Myanmar (Birma) 2009/10

Reisezeit: Dezember 2009 - Januar 2010  |  von Peter Kiefer

Heuschrecken und kleine Frösche: Back home

Schon ein bisschen rostig: Ein alter Vauxhall.

Schon ein bisschen rostig: Ein alter Vauxhall.

Der Flug nach Bangkok kurz und reibungslos. Es ist noch früh am Tag und wir hoffen ihn nutzen zu können, aber dann schiebt der Expressbus in die Stadt sich so mühsam durch den Stau, dass wir das anvisierte Ziel, das Guesthouse vom letzten Mal, erst um die Mittagszeit erreichen. Und dann ist es auch noch ausgebucht. Wir lassen uns in einem anderen ein Zimmer reservieren und fahren mit der S-Bahn zur Silom Road, dort in einer Seitengasse liegt es. Es hat nicht den Charme des anderen, das Zimmer hat zwei Betten, genauer, zwei jeweils aufeinander gelegte Schaumgummimatratzen, auf denen man, wenn man sich draufstellt oder -kniet, sofort einen Eiertanz vollführen muss. Das Prunkstück jedoch ist ein kleiner dicker Safe, den uns das Mädchen, das uns heraufbegleitet hat, ausführlich erklären möchte. Aber die Matratzen reichen uns schon. Dann eine sinnlose Wanderung zu einem Nachtmarkt (am Tag!). Immerhin ist der Rückweg angenehm, er führt durch den Lumpini-Park, den größten in der Stadt. Zurück in der Silom Road nippen wir an zwei, drei Essständen, trinken etwas zwischendurch und entdecken schließlich ein Museum für Muscheln und Seeschnecken, das schönste, das man sich vorstellen kann. Nicht weit ist ein Hindutempel, dort beginnt gerade eine kleine Zeremonie, in die ich mich einbinden lasse. Für zwanzig Baht drückt mir der Priester einen roten Punkt auf die Stirn. Karin findet ihn da nicht passend und ich reibe ihn bald wieder weg. Als wir zum legendären Oriental Hotel gelangen (wo wir ohne ordentlichen Schlips nicht mal eine Tasse Tee bekämen), ist es schon dunkel und nun fängt es an zu regnen. Wir laufen noch zu der nahen Anlegestelle am Cha Phraya, nicht um mit dem Boot zu fahren, sondern in der Hoffnung von hier aus wenigstens dieses eine Mal einen Tempel leuchten zu sehen. Was bei unseren letzten beiden Aufenthalten, die schon länger als zwanzig Jahre zurückliegen, noch ganz selbstverständlich gewesen ist, in allen Farben schillernde Tempel, ist längst von Hochhäusern umstellt. Der Nachtmarkt an der Silom Road ist anscheinend ein rein touristisches Unternehmen, die ganze Straße ist es ja. Passend daher auch die Wand an Wand gelegenen Animierlokale. Skeptisch der Blick einer Straßenverkäuferin, als ich an ihrem Stand drei gebratene Heuschrecken kaufe (man kauft sie stückweise). Glaubt sie, das sei nichts für mich? Ähnlich wie bei Krabben entfernt man zuerst den Kopf, der Rest schmeckt etwas nussig, jedenfalls nicht unangenehm. Ebenso die kleinen Frösche, kaum so groß wie ein Eurostück. Der weiße Wurm, den Karin kostet, ist ihr, sagt sie, "zu eiweißhaltig". Ein klassisches rotes Thaicurry ist dann kurz darauf auch keine schlechte Lösung.

Schon längst wieder Erinnerung: Eine Stupa in einem Städtchen in Myanmar. Unverbaut.

Schon längst wieder Erinnerung: Eine Stupa in einem Städtchen in Myanmar. Unverbaut.

Die Nacht ist kurz, jedenfalls für uns, die wir nach Peking fliegen werden. Es ist wiederum ein langer Flug, denn wir haben einen Zwischenstopp in Guangzhou, besser bekannt als Kanton. Mit dem Flug jedenfalls geht diesmal alles in Ordnung und nun sind wir nach fast zweiundzwanzig Jahren zum ersten Mal wieder in China! In Guangzhou mieten wir uns für zwei Stunden ein Taxi, es soll uns ein wenig durch die Stadt kutschieren, aber - ich sehe es nur auf einem Foto - das beeindruckende Ensemble der nagelneuen Bürotürme bekommen wir gar nicht zu Gesicht, es liegt viel zu weit entfernt. Was wir sehen, wirkt recht nüchtern und passt zu den wesentlich kühler gewordenen Temperaturen. Auffallend die gepflegten Grünanlagen, häufig Mittelstreifen breiter Straßen. Viele Autos, vergleichsweise wenige Fahrräder, einmal eine Pferdedroschke. Der jugendliche Chauffeur bringt uns zu einem neu erbauten Kongresszentrum, für ihn sicherlich ein Inbegriff moderner Architektur, es erinnert mich, aber wirklich ganz entfernt, an die Berliner Philharmonie. Wir streifen durchs Gebäude und sind, wenn wir verbotenerweise ein paar Türen öffnen, fast mehr an den Reaktionen des Fahrers interessiert als an dem nicht sonderlich aufregenden Bau. Auf dem Weg zurück zum Flughafen plötzlich ein Knattern wie aus alten Maschinengewehren. Da ist jemand gestorben, sagt unser Fahrer. Von Kugeln niedergestreckt? Nein, natürlich nicht, es handelt sich um einen Trauerzug, der von ein paar fröhlichen Gestalten flankiert wird, die mit ihren chinesischen Krachern die Straße unter Feuer setzen. Die bösen Geister sollen einen Schrecken kriegen. Peking bereits nach Einbruch der Dunkelheit, hier liegt Schnee. Am Morgen noch tropisch, jetzt also die erste Übungseinheit für den heimischen Winter. Unser Hotel liegt ganz in der Nähe des Flughafens, eine gesichtslose Unterkunft in einer ebensolchen Gegend. Dafür ein wunderbares Restaurant ganz in der Nähe. Die viele Seiten umfassende Speisekarte ist durchweg bebildert. Wir studieren sie bestimmt zwanzig Minuten lang und bestellen dann viel mehr, als wir essen können (und essen es trotzdem fast auf). Chinesische Küche, die einzig wahre, aber nur sofern man sie auch in China genießt! Hinterher finden wir in einem Tante-Emma-Laden sogar noch eine Flasche Maotai und erinnern uns an die alten Zeiten, als wir im Jahr 1988 jedes Mal auf dem Heimweg zu einem unserer Hotels an einem Straßenstand noch ein Gläschen Reisschnaps getrunken haben und danach recht heiter eingeschlafen sind. Um viertel nach acht, ohne dass wir um einen Weckruf gebeten hätten, klingelt das Telefon: Sie müssen jetzt aufstehen. Stimmt, wir hatten vereinbart um neun mit einem Shuttlebus zum Flughafen zurückzufahren, wir stehen auf. Um viertel vor neun nochmals das Telefon: Nun wird's Zeit, dass Sie bald unten in der Halle erscheinen. Als wir da sind und in den Bus steigen, fährt der auch schon los. Einer der längsten Tage unseres Lebens hat begonnen. Unter dem Datum des 10. Januar dauert er 32 Stunden, wir überfliegen immerhin acht Zeitzonen. Der Flug hat zwei Stunden Verspätung (da ist noch Platz für ein chinesisches Mahl), wir werden also erst am Abend in Moskau sein und im Nachhinein ist die geschlossene russische Botschaft in Yangon so zu sagen ein Glücksfall gewesen, denn wir hätten bei Dunkelheit und Bärenkälte nicht mehr viel mit unserem Visum anfangen können. Der Moskauer Flughafen Scheremetjewo ist die reinste Zumutung. Gedrängt voll mit den üblichen, billig herausgeputzten Taxfree-Läden und astronomischen Preisen selbst für das kleinste Getränk. Zu guter Letzt nach fünf durchwarteten Stunden eine bezeichnende Szene: Zur selben Zeit werden durchs selbe Gate drei verschiedene Flüge aufgerufen. Man läuft eine schlecht beleuchtete Treppe hinab und durch einen Ausgang zum Flugfeld, der nicht einmal vom Schnee befreit ist - dann geht's (noch mal über zwei Stunden) nach Berlin und zum ersten Bier, das wieder so heißen darf, zu Shane. Das ist bei uns nach Reisen lange schon Kult: Noch mit dem Gepäck zu unserem irischen Pub. Erzählen, lachen noch bis zwei, dann mit dem Taxi durch das kalte, tief verschneite Steglitz nach Hause. Die Müdigkeit ist schon beinahe wieder verflogen.

Hatten wir noch etwas liegen lassen? Die Säckchen mit dem (Souvenir-)Reis? Nö, haben wir doch alles mit nach Hause gebracht.

Hatten wir noch etwas liegen lassen? Die Säckchen mit dem (Souvenir-)Reis? Nö, haben wir doch alles mit nach Hause gebracht.

© Peter Kiefer, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Mehr als zwanzig Jahre ist es her, dass Karin und ich in Südostasien gewesen sind. Wer freilich Myanmar, das ehemalige Birma, besucht, wird kaum bemerken, dass sich in all der Zeit etwas verändert hat. Es ist es ein Land, in dem es vermutlich mehr Buddhastatuen gibt als Einwohner.
Details:
Aufbruch: 19.12.2009
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 10.01.2010
Reiseziele: Myanmar
Der Autor
 
Peter Kiefer berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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