Nordkorea - Oktober 2016

Reisezeit: Oktober 2016  |  von Nick H.

Tag 5 - Diamantgebirge und Skigebiet Masik-Ryong

Gewohnheitsgemäß beginnen wir unseren Tag mit einem Frühstück im großen, leeren Saal des Hotels. Dieses Mal steht sogar noch eine Kellnerin durchgängig neben unserem Tisch, falls wir etwas benötigen sollten. Manche mögen dies als exzellenten Service ansehen, mir war es ziemlich unangenehm.

Heute stehen ausnahmsweise keine Monumentalbauten oder andere Errungenschaften des koreanischen Volkes im Vordergrund, sondern die (fast) unberührte Natur. Eine willkommene Abwechslung!

Frühstückssaal

Frühstückssaal

Zunächst geht es zum Samilpo-See (Drei-Tage-See). Dieser Name rührt von einer alten Sage her, nach der ein König hier eigentlich nur kurz rasten wollte. Da er den See und die Landschaft allerdings so schön fand, blieb er ganze drei Tage.

Tatsächlich ist der See trotz des heute mäßigen Wetters malerisch. Die Reiseleiter erzählen uns noch, dass der kleine Pavillon auf einer winzigen Insel im See von einem Adeligen vor längerer Zeit errichtet wurde. Dort verbrachte auch er mehrere Tage mit seinen Konkubinen und ließ sich lediglich von Essenslieferungen per Boot stören...

Samilpo-See

Samilpo-See

Samilpo-See

Samilpo-See

Pavillon auf dem Samilpo-See

Pavillon auf dem Samilpo-See

Inschriften am Samilpo-See

Inschriften am Samilpo-See

Das Highlight des heutigen Tages ist eine Wanderung durch das Diamantgebirge (Kŭmgangsan). Dieses Gebirge befindet sich im Südosten Nordkoreas und gehört zu einer Bergkette, die sich über die Grenze hinweg bis nach Südkorea erstreckt. Von südkoreanischer Seite aus konnte ich das Gebirge rund eine Woche zuvor bereits im Seoraksan-Nationalpark bewundern. Dort fuhren wir per Seilbahn auf einen der Gipfel und hatten einen phantastischen Blick. Dennoch wurde uns selbst dort gesagt, dass die nordkoreanische Seite noch beeindruckender sein soll.

Anfangs bin ich etwas enttäuscht, dass gerade heute ein so regnerisches und diesiges Wetter herrscht. Im Nachhinein stellt sich das fast als Glücksfall heraus, da durch den Nebel im Zusammenspiel mit den herbstlich-bunt gefärbten Blättern tolle Kontraste entstehen.

Den Namen hat das Diamantgebirge übrigens daher, dass die vielen Bergspitzen in der Sonne wie Diamanten glänzen. Das muss ich leider ein andermal verifizieren, ich sehe sie aufgrund der tief hängenden Wolken ja nicht einmal!

Diamantgebirge

Diamantgebirge

Diamantgebirge

Diamantgebirge

Diamantgebirge

Diamantgebirge

Diamantgebirge

Diamantgebirge

Diamantgebirge

Diamantgebirge

Den Höhepunkt der Wanderung soll der Kuryong-Wasserfall (bekannt als Neun-Drachen-Wasserfall, 74 Meter hoch) darstellen. Aufgrund des Nebels ist er leider kaum zu sehen. Dennoch bin ich von der Wanderung begeistert. Die Natur entlang der Strecke ist wahnsinnig schön!

Das Mittagessen im Mokran-Restaurant entschädigt für das Wetter: Wir dürfen Fleisch auf unserem persönlichen heißen Stein garen. Dazu gibt es natürlich - wie zu jedem Mittag- und Abendessen - das obligatorische Bier sowie Beilagen.

Der im Nebel angedeutete Kuryong-Wasserfall (Neun-Drachen-Wasserfall)

Der im Nebel angedeutete Kuryong-Wasserfall (Neun-Drachen-Wasserfall)

Mokran-Restaurant

Mokran-Restaurant

Fleisch vom heißen Stein

Fleisch vom heißen Stein

Am Nachmittag steht der Besuch eines "Landschulheims" auf dem Programm. Zumindest hatte ich es so verstanden, hierbei allerdings die Dimensionen etwas unterschätzt! Das "Songdowon International Children's Camp" bietet all das, was deutsche Landschulheime nicht bieten:

- Große Bronzestatuen der Führer: check
- Eigenes Freibad mit mehreren Becken u. Rutschen: check
- Rosa Zimmer für die Mädchen samt Flachbild-TV: check
- großer, kindgerechter Computerbereich: check
- Lehrbereich samt Modellen über Natur u. das dortige Überleben: check
- eigenes riesiges Theater: check
- Fußball, Basketball-, Volleyball- und Bogenschießplatz: check
- Spiegelkabinett, botanischer Garten u. Open-Air-Bühne: check
- Indoor-Aquarium mit lebenden Haien, Rochen, usw.: check
- Anlegeplatz für Boote: check

...die Liste ginge noch weiter! Seit 30 Jahren werden hier Kinder aus Nordkorea, aber auch aus anderen Ländern der Welt empfangen. Pro Kind kostet der Spaß 270 Dollar/Woche inkl. Trip nach Pjöngjang. Im Gegenzug zur Subventionierung durch den Staat müssen sich die Kinder aus den anderen Ländern eben ein bisschen Propaganda anhören.

Übersichtsplan im Songdowon International Children's Camp

Übersichtsplan im Songdowon International Children's Camp

Eingangshalle im Songdowon International Children's Camp

Eingangshalle im Songdowon International Children's Camp

Uns wird berichtet, dass Kim Jong-un Kinder liebe und ein großes Herz habe, deshalb dürfen momentan die Kinder, die aus den überfluteten Regionen nördlich von Pjöngjang stammen, umsonst hier leben. Als die Schüler uns erblicken, wird gewinkt, gerufen und mit dem Finger auf uns gezeigt. Auch hier scheinen westliche Touristen nicht alltäglich zu sein. Es gibt weitere dieser "Children Camps" in Nordkorea, allerdings werden sie wahrscheinlich nicht ganz so aussehen wie dieses hier.

Unser Rundgang beginnt erneut mit dem Verbeugen sowie Blumen niederlegen vor den Statuen von Kim Il-sung und Kim Jong-il. Selbst nach mehreren Tagen hat man sich noch nicht ganz daran gewöhnt und wird immer noch leicht nervös. Im Innenbereich hängen große Bilder von Mickey Maus und Donald Duck an den Wänden. Moment...was? Bilder von Figuren aus dem Land des Erzfeindes?! Jep, Kim Jong-un liebt nicht nur Kinder, sondern auch Disney! Zum einen gibt es das Gerücht, dass er als Kind unter falscher Identität im Disneyland Tokyo zu Besuch war, zum anderen gab es unlängst im nordkoreanischen Staatsfernsehen einen Auftritt von ihm zusammen mit diversen Disneyfiguren. Ein Sprecher von Disney stellte übrigens klar, dass dies nicht autorisiert und lizenziert geschah.

"Fun" Fact (sorry, falls das in diesem Zusammenhang unkorrekt klingt): Auch Hitler war ein großer Disney- und Mickey Maus-Fan...Schneewittchen war angeblich einer seiner Lieblingsfilme. Die Psyche von Diktatoren scheint unergründlich zu sein.

Bronzestatuen von Kim Il-sung und Kim Jong-il im Songdowon International Children's Camp

Bronzestatuen von Kim Il-sung und Kim Jong-il im Songdowon International Children's Camp

Schulklassen im Songdowon International Children's Camp

Schulklassen im Songdowon International Children's Camp

Mädchenzimmer im Songdowon International Children's Camp

Mädchenzimmer im Songdowon International Children's Camp

Flachbild-TV in einem Mädchenzimmer des Songdowon International Children's Camps

Flachbild-TV in einem Mädchenzimmer des Songdowon International Children's Camps

PC-Bereich samt Disneyfiguren im Songdowon International Children's Camp

PC-Bereich samt Disneyfiguren im Songdowon International Children's Camp

Schulklasse im Songdowon International Children's Camp

Schulklasse im Songdowon International Children's Camp

Etwas ironisch - wahrscheinlich aber nicht unklug - ist ein großer Lehrbereich, in dem die Kinder viel über die Natur und das Überleben darin lernen können. Hier gibt es ganze Räume, die die koreanische Flora und Fauna nachbilden. Daneben hängen Tafeln mit praktischen Survival-Tipps. Wer weiß, wann dieses Wissen noch benötigt wird. Lebensnäher als wenn deutsche Kinder Kurvendiskussion in Mathe behandeln ist es bestimmt!

Lehrbereich im Songdowon International Children's Camp

Lehrbereich im Songdowon International Children's Camp

Survival-Tipps im Songdowon International Children's Camp

Survival-Tipps im Songdowon International Children's Camp

Als nächstes werden wir vier in ein Spiegelkabinett gesteckt. Entweder haben wir uns wirklich blöd angestellt oder aber es war weniger kindgerecht als es in Deutschland der Fall gewesen wäre. Wir haben stolze zehn Minuten gebraucht, um wieder hinaus zu finden. Dennoch richtig lustig!

Jetzt stehen noch Rundgänge durch ein riesiges Theater sowie ein beeindruckendes Aquarium an. Letzteres beherbergt Haie, Stachelrochen, Schildkröten und etliche weitere Tiere. Wow!

Theater im Songdowon International Children's Camp

Theater im Songdowon International Children's Camp

Aquarium im im Songdowon International Children's Camp

Aquarium im im Songdowon International Children's Camp

Aquarium im im Songdowon International Children's Camp (Hai vorne ausgestopft, hinten lebendig)

Aquarium im im Songdowon International Children's Camp (Hai vorne ausgestopft, hinten lebendig)

Aquarium im im Songdowon International Children's Camp

Aquarium im im Songdowon International Children's Camp

Da es langsam dunkel wird, machen wir uns auf den Weg zu unserer heutigen Unterkunft. Wir haben die Ehre, im 2013 eröffneten Luxushotel Masikryong übernachten zu dürfen. Das gleichnamige Skigebiet, welches 2013/14 eröffnet wurde, ist das erste seiner Art in Nordkorea und gilt als ehrgeiziges Prestigeprojekt des Staatschefs Kim Jong-un. Vom 1360 Meter hohen Gipfel des Berges Taehwa reicht es hinab zum Masik-Pass in 768 Meter Höhe. Hier ein paar weitere Fakten:

- Fläche des Skigebietes: 243 Hektar
- 110 Pistenkilometer in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen
- steilste Strecke hat ca. 40% Gefälle
- 4 Sessellifte
- Saison von November bis März
- "beste medizinische Versorgung"

Fun Fact: Aufgrund der internationalen Sanktionen dürfen keine Luxusartikel nach Nordkorea exportiert werden. Hierunter fallen u.a. (wer hätte es gewusst?) auch Seilbahnen für Skipisten. Dennoch steht vor Ort erstaunlicherweise eine Tiroler Seilbahn! Da war die internationale Empörung natürlich groß und die Seilbahn wurde zum Symbol der Wirkungslosigkeit aller Sanktionen. Wie gelangte sie hierhin? Das Vorarlberger Unternehmen Pro-Alpin hat eine gebrauchte Seilbahn der Firma Doppelmayr in Ischgl käuflich erworben, demontiert und nach China verkauft. Die chinesische Firma hat die Teile abgeholt und den Rest kann man sich denken... Da es in China keine Liste gibt, was alles unter den Begriff "Luxusartikel" fällt, sind die Sanktionen westlicher Länder für chinesische Händler ein gutes Geschäft.

Ich habe mir auf YouTube diverse Videos zu den Skipisten und dem Fahren darauf angesehen. Wer ohne jegliches Warten, Drängeln und Stress auf gut präparierten Strecken Ski fahren möchte und sich von den Begleitumständen im Land nicht abschrecken lässt, für den ist das Skigebiet Masik-Ryong wahrscheinlich ein Traum. Ausländischen Tourismus gibt es kaum und von den Nordkoreanern dürfte nicht einmal 0,01% Ski fahren können...oder dürfen. Zur Zeit unseres Besuchs (Mitte Oktober) gibt es jedoch noch keinen Schnee.

Das Hotel Masikryong bietet rund 120 Zimmer sowie Restaurants, Bars, Wellness-Bereich samt Pool und Sauna, u.v.m. Alles wirkt tatsächlich sehr hochwertig und die Zimmer sind zum ersten Mal seit Beginn der Reise nach meinem Empfinden wirklich geschmackvoll gestaltet. Aber für Luxus bin ich schließlich nicht ins Land gekommen. Lediglich an kleinen Details merkt man, dass hier und da doch noch das notwendige Know-How fehlt. Zum Beispiel wurde die Duschtrasse in unserem Zimmer so eingebaut, dass das Wasser nicht ordentlich ablaufen kann. Das ist natürlich ein First-World-Problem, aber solche Details würde man in nagelneuen Luxusunterkünften anderer Länder eher selten finden.

Masikryong-Hotel samt Piste

Masikryong-Hotel samt Piste

Masikryong-Hotel samt Piste

Masikryong-Hotel samt Piste

Modell des Skigebiets im Masikryong-Hotel

Modell des Skigebiets im Masikryong-Hotel

Doppelzimmer im Masikryong-Hotel

Doppelzimmer im Masikryong-Hotel

Masikryong-Hotel

Masikryong-Hotel

Billardtisch im Masikryong-Hotel

Billardtisch im Masikryong-Hotel

(Leeres) Restaurant samt Weihnachtsbaum und Neonlichter im Masikryong-Hotel

(Leeres) Restaurant samt Weihnachtsbaum und Neonlichter im Masikryong-Hotel

Mein persönlicher Höhepunkt dieses Tages folgt noch: Während wir in den ersten Tagen noch recht argwöhnisch von den Reiseleitern beäugt wurden und auch das ein oder andere Kreuzverhör überstehen mussten, bekommen wir heute eine ehrenvolle Hausaufgabe von ihnen aufgetragen!

Wir dürfen nichts Geringeres tun als die Texte, die sie an den entsprechenden Monumenten den Touristen vortragen, auf ihre grammatikalische Korrektheit überprüfen! Wir sind somit zum Teil der Propaganda geworden, auweia!

Ich ärgere mich noch heute etwas darüber, dass wir eine sprachliche Ungenauigkeit korrigiert haben. Sinngemäß hieß es dort: "Das koreanische Volk wird mit seinem mächtigen Schritt in Richtung Zukunft schreiten." ...oder ähnlich. Während einem Nicht-Muttersprachler die Doppeldeutigkeit von "seinem mächtigen Schritt" natürlich nicht bewusst ist, haben wir uns königlich amüsiert!

Die Vorstellung, wie dieser Text Dutzenden weiteren Touristen so vorgetragen wird, war durchaus verlockend. Letztendlich haben wir es jedoch umformuliert, sorry!

© Nick H., 2017
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Achttägige Rundreise durch die Demokratische Volksrepublik Korea im Oktober 2016
Details:
Aufbruch: Oktober 2016
Dauer: unbekannt
Heimkehr: Oktober 2016
Reiseziele: Nordkorea
Der Autor
 
Nick H. berichtet seit 7 Jahren auf umdiewelt.