Marokko - ein Märchen aus 1001 Nacht
Tag 6 - Marrakesh, am Abend wurde es schön
Ohne Andrea
Auf dem heutigen Programm stand ausschließlich Marrakesch. Um 07:30 Uhr weckte mich Andrea, denn um 08:30 Uhr war die Abfahrt zu unserem ersten Programmpunkt – eine 45 minütige Kutschfahrt durch Marrakesch, angesetzt.
Andrea ging es so schlecht, dass sie sich einen weiteren Tag Auszeit gönnte. Sie schlief, versorgte sich mit Tee, bis es ihr zum Mittag hin nun deutlich besser ging. Sie las bis zu unserer Rückkehr vom heutigen Tagesausflug viel in Reiseführern und in einer alten, noch aus Berlin mitgebrachten Zeitung.
Die Stadt
Marrakesh ist bekannt als „Rote Stadt“ oder „Ockerstadt“, denn ein Großteil der Gebäude der Stadt ist rot. Das liegt an dem verwendeten Baumaterial – ein Lehm–Kalk–Gemisch. Es ist eine alte Handelsstadt. Wenn man seine Hand auf Marrakesh legt, zeigen die Finger in die Richtungen der Handelswege.
Im 10. Jahrhundert wird Marrakesh zur Hauptstadt, 200 Jahre später erreicht die Stadt unter Yakoub El Mansour seine Blütezeit. Viele internationale Berühmtheiten haben sich hier inzwischen Häuser in Form eines klassischen Riads gekauft. Marrakesh hat ca. 800.000 Einwohner, an den Wochenenden sind oft jedoch bis zu 1,5 Millionen Menschen hier wegen des nie endenden Nachtlebens.
Die Stadt wird durch die Mutter von Hilary Clinton, die aus Marrakesh stammt, sehr unterstützt.
Merdan meint, Marrakesh sei ein einziger großer showroom.
Kutschfahrt
Susanne, Ulrike und ich bestiegen eine der Kutschen, in der normalerweise vier Leute Platz finden. Die Kutschfahrt hätten wir nicht gebraucht. Es war ausgesprochen kalt, der Nieselregen ging später in richtigen Regen über und unser Kutscher zeigte nur einmal unterwegs auf die Kotoubia–Moschee und schwieg ansonsten. Vielleicht hat er bemerkt, dass wir drei Frauen so miteinander ins Gespräch vertieft waren und ihm ohnehin kaum gefolgt wären. Was hatten wir zu besprechen? Wie das so ist, wenn man auf fremde Menschen in einer Reisegruppe trifft – irgendwann macht man einander bekannt , erfährt dies und jenes. Und wir haben während der Kutschfahrt festgestellt, dass wir alle drei Asienwissenschaften studiert haben und dann auch noch spezialisiert auf Südostasien. Die Beiden haben es an der Freien Universität und ich an der Humboldt–Uni studiert. Allerdings hatte ich mein Studium ja 1990 beendet, da waren die Zwei noch mittendrin. Sie erzählten von ihren Austauschen mit meiner Sektion der Humboldt–Uni nach der Wende. Sie haben meine Professoren kennengelernt. Das was ist schon etwas irre, dass ausgerechnet wir uns auf dieser Reise durch Marokko trafen.
Beim Ausstieg erhielt unser Kutscher von jedem von uns 10 Dirham Trinkgeld. Er wollte 40 haben, denn hätte er vier Fahrgäste gehabt, wären eben diese 40 dh und nicht nur 30 dh für ihn drin gewesen. Wir beließen es bei unseren jeweils 10 dh.
Jardin Majorelle
Um 10:00 Uhr trafen wir am Garten Majorelle ein. Der französische Maler Jaques Majorelle hatte ihn 1923 angelegt. 1980 kauften Yves Saint Laurent und sein Lebensgefährte den Garten auf. Sie ließen den inzwischen verwilderten Garten in mehreren Etappen wiederherstellen. Yves Saint Laurent ist eine kleine Erinnerungsstätte im Garten eingeräumt worden. Hier hatten wir 1,5 Stunden Zeit für einen Rundgang. Das war gut zu schaffen. Es sind Pflanzen von allen fünf Kontinenten zu sehen, gut beschriftet. Mehr als dass ich die Bäume und verschiedene Kakteen bestaunte, lauschte ich dem fremden Vogelgezwitscher. So sehr ich mich auch bemühte, ich konnte kein dazu passendes Vögelchen entdecken
Edelsteine und Edelmetalle
Nun stand der Besuch einer Schmuckfabrik auf dem Plan. Merdan betonte noch einmal, dass in Marokko kein 585 er Gold bearbeitet wird, sondern nur ab 750er aufwärts.
Wie schon in der Teppichfabrik erfolgte ein sehr freundlicher Empfang mit Tee. Durch eine Scheibe sahen wir Goldschmieden und einem Steineinfasser bei ihrer Arbeit zu. Die Steineinfasser sind Armenier, weil diese dieses Handwerk am besten verstehen. Das Wissen und die Fertigkeiten werden über viele Generationen weitergegeben. Sie beginnen sehr jung damit und hören mit 50 Jahren auf, denn dann schaffen die Augen es nicht mehr. Da helfen weder Brille noch Lupe. Die Armenier hier in der Manufaktur erhalten daher immer doppeltes Gehalt. Wenn sie mit 50 aufhören zu arbeiten, liegen noch viele Jahre bis zur Rente vor ihnen. Das doppelte Gehalt können sie für diese Zeit sparen, wenn sie es denn tun. Sollte uns jemand erzählen, Goldschmied und Steineinfasser wäre ein Beruf, so sollten wir sehr skeptisch sein. Entweder oder. Es sind jedes Berufe für sich.
Goldschmied, auf den Zetteln vor ihm sollen sich allesamt Kundenbestellungen aus Reisegruppen befinden...
Tansanit
Nun erfuhren wir etwas über den Edelstein Tansanit, der 1000 x seltner sei als Diamanten. Nur in Tansania gibt es am Fuße des Kilimandscharo eine staatliche Mine, in der Tansanit in teilweise mittlerweile 700 bis 800 m Tiefe abgebaut wird.
Jetzt geht es zur Sache
Danach ging es in den Verkaufsraum, wo etliche versierte Verkäufer schon auf ihre Opfer warteten.
Ich würde bestimmt nicht dazu gehören. Ich schätze, das war mir anzusehen. Also gesellte sich zu mir ein Mann, der dann Klartext mit mir sprach. Susanne stand neben mir. Er begann damit, dass wir wohl schon wüssten, das dies eine Werbe– und Verkaufsveranstaltung sei, damit wir reichen Europäer den Marokkaner mit unseren Einkäufen helfen, ebenfalls besser leben zu können. Uns ginge es doch so gut und alles sei fein bei uns. Ich meinte daraufhin, dass ich diesen Eindruck gerade nicht habe und vor allem dann nicht, wenn ich mal in andere Länder reise. Aber wir könnten uns doch ein klein wenig Luxus gönnen. Dass diese Reise für mich schon Luxus ist, wollte er nicht verstehen oder glauben. Es gäbe hier auch schon Schmuckstücke für 100 oder 120 €. Ich gab zu bedenken, dass, hat man nur 150 € im Monat zum Leben, wären auch so preiswerte Schmuckstücke einfach nicht drin. Von 150 € im Monat könne man nicht leben, gab er zur Antwort. Da gab ich ihm recht. Sicher redeten wir von verschiedenen zur Verfügung stehenden Mitteln. Er dachte möglicherweise an ein Gesamteinkommen in dieser Höhe, während ich von dem Geld sprach, was nach Abzug aller festen Kosten noch vorhanden ist. Am Ende zeigte er uns den Weg zur Cafeteria, in der wir dann auf die anderen warteten.
Leder
Ja– auch durch eine Ledermaufaktur mussten wir noch durch. Wie aus der Türkei erinnerlich, sahen wir zuerst eine Modenschau. Diesmal gab es schon Alkohol zu trinken. Einer unserer wirklich schon alten Herren, der immer ne Lederjacke trug, machte sich den Spaß und ging auch noch auf den Laufsteg. Im Verkaufsraum suchte ich mir eine Sitzgelegenheit, nahm Platz und schlief ein, bis Merdan kam und fragte, ob es mir nicht gut ginge. Doch, doch, ich sei nur müde und hätte ein wenig Kopfschmerzen. Na dann könne ich auch gleich zum Bus gehen. Na bitte – geht doch! Schon war ich raus aus der Verkaufsnummer. Da die Ausgänge aus diesen Räumen nicht einfach mal so ausgeschildert sind und zudem sehr versteckt liegen, zeigte man mir den, der ins Freie führte.
Apotheke
Nun endlich stand die Medina an. Merdan hatte vor einigen Tagen von einer Bio–/ Ökoapotheke gesprochen, in der es nicht gepanschtes Arganöl und andere Naturprodukte für die Gesundheit gibt. Dorthin führte er uns nun. Hier wurden wir von Nasrin empfangen, die uns mit zwei Assistenten in einem gesonderten Raum alles erklärte – was ist wofür gut, was hilft wogegen und was kostet was und wann gibt es gratis etwas dazu. Ich schrieb mir alles auf und kaufte erstmal nur eine Creme. Ich wollte mit Andrea noch einmal hierher kommen, wenn es ihr wieder besser ging und wir in unserer Verlängerungswoche sind.
Djemaâ el Fna – Gauklerplatz
Nun bekamen wir von Merdan unseren Treffpunkt und die Zeit des Einfindens für die Rückfahrt zum Hotel genannt, dann konnten wir allein losziehen. Ich schloss mich Ulrike und Susanne an. Wir bestaunten das Leben und Treiben auf dem Gauklerplatz, auf dem früher Hinrichtungen zelebriert und Köpfe aufgespießt wurden. Musikanten, Tänzer, Verkäufer, Schlangenbeschwörer, Geschichtenerzähler, Wahrsagerinnen,.... alles war da und lockte viele, viele Schaulustige an. Ich gönnte mir einen frisch gepressten Granatapfelsaft, der ziemlich süß war. Susanne ließ sich einen mit frischem Ingwer zubereiten. Ich kostete und es war klar, dass ich beim nächsten mal auch einen mit Ingwer nehmen würde. Außerdem werden allabendlich Verkaufsstände aufgebaut, an denen kulinarische Spezialitäten der Region gereicht werden. Es wirkte wie eine riesige Garküche.
Dann verloren wir uns im Labyrinth der Medina und hatten letztlich doch nur mit freundlicher Wegweisung durch Einheimische den Weg zu unserem Treffpunkt gefunden, an dem wir auch nur 10 Minuten verspätet ankamen. Freundlicherweise hatte unsere Gruppe auf uns gewartet.
Gute Nacht
Im Hotel angekommen, fand ich eine Andrea, der es nun wieder deutlich besser ging. Wir gingen zu Abend essen und ich erzählte ihr von all den Tagesereignissen. Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie es bedauert hat, nicht mit in der Schmuck– und Ledermanufaktur gewesen zu sein. Und da der orientalische Abend mit Reitershow erst morgen Abend stattfinden sollte, war sie auch nicht traurig.
Aufbruch: | 10.11.2019 |
Dauer: | 15 Tage |
Heimkehr: | 24.11.2019 |