Abenteuer Indien 2015

Reisezeit: Oktober 2014 - April 2015  |  von Manfred L.

Es geht zurück nach Hamburg

Was ich wirklich vermisse, sind Örtlichkeiten, wo ich mir Zeit lassen kann. In Gaststätten werde ich andauern gefragt, ob ich noch was wünsche ... und wenn nicht, habe ich - kaum den letzten Bissen im Mund auch schon die Rechnung auf einem Tellerchen vor mir, auf dem auch Schälchen mit Fenchel/Kümmel?, grobem Salz und Zahnstocher sind.

Schon zu Anfang, bevor ich richtig sitze, steht ein Blechbecher mit Wasser vor mir. Wie gerne hätte ich einen Eisbecher gegessen in einen der drei Lädchen in der Nähe. Da kann man sich aber nicht hinsetzen. Die Leute essen ihr Eis im stehen - wenn überhaupt, denn Eis ist recht teuer, ebenso wie Limonade. Für die 2 Liter Cola an meinem Bett hatte ich z.B. mehr bezahlt als für mein reichhaltiges Frühstück in der Gaststätte. Kein Wunder, das die Leute Wasser trinken, denn das gibt es umsonst - z.B. auch auf Bahnhöfen oder an Bushaltestellen.

Als vorzeitiges Fazit zu Surat kann ich sagen - nein, auf Dauer möchte ich hier nicht leben. Auch anderswo in Indien ging es mir so, dass ich nach spätestens drei Wochen genug hatte von der Örtlichkeit. Ein halbes Jahr am selben Fleck, das möchte ich auch in Zukunft nicht.

Ich habe auch schon geschaut, welche Angebote im Internet zu finden sind. Tunesien wäre eine Möglichkeit für mich. Vier Woche im 4*-Hotel und HP, incl. Flug und Transfer waren da für 450 € im Angebot im Mai. Ich mag zwar Tunesien nicht besonders gerne aber immer noch besser als in Hamburg. Tunesien ginge zwar auch ohne Reisepass aber dann brauche ich zumindest einen PA, den ich ja auch nicht habe und mein vorläufiger Reisepass vom Konsulat in Mumbai ist nur bis 24. April gültig.

Ach, theoretisch komme ich ja noch nicht mal von Fuhlsbüttel zum Hauptbahnhof, denn der Ausweis vom Versorgungsamt ist ja auch weg und Euro hab ich schon gar keine oder eine Kreditkarte...

Bin nur noch gespannt, was mich so in Hamburg erwartet, welche unangenehme Post sich da im letzten halben Jahr angesammelt hat und wie es mit meinen Finanzen und der Wohnung dort aussieht. Zum Onkologen soll ich auch noch und wer weiß, was der sich einfallen läßt ... -

Versichertenkarte ist auch weg, ebenso wie Renten- und Schwerbeschädigtenausweis ;( aber die haben wohl meine Daten im Speicher.

Mit dem Geld, das ich hatte, kam ich gut hin, da ich ja so gut wie keine Ausgaben habe. Die Mahlzeiten in den Gaststätten sind billig (früh hatte ich 2 Glas Tee, 2 Butterbrötchen, sweet Lassi und Masala Dosa alles zusammen 100 Rupees und dazu einen 10-er als Trinkgeld).
Seit Wochen hatte ich kein Fleisch mehr gegessen, habe also auch mehr oder weniger eine Fastenzeit gehabt - und ich muss sagen, dass bei der Reichhaltigkeit der Zubereitung von vegetarischen Speisen es auch ohne Proteine geht.

Wird mir aber eine Lehre sein dieser Vorfall. Das nächste Mal klebe ich mir den Reisepass mit Heftpflaster an den Bauch - oder so ...
Ich hoffe nur, dass sich der € schnell erholt und meine persönliche Krise deswegen vorbei geht, denn der nächste Winter kommt bestimmt ... und den möchte ich nun wirklich nicht gerade in der Kälte verbringen. Aber bis dahin ist ja noch eine Weile Zeit und irgendwie wird es schon weiter gehen.

Nach der letzten Flugplanänderung sollte der Flieger von British Airlines in Mumbai um 13:05 Uhr am 15. April abheben und nach Umsteigen in Heathrow sollte ich um 21:50 Uhr in Fuhlsbüttel landen. Dann bin ich gegen 23 Uhr „zu Hause“. Da auch mein Schlüsselbund weg ist, hatte ich schon einem Bekannten gemailt, dass der meine Mitbewohner in der WG bittet, so lange auf zu bleiben und auf mich zu warten.

Den Zug in der Nacht vom 14. auf dem n 15 April buche ich nicht selbst, sondern nehme dafür die Hilfe der Hotelrezeption in Anspruch. Ich habe NICHT den Zug von Surat nach Bombai um 3:27 Uhr nachts verschlafen, der ist auch nicht entgleist oder sonstwie verunglückt. Der Zug ist dann auch pünktlich und ich steige an einer Station in Mumbai aus, die nach Auskunft von Mitreisenden dem internationalem Flugfeld am nächsten liegt. Nein, einen Bus gibt es nicht aber der Tuk-Tuk Fahrer verlangt einen annehmbaren Preis.

Am Flughafen war ich dann meiner Meinung nach viel zu früh - schon so gegen 9 Uhr.
Da wollte ich dann nur meinen Koffer aufgeben. Die Boardingkarten hatte mir ja schon das Hotel ausgedruckt.
War aber nicht so. Solch einen vorläufigen Reisepass, wie ich ihn habe, hat die Dame am Schalter von British Airways noch nie gesehen und sie rief ihren Chef an. Bis der da war, dauerte es eine ganze Weile ... und dann musste jemand los, Fotokopien von meinem ganzen Papierkram machen lassen. Das Ganze hat schon mal an die 2 Stunden gedauert.

Etwas Zeit habe ich dann dadurch wieder eingespart, dass mich jemand von der Fluggesellschaft zur Passkontrolle begleitet hat und ich dort nicht anstehen musste.
Klar, dass auch hier wieder meine Dokumente kopiert, Fotos mit Mobiltelefonen davon gemacht wurden und ich die Geschichte des Diebstahls im Zug noch einmal erzählen musste.

Der Flug hat über 9 Stunden gedauert - wir hatten wohl Gegenwind.

Um 19:05 Uhr Ortszeit London war ich dann raus aus dem Flieger und habe mir die Boardingkarte für meinen Anschlussflug nach Hamburg aus den Unterlagen gekramt.

Ich musste vom Terminal 5 zum Terminal 2 zum Gate 70, das um 18:55 Uhr geschlossen hatte ...

Am Schalter von British Airways erklärte mir dann die Dame, dass heute kein Flug mehr nach Hamburg geht und ich morgen um 7 Uhr fliegen könnte. Als ich dann wohl ein etwas saures Gesicht gemacht habe, hat sie eingesehen, dass das viel zu früh ist und mich auf die Passagierliste für den Flug um 10:30 Uhr gesetzt.

Sie hat mir auch ein "Notfall-Päckchen" mit T-Shirt, Deo-Roller, Zahnbürste, Kamm und Rasierzeug sowie Voucher für den Bus zum Hotel, die Hotelunterkunft sowie Dinner und Braekfast gegeben.
Nun sitze ich nach reichhaltigem Essen mit viel Fleisch in meinem Zimmer im Radisson "Park Inn" und schreibe diesen Kurzbericht und überlege, ob ich die Fluggesellschaft nicht auf Schadenersatz von 600,-€ verklagen werde.

Hans in Hamburg bleibt extra auf, um auf mich zu warten, da ich ja keine Schlüssel habe und ich kann ihn nicht mal anrufen, weil das 1,5 Pfund kosten würde und ich ja weder Bargeld noch Karte zum Bezahlen habe. Auch im Restaurant wollten die Geld für Getränke haben und ich konnte mir keine bestellen. Ich habe zwar noch 847 Rupees in der Tasche, glaube aber nicht, dass die mir die hier als akzeptable Währung gelten lassen.

Ja, mein Leidensweg nimmt wieder kein Ende. Bin nur noch gespannt, wo mein Koffer inzwischen abgeblieben ist. Würde mich schon wundern, wenn der morgen Mittag wirklich mit mir zusammen in Hamburg ankommen sollte.

Das Hotel ist nur 500 Meter vom Flughafen entfernt, also ein schöner Fußmarsch am sonnigen Morgen. Ich gehe zur Hintertür hinaus und erkundige mich nach dem Weg. Ohne Probleme die Verständigung mit dem englischen Wächter dort. Der scheint mein Tourist-Pidgin bestens zu verstehen und ich selbst habe ja in meiner Ostschule russisch gelernt und nur ein paar Lektionen in englisch während meine Studienzeit vor fast 40 Jahren aber den Fußweg zum Airport zeigt er mir nicht ... ich soll den Bus vor dem Haupteingang nehmen. Bis der Bus kommt, alle umliegenden Hotels abgeklappert hat und den Flughafen erreicht sind fast 2 Stunden vergangen und ich habe noch 20 Minuten Zeit das Gate zu erreichen.

Ich schätze meine Chance, den Flieger noch zu bekommen auf unter 10 % ein und lege mir schon die Wörter zurecht, mit denen ich mich herausreden will.
Ich zeige meinen Boardingpass vor, bin innerhalb von 5 Minuten an der Sicherheit und dort ist der längste Aufenthalt der, den ich brauche, meine Schuhe wieder an die geschwollenen Füße zu bekommen und das Gate wird gerade geöffnet, als ich dort ankomme.

Nun noch die Passkontrolle an der deutschen Grenze. Ich zeige dort meinen vorläufigen Reisepass vor und der Beamte fragt mich : „Na, Pech gehabt?“ ... „Jo“
Nein, eine wirkliche Schwarzfahrt war das ja mit der S-Bahn Hamburg auch nicht. Im Ernstfall hatte ich belegen können, dass ich die Wertmarke beim Versorgungsamt bezahlt habe.

Eine weitere Reisen mit Höhen und Tiefen ... allerdings war ich noch nie zuvor wirklich auf solchen Tiefen
Heftige Entzündungen von aufgekratzten Mückenstichen in Gokarna, denen nur mit geimpften Antibiotika beizukommen war, Krämpfe durch vermutliche Vergiftung in Hampi, die elende Kälte in Vattacanal und dann der grausame Diebstahl der Identität am Bahnhof Surat – sind schon Dinge, die ich noch nicht erlebt hatte und auch wahrlich nicht erleben wollte.

- ENDE -

© Manfred L., 2015
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Vorwort: Goa, Carnataka, Kerala und Tamil Nadu, dann über Rajasthan nach Nepal und dort in einem Dorf 150 km außerhalb der Hauptstadt Katmandu die Einladung zu einem Homestay wahrnehmen. Das Ende der Reise war so wirklich nicht geplant. Der nachfolgende Text ist dem Tagebuch und teilweise auch gesendeten Mails entnommen und ist somit nicht ganz chronologisch und die Zeiten von Gegenwart und Vergangenheit geraten etwas durcheinander. Dafür bitte ich um Entschuldigung.
Details:
Aufbruch: 30.10.2014
Dauer: 6 Monate
Heimkehr: 16.04.2015
Reiseziele: Indien
Der Autor
 
Manfred L. berichtet seit 11 Jahren auf umdiewelt.
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