Erstes Kennenlernen der Slowakei nach der Wende
Erste Bekanntschaft mit der Tschechei: abwärts nach Osten
Sonnabend, 2.September 2000
Heute ist Bergabfahren mit dem Rad angesagt.
Auf der Karte suche ich mir einen Weg nach Osten, nicht den kürzesten, aber einen, der immer parallel zum Flüßchen Oppa führt, Richtung Troppau und weiter nach Ostrava, Mährisch Ostrau. Die ersten 30 km sind die schnellsten, das Gefälle am stärksten, wenig Verkehr und die Straße recht gut, immer wieder idyllische Blicke auf schöne Mittelgebirgslandschaft oder auf kleine Ortschaften inmitten grüner Wälder.
In den Orten selbst sieht es nicht immer nach Wohlstand aus, aber überall wird gebaut und gebastelt und manche schon fertige Häuser könnten schon im nächsten Sommer Feriengäste anlocken. Man spürt Aufbruchstimmung.
In Troppau hat man sogar die Plattenbauten bunt bemalt und alle Straßen mit bunten Blumenkübeln verstellt, dennoch läßt sich in den Nebenstraßen dahinter die Trostlosigkeit nicht verbergen.
Und finster wird es in Ostrava: Das ist kein Industriemuseum, das ist Realität. Gelsenkirchen in den 30er Jahren wird auch so ausgesehen haben. Ich bin im mährischen Industriegebiet angelangt, wo Steinkohle z.T. noch im Tagebau gebrochen wird, zwischen den riesigen Abraumhalden Siedlungen aus der Gründerzeit, aufgeschlagene Straßen, humpelnde Straßenbahnen.
Aber die Hypovereinsbank ist schon hier und die Smetana-Oper wird wieder aufgebaut, ein weiträumiges Messegelände steht für den Boom zur Verfügung, der irgendwann mal kommen soll. Niemand kann mir hier sagen, wo der Hauptbahnhof ist, obwohl es von Industriegleisen genug gibt.
Ich möchte das Industriegebiet schnell hinter mich bringen und bis Ceske Tesin mit der Bahn fahren. Statt dessen führen mich die Wegweiser auf die Autobahn, auf der es nun keine Umkehr mehr gibt. Die Standspur gibt einen passablen Radweg ab, und verboten scheint es nicht zu sein. Nur darf ich alle eleganten Steigungen der Trasse ausfahren, während ich unten im Tal die Landstraße sanft an einem Bach entlang führen sehe.
Der kürzeste Weg nach Ceske Tesin ist die Autostraße auch nicht, denn sie führt in einem riesigen Bogen um eine aus gediente Kohlegrube, mit dem ich mir gut 15 km Umweg einhandle. Als ich abends endlich am Ortsrand von Ceske Tesin in dem Dörfchen Chosebuz ankomme, habe ich 152 km hinter mir. Ich finde eine kleine Landgaststätte, in der gerade eine Hochzeit gefeiert wird, ein ländliches Idyll wie im Buch. Und weil hier gut gegessen wurde, hat der Wirt eine anständige Essensportion für einen einsamen Radfahrer übrig.
Aufbruch: | 28.08.2000 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 21.09.2000 |
Slowakei
Ungarn