Kanada für Anfänger, wie mich...

20.08.2010

Es ist noch nicht richtig hell, als ich aufstehe. Ich ziehe die wärmsten Klamotten an, die ich dabei habe und fahre zu Jamie´s Whaling Station. Nur 7 weitere Personen finden sich für die Tour ein und zunächst werden wir verpackt. Statt Schwimmweste gibt es einen Thermo-Overall, der a) warmhält, b) im Notfall für Auftrieb sorgt und c) vorm Erfrieren im kalten Wasser retten soll. Man sieht darin zwar aus, wie das Michelin-Männchen, aber das Ding ist echt gemütlich. Es geht auf´s offene Zodiac, unser Guide stellt sích vor und warnt gleich vor übersteigerten Erwartungen: Die Bären hier seien sehr scheu; sollten wir überhaupt welche sichten, könnten wir nicht sehr nahe kommen und sie könnten für uns enttäuschend schnell wieder in den Wald verschwinden. Naja, also erwarte ich nichts. Im Hafen liegen derzeit ganz viele Thunfisch-Trawler, wir erfahren, dass jetzt Thunfisch-Saison ist und die größeren Schiffe bis fast nach Tahiti fahren.

Die Tour startet nicht deswegen so früh am Morgen, um uns zu quälen, sondern weil jetzt Ebbe ist und die Schwarzbären daher an die Strände kommen, um nach Muscheln zu suchen. Nachdem wir die Hafenausfahrt verlassen haben und der Aussenborder so richtig aufgedreht wird, scanne ich die Uferlinie. Ich sehe nur Bäume, am Strand liegende Baumstämme und Wasser, sonst nichts. Aber kaum 15 Minuten später wedelt ein Kanadier an Bord mit den Armen und zeigt auf einen Strandabschnitt, wo ich zwar 2 kleine schwarze Punkte ausmache, aber ansonsten absolut nichts. Wie sich herausstellt, sind die schwarzen Punkte Schwarzbären ! Mann, hat der Typ Adleraugen !

Das war die Schwarzbären-Tour und ich bin happy, ein paar Exemplare tatsächlich gesehen zu haben, wenn auch weit entfernt. Close-up´s hatte ich dank meines Fernglases aber trotzdem, für mich ist die Welt also völlig in Ordnung. Dennoch bietet unser Guide uns kostenlose Gutscheine für eine weitere Tour morgen früh ab Tofino an, weil er der Meinung ist, uns nicht genug geboten zu haben für´s Geld. Hallo, wo gibt´s denn sowas ??? Was kann er denn dafür, dass die Bären nicht so wollten, wie wir ? Unglaublich, aber ist ja nett ! Nur, dass ich morgen früh schon wieder aufbrechen werde, wohin - das wird die Aufgabe für den späteren Vormittag. Den Gutschein brauche ich also nicht. Ich bin mal wieder ohne Frühstück los und habe jetzt im wahrsten Sinne des Wortes einen Bärenhunger ! Erstmal in den örtlichen Supermarkt, anschliessend zurück in mein Luxus-Resort und auf dem Balkon Mikrowellen-Nudeln schnabulieren, während ich die endgültige Entscheidung treffe, eine wesentliche Planänderung zu vollziehen:

Gebucht und geplant sind die nächsten 2 Tage ganz im Norden von Vancouver Island, in Telegraph Cove, einem winzigen Nest an der Johnstone strait - eine perfekte Gegend für Wale. Nur aus diesem Grund wollte ich da eigentlich hin. Von hier aus sind das 450 KM und von dort zurück zum Fährhafen in Swartz Bay 500 KM, bis zum Fährhafen Nanaimo (von wo aber nicht so häufig Fähren nach Tsawwassen auslaufen) ca. 400 KM. Da mir ja 300 KM schon gründlich gereicht haben und es da oben im Norden immer nur noch einsamer werden dürfte, schmeisse ich den Plan über den Haufen und buche mir online wieder ein Hotelzimmer in Victoria und werde morgen dorthin zurückfahren. Wale habe ich ja schon gesehen und ich habe einfach keinen Bock mehr auf Autofahrerei. Dies wird defitiniv das letzte Mal sein, wo ich auf einer Reise meine Autofahrlust total überschätze !

Aber der Tag ist noch lange nicht zuende und ich bin neugierig auf Tofino. Also fahre ich da jetzt hin. Tofino ist grösser, bekannter und wesentlich touristischer, als Ucluelet. Es herrscht fast schon Rummel im belebten Stadtzentrum. Ich bummele eine Weile durch die Gegend, ziehe aber für mich das Fazit, dass ich das verschlafene Ucluelet doch irgendwie uriger und gemütlicher finde.

Nach einem Bummel wieder durch Uclulets kleine Lädchen und einem Einkaufszug durch den Supermarkt für mein Abendessen und Frühstück morgen, mache ich noch einen kleinen Waldspaziergang auf einem der trails in der Nähe meines Hotels und geniesse dann einen gemütlichen Abend.