2013 Tadschikistan
Karakul - Khorog - Doshanbe
Der Innenbereich unserer Jurte wirkte größer, als es von außen den Anschein nahm, und abermals schuf die Farbpracht der ausgelegten Teppiche und Decken eine angenehme Atmosphäre der Wärme und Geborgenheit. Der kalte Wind wog die langen Grashalme nahezu mit den Spitzen an den Boden, als wir unseren Spaziergang entlang des Seeufers machten. Der Karakul erscheint unendlich groß und der Verlockung, ins tief türkisblaue, sich auf die weiß bepuderten Pamirgipfel zuströmende Wasse zu springen, würde man höchstwahrscheinlich nur von der warmen Wohnzimmercouch erliegen. Ein kurzes Eintauchen meiner Finger, läßt mich vor Kälte zurückschrecken und ich widme mich lieber wieder der Photographie.
Schon auf der Fahrt nach Karakul, waren uns die äußerst großen und verrosteten Tanks aufgefallen, die ab und an neben der Straße lagen. Auch neben unserer Jurte und nahe des Hauses unserer Gastgeber befanden sich Tanks der selben Art. Es handelt sich dabei noch um Überreste des sovjetischen Afghanistanfeldzug in den 80er Jahren. Ein Teil des Kriegsgeräts wurde über den Pamir Highway ins "Land der Afghanen" überführt, was mir angesichts der Distanz und Beschaffenheit der Straße auf der tadschikischen Seite ein bereits nahezu unmachbares Unterfangen scheint, von der logistischen Machbarkeit und Infrastruktur auf der afghanischen Seite ganz zu schweigen. Die Tanks werde vermutlich noch die ein oder andere Generation der hier aufwachsenden Kirgisen überdauern, ehe sie eines Tages vom Wind gepeitscht und vom Rost zerfressen aufhören, die Geschichte des sovjetischen Scheiterns am Hindukush zu erzählen. Wahrscheinlich sind die vielen Menschenleben, die dieser Feldzug gekostet haben muß eher in Vergessenheit geraten, als es die stählernen Behälter werden.
Als die Sonne bereits untergegangen ist, kauern wir auf dem Boden unserer Jurte und strecken unsere fröstelnden Finger gen des kleinen, in der Mitte platzierten Ofens. Die freundlich junge Kirgisin, die sich als Englischlehrin ausgibt und der Gastgeberfamilie angehört serviert uns eine schmackhafte Suppe, dazu Brot, und als wären wir nicht bereits gesättigt, noch einen großen Teller Bratkartoffeln mit Karotten. Ein letzter Gang hinaus aus der Jurte soll dem nächtlichen Aufstehen und "in die Kälte gehen" vorbeugen und wir schlafen bereits relativ früh sattgegessen und zufrieden ein.
Am Folgetag führt uns der Pamirhighway über den Ak-Baital, Murghab und Jelondi zurück nach Khorog, wo wir uns bei einem Teller Plov (tadschikisches Nationalgericht mit Schaf, Reis und Karotten) über unsere Reiseerlebnisse austauschen. Nachdem wir über Khorogs Basar geschlendert waren und unter schattenspendenden Bäumen im Chahar Bagh geruht hatten, führte uns der Pamir Highway wieder zurück in die Hauptstadt Doshanbe.
Im Chaikhune Rokhat lassen wir die Eindrücke unserer Reise revuepassieren und es fällt bereits jetzt schwer, sich die Einmaligkeit der Landschaft, die Gastfreundschaft ihrer Bewohner und den Geist der ehemaligen Seidenstraße, welcher die Menschen hier trotz aller politisch-ideologischer und religiöser Einflußnahme prägte, in seiner authentischen Form vors Auge zu führen. Die "Rohe Shargh" (persisch: Seele des Ostens) hat uns in ihren Bann gezogen und damit diese Reise bereits jetzt zu einem prägenden Erlebnis gemacht, das keiner von uns missen wollen wird.
Aufbruch: | 05.09.2013 |
Dauer: | 17 Tage |
Heimkehr: | 21.09.2013 |