Marokko - ein Märchen aus 1001 Nacht
Tag 11– Auf in die Provinz Ouazarzate
Aufbruch
Frühes Aufstehen war angesagt. Am Abend zuvor hatten wir noch geklärt, dass wir bereits um 06:45 Uhr zum Frühstück kommen können, weil wir um 07:15 Uhr abgeholt werden sollten.
Pünktlich um 07:15 Uhr standen Andrea, Susanne und ich an der Rezeption. Wer allerdings nicht pünktlich war, war unser Taxi. Es kam erst gegen 07:35 Uhr. Ich hatte es schon mal erwähnt,was passiert, wenn ich mal irgendwo pünktlich bin...
Etwa um 07:50 Uhr kamen wir am Gauklerplatz an. Der war regelrecht gespenstisch leer im Gegensatz zu den Abenden zuvor. Er wurde gerade gereinigt. Müll wurde aufgesammelt, der Platz mit Wasser gesprengt.
Außer uns war bisher nur ein Pärchen im Minibus. Das hatte den Vorteil, dass wir noch nahezu freie Platzwahl hatten. Wir setzten uns in die hinterste Reihe und tatsächlich blieb einer der vier Plätze frei. Unsere Rucksäcke wurden ganz nach hinten hinter ein Gitter gebracht.
Allmählich trafen weitere Gäste ein. Auch eine Frau mit Krücke war dabei.
Unterwegs Richtung Tizi n’Tichka –Pass
Um 08:30 Uhr ging es dann los, obwohl noch nicht die 16 Leute im Bus waren, die der Busfahrer mir genannt hatte. Zunächst fuhren wir an eine Tankstelle. Dort stiegen tatsächlich noch 2 junge Männer zu. Wir waren eine internationale Gruppe: zwei Norweger, zwei Italiener, zwei in Italien lebende Brasilianer, zwei Spanier, zwei Tschechen, eine Französin mit deutschen Wurzeln und ein gebürtiger Iraner aus der Schweiz und wir drei Frauen aus Deutschland.
Die erste Stunde habe ich geschlafen. Es war ja die gleiche Strecke wie gestern. Ich bin erwacht, als wir die ersten Höhenlagen erreicht hatten.
Den ersten Stopp legten wir um 10:45 Uhr ein. Versorgt mit leckerem Kaffee und Tee, suchten Andrea, Susanne und ich uns einen Platz in der Sonne, um etwas warm zu werden. Offensichtlich fand es die Mehrheit kühl in unserem Bus, denn es kamen alle in die Sonne. Wir unterhielten uns mit dem norwegischen Ehepaar, die in Marokko individuell reisen, allerdings nur 1 Woche.
Danach musste ich einfach wach bleiben. Die Landschaft auf dem Weg in den Hohen Atlas hielt mich wach. Ich war und bin tief beeindruckt.
Einmal mussten wir eine ganze Weile halten. Die Straße wird gerade gebaut-gefühlt die komplette Strecke auf einmal. Keine Ahnung, wie viele Kilometer das wären. Jedenfalls war uns die Weiterfahrt verwehrt durch an der Straße wachende Bauarbeiter.
Tizi n’Tichka –Pass
Einen zehnminütigem Fotostopp legten wir dann auf dem Tizi n’Tichka–Pass in 2.260 m Höhe ein. Welch grandiose Ausblicke!
Der Pass bildet den höchsten Punkt der Verbindungsstraße zwischen Marrakesch und Ouarzazate und außerdem die Grenze zwischen den Regionen Marrakesch-Safi und Drâa-Tafilalet. Die Straße ist auch die kürzeste und meist auch die schnellste Verbindung zwischen der Ebene von Marrakesch bzw. den Küstenstädten Casablanca, El Jadida und Safi und den weiten Gebieten des Saharavorlands. Daher sind hier auch sehr viele LKWs und Busse unterwegs. Einer der LKW hatte wohl eine Kurve nicht richtig genommen und lag umgekippt an der Seite.
Kurz nach Beginn der Weiterfahrt sahen wir eine ockerfarbene Staubwolke. Ein Bagger wurde in den Bergen bedient und wirbelte ordentlich Staub und Steine auf, die dann auch noch Richtung Straße kullerten. Das machte dann eine weitere Fahrtunterbrechung notwendig. Doch nach etwa 5 Minuten konnten wir die Serpentinen wieder angehen. Der Staub drang durch die kleinsten Ritzen, so dass ich ihn auch bald roch und sogar schmeckte. Die bald folgende Abfahrt nahm unser Fahrer dann recht sportlich. Vermutlich wollte er etwas Zeit gutmachen.
Ksar Aït-Ben-Haddou
Unsere nächste große Pause begann gegen 13:15 Uhr in Aït-Ben-Haddou.
Aït-Ben-Haddou ist ein altes Wehrdorf oder auch befestigte Stadt. Es liegt in etwa 1270 bis 1320 m Höhe. Dabei bedeutet Aït – Sippe und Ben Haddou ist der Name der Sippe. Es gehört zum UNESCO Weltkulturerbe und ist vermutlich das eindrucksvollste Zeugnis der für den Süden Marokkos typischen, sogenannten Kasbaharchitektur. Sie hat mehrere Funktionen: Fluchtburg und Herrensitz, Festung und Gemeinschaftsspeicher, Sippenwohnung und Clanmachtzentrum. Hier sind an einem Hügel mehrere Kasbahs zu einer Wohnburg verschmolzen. Um einen mehretagigen Zentralbau gruppieren sich vier hohe Ecktürme. Die Kasbah sind aus Stampflehm und Lehmziegeln errichtet. Das führt bei heftigen Regenfällen dazu, dass ganze Mauerkonstruktionen zusammenfallen.
Natürlich hatten wir auch hier wieder einen Guide an unserer Seite. Von irgendwas müssen die Menschen hier ja schließlich leben. Dieser erzählte uns dann, dass in Aït–Ben–Haddou heute nur noch 10 Familien leben, ohne Wasser. Wasser müssen sie aus dem neuen Dorf holen, das am anderen Flussufer liegt. Die beiden Ortsteile sind hauptsächlich von Berbern des Ben-Haddou-Stammes bewohnt.
Der Fluss führte heute kein Wasser, so dass wir problemlos vom Parkplatz in das alte Dorf kamen. Im Winter, so denn mal wieder Regen fallen sollte, und Frühling jedoch lässt die Schneeschmelze den Fluss durchaus auch schon mal auf 2 m ansteigen. Kaum vorstellbar.
Im Dorf schauten wir bei einem alten Mann vorbei, der Bilder malte. Das Besondere: mit natürlichen Farben wurde ein Aquarell aufs Papier gebracht. Man hat das Bild kaum erkennen können. Für gelb wurde Safran, für braun Tee und für blau indigo verwendet. Dann wurde eine Gasflamme angezündet und das Bild darüber geschwenkt. Und nun kamen die Motive zum Vorschein. Immer deutlicher wurden sie. Das Aquarell war nunmehr ins Papier gebrannt und auch durch Wasser nicht mehr zu verwischen. Das bewies er uns, indem er Wasser auf das Bild sprühte und wischte. Ich nahm mir ein Andenken mi. Dann zogen wir durch die engen und steilen Gassen bis hoch auf den Berg, von dem sich ein herrlicher Blick bot.
Über eine noch recht neue Brücke, die über den ausgetrockneten Fluss führt, laufen wir zurück ins neue Dorf, wo wir gegen 15:00 Uhr ein Mittagessen einnehmen.
Das Dorf war Schauplatz einiger Spielfilme, für die jedoch extra noch einige Bauten vor die ursprüngliche Anlage gesetzt wurden. Omar Sharif drehte hier und auch im Gladiator sind Szenen in Aït-Ben-Haddou gedreht worden. Die Anlage diente weiter als Filmkulisse für „Sodom und Gomorrha“, „Joseph von Nazareth“, „James Bond 007 – Der Hauch des Todes“ und etliche andere Filme.
Ouarzazate
Kurz vor 17:00 erreichen wir Ouarzazate. Hier legen wir einen 20 minütigen Stopp ein und bekommen Zeit, die dortige, am Stadtrand gelegene Festungsanlage Taourirt von außen zu bestaunen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts erbaut wurde. Es soll eine der eindrucksvollsten Kasbahs des Landes sein. Sie ist eine der besonders großen Wohnburgen. Auch heute noch leben Angehörige des Haouza-Stammes hier. Mann kann dennoch Teile besichtigen, doch dafür blieb keine Zeit. Ihr gegenüber befinden sich die Atlas–Filmstudios, nach Hollywood wohl die Zweitgrößten.
Weiter gehts
Anschließend lag die letzte Strecke des Tages vor uns. Ich schlief, ließ mich jedoch zum Sonnenuntergang von Andrea wecken, um das Farbenspiel am Himmel nicht zu versäumen.
Tagesziel erreicht
Um 18:50 Uhr erreichten wir unser Hotel. Inmitten der Rosenregion liegt der Ort Aït Ouassif, ein typisches Berber–Dorf. Wir wurden sehr freundlich von einem jungen Mann empfangen, der uns willkommen hieß und erst einmal einen Tee reichte. Dann gab es die Anmeldeformulare auszufüllen, die Zimmer zu beziehen und ein wenig zu verschnaufen. Um 20:30 Uhr sollte das Essen bereitstehen.
Wir fanden uns in einem wohl eher landestypischer Hotel. Wir betraten einen Innenhof, in dem ein Lehmofen stand. Darum herum gruppiert die Tische, an denen wir später aßen. Das Feuer wurde entfacht, denn draußen war es mit Einbruch der Dunkelheit sehr frisch geworden.
Andrea, Susanne und ich bezogen unser Dreibettzimmer. Zunächst einmal schauten wir, wie wir wohl in den bereitliegenden Zudecken ein wärmendes Nachtlager finden könnten. Auf einer Matratze Lage eine Art doppelte Steppdecke, darauf ein Laken und darauf noch eine riesige warme Wolldecke. Ich entschied, mich zunächst in das ebenfalls riesige Laken zu wickeln und dann die warme Decke doppelt über mich zu breiten. So wollten es die anderen Beiden dann schließlich auch tun. Das Problem war nur, dass Susanns Laken nur halb so groß war. Egal–wird schon irgendwie gehen. Ich hatte sogar ein ziemlich großes Nachtschränkchen an meinem Bett. Zu unserem Zimmer gehörte eine europäische Toilette mit Waschbecken und Dusche. Duschbad und Seife standen hier nicht zur Verfügung, aber das machte nichts, denn wir hatten alles mit.
Nun nahmen wir mal die Dachterrasse in Augenschein. Was für ein grandioser Blick in den Sternenhimmel bot sich uns von dort. Wir machten Venus, Jupiter und Saturn aus. Die beiden ersten Planeten strahlten so hell, dass ich sie sogar mit meinem Handy einfangen konnte, und die ist wirklich nicht besonders leistungsstark, ganz abgesehen davon, dass bei ihr keine verschiedenen Modi, wie Porträt oder Nacht, einstellbar sind.
Pünktlich um 20:30 Uhr war das Essen auf dem Tisch. Ich kam wegen der Fotografiererei etwas später und nahm an dem Tisch Platz, an dem der gebürtige Iraner aus der Schweiz, die Brasilianer, die Italiener und die Spanier saßen. Es gab die typische marokkanische Suppe, dann eine Tajine mit Gemüse, Kartoffeln und Fleisch und Granatäpfel, Äpfel und Orangen zum Nachtisch. Die Vegetarier bekamen Couscous serviert. Die Portion reichte aus, 3 Leute satt zu bekommen. So nahmen wir reihum alle noch etwas davon, schon allein, um nur mal zu kosten.
Sterne
Nach dem Essen stiegen wir alle nochmal aufs Dach. Die Milchstraße war so deutlich zu sehen, wie sie mir noch nicht mal auf Hiddensee erschienen war. Es waren so viele Sterne am Himmel, dass einzelne Sternbilder kaum noch auszumachen waren. Die Pleiaden und die Kassiopaia haben wir noch gefunden, doch die vor dem Himmels – W liegende Andromeda kaum mehr. Venus und Jupiter waren inzwischen untergegangen, dafür zeigte sich der Orion in klarer Schönheit. Nun wurden wieder Handys gezückt. Einigen gelangen wirklich sehr beeindruckende Fotos. Auf meinen Bildern sah ich nichts. Andrea und Susanne waren mittlerweile bereits im Bett verschwunden. Also ging ich zu Andrea und erbat ihr Handy für ebensolche tollen Bilder. Wieder auf dem Dach, ließ ich mir die notwendigen Einstellungen erklären und dann gab es kein Halten mehr, bis das Handy auf einmal aus war. Also wieder runter zu Andrea, doch das Teilchen wollte einfach die pin nicht akzeptieren. Also wurde dem Ganzen ein natürliches Ende gesetzt.
Aufbruch: | 10.11.2019 |
Dauer: | 15 Tage |
Heimkehr: | 24.11.2019 |