10 Tage auf dem Jakobsweg "Caminho Portugues"
Praktische Hinweise
Fazit: Es war wunderbar, es war anstrengend, ich habe sehr interessante Menschen getroffen mit sehr interessanten Lebensgeschichten und Gründen, warum sie hier sind. Das Wetter hatte alles parat, und der Weg war ebenso abwechslungsreich. Also, ja, zusammenfassend könnte ich sagen: es gab alles, was ich mir erhofft hatte!
Hintergrund war für mich mehr Neugier denn Religion (dennoch habe ich natürlich viel an liebe Menschen gedacht und um Gutes für sie gebeten) und mehr Abenteuerlust denn Selbsterfahrungstrip. Letzteres hatte ich immer mehr im psychischen Sinne verstanden - dennoch ist es letztlich schon eine Art Selbsterfahrungstrip im eher physischen Sinne geworden: da geht immer noch mehr. Wenn ich zu Hause nach einer anstrengenden Wanderung mit schmerzenden Füßen heimkomme, könnte ich mir nicht vorstellen, NOCH 10 km zu laufen, und am nächsten Tag WEITER so. Aber: doch, das geht. Das war eine interessante Beobachtung.
Über die Etappen kann ich sagen: es war sehr angenehm, zwischendurch auch mal kürzere Etappen von deutlich unter 20 km zu haben. Letzlich war es bei mir aber nicht die Kondition, sondern die Schmerzen bzw. die Leidensfähigkeit, die mich von längeren Etappen abgehalten hat. Meine Schmerzen würde ich folgendermaßen einteilen: 2 % Blasen, 3 % Kreuz und Nacken, 10 % Sehnen und Knöchel, 15 % Muskelkater und 70 % Fußsohlen. (Erst die letzten 2 Tage haben die Achillessehnen die Prozentpunkte von Blasen, Kreuz, Nacken und auch Muskelkater übernommen, und vllt auch noch die Fußsohlenschmerzen eingeholt...) Damit komme ich direkt zum nächsten Thema:
Equipment. Wie gesagt habe ich mir vorher noch einen guten Deuter-Rucksack gekauft, den ich unbedingt empfehlen würde. Vor allem für Frauen ist die SL-Edition mit Air-Comfort und breiten Vari-Flex-Hüftgurten kein Vergleich zu allem, was ich bisher auf dem Rücken hatte, und 30 Liter fand ich eine Supergröße, bei 7 kg kaum zu spüren. Meine Lidl-Schuhe haben mir zwar bei etlichen Bergtouren gute Dienste geleistet, aber für einen solchen Weg, und über soviel Kopfsteinpflaster, würde ich sie nicht wieder anziehen. Aber ich hatte eben mehr Angst vor Blasen als vor Fußschmerzen, weil ich diese für aushaltbarer hielt. Waren sie ja letztlich auch. Dennoch: für diesen Weg, den Caminho Portugues, mit seinem Kopfsteinpflaster und Kieselgeröll, empfehle ich unbedingt Schuhe mit dickerer bzw. härterer Sohle, und je nach Vorerfahrung mit Umknicken evtl. auch Schaft.
Im Gepäck: Ich hatte einen 800g-Schlafsack und einen Baumwoll-Hüttenschlafsack dabei, zusätzlich einen Sarong (auch als Laken, evtl. hätte letzterer den Hüttenschlafsack erspart, aber in manchen kühlen Nächten ohne zusätzliche Decke war ich froh um die doppelte Ausstattung) besonders zum Duschen und Draufsetzen, Bikini, Regenjacke und Regenschirm eine leichte Trekkinghose und eine bequeme Pluderhose, ein Funktionsshiert, Unterhemd, Schlafhemd, halblange Bluse, 3 Unterhosen und 3 Paar Wandersocken, Flip Flops, diverse Dusch- und Kosmetikartikel (ich habe in 10 Tagen gebraucht: 20 g Zahnpasta, 40 g Duschgel, 20 g Shampoo, eine Packung Haarspülung, 50 ml Sonnencreme, 20 ml Bodylotion plus diverse Cremes und Öle, 40 ml Waschmittel für Kleiderwäsche) plus natürlich persönliche Dinge (wie Tagebuch, Zahnbürste, Tabletten wie Magnesium,Glucosamine etc.), eine Stirnlampe, Klappmesser, Spork, Trinkflasche, 1 Frotteehandtuch (ich mag Mikrofaser nicht), Halstuch und Fleecejacke, sowie natürlich Pflaster und Tape. Ich glaub das war´s soweit. Feuchties, Desinfektionstücher, Spanischwörterbuch, Müsliriegel, ein Schloss, Gurte, Nähzeug und Sicherheitesnadeln etc. hatte ich dabei, habe ich aber nicht gebraucht (doch: die Nadel vom Nähzeug zum Blasenaufstechen, und ein Desinfektionstüchlein zum Säubern eines entzündeten Insektenstichs). Am glücklichsten war ich aber über meine gute Regenausrüstung, über meine beiden "Luxusartikel" halblange Bluse (auch für abends) und meine Lieblingsduschgel, sowie über eine Thai-Salbe gegen juckende Mückenstiche und für schmerzende Muskeln und Gelenke. Das nächste Mal würde ich für Abends evtl. noch eine lange, bequeme Hose mitnehmen und vielleicht ein (nichtverschwitztes) Longsleeve. Das Mehrgewicht hätte mich nicht gestört. Aber 7 kg plus Wasser (und z.T. Verpflegung) ist ein super Gewicht. Für Frauen würde ich nicht über 9 kg empfehlen, für Männer vielleicht 12, das ist noch okay zu tragen.
Warum alleine?
Ursprünglich hatte ich den Trip ja mit meiner Mutter geplant. Die fühlte sich dann aber wegen Gelenkproblemen nicht fit genug, ich hatte aber in der Zwischenzeit schon so viel recherchiert, Flüge geschaut und mich mit dem Jakobsweg beschäftigt, dass für mich irgendwann fest stand: ich will das trotzdem machen. Und als sich herauskristallisierte, dass mein Mann aufgrund einer beruflichen heißen Phase nicht mitkommen können würde, wir beide aber der Meinung waren, dass so ein Trip auch und gerade alleine gut zu machen ist, wurde klar: ich gehe alleine. Denn: ALLEINE ist man auf keinem der Jakobswege.
Warum der Camino Portugues?
Als "Einstieg" (und gerade in der Ursprungsplanung mit meiner Mutter) erschien mir dieser "kürzeste Jakobsweg" gut und geeignet - und ich denke, so kann man es auch durchaus sehen. Er ist relativ flach, nicht so überlaufen wie der berühmte "Camino Frances" (bei dem vor allem auf den letzten Kilometern ein ziemlicher Kampf um Herbergsbetten herrschen muss), führt durch zwei verschiedene Länder, und ist dennoch auch von Porto durchaus in 10 Tagen zu bewältigen. Ich habe ja quasi zwei Tagesetappen abgekürzt, bin dann aber den Rest in 9 Tagen gelaufen, mit mehreren "gemütlichen" Tagen mit deutlich unter 20 Kilometern. Wenn man sich aber noch etwas Zeit für Sightseeing und Erholung gönnen möchte, würde ich 12-14 Tage empfehlen für den kompletten Caminho Portugues von Porto bis Santiago.
Kosten?
Flug
Flüge gibt es billig mit Ryanair nach Porto - allerdings sind die Ryanair-Flughäfen ja meist so abgelegen, dass man Anreise und vor allem Park- bzw. Airport-Shuttle-Preise einberechnen muss. Ich bin für 240 € mit Iberia von München über Madrid nach Porto geflogen und direkt von Santiago des Compostela wieder zurück. Auch Iberia ist allerdings mittlerweile zur Billig-Airline verkommen - daher meine Warnung: es gibt nichts auf dem Flug, nur überteuerte Snacks und Getränke. Und: auf dem Rückweg wurde mir gesagt, ich hätte nur für ein aufgegebenes Gepäckstück für den Hinflug gezahlt, nicht aber für den Rückflug, dafür solle ich jetzt extra blechen. Na super! Zum Glück durfte ich mein Messer etc. an den (für einen Freund) gekauften Wanderstock tapen und umsonst aufgeben, und den Rucksack als Handgepäck mitnehmen.
Unterkünfte und Verpflegung:
Die Pilgerherbergen (natürlich nur mit Pilgerausweis, vorher im Internet bestellen!) kosten in Portugal i.d.R. € 5, in Spanien € 6, private Herben (im für gewöhnlich etwas kleinere Mehrbettzimmer) € 10. Private Pensionen gibt es in Portugal schon sehr günstig (z.B. 16,50 p.P. im DZ inkl. Frühstück), aber auch in Spanien (z.B. "Casa Felisa" in Santiago für € 20 im EZ, ohne Frühstück, dafür mit Kathedralenblick). Frühstück gibt es in Portugal schon für € 1,70 (Milchkaffee und süßes Teilchen), in Spanien ab € 2,50 (mit frischgepresstem Orangensaft), in vielen Restaurants gibt es günstige Pilgermenüs mit 2 Gängen (Suppe und Hauptgang), Getränk und manchmal sogar Kaffee oder Nachtisch (€ 6,50 bis € 10).
Nun denn, für alle, die sich auch aufmachen:
Bom Caminho bzw. Buon Camino!
Aufbruch: | 29.05.2014 |
Dauer: | 12 Tage |
Heimkehr: | 09.06.2014 |
Spanien