Kanada für Anfänger, wie mich...
Ladies and gentlemen, this is NIAGARA !!!
27.08.2010
Für heute bin ich auf eine organisierte, deutschsprachige Tour zu den Niagara Fällen gebucht. All inclusive: Mit Mittagessen, Abstecher nach Niagara-on-the-lake, Wasserfälle-Gucken, Fahrt mit der "maid of the mist" und Weinprobe zum Schluss. Pünktlich werde ich im Hotel abgeholt, Fahrer und Guide in einem ist ein seit Jahren in Kanada lebender Schweizer, der sich als sehr sympathisch und lustig erweist. Typisch schweizerisch ist er auch, er redet sehr langsam...und mit schönem Schwyzer Dialekt, was ich sehr gerne hören mag. Nachdem alle (ich glaube, wir sind insgesamt 12 Personen) eingesammelt sind, machen wir uns auf die ca. 1,5-stündige Fahrt Richtung Niagara.
Den Innenstadt-Stau in Toronto und die Fahrt durch die Schlaf-Vororte haben wir hinter uns. Wir fahren immer entlang des Ontario-Sees durch eigenständige Städte, die im übrigen die ganze Industrie beherbergen, die schon vor Jahren aus downtown Toronto verbannt worden ist. Man hat Blick auf einige der Schleusen, die den Schiffsverkehr letztendlich bis hin zum Erie-See hochhieven. Schlussendlich ist man in Obst-, Gemüse- und Weinanbaugebieten. Unser Schweizer "Mädchen für alles" am Steuer erzählt viel Interessantes in seiner typischen schleppenden Sprechweise und wir amüsieren uns gut. In Niagara-on-the-lake machen wir den ersten Stopp und haben 1 Stunde Freizeit für den Bummel durch dieses Bilderbuchstädtchen. Niagara-on-the-lake ist so dermassen malerisch, es wirkt fast unecht. Ein Juwel der Kolonial-Spitzenklasse mit so niedlichen Geschäften, Häusern und Hotels. Die Blumenpracht überall erschlägt einen fast.
Ein Laden für hausgemachte Marmelade und man glaubt sofort, dass hier die beste Marmelade der Welt verkauft wird - einfach, weil es so überaus niedlich und schön ist !
Niagara-on-the-lake hat aber auch kulturell etwas zu bieten: Das Shaw-Festival in den örtlichen (und na, klar supersüssen) Theatern. Der Schriftsteller George Bernard Shaw wird hier verehrt und seine Stücke werden hier jährlich auf die Bühnen gebracht.
Aussichtspunkt in der Niagara-Schlucht. Unten liegen sehr gefährliche whirl-pools. Die Seilbahn überwindet die Schlucht. Da wäre ich auf Grund meiner Höhenangst jedoch niemals eingestiegen !
Lust, sich mal die Niagara Fälle in einer Tonne herunterzustürzen ? Tja, diese Original-Tonne ist da 1949 bemannt runtergefallen. Für uns würden die Tonnen ab 15.00 Uhr bereitgestellt, unser Guide beliebt mal wieder zu scherzen...
Im Ernst: 16 Menschen sind bisher die Niagara Fälle in Tonnen, sonstigen Behältern oder ganz-ohne-alles hinuntergestürzt. 11 davon haben überlebt. Nur einer der 16 - ein 7-jähriger Junge aus Tennessee - ist unfreiwillig über die schicksalsträchtige Kante gegangen (weil oberhalb der Fälle aus einem Boot gefallen) und dieser Junge hat überlebt, ohne sich auch nur einen einzigen Knochen gebrochen zu haben ! Unglaublich !!!
2 der 4 berühmtesten Wasserfälle der Welt habe ich ja bereits gesehen: Die Victoria falls in Zambia/Zimbabwe und die Iguassú falls in Argentinien/Brasilien. Die Angel falls in Venezuela fehlen mir noch. Und sorry, die Rheinfälle von Schaffhausen habe ich zwar gesehen, aber das ist Kindergeburtstag. Und mal wieder frage ich mich: Welcher ist nun der schönste ? Unmöglich, diese Frage eindeutig zu beantworten, sie sind zu unterschiedlich ! Victoria ist total exotisch und eine einzige, riesige Wasserwand mit unglaublicher Natur drumherum. Dort kann man in der Schlucht auf dem Zambezi raften und wenig später Elefanten aus dem Hubschrauber beobachten. Afrika´s Flair in Livingstone oder Vic Falls runden das Erlebnis ab.
In Argentinien/Brasilien sind die Iguassú falls ein Gesamterlebnis aus guter Infrastruktur, perfekter Organisation und es gibt nicht einen, sondern ´zig Wasserfälle mit der Garganta del Diablo als Höhepunkt. Lange Rundwege auf beiden Seiten und viele Möglichkeiten, die Fälle zu erleben. Ob Boot, ob Hubschrauber, ob zu Fuss. Alles geht und man braucht locker 2 Tage, um alles zu sehen und zu erleben. Natur pur ist drumherum, aber wohl-organisiert, Tiere gibt´s auch (statt Elefanten allerdings nur Coati´s), dennoch ist Iguassú schon richtig beeindruckend !
Und nun Niagara im Epi-Zentrum der westlichen Wasserfall-Welt. Die Natur drumherum fehlt mir. Man läuft auf einer gepflasterten Promenade entlang und guckt von Aussichtsplattformen mit Münz-Teleskopen. Souvenirshops, Getränke- und Fressbuden jederzeit in Greifweite, die Hoteltürme im Hintergrund und das Vergnügungsviertel natürlich immer in Gehweite. Wie auch die Busparkplätze. Die Brücke über den Niagara markiert die Grenze zu den USA. Die möglichen Aktivitäten sind natürlich auch hier Helikopter-Rundflüge, aber auch die Bootsfahrten mit der "maid of the mist" ( es gibt gleich 3 davon) oder der Spaziergang hinter den Wasserfällen.
Aber nirgendwo stürzt pro Sekunde soviel Wasser runter, wie hier !
Das herabstürzende Wasser verursacht natürlich auch eine gewisse Geräuschkulisse und ich finde Niagara bisher am leisesten. Obwohl das Getöse natürlich schon irre ist, aber die Garganta del Diablo ist lauter, definitiv !
Fotos von mir selbst will ich natürlich auch. Als Alleinreisende muss man immer Fremde fragen, was mich nicht stört. Noch nie hat mir jemand ein Foto verweigert. Aber ich spitze immer nach den Kameras, die meine potentiellen Fotografen in Händen halten. Heutzutage und insbesondere hier kein Problem, digitale Spiegelreflexkameras hat hier fast jeder in der Hand.
Das sind die us-amerikanischen Fälle. Nur, dass die Ami´s immer nach Kanada fahren müssen, um ihre eigenen Wasserfälle sehen zu können !
Der Mini-Felsen davorne wird einem echt als "Insel" verkauft, hier. Sie hat sogar irgendeinen bescheuerten Namen. Für mich ist´s ein Fels, auf dem Vögel sitzen. So .
Blaue Plastikumhänge gibt´s auf der maid of the mist, gelbe für den Spaziergang hinter den Wasserfällen... Warteschlange für gelb: Ca. 2 Stunden !
Die Leute auf der maid of the mist I, II oder III brüllen wie die Blöden, offenbar hatten sie gerade ziemlich viel Spass !
Ok, im blauen Plastikmüllsack stecke ich ja auch, aber meine Kamera hängt aussenvor und ich habe die Kapuze nicht auf. Jetzt geht alles wahnsinnig schnell. Die Gischt sprüht gewaltig und die finale Entscheidung steht an: Was retten ? Kamera oder Frisur ??? Klare Entscheidung, die Kamera, natürlich ! Ich schalte sie aus und stopfe sie unter die Plastikkutte. Und werde nebenbei gründlich geduscht...
Genau in dem Moment, wo ich - Gott sei Dank - meine Kamera in den Müllsack räume und Bruchteile von Sekunden später einen Schwall von Wasser über mich niedergehen fühle (schöne Erfrischung, übrigens !) ertönt über die Bordlautsprecher die Hollywood-reife Ansage "Ladies and gentlemen, this is Niagara" !!! Perfekt ge-timet ! Ganz grosses Kino, also. Echt super-klasse.
Das Mittagessen hat ja schon vor der maid-of-the-mist-tour stattgefunden und ist nicht erwähnenswert. Es gibt halt Essen in Buffet-Form in einer Touri-Abfütterungsanlage. Habe ich da 5 oder 6 Minuten salat-knabbernd verbracht ? Weiss nicht. War zum satt werden, interessiert mich ansonsten null. Spät ist´s schon geworden, aber es steht ja noch die Weinprobe bevor. Hätte ich jetzt auch gut und gerne drauf verzichten können, aber mitgehangen, mitgefangen.
Wir fahren ein Weingut an, das als Schulungs-Institut für künftige Önologen, Sommeliers und Weinkellner genutzt wird. Öffentlich; kein privat genutztes Weingut. Selbst Prince Charles war schon hier, wovon die Fotos im Eingangsbereich zeugen. Ein junger Student führt uns in einen Saal und platziert uns an einem grossen runden Tisch. Weingläser vor uns. Wir schnabulieren einen leichten Chardonnay, einen schweren Merlot und einen guten, aber für mich viel zu süssen Eiswein. Im Gegensatz zu meinen Mitreisenden habe ich keinerlei Probleme, den Vortrag des Studenten zu verstehen. Er bringt uns bei, wie man professionell das "Schnüffeln-Schwenken-und-schlückchenweise-Trinken" so hinkriegt und sich dabei selbst im Nobel-Restaurant nicht blamiert. Dieses Wissen werde ich zwar niemals benötigen, aber der Student präsentiert seinen Vortrag wirklich sehr witzig und so macht auch dieser letzte Programmpunkt des Tages viel Spass.
Aufbruch: | 14.08.2010 |
Dauer: | 16 Tage |
Heimkehr: | 29.08.2010 |