Hola Colombia, Hola Perú ... Soy Uwe

Reisezeit: März 2014  |  von Uwe Decker

Medellín im Wandel

Wer mit dem Flugzeug nach Medellin reist, landet in einem Nachbartal und muss mit dem Bus oder Taxi erst über einen Bergkamm, wird dann aber mit einem tollen Blick auf die Stadt belohnt, die sich langgezogen im engen Aburra Tal erstreckt.

Vor zwei Jahrzehnten noch die Stadt mit den meisten Morden weltweit macht die Medellin heute einen wohlgeordneten und sauberen Eindruck. Mit verantwortlich dafür ist die Metro, die einzige Landes, die dafür sorgt, dass sich das Chaos auf den Straßen in Grenzen hält.

Es gibt auch einen Hop On Hop Off Bus in Medellin. Der ist aber eigentlich überflüssig. Eine Fahrt mit der Metro, die auf Hochstelzen fährt, so dass man immer gute Sicht hat, ersetzt jede Stadtrundfahrt, und das für umgerechnet 70 Cent.

In diesem Preis eingeschlossen ist sogar die Benutzung der beiden Metrocable Bahnen Richtung Santo Domingo und La Aurora, einem Gondelsystem, dass auch einige der an den Hang gebauten ärmeren Stadtviertel an den öffentlichen Nahverkehr anschließen soll. Für die dortige Bevölkerung eine feine Sache und für den Touri eine einmalige Möglichkeit, dicht über den Dächern schwebend das Treiben in den Barrios von oben zu betrachten, an verschiedenen Haltepunkten auszusteigen, in den Straßen und Gassen umherzulaufen und vor allem am späten Nachmittag einen tollen Blick auf die Stadt bei untergehender Sonne zu genießen.

Medellin ist die Geburtsstadt von Fernando Botero, einem der bedeutendsten zeitgenössischen Maler und Bildhauer. Daher verwundert es nicht, dass das Stadtzentrum mit zahlreichen seiner auffälligen, charakteristisch dicken Skulpturen gepflastert ist, einem Anziehungspunkt für jeden Medellinbesucher. Ich würde etwas ketzerisch sagen, auch fast dem einzigen. Mehr Sehenswürdigkeiten habe ich im Stadtzentrum, ja eigentlich in der ganzen Stadt nicht entdecken können.

Eine Aktivität bleibt aber noch. Nämlich eine 2 bis 3 Stunden-Tour auf den Spuren von Pablo Escobar, dem ehemaligen Oberhaupt des Medellin-Kartells und meistgesuchten Verbrechers der Achtziger und Anfang der Neunziger Jahre. Für den -gemessen am sonstigen Preisniveau- stolzen Preis von gut 20 Euro wird man an Stätten geführt, die etwas mit Pablo Escobar zu tun haben. Auch an sein Grab. Und zu dem Haus, in dem er sich nachweislich am Tag vor seinem Tod noch aufhielt. Das Anwesen wurde z.T. zu einer Art Museum mit Bildern und Stücken aus dem Besitz von Pablo Escobar umfunktioniert. Es wird heute bewohnt von seinem Bruder Roberto, der auf den alten Fahndungsplakaten gleich neben Pablo zu sehen ist und auf den ein Kopfgeld von 10 Millionen Dollar ausgesetzt war. Insofern wirkt es leicht befremdlich, dass eben dieser Roberto, wenn er denn zu Hause weilt, die Tourteilnehmer begrüßt, etwas Small Talk macht und Autogramme gibt ...

Der geneigte Leser mag einwenden, muss das denn sein? Dass solche Touren angeboten werden und man auch noch daran teilnimmt. Schließlich gehen Zehntausende von Toten auf das Konto von Pablo Escobar. Er ließ Flugzeuge explodieren, setzte 2000 Dollar auf den Kopf jedes Polizisten aus und erklärte schließlich dem gesamten Staat Kolumbien den Krieg. Nun, auch bei uns zuhause werden ja Touren auf den Spuren des Dritten Reiches angeboten. Das ist ja etwas Ähnliches. Und man kann sich der Figur Pablo Escobar durchaus vielschichtig und kritisch nähern und sie bewerten. Und schließlich, in großen Teilen der armen Bevölkerung wird er nach wie vor positiv beurteilt. Als der Wohltäter, der die Armen unterstützte und ihnen Häuser baute. Weil die Regierung kläglich versagte. Auch 20 Jahre nach seinem gewaltsamen Tod werden noch immer täglich frische Blumen an sein Grab gebracht.

© Uwe Decker, 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von der Karibikküste zum Amazonasdschungel – Drei Wochen Allein durchs Nördliche Südamerika
Details:
Aufbruch: 05.03.2014
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 29.03.2014
Reiseziele: Kolumbien
Peru
Der Autor
 
Uwe Decker berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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