei grossen Flüsse Kolumbiens von Süden nach Norden, westlich ist de Cauca und östlich der Magdalena. Der Cauca-Fluss fliesst irgend wann in den Magdalena rein und dieser in das Karibikmeer, beide zu einem grossen Teil befahrbar. Westlich an der Pazifikküste gibt es keine Attraktionen, weder gute Strassen noch Hotels, da entgegen wird die Küste entlang der Karibik, ganz oben im Norden immer mehr für die Touristen erschlossen. Östlich befindet sich ein grosses unerforschtes Urwaldgebiet das etwa die Hälfte der Fläche Kolumbiens ausmacht. Kolumbien hat 32 Bundesstaaten.

Unser Ziel war Villa de Leyva, ein kleines koloniales Städtchen im Jahre 1572 gegründet und im Jahre 1954 unter Denkmalschutz gestellt, 180 Km nördlich von Bogotá gelegen, in dem Bundestaat Boyacá. Was am meisten beeindruckt ist die Plaza de Armas, riesig gross und umgeben von einer herrlichen Landschaft, eher nicht wichtig, das Rathaus nichtssagend, ausser die knubbelige Strassenbedeckung.

Ich sagte noch zu John, stell dir mal vor, wie die Menschen früher in ihre Kutschen über diese Steine geholpert sind. Später haben wir erfahren, dass einer der Bürgermeister erst im Jahre 1960 diese Steine hat legen lassen, denn vorher waren die Strassen alle ganz normal aus Erde, bzw. Sand. Der jetzige Bürgermeister weigert sich die Strassen zu verbessern und die Einwohner der Stadt streiten denn ihre Auto sind mittlerweile zum grossen Teil alle kaputt.

Wir kamen irgendwann Abends in der Dunkelheit an und fanden unsere Unterkunft, jedoch ohne Beleuchtung. Grosses, imposantes Tor, daneben ein Schild mit dem Namen " La Posada de las Ventanas de Fierro" wir klopften, denn es gab keine Klingel, aber nichts passierte. Mittlerweile hatten wir einen sehr grossen Hunger, die Airline hatte uns nur ein trocknes Brötchen mit einem undifinierbaren Käse serviert, dass uns bestimmt nicht gesättigt hatte.

Was tun! Wir hubbelten herum auf dem komischen Pflaster und fanden ein angenehmes Restaurant, direkt in der gleichen Strasse, wo wir erst mal landeten um zu Essen und uns zu überlegen wie es nun weitergehen könne. Wir erzählten unser Problem der Bedienung und voilá wurde zum Eigentümer des von uns reservierten Hotels Kontakt aufgenommen. Man hatte unser Klopfen nicht gehört und innerhalb weniger Zeit kam der Eigentümer selbst um uns zu begrüssen und uns dann zum Hotel zu führen.

Hotel ist masslos übertrieben, aber es ist eins der wonnigsten Plätzen, die ich in meinem Leben gesehen habe. Es erinnerte mich immer wieder an die Villa Kunterbunt von Astrid Lindgren. Die Frau des Hauses ist Malerin und hat ihre Fantasie einen sehr freien Lauf gelassen, sehr naiv, kindlich, aber niedlich gleichzeitig.

Ihr Mann ist ein absoluter Träumer/Romantiker/ Illusionist, zwei Doktorate aus Schottland und USA wovon ein in Tiermedizin, er hat einige Bücher geschrieben. Seine Posada, ein wunderschönes, sehr grosses Haus aus dem 17. Jahrhundert, das einstmal in Bogotá stand, hat er in seiner Gesamtheit abbauen und in Villa de Leyva wieder aufbauen lassen. Das Areal ist gross, es besitzt einen Fluss der durch einen grossen Garten fliesst und wo die Blumen wild durcheinander wachsen. Im Innenhof plätschert eine Fontäne und an allen vier Seiten hängen herrliche Farne und andere wunderschöne, blühende Pflanzen.