Einmal Ostsee und zurück
Von Frankfurt/Oder bis nach Stettin
Heute machen wir uns auf den Weg nach Polen. Zunächst mit einer Fahrt mitten durch das Zentrum von Potsdam. Die Stadt ist echt der Brüller. Besser gesagt: die Straßen sind der Brüller!!! Wir haben mit dem Mumin Platz ohne Ende, cruisen über breite Chausseen und sogar die Radwege haben hier Straßenbreite. Irre! Somit kommen wir völlig entspannt raus aus dem Zentrum und auf die Autobahn nach Frankfurt/Oder.
Damit beginnt auch die Suche nach der für uns obligatorischen Via Toll Box für Fahrzeuge über 3,5 t. Zwar möchten wir entlang der Oder keine Autobahn benutzen, aber Internet-Recherchen zufolge brauchen wir die Box generell und auch einige Schnellstraßen in Polen sind mautpflichtig. Gleich nach der Grenze gibt es einen riesigen Autohof. Da müsste das Teil zu bekommen sein. Zumindest laut Internetseite von ViaToll. Also los.
Zunächst landen wir auf dem Zollhof. Das kann es wohl nicht sein. Also ein Kehrtmanöver einlegen und einige Meter weiter auf einen riesigen Truck-Parkplatz. Dort fragen wir uns durch und man schickt uns wieder zurück zum Zoll. Nun ja: ZOLL hört sich ja so ähnlich an wie TOLL. Also wieder zurück. Am Zoll bekommen wir einen Parkschein in die Hand gedrückt und eine Dame schickt uns weiter zu einem bunten Haus. Aber auch dort gibt es die ersehnte Box nicht. Man schaut uns an, als hätten wir den Wunsch nach einem Känguru-Steak am Nordkap geäußert. Tollbox - hä - was ist das??? Irgendwie kommen wir uns ein wenig verar... vor. Also wieder runter vom Zollhof ohne Box. Der Wille war da, allein es scheitert an der Umsetzung. No risk, no fun, wir fahren weiter ohne die Box.
Vorbei am wenig charmanten Frankfurt/Oder oder Slubice, wie es in Polen heißt, geht es gen Norden. Wir ziehen unseren WoMo-Führer zu Rate und wollen uns ein schönes Übernachtungsplätzchen an der Oder suchen. Doch der erste Versuch scheitert. Man hat glatt vergessen zu erwähnen, dass hier maximal WoMos in VW-Bus-Größe eine Chance haben. Bei Platz Nr. 2 ist es ähnlich. Also weiter.
Wir kommen nach Küstrin/Kostrzyn und eigentlich wollen wir uns hier die Festungsanlage anschauen. Doch der auserkorene Parkplatz entpuppt sich als riesiger Polenmarkt. Also auch nix. Überhaupt sind wir hier noch in der absoluten Grenznähe zu Deutschland und da zeigt sich Polen einfach nur von seiner wenig attraktiven Seite. Die Bling-Bling-Bars und Damen am Straßenrand hatte ich ja andernorts bereits erwähnt.
Wir finden jedoch den beschriebenen Parkplatz am Hafen in Kostrzyn. Da fängt es nun auch noch an zu regnen, der Platz ist laut und wenig charmant, aber wir machen jetzt erst einmal Kaffeepause und überlegen uns eine neue Strategie. Zurück über die Brücke nach Deutschland oder weiter auf polnischer Seite gen Norden? Wir entscheiden uns für Letzteres. So schnell geben wir schließlich nicht auf. Da die Region jetzt ländlicher werden soll und es auf die nächsten Kilometer auch keinen Grenzübergang mehr gibt haben wir Hoffnung. Am Bankautomaten ziehen wir also 400 Zloty (100 Euro) und weiter geht's auf Stellplatzsuche.
Normalerweise verkehren hier Ausflugsschiffe. Allerdings ist die Schifffahrt wegen Niedrigwasser eingestellt.
Option 1 scheitert gleich an einer Höhenbegrenzung, doch einige Kilometer weiter gibt es noch einen anderen Abzweig in Richtung Oder. Und endlich scheinen wir Glück zu haben. Durch ein Waldgebiet wird die Straße immer enger und kleiner. Wir queren die Bahnlinie ohne Probleme an einem unbeschrankten Übergang, erreichen den Weiler Kalensko und hier geht es noch wenige Meter weiter direkt an die Oder. Heureka, das ist unser Platz! Um uns herum nur ein paar Angler, Blick hinüber ans deutsche Ufer stehen wir nun auf Betonplatten an einem ehemaligen Brückenkopf oder Fähranleger oder was auch immer. Mitten in der Auenlandschaft irgendwo im nirgendwo. Perfekt! Also flugs die Parkposition eingenommen, den Hund befreit und auf zu einer ersten Spazierrunde.
Entlang des Ufers entdecken wir etliche Muschelschalen im Sand, so dass wir uns schon fast am Meer wähnen.
Am späteren Nachmittag zieht ein kleines Gewitter über uns hinweg und der Wind frischt ziemlich auf. Regen gibt es jedoch nur in homöopathischer Dosierung. Auch hier ist es viel zu trocken. Ich setze Brotteig an, wir lesen noch ein wenig und dann können wir noch unser Feierabend-Viertele draußen genießen. Die Angler sind inzwischen weg und wir mutterseelenallein. Doch nein - ein paar Kühe weiden noch um uns herum. Dann zieht es uns hinein, es wird gekocht und Brot gebacken. Während wir beim Abendessen auf der einen Seite des Mumin einen betörenden Sonnenuntergang über der Oder erleben, zieht auf der anderen Seite heimlich still und leise ein prächtiger Vollmond auf. Einfach nur der Wahnsinn und wir müssen schnell die Dachluke öffnen um dieses Naturschauspiel in 360° Perspektive von oben zu bewundern. Vor uns die still dahinfließende Oder, rechts bzw. im Westen die untergehende Sonne und links der Vollmond am klaren Abendhimmel. Kein Geräusch um uns herum, absolute Stille. Es ist nicht in Worte zu fassen, man muss solche Momente einfach erleben und genießen. Wir sind unendlich dankbar und glücklich darüber, dass uns dieser Moment beschert wird und haben das Gefühl, alles richtig gemacht zu haben. Auch ohne diese vermaledeite Toll-Box und einiger frustrierender Erlebnisse heute endet der Tag positiv. Wir haben die ersten Kraniche auf den Feldern gesehen und dürfen nun diese Abendstimmung erleben. Und das ist das Einzige, was wirklich zählt.
Aufbruch: | 24.08.2018 |
Dauer: | 14 Tage |
Heimkehr: | 06.09.2018 |
Polen