Jakobsweg 2011 - Teil I - Camino del Norte - Teil II - Camino Primitivo

Reisezeit: März / April 2011  |  von Uschi Agboka

Camino del Norte - Cobreces - San Vincente

27./28. März 2011 - 15./16. Tag - Santander - San Vicente de la Barquera

Sonntag, 27. März 2011 15. Tag
Santander - Santillana del Mar - Cobreces - 27 km

Ich bin sehr gespannt, wie es mir heute ergehen wird. Wie immer stehe ich um 7 Uhr auf, eigentlich wegen der Sommerzeit um 6 Uhr. Nachdem ich alle meine Sachen gepackt habe, laufe ich zunächst zum Bahnhof Feve. Mit dem Zug geht es nach Mogro, das ist notwendig, weil ich ja 3 Tage verloren habe und die nun wieder einholen will. Von Mogro geht es zu Fuß weiter auf dem Camino, vorbei an der Herberge von Polanco. Es läuft ganz gut. Allerdings gehe ich viel langsamer als sonst. Ich will nichts riskieren. Doch auch langsam komme ich gut auf dem Camino voran. Nachdem ich ein Chemiewerk von Solvay passiert habe, führt der Weg durch eine schöne bäuerliche Landschaft mit Blick auf die Picos de Europa. Dies ist ein Kalkstein-Massiv innerhalb des Kantabrischen Gebirges und erstreckt sich über die autonomen Gemeinschaften Asturien, Kastilien und Kantabrien. Hier finden sich mehr als 200 Berge über 2.000 m Höhe. Leider ziehen dunkle Wolken auf und ich muss mir meine Regenklamotten anziehen. Doch dann regnet es kaum. Punkt 12 Uhr erreiche ich Santillana del Mar. Wie bestellt, verzogen sich die dunklen Wolken und die Sonne kam zum Vorschein.

Santillana del Mar ist das schönste Dorf Spaniens, was ich bisher auf meinen Wanderungen gesehen habe. Santillana del Mar, auch Stadt der drei Lügen genannt: Sie ist weder heilig (santa), noch eben (Llana), noch liegt sie am Meer (mar). Für mich ist es ein Ort wie aus dem Bilderbuch. Die romanische Stiftskirche der Hl. Juliana, die der Stadt ihren Namen gab (Colegiata de Santillana del Mar), aus dem 11./12. Jh., mit einem Kreuzgang, ein Schloss und Gassen mit alten Palästen. Schön ist, dass in der Altstadt ein absolutes Fahrverbot herrscht. Mich erinnert der Ort an französische Dörfer. Der Rundgang war für mich ein sehr schönes Erlebnis. Heute am Sonntag sind alle Geschäfte geöffnet und viele Spanier haben einen Ausflug in das hübsche Städtchen gemacht.

Auf einer Steinbank genoss ich eine kurze Mittagspause, um dann gegen 13.30 Uhr weiter zu marschieren. Keine halbe Stunde später zogen dunkle Wolken auf und es goss in Strömen. Doch ich hatte mich rechtzeitig umgezogen. Der Regen begleitete mich bis Cobreces. Gegen 17.30 erreichte ich die Herberge der Zisterzienser, eine einfache, aber gute Herberge.

Die monumentale, neugotische Zisterzienserabtei Santa Maria de Viacelli wurde 1906 gegründet. Es war seinerzeit das erste komplett aus Beton errichtete Gebäude Spaniens. Es leben rd. 30 Mönche in dem Kloster, was nicht besichtigt werden kann. Die Teilnahme an Messen und Andachten ist jedoch möglich.

Montag, 28. März 2011 16. Tag
Cobreces -San Vicente de la Barquera - 26 km

Die ganze Nacht hat es wie aus Kübeln geschüttet, doch am Morgen sah es besser aus. Da noch keine Bar offen hatte, führte mich mein Weg durch eine schöne Landschaft auf sehr matschigen Pfaden Richtung Comillass. Die schneebedeckten Picos de Europa begleiteten mich. Die Sonne kam hinter den Wolken hervor, es scheint ein schöner Tag zu werden. Um 11.30 Uhr kam ich nach Comillas, wo ich erst einmal in einer Bar gefrühstückt habe.

Anschließend stand die Besichtigung des schönen Ortes (Beiname: Stadt der Erzbischöfe, da hier 5 bedeutende Kirchenfürsten geboren wurden) mit seinen alten Häusern auf dem Programm. Der wichtigste Impuls für den Ort waren im 19. Jh. die "Indianos", aus Armen Verhältnissen stammende Auswanderer, die als reiche Leute aus Amerika zurückkehrten. In der Altstadt ist die Iglesias Parroquial de San Cristobal sehenswert, sie wurde von den Einwohnern Comillas finanziert und gebaut - einen Tag pro Woche widmete jeder arbeitsfähige Bürger dem Kirchbau.

Nach der Besichtigung des schönen Ortes, ging ich an den Strand, wo ich mich unter einem Denkmal auf eine Bank legte, mich ausruhte und den herrlichen Tag genoss. Um 14 Uhr wanderte ich weiter durch eine hügelige Landschaft, mit vielen Bauernhöfen, immer den Atlantik im Blick. Leider kamen kurz vor San Vicente de la Barquera dunkle Wolken auf und es wurde merklich kühler. So machte ich mich auf in die Herberge, wo ich von Sofia, dem "Feldwebel", eingewiesen wurde. Da es ziemlich kalt war, setzte ich mich im Ort in eine Bar, aß um 20 Uhr zu Abend und war schon um 21 Uhr im Bett.

Der Ort San Vicente de la Barquera bietet ein richtiges Postkartenmotiv: die Mündungen der Rias Rubin und Pombo und im Hintergrund die schneebedeckten Picos de Europa. Schon die Römer erkannten den praktischen Nutzen als Hafenstadt. 1210 erhielt der befestigte Fischerort von Alfonso III. Stadtrecht und wurde Mitglied der "Cuatro Villas de la Mar". Im 16. Jh. fanden von hier aus Expeditionen nach Neufundland statt, um die Fanggründe des Kabeljau (bacaloo) zu erkunden. Mitte des 18. Jh. reduzierten Pest und Feuersbrünste die Einwohnerzahl des Ortes sehr stark. Heute lebt die Stadt, die von schönen Sandstränden umgeben ist, vom Tourismus.

© Uschi Agboka, 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Bericht nach den Tagebuchaufzeichungen meines Mannes Rolf, von Irun nach Santiago de Compostela, 699 km, 13. März bis 15. April 2011.
Details:
Aufbruch: 13.03.2011
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 15.04.2011
Reiseziele: Spanien
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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