Vietnam - Eine andere Welt
Vietnam - Zentrales Hochland
Hoi An / Vietnam/ Zentrales Hochland 23.12. 2010
Ganz pünktlich um 8.30 Uhr morgens hat mich Nam vom Hotel abgeholt. Helm über gestülpt und ab ging die wilde Fahrt. Schon von den ersten Kilometern an hatte ich das Gefühl, Vietnam ohne ihn in seiner Vielfalt nicht besser kennen lernen zu können. So habe ich kurz entschlossen von zwei auf drei Tage ausgestockt.
Kostete zwar erheblich mehr, aber das wollte ich weiterhin sehen.
Anfangs schlingrig und holpernd besserte sich das Wetter wie auch die Straßenverhältnisse. Serpentinen ohne Ende. Kurvenreicher gehts nicht. Ein Traumparadies für Motorradfahrer. Es gab kaum Fahrzeuge und keine Touristenbusse. Die Strassen waren menschenleer. Einige Baustellen und die übliche Pho Bho-Nudelsuppe zum Mittag. Weiter gehts. Vorbei an Teefeldern (im Gegensatz zu Sri Lanka wird dort nur Grüner gezüchtet), an Goldminen, Holzschnitzern und Menschen, welche die vergrößerte Form zu Papadam herstellen.
Hinzu kamen noch die Dörfer der Urbevölkerung. Oftmals nur zu erreichen über wacklige Hängebrücken. 52 ethnische Minderheiten gibt es. Sehr viele Völker mit den unterschiedlichsten Kulturen. Niemand spricht die Sprache des anderen. Auch kein vietnamesisch. Ich erst recht nicht. Dort hin zu gelangen war mit meiner mir angeborenen Höhenangst nicht einfach.
Neeee @spider, jetzt darfste nicht schlapp machen. Sonst verlierste Dein Gesicht. Da mußte nun durch.
Ehrlich gesagt stand mir manchmal der Angstschweiß auf der Stirn. Trotzdem super bewältigt. Innerhalb kürzester Zeit hatte ich dann wieder ein ganzes Dorf um mich versammelt.
Vorher habe ich mich gefragt in wie weit ich fotografieren darf. Das war jedoch das geringste Problem. Wenn die Hände zu einem Fernglas geformt werden, ist es sogar ausdrücklich erwünscht. Als ich ihnen das Ergebnis zeigte, gab es wahre Jubelstürme und Schulter klopfen. Die Kinder waren hellauf begeistert. So einfach habe ich mir das nicht vorgestellt.
So arm die Menschen auch sein mögen, aber an jeder Strohhütte gibt es eine Satellitenschüssel.
Eines sollte man dabei beachten. Ein Weg durch Teefelder und über rutschige Pfade in manche Dörfer zieht unweigerlich Blutegeln nach sich.
Dazu gibt es einen guten Trick, den ich von Papua Neuguinea her kannte. Streichhölzer. Anzünden und die Kuppe drauf halten. Dann fallen sie ab.
Nam hat ein ausgesprochen gutes Gespür dafür besessen was ich überhaupt sehen wollte, setzte mich ab, zeigte in eine undefinierbare Richtung und das wir uns zwei Kilometer weiter treffen. Irgendwo an der Straße. Bis dahin muß ich alles alleine machen. Verfehlt habe ich ihn nie.
Das hat mir riesig gefallen. Endlich darf ich mir dazu so viel Zeit nehmen wie ich es denke. Kein Reiseveranstalter sitzt mir im Nacken und zeigt auf die Uhr.
Ganz abgesehen davon das sie ohnehin nur Vorzeigedörfer im Programm haben, jedoch niemals das richtige Leben.
In der Zwischenzeit gab es noch die Hot Spring Fields. Heißes Wasser aus den Bergen. Man liegt in einer riesengroßen Badewanne aus Beton und Marmor. Drum herum regnet es in Strömen. Shampoo und Zahnbürste ist vorhanden. Dann wird man alleine gelassen und besitzt ein tolles Schwimmbecken. Ganz für sich aleine. Im trockenen ein Strohschirm drüber und die Berge im Regen anschauen.
Das Hotel für die erste Übernachtung war zwar der unterste Standard, aber sauber. Dummerweise lag es ausgerechnet neben dem was sich wohl Stadthalle nennt.
Es wurde eine Bühnenaufführung geprobt. Mit der Lautstärke eines Düsenjets über Stunden hinweg das gleiche Stück. Völlig zerschossen davon kam ich gegen Mitternacht in den Schlaf.
Die Freude währte jedoch nicht lange.
Um 5 Uhr erinnerte man sich an moderne Technik und überdimensionale Lautsprecher die an wackligen Masten hoch über der kleinen Stadt in den Bergen angebracht sind.
Ein bißchen vietnamesisch habe ich mittlerweile gelernt. Zumindest die Zahlen von eins bis zehn. Diese wurden in unablässiger Reihenfolge wiederholt.
Gemischt mit neuen Kampfparolen. Frühsport !!!!
Eigentlich ist in Vietnam von Sozialismus kaum etwas zu verspüren.
Dort jedoch in höchster Potenz. Das klappt auch ohne Klassenfeind.
So viele Länder ich bisher auch besucht habe, nur wird in keinem auch nur annähernd die Staatsflagge so oft präsentiert.
Jedes Ölfass und Gesteinshaufen damit geschmückt. Kaum ein Foto läßt sich ohne dem machen.
Auch nicht in den ärmsten Dörfern. Naja, mich hats amüsiert.
So muß ich nicht mehr lange nachdenken Bilder in Vietnam gemacht zu haben
Am zweiten Tag gab es das versprochene wunderschöne Wetter. Ein einziger Traum.
Eine weitere Goldmine mit einem Bagger am Ufer den ich mir endlich auch mal von innen angeschaut habe.
Etwas unschlüssig stand ich davor. Keine Menschenseele. Dann rührte sich etwas und hat mich zum Tee gebeten.
Das laß ich mir doch nicht zweimal sagen. In einer Sprache die ich nicht kenne hat man mir alles gezeigt.
Woooow, ist das eine Technik. So einfach und doch effektiv. Darin steckt die Erfahrung von Jahrhunderten.
Ich war hellauf begeistert. Fotos soll ich doch machen. Von ihrem Schiff. Ganz viele. Darauf hat man bestanden.
Diese der Welt zeigen. Auch sie kennen den Touristenboom vieler Städte und können nicht davon profitieren.
Kaum jemand besucht sie. Zu abgelegen. Der große Kuchen wird woanders verteilt.
Davon bekommen sie nichts ab. Dabei erledigen sie einen verdammt harten Job.
Voller Hochachtung mußte ich mich dann doch verabschieden. Dort wäre ich gerne länger geblieben.
Mal einen Tag ihre Arbeit machen.
Weiter gings an überdimensionalen Reisfeldern. Diese kenne ich ja schon aus vielen Ländern Asiens, nur nicht so weit das Auge reicht.
Eine Terasse an der anderen. Kaum ein Berg bleibt ungenutzt. In einem kleinen Dorf gab es den nächsten Halt.
Nam kennt offensichtlich alle. Nach vielen Wochen endlich mal wieder einen Touristen vorbei zu kutschieren war die Wiedersehensfreude groß.
Dort werden Räucherstäbchen hergestellt. Jedes einzelne von Hand gerollt. Zur Trocknung auf der Straße präsentiert.
So was hab ich noch nie gesehen. Immer wieder wurde ich aufgefordert das doch zu fotografieren.
So was laß ich mir nicht zweimal sagen. Abends dann das nächste Hotel in Kham Duc. Erheblich besser ausgestattet, aber ohne Gäste.
Zwar kein Internet, aber sonst alles vorhanden. Kühlschrank, Fernseher. Alles da.
Sauber und korrekt. Die Übernachtung für 7 Euro.
Der letzte Tag war der Ausklang. Nach Hoi An zurück.
Wenn ich das alles vorher gewußt hätte, wäre ich mit Nam weiter durch Vietnam gefahren. Er hätte mir alles gezeigt was ich sehen wollte.
Nur fehlte mir dann doch die Zeit. Viele hundert Kilometer haben wir zusammen abgerissen und ich hatte nicht einmal das Gefühl der Unsicherheit.
Doch einmal. Bei einem Schlagbaum. Der war auf Halbmast. Nam kommt so klein wie er ist locker durch mit 80 Sachen.
Aber ich nicht. Bin doch erheblich größer. In dem Moment hat er ganz erschrocken auf die Bremse getreten. Da waren wir schon vorbei.
Habs zum Glück noch gesehen und bin in Deckung gegangen. Sonst wär die Rübe runter. Der arme Kerl war kreidebleich.
Erst mal Stop.
No problem !!!! Da war es auch mal an mir ein breites Grinsen an den Tag zu legen. So was steck ich locker weg.
Nur keine Hängebrücken. Davor habe ich Respekt.
Bei einem Kaffee zum Abschluss sein "Gästebuch" voll geschmiert.
Es waren drei unvergessliche Tage für 120 Euro plus zwei Übernachtungen.
Sicher hat Nam gut an mir verdient, mir aber auch Orte und Plätze gezeigt die ich sonst niemals gesehen hätte.
Es mag für Motorradfahrer eine sehr schöne Strecke sein, nur gibt es Orte und Plätze die man nicht alleine findet.
Eines ist jetzt schon sicher. Beim nächsten mal besuchen wir das Mekong-Delta und Saigon.
Er bringt seine Honda mit der Bahn dort hin, kennt auch dort viele Menschen und wir machen weiter wo wir aufgehöhrt haben.
In die andere Richtung.
Es waren drei wunderschöne Tage die ich niemals vergessen werde.
Du hast mir Vietnam gezeigt wie es wirklich ist und alles was ich sehen wollte.
Vielen lieben Dank, Nam.
Aufbruch: | 29.12.2009 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 28.01.2010 |