4 Wochen Korsika und ein wenig Marseille
Ins Adlernest nach Ota
Spelunca-Schlucht, Calanche und La Scandola
Mit Costa übers Gebirge
Wir frühstücken draußen, es ist noch angenehm kühl und wieder genießen wir den flammenden Sonnenaufgang sowie Cesares Backkunst, dieses Mal ein knuspriges Maisbrot.
Wir packen noch den Rest zusammen, fegen kurz aus, plaudern ein wenig mit Cesares Mutter, die einen kurzen Blick in die Wohnung tut, niemand interessiert sich stark, ob wir wirklich die Pflicht des "nettoyer" erfüllt haben oder ob wir ansonsten 90 € zahlen müssen. Cesare saust mit seinem Quad vorbei und grüßt freundlich auch Mademoiselle vom Restaurant auf dem Weg zur Badebucht grüßt entspannt.
Dann Punkt 11 steht Monsieur Costa mit seinem Taxi da, parliert erst mit Madame Canova, dann laden wir unser Gepäck ein und los geht der Höllenritt.
Die Straße von Galeria nach Porto bzw. Ota ist heiß, wenige Kilometer Luftlinie müssen Bucht um Bucht umfahren werden, Kurve um Kurve und Mr. Costa ist ein lebendes Lexikon und eine Art korsischer Sebastian Vettel dazu. Mit einer Hand steuert er, mit der anderen zeigt er uns alle Sehenswürdigkeiten oder telefoniert. Wir erfahren alles, dass seine Frau aus München stamme und er sie als Fahrer eines Busses mit ihr als Reiseleiterin kennen gelernt hatte, er ruft sie in Bastia an, wo sie gerade eine Reisegruppe rum führt, damit sie uns auf deutsch grüßen kann... Er telefoniert mit der Tochter (lang und wohl schwierig) und dem Sohn (kurz), nimmt Reservierungen entgegen.
Wir erfahren alles über die Berge rund herum (soweit wir es verstehen), die Quellen und Brunnen am Wegrand, die Stellen, an denen die Touristen immer fotografieren. Wir erfahren alles über seinen Hyunday mit 5 Jahren Garantie und seine Jagdleidenschaft, auch in Ota habe er Jagfreunde und Felix von Restaurant Chez Felix in Ota sei sein Freund und er habe gerade ein kleines Wildschwein geschossen. Wildschwein ist übrigens eines der wenigen Worte auf deutsch, die deutsche Ehefrau scheint ihm sonst wenig beigebracht zu haben.
Ansonsten überholt er riskant, fährt grundsätzlich dicht auf, schimpft über die lahmen Wohnmobile (es sind meist deutsche). Ingrid ist's auf dem Hintersitz kotzübel.... Dann kommen wir nach einem kurzen Blick auf die Bucht von Porto mit dem Genuesenturm (der, wie ich später erfuhr, von den Pisanern stammte) auf die Gebirgsstraße nach Ota, ein Adlernest direkt unter gewaltigen roten gezackten Felsen.
Monsieur Costa kennt (fast) jeden, vor allem die Jäger, großes Hallo, ein totes Wildschwein aber auch ein halbtoter Hund! Das halbe Dorf ist da, um Beute und Opfer zu besichtigen. In der Bar "Chez Marie" packen wir unser Gepäck ab, verabschieden Mr. Costa und Madame Bert wird gesucht, die uns im Schnelldurchgang das winzige Studio mit dem tollen Blick auf die Berge zeigt. Mit dem neuen raffinierten Sonnenschirm kommt sie zwar nicht zurecht, empfiehlt uns aber, ihn sowieso wegen des Windes geschlossen zu halten. Sie wolle nach Ajaccio und würde erst am Freitag wieder kommen.
Wir packen das Nötigste aus und machen erst einmal einen Rundgang. Toll, dieses Ota. Steinhäuser, gut erhalten, zwei Gites de etappe, Restaurants, ein Lebensmittelgeschäft auf dem Ouvert/Open steht, das aber geschlossen hat, obwohl wir die Besitzerin vorher noch bei der Begrüßung (Küsschen, Küsschen) mit Costa gesehen hatten. Wir besichtigten die Mairie, Schule und Post, wollen je ein Bier in der "Bar des chasseurs Chez Marie" trinken, daraus wird ein komplettes Mittagessen, dessen Höhepunkt Ingrids geschmortes Wildschwein mit weißen Bohnen wird, von dem ich sicher noch 1/3 mit esse. Dann zurück zum Studio oder auch Mini - Adlerhorst zur Siesta.
Nach der Siesta gehen wir bis auf halbe Höhe direkt vom Studio aus zur Schlucht runter, stolpern über Felsen und in der Schlucht ausgelegte bzw. gespannte Olivennetze und kehrten dann um.
Zu Abend gibt es diesmal nichts, wir sind beide plumpsatt und gut, dass wir beide von den weißen Bohnen gegessen haben.
"Königsetappe" - Durch die Spelunca-Schlucht nach Evisa
Es ist Sonntag, wir wandern zum Ortsende von Ota, danach geht's runter in die Schlucht, dieser Weg ist besser als der direkt bei unserem Studio. Wir werden vom Flussniveau wieder rund 750 Höhenmeter bis rauf ins nächste Adlernest "Evisa" haben. Eine Ziegenherde begleitet uns bis zur Doppelbrücke, die Ota mit Evisa verbindet. Die Autotrasse windet sich in vielen Kurven rund um die südlichen Berge, der Wanderweg benutzt die "direttissima".
Bald erreichen wir die erste genuesische Bogenbrücke, 1712 erbaut, die Ponte Vecchiu. Eine faszinierendes Bauwerk, elegant, hochgewölbt um im Frühjahr das Schmelzwasser des Hochgebirges durchzulassen.
Dann geht's auf und ab, immer wieder, so dass wir wesentlich mehr Anstiege vor uns haben als nur die Höhenmeter - Differenz.
Rechts und links die rot-schwarzen und gelb-schwarzen verwitterten Felsen, beim Blick zurück der Capu d'Orto mit seinen 1900 m fast direkt vom Meer aufsteigend. Überhaupt glaubt man hier kaum, dass man nur wenige km von der Bucht von Porto entfernt ist. Tafeln erklären vieles über die Schlucht, die Verwitterung der Steine, die Brücken und die Pflanzen. Viele Bäume, die wir nicht kennen, so uns bisher unbekannte Ahorn- und Platanenarten sowie Eschen, die von den Blättern her fast gar nichts mit den uns bekannten Eschen zu tun haben. Dazu natürlich wieder die uns schon bekannten korsischen Eidechsen, die überall herumhuschen, die Weibchen gestreift, die Männchen gepunktet und wir beobachten kleine Revierkämpfe zwischen solchen gepunkteten.
Teilweise haben wir grandiose Tiefblicke, wir wandern hoch über der canyonartigen Schlucht, danach geht es wieder abwärts zum Fluss hinunter.
Dann erreichen wir die zweite genuesische Brücke, die momentan renoviert wird und wo wir stattdessen auf einem Holzsteg (immer nur 5 Personen!) die Schlucht überqueren.
Jetzt aber kommt erst der eigentliche Anstieg. Es geht im Zickzack rauf nach Evisa, nach jeder Kurve herrliche Ausblicke aber anstrengend und schweißtreibend, Serpentine um Serpentine, immer rund um die schroffen rot-schwarzen Felsen. Dann "endlich oben" stehen wir am Friedhof von Evisa, wieder diese fast monumentalen Grabbauten, die man hier überall findet und die oft Hunderte von Metern die Straßen entlang vor und nach den Häusern zu finden sind.
Gleich danach ein einfaches Restaurant mit Terrasse, es ist Sonntag, großes Familientreffen, Babys werden bestaunt und coram publico gestillt. Aber auch vom Tal her kommen wadengestählte Radfahrerinnen und Radfahrer aber auch Wanderer wie wir sitzen auf der Terrasse. Wir essen die letzten beiden Croissants und Kaffee bzw. Orangina mit Orezza (korsisches Mineralwasser, gazeuse).
Dann geht's wieder runter, gleich nach der zweiten Kehre bleiben wir stehen, ein Mann und eine Frau knipsen eine Schlange. "It's a snake" sagte er. Nach einigen Worten Englisch wechselten wir zu Deutsch, unterhalten uns über giftige Tiere, die Schlange ist wohl eine (ungiftige) Zornnatter. Weiter unterhalten wir uns über Urlaube, Schiffsüberfahrten und alles mögliche.
Sie erzählen uns von der chaotischen Überfahrt nach Korsika, es ist der Tag, als wir wegen starkem Wind nicht mit dem Boot nach Scandola fahren konnten. Später sollten wir die beiden wieder treffen, sie sind mit dem Wohnmobil in Korsika unterwegs.
Runter geht's wesentlich angenehmer und natürlich schneller. Ab der (wohl nicht genuesischen) Doppelbrücke beschließen wir nicht noch einmal in die Schlucht runter zu gehen, um dann doch wieder den steilen Wag nach Ota rauf zu steigen sondern wandern die nicht ganz so steile, stetig ansteigende Straße entlang. Auch der heutige Weg ist wieder Teil des "mare e monti" Fernwanderweges, einen weiteren Teil wollen wir im Lauf der Woche absolvieren, den durch die Vitrione - Schlucht.
Im Dorf trinken wir unser Bier diesmal in einer anderen Kneipe, beobachten das Dorfleben und sitzen im Schatten einer Art von Platane.
Calenche und La Scandola
Wie klappt das mit dem Bus? Wir frühstücken, dann stehen wir pünktlichst an der Haltestelle am "Place de la Fontaine" in Ota. Und es klappt. Der Fahrer versichert uns, dass es auch am Samstag klappen würde und wir auch am Samstag in den Bus nach Ajaccio umsteigen könnten.
Wir fahren nach Porto bis zum Fotogeschäft unterhalb der Pharmacie, dort steht schon der Ajaccio-Bus, den wir aber heute noch nicht brauchen.
Porto ist ein wunderschöner Hafen, bzw. eine wunderschöne Bucht mit Pisaner- oder Genuesenfestung, ansonsten aber besteht Porto nur aus Hotels, Restaurants und Läden. Gibt es hier eigentlich echte Einwohner? Aber Schiffe werden vermietet, Tauchkurse angeboten, Schiffspromenaden angepriesen,
Wir finden ein Boot, das eine große Calenche - und Scandola - Rundfahrt anbietet. 90 € für uns beide, und die Fahrt sollte jeden Cent wert sein.
Egal ob Scandola oder Calenche: Bizarre Felsen, Adlernester auf den Felsen (nur sehen wir keine Adler), springende Fische, Vögel die nach Fischen tauchen und immer wieder bezaubernde Blicke auf die Berge. Und tiefe Schluchten, Höhlen, Grotten und wo es nur geht, fährt unser Käptn in Höhlen und um Felsen, oft schon fast beängstigend.
Wir können uns nicht satt sehen und fotografieren, was das Zeug hält.
Wir kommen in die Bucht von Girolata und sehen oder erahnen die Übergänge, zu denen wir damals von Galeria aus gewandert sind. Dann noch 30 Minuten Aufenthalt in Girolata, Kaffee und Kuchen in einem netten Bretterbuden-Lokal junger Leute. Dann geht's zurück nach Porto. Eine einmalige Tour.
Da kein Bus mehr nach Ota zurück fährt, wandern wir die zum Glück nur mäßig ansteigende Straße nach Ota hoch, genießen die Ausblicke zurück zur Bucht (nachdem die Hotels nicht mehr zu sehen sind) und nach vorn auf die Berge, vor allem auf den bizarren Col d'Orto. Wir plaudern kurz mit einem Jäger, der auf Wildschweinjagd geht (hier läuft seit Mitte September jeder Dritte mit einer Knarre und breitem Patronengürtel rum). Wir bedauern einen Radfahrer mit einer Panne. Die ersten Grabmonumente deuten auf Ota hin und bald sind wir "zu Hause".
Wir sind faul, vielleicht auch müde, heute wird es keine große Unternehmung geben, "mare e monti" in nördlicher Richtung durch die Vitrione-Schlucht wird verschoben. Wir schlafen gemütlich aus, pflegen kleinere Wehwehchen, lesen, sortieren unsere Unterlagen und Reisepläne.
Am Nachmittag machen wir einen Spaziergang durch das Oberdorf, steile Treppen hinauf, finden den Zugang zur Vitrione-Schlucht, kaufen noch was im Alimentaire ein und trinken das obligatorische Kastanienbier (ambré) chez Marie...
Ota lieben wir inzwischen!
Wir essen immer im Haus, denn draußen ist man, wie schon in Regino, sofort von Wespen umlagert, die sich auf alles Süße aber auch auf das Deftige stürzen und zu denen sich später noch Hornissen gesellen.... da bleiben wir lieber drin, obwohl wir auf unser "Adlernest" - Terrasse verzichten müssen. Vor allem seit ich in Regino eine Wespe, die in meine Teetasse gefallen ist, schon an den Lippen gespürt hatte, reicht es uns.
Ansonsten kann man reichlich Tiere beobachten, nicht nur die Ameisen, die an der Wand und am Terrassenboden ihre Straßen haben, sondern auch unsere "Haus - Eidechsen", besonders eine winzig kleine Bergeidechse. Dazu kommen beim Blick über Tal und Berge die Dohlen, die krächzend wahre Flugkunststücke vorführen, immer ist wieder was los, plötzlich drei zusammen, dann Gekrächze, Gezänk? Fast wie die ständigen Kartenspieler Chez Marie, plötzlich wird's laut. Um was geht's? Regelauslegung? Schummeln? Oder alte Rechnungen, damals das mit dem Esel des Großvaters? Ansonsten findet das Leben hier in Ota auf der Straße statt, man sitzt in winzigen Vorgärtchen oder auf den Steinmäuerchen. Madame vom Alimentaire wartet hier auf ihre Kundschaft und auch ihr Mann, den wir schon als Jägerfreund unseres Taxifahrers kennen gelernt haben. Sein geschossenes Wildschwein ist stolz auf der Tafel in der Bar des Chasseurs (Chez Marie) verzeichnet: Francois - 1 sanglier
Hoch zur Vitrione-Schlucht
Heute aber, heute soll es in die Vitrione-Schlucht gehen..
Aber zuerst müssen wir bis 7.30 Uhr warten, bis es bei Madame Martine im Alimentaire frisches Brot gibt. Mme. Martine ist nicht da, nur ein übelgelaunter Francois, der Jäger, der mit knurrend klar macht, dass der rechte Korb mit Brot der mit dem reservierten sei, ich also nur Brot aus dem linken Korb bekomme und schon beim Rausgeld knurrt er au revoir. Na ja.
Frühstück, das Baguette ist knusprig wie es sein soll, dann geht es los. An einer knurrigen Hündin vorbei, die ihre Jungen wohl zu verteidigen müssen meint und mich in die Hose kneift, gegen Ingrid hat sie nichts.
Steil rauf, viel Sonne, dann wieder kleine Abstiege, sehr steinig, felsig, Erdbeerbäume, Buchsbäume (ja, wilder Buchs!), Kiefern, Berberitzen wechseln sich ab, dazu Minze und Wermutkraut, hin und wieder Feigen. Die Kiefern sind Schwarzkiefern, die korsischen Lerico-Kiefern, stolz, aufrecht stehen sie in der Macchia, dazu einige Edelkastanien und Wacholder. Von den Bäumen hängen Lianen und brombeerartige Ranken runter, unangenehm beim Wandern.
Es wird immer felsiger, wir queren mehrere Male die Vitrione-Schlucht, dolomitähnliche Felsen hängen fast über uns, dann kommen lange schattige Stücke, dann sind wir immer noch nicht oben, die Hitze setzt uns zu und als wir die Quelle der Vitrione (oder was wir dafür halten) erreichen, beschließen wir umzukehren, zumal uns zwei sportliche Damen, die uns entgegen kommen, sagen, es gehe noch mal 30 Minuten so rauf (sie sind ja abgestiegen) und dann noch mal 40 Minuten gerade, bis wir einen tollen Blick auf die andere Seite hätten. Wir aber beschließen umzukehren, schließlich endet ein Bach, hier die Vitrione, an ihrer Quelle.... eine gute Ausrede muss man haben, wenn man vor dem Pass umkehrt....
Außerdem fühle ich mich nicht ganz wohl und Ingrid hat Halsweh, da braucht man nicht einmal eine Ausrede....
Auf halber Höhe hatten wir übrigens ein junges Paar aus Dresden getroffen, genauer gesagt aus der Neustadt. Sie wollen heute noch die Spelunca-Schlucht absolvieren und hoch nach Evisa (siehe Sonntag) und dann weiter nach Marignana.
Sie sind mit dem Zelt unterwegs und hatten die letzte Nacht wild gecampt und dabei Besuch von Wildschweinen bekommen....
Runter geht's natürlich schneller, aber man muss sehr vorsichtig und überlegt gehen. Wir genießen die Ausblicke auf die Bucht von Porto, den Capu d'Orto und immer wieder den Capu d'Ota, den wir umrunden, den Hausberg unseres derzeitigen Aufenthaltsortes. Bei einer kurzen Rast wird Ingrid durch den Pulli hindurch von einem Insekt gestochen, was sich sehr unangenehm auswirkt.
Dann nähern wir uns Ota, am Ortseingang knurrt mich die Hündin wieder an....
Die zwei Bier Chez Marie müssen sein, Marie bedient uns selbst und bewundert unser "marcher" in die Vitrione - Schlucht.
Dann haben wir ja nur einige Treppenstufen runter in unser Studio.
Wir sind beide ein wenig angeschlagen, heute wollen wir uns etwas erholen. Francois ist heute nicht ganz so mürrisch, beim Hinausgehen sagt er außer Au revoir sogar merci. Als wir am Nachmittag noch einmal zum Laden kommen, hält er auf der Straße große Sprüche, ein anderer zeigt etwas mit beiden Händen, ich verstehe nur "poisson". Könnte es sein, dass sich hier der Jäger mit dem Fischer hadert über dessen angeblich so großen geangelten Fisch? Jägerlatein gegen Fischergarn????
Zum Bier Chez Marie trinken wir noch zwei Cap Corse (ein korsischer Kräuterschnaps), den wir jetzt einfach als Medizin für meinen leicht angeschlagenen Magen und Ingrids Hals sowie die Insektenstichfolgen betrachten. Für Freitag bestellen wir Chez Marie einen Tisch.
Das Programm: Aufräumen, Putzen, Packen, am Samstag geht es dann um 7.45 Uhr mit dem Bus über Porto nach Ajaccio und einen Tag später nach Corte, unserer vierten Station.
Ota ist ja für sich gesehen schon ein Adlernest, zu Fuß nur 4 bis 5 km von Porto entfernt, wir hatten die Straße ja kennen gelernt, aber Ota ist 400 m höher gelegen als Porto, getrennt zumindest optisch durch den Capu d'Orto, der wie ein Trennkeil Küste und Bergwelt scheidet. Die Häuser Otas sind in gutem Zustand und wir hatten bald den Eindruck, dass viele in Porto arbeiten und oben in Ota wohnen, darauf deuten auch die vielen teuren Autos bei einzelnen Häusern hin. Es gibt ein "Oberdorf" , dann das "Straßendorf" und ein "Unterdorf"
Unser Studio in einem der weit nach vorne gebauten Häuser, direkt neben der "Bar des Chasseurs" bzw. "Chez Marie" ist verputzt, wenn auch etwas "bröckelig". Es ist ganz unten, vielleicht ein ehemaliger Keller oder Stall mit gewölbter Decke. Vor dem Eingang der Freisitz mit dem schon beschriebenen unpraktischen im Wind baumelnden Sonnenschirm. Im Dorf sahen wir noch mehrere Exemplare, vermutlich hatte da mal jemand einen Großeinkauf genutzt oder ein "windiger" Vertreter ist aufgetaucht....
Das Innere: gewölbt aber sehr hoch, das "Schlafzimmer" wie ein Hochbett nach oben verlagert, wir müssen eine Leiter/Treppe hoch, dann können wir uns gebückt auf unser Bett fallen lassen.
Durch das Hochlager ist aber der Küchen- und Sanitärteil sehr niedrig, so dass zumindest ich wegen einiger stützender Deckenbalken nur gebückt agieren kann.
Ein schöner Tisch, was wir aber erst sehen, als wir am vorletzten Tag die Tischdecke entfernen.
Am späten Nachmittag verlassen wir unser Studio, um uns noch das "Unterdorf" anzuschauen, einige verwinkelt stehende Häuser, gut erhalten, der eine oder andere teure Mercedes oder BMW steht gedrängt geparkt im steilen und engen Sträßchen, bei dem wir froh sind, dass wir da weder parken noch rauf fahren müssen.
Dann ein steiler Weg zum Friedhof auf halber Höhe zwischen Schlucht und Dorf. Wir stellen uns vor, wie - hoffentlich vorsichtig - die Särge hier runter gerollt werden.
Wieder diese oft bombastisch wirkenden Familiengräber, die die ganze Geschichte
des Ortes an uns vorbeiziehen lassen. (In einem alten MERIAN - Heft aus den 60er Jahren heißt es richtigerweise: "Man hat den Eindruck, dass die Toten bessere Häuser haben als die Lebenden")
Am Abend gehe wir zu "Chez Marie" und essen ein ordentliches Menü (eine sehr gute Terrine "Figatellu", Lasagne und ein überragendes gemischtes Ziegenkäse - Dessert bzw. Creme brulée).
Die letzte Nacht in unserem Adlernest, morgen 7.45 Uhr wartet der Bus auf uns bzw. wir auf ihn.
Am Nachmittag ist Madame Bert gekommen, hatte die Wohnung kurz inspiziert, freute sich, dass es uns gefallen hatte, bewunderte unseren Wandereifer und brachte uns nur dadurch in Verwirrung, dass sie sagte, der Bus fahre um 7.00 Uhr, ein Mann habe ihr das gesagt.....
Ein schneller Kaffee mit ein paar kleinen verpackten Milka - Küchlein (Gruß von Lörrach nach Korsika?), fertig packen und überpünktlich, noch vor ½ 8 Uhr sitzen wir am "Platz des Brunnens" auf der Steinmauer, keine anderen Fahrgäste, aber das ist ja schon am Tag vorher so gewesen, als ich beim Brotkaufen den Fahrer noch einmal fragte und er mir versicherte, dass er auch am Samstag 7.45 Uhr fahre und der Anschluss nach Ajaccio klappe. Die einzigen Fahrgäste sind da die beiden sportlichen Rucksack-bepackten Damen, die wir schon in der Vitrione-Schlucht getroffen hatten und eine davon übersetzte mir sicherheitshalber die Aussage des Fahrers noch ins Englische.
Dann wird es 7.40 Uhr, kein Bus, etwas mulmig wird uns doch, ist er doch schon um 7.00 Uhr gefahren? Aber wir hatten doch immer wieder zur Straße hoch geschaut! Es wird 7.45 Uhr, etwas beklommen sitzen wir neben einander, keiner sagt was. Ich schaue schon zum Wanderlager "Chez Felix" hinüber, wo ein Schild neben Gites des Etapes, Bar, Restaurant auch "Taxi" anpreist. Dann aber, na ja, sagen wir mal 7.47 Uhr (zwei Minuten können unendlich lang werden) das vertraute Brummen und der Bus kommt die Dorfstraße hinauf. Wir bezahlen gleich bis Ajaccio, aber der Fahrer hat erst mal alle Zeit der Welt, plaudert mit einer älteren Dame, die bei (o.k., zwei Mal "bei") "Chez Felix" die Wäsche besorgt, er muss ja das Neuste vom Dorf wissen, er ist ja erst gestern hier gewesen....
Dann aber geht's die kurvige Strecke runter nach Porto zum vertrauten Haltepunkt beim Fotogeschäft unterhalb der Pharmacie. Dort wartet schon eine große holländische Wandergruppe auf uns, die gleiche hatte gestern holländisch snakend unseren Adlerhorst auf dem Weg runter zur Schlucht passiert, ihr Wanderführer kannte wohl noch einen zweiten Weg nach Porto durch die Schlucht. Von den fast nur aus "spätjugendlichen Meisjes" bestehenden Gruppenmitgliedern wird dieser gerade zum Abschied abgeküsst, bevor er vom Busfahrer Schelte bekam.
Der Busfahrer des großen Busses nach Ajaccio ist nämlich der des kleinen Busses von Ota her. Er stellt den kleinen Bus etwas verkehrswidrig an der Straße ab, schließt den großen Bus auf und knöpft sich erst einmal den frisch abgeküssten Wanderführer vor. Der hatte 14 Fahrgäste angemeldet, es sind aber mehr. Als dann einige der Damen plötzlich schon im Bus sitzen, wird unser eigentlich sanfter Fahrer plötzlich zum Diktator: "Erst einmal alle wieder raus, dann aufstellen!". Die holländischen Meisjes stellten sich brav auf. "Un, deux, trois ... bis quatorce » die dürfen einsteigen, dann die Nachzügler, sie bekommen ihre (handgeschriebene) Fahrkarte. Dann wir, seine Schäfchen aus Ota, mit einem freundlichen Nicken lässt er uns ein. Dann noch drei einzelne Personen und los geht's.
Zuerst einmal wieder die atemberaubenden Blicke runter in die Calenche mit ihren bizarren Felsformationen und immer wieder weite Blicke auf die Bucht von Porto mit ihrem pisanischen Genuesenturm bis nach La Scandola.
Atemberaubend auch die Straße, zwischen Fels und Abgrund, und ganz atemberaubend, dass am gleichen Tag eine Radtourenfahrt hier stattfindet. Männer und Frauen in allen Altersgruppen mit zumeist Rennrädern strampeln diese in diesem Jahr schon Tour-de-France erprobte Strecke rauf und runter. Atemberaubend nicht nur die Anstiege oder deren Aussichten oder die steilen Abbrüche in die Calenche-Schluchten sondern vor allem die Art und Weise wie Busse, unser Fahrer vorneweg, die Radfahrer überholen. Da bleibt uns gelegentlich schon vom Zusehen die Luft weg.
In Piana, einem interessanten Ort hoch über den Calenche-Klippen, steigen einige wenige aus aber einige mehr ein. In Cargese kommt es dann zum Problem: Wieder eine Reisegruppe, junge Deutsche mit großen Rucksäcken, steht an der Haltestelle. Monsieur zählte die leeren Sitze, dann zählt er die jungen Leute, dann wird die Gruppe auf alle freien Plätze verteilt, es reichte gerade knapp, ihr schweres Gepäck müssen sie mit rein nehmen, der Laderaum ist inzwischen hoffnungslos überfüllt, schon in Piana hatte der Fahrer mit Händen und Füssen alles zusammengedrückt, wer weiß in welchem Zustand sich inzwischen unsere Rucksäcke befinden.
Die jungen Deutschen reden aufgeregt durcheinander, was wäre wenn, sie wollen ja den Anschlusszug in Ajaccio erreichen, und und und..... Das holländische Geplapper vorne ist inzwischen verebbt, dafür jetzt deutsches Geschnatter hinten....
Der Fahrer telefoniert inzwischen nach einem weiteren Bus, denn es ist ihm klar, dass vor Ajaccio niemand aussteigen wird, aber er auch niemand reinlassen kann, Stehplätze wären bei dieser kurvigen Strecke sowieso lebensgefährlich.
Dann geht's, wenn auch deutlich verspätet, weiter. Wir bekommen in Ajaccio nicht mehr mit, ob die jungen Deutschen ihren Zug im nahen Bahnhof noch bekommen.
Wir aber haben, nachdem wir unser Gepäck wieder einigermaßen in Form gebracht haben, alle Zeit der Welt.
Aufbruch: | September 2013 |
Dauer: | circa 4 Wochen |
Heimkehr: | Oktober 2013 |