2013 Tadschikistan
Murghab - Karakul
Wir ließen Murghab hinter uns, und nahmen nicht die Straße nach Osten, die nach China auf den zum in Pakistan liegenden Khunjeraab Paß bzw. Karakorum Highway führt, sondern fuhren weiter nach Norden den Pamir Highway entlang stets auf die kirgisische Grenze zu. Die Landschaft die uns links und rechts der Straße darbot war von einer unbeschreiblichen Schönheit und Schlichtheit, war es ja kaum mehr als eine in den Bergen liegende, grob zerklüftete und über die Jahr Millionen geformte Steinwüste, die ab und an von kleinen, klaren und in der Sonne schimmernden Bächen zerstückelt wurde. An wenigen Stellen noch sahen wir rindsgroße Yaks, die mit dickem schwarzen Fell und dem unbezwingbaren Drang nach Nahrungsaufnahme der Wüste die wenigen groben Grasbüscheln und Sträuchern, die auf der Höhe von rund 4350 m noch wuchsen, abrangen. Besonders überraschte die enorme Farbvielfalt in der scheinbar so einseitigen Landschaft. Das Sonnenlicht brach sich im glitzernden Gestein der scharfkantigen Felsen und warf seine Farbpracht auf die steilen, schneebedeckten Hänge, wo es sich mit dem tiefen Blau des Himmels und dem Weiß der Wolken kontrastierte und eine einmalige Atmosphäre schuf, die uns staunend verharren ließ. Zu unserer großen Verwunderung waren wir bereits an die chinesische Grenze gelangt, die sich rechts der Straße entlang der hohen Berge schlängelte. Wir vergleichen den Verlauf der Grenze mit den Zeichnungen in der Landkarte und stellen fest, daß die "offizielle" Grenze einige km weiter im Osten sein müßte. Nachdem unser Fahrer aber bestätigt, daß es sich rechts des Zauns bereits um das Reich der Mitte handle, nutzten mein Bruder und ich an einer durchlässigen Stelle, der Zaun schien hier durchtrennt worden zu sein, die Möglichkeit eines kurzen Übertretens auf chinesischen Boden. Als wir schließlich die Paßhöhe des Ak-Baiktal (4650 m) erreicht hatten, blickten wir in ein im Westen gelegenes Seitental und unser Freund schlug vor, die aus der Ferne kaum wahrnehmbaren beiden Behausungen am Fuße der schneebedeckten Berge aufzusuchen. Unser Fahrer willigt ein, den Abstecher zu unternehmen und wir fahren nahezu 45 min durchs Gelände, durchqueren mehrere kleine Bäche ehe wir, von einem etwas breiteren Bach getrennt vor den zwei einsam stehenden Jurten getrennt anhalten. Neugierige Kinder eilen jenseits des Baches herbei, um die vermeintlich noch nie da gewesenen Fremden aus der Ferne zu beobachten. "Ich sollte wieder ins Auto einsteigen", läßt mich unser Fahrer wissen, als ich versuche, den eiskalten Bach zu Fuß zu durchqueren. Schon sitze ich auf der Beifahrerseite und lasse das kalte Wasser unterhalb der Achsen des Jeeps vorbeifließen. Etwas schüchtern stehen die Kinder, ihre Mutter und Großmutter vor uns und wissen nicht, wie man den fremden Gästen am besten begegnet. Es erweist sich als eine gute Entscheidung, daß wir in Doshanbe bereits auf dem grünen Basar die verschiedensten Nuß- und Trockenfruchtsorten gekauft hatten, die wir nun an die Kinder verteilen. Es beginnt das übliche Spiel, wer die die Hand voll Nüsse bekommt, allerdings zieht der "Sieger" nicht von Dannen, sondern verteilt die ergatterte Leckerei an die Kleineren, worüber wir sehr staunen. Wie bereits schon fast traditionell üblich, bringen wir auf dieser Reise auch wieder Stoff- und Plüschtiere mit, die wir vor unserer Abfahrt in Kempten noch eilig in die leeren Ecken unserer Rucksäcke packten. Stofftiere und gut erhaltene Kleidung fanden somit bereits vom indischen Subkontinent bis auf die indonesischen Molukken dankbare und sichtbar glückliche Abnehmer - zumeist Kinder. Die Freude der Kinder über die unerwarteten Gaben wird höchstens noch vom tantrisch sich wiederholenden "Rahmat, Rahmat, Rahmat, ... ey Rahmat, ..." der emotional gerührten Großmutter übertroffen, und schon bald bittet uns die stets freundlich lachende Dame zum Chai in ihr kleines Haus, was wir dankend annehmen. Gestärkt durch einige Yakbutterbrote und eine Schüssel Joghurt spielen mein Bruder und ich mit den Kindern, schaukeln sie und geben beim Handstand Hilfestellung, ehe wir den Rückweg zur Hauptstraße antreten. Der Weg nach Karakul ist nicht mehr weit, wir sind auf der Hauptstraße rund zwei weitere Stunden unterwegs und entscheiden uns, die Nacht in einer Jurte zu verbringen.
Links unten am Fuß der hohen Berge kann man die Behausungen erahnen, die wir mit dem Jeep aufgesucht haben.
Rechts im Hintergrund sieht man den gestapelten Ziegendung, der in der Sonne getrocknet wird und als Feuermaterial dient.
Aufbruch: | 05.09.2013 |
Dauer: | 17 Tage |
Heimkehr: | 21.09.2013 |