Finnische Besonderheiten
Typisch Finnisch und was sonst noch passierte
Turku, 4.11.2006
Da ich mich nun schon genau zwei Monate im schönen Finnland aufhalte, maß ich mir einfach mal an eine subjektive, absolut unvollständige aber für mich zumindest deutlich nachvollziehbaren Index mit der schönen Überschrift "Typisch Finnisch" zu beginnen.
B wie "Bayern": Wer sich auch immer gefragt hat warum die Bayern China Kiina aussprechen, findet in Finnland die Antwort. Hier schreibt man folgerichtig auch Kiina, wenn man China meint. Ob die Bayern Finnische Urahnen haben, kann ich zwar nicht bestätigen, aber wenigstens identifizieren die Finnen Deutschland nicht stereotypisch mit Bayern. Der Finnisch Name für Deutschland lautet nämlich "Saksa". Die Österreicher scheinen allerdings schon eher Italien zugeschlagen zu werden und das Land wird als "Itävalta" bezeichnet.
G wie "Glücksspiel": Hier scheinen die Finnen unter einer nationalen Sucht zu leiden. Was sich in Deutschland in dunklen Ecken verqualmter Bierkellern, Bierstuben und Bierschänken abspielt, wurde in Finnland ans Tageslicht gezerrt. Die Automaten stehen hier einfach überall rum (nur an der Uni habe ich noch keine gesehen) und sind andauernd belegt.
K wie "Kerros": "Kerros" heißt Stockwerk und wird sowohl als Bezeichnung für einheimische Big Macs (zwei Stockwerke Fleisch für den ungeübten Nicht-BicMac-essenden-Leser) als auch für Stockwerke im Gebäude verwendet. Die ersten Wochen meines Finnlandaufenthalts fragte ich mich allerdings immer warum in einem Haus mit nur vier Kerros ein Restaurant im 5 Kerros beworben wird. In den zunächst Sommerlichen Temperaturen tendierte mein naives Erklärungsschema ja zu einem Dachrestaurant, aber mit den kühleren Temperaturen kam ich zur Einsicht, dass man hier schon das Erdgeschoss als ersten Kerros bezeichnet.
L wie "Lordi": Ja Lordi was soll man dazu noch sagen. Der Survival Guide für Gaststudenten berichtet von dem alten Witz aus der Ära vor Lordi, dass Finnland erst den Grand Prix gewinnen würde, wenn die Hölle zugefroren sei (was man Angesichts der Außentemperaturen von -5 Grad ab Ende Oktober durchaus auch annehmen könnte).
Ihre Dankbarkeit erweisen die Finnen Lordi daher auf jede nur erdenkliche Art und Weise. Lordi durften sich in Rovaniemi mit dem Weihnachtsmann knipsen lassen und das Bild hängt jetzt direkt neben dem Foto von Mickey Maus mit dem Weihnachtsmann. Weiterhin ist ein Platz in der Innenstadt Rovaniemis in Lordi Platz umbenannt worden, eine große finnische Bank hat eine Lordi Kreditkarte herausgegeben und in den Supermärkten gibt es sogar Lordi-Cola (natürlich nur in einer Light Variante für schlanke Monster).
M wie "Matsch": "Lokakuu" ist das finnische Wort für Oktober und wörtlich übersetzt bedeutet es Matschmond. Und der Oktober machte auch tatsächlich seinem Namen alle Ehre. Doch Matsch war gestern, heute ist Schnee und November. Auf finnisch "Marraskuu", was soviel wie Todesmond bedeutet. Aber wie wir alle wissen folgt auf den "Marraskuu" der "Joulukuu", der endlich mal nach was schönem benannt ist, nämlich Weihnachtsmond.
N wie "Nordic Walking": Nordic Walking macht hier irgendwie jeder und manchmal hat man auch den Eindruck, dass die Stöcke auch Verwendung in der Altenarbeit finden. Nicht selten sieht man Omas, die statt eines Krückstocks Nordic Walking Stöcke verwenden und ich warte auch eigentlich nur noch auf den ersten Menschen mit gebrochenem Bein, der statt Krücken Nordic Walking Stöcke benutzt.
Für die rüstige Rentnerin über 70, der Nordic Walking allerdings zu wenig Adrenalinkicks bietet, gibt es hier allerdings ein anderes Gefährt. Man stelle sich einfach ein Wägelchen vor, das die Rentner in Deutschland als Gehhilfe vor sich herschieben, nach hinten mit zwei Trittbrettern verlängert und dazu noch mit hochmodernen Scheibenbremsen ausgerüstet. Mit diesem Gerät rauschen hier nicht weinige Omas die Berge hinunter und lassen so sogar die skatenden Kiddies alt aussehen.
S wie "Sauna": Man könnte fast sagen, in diesem Land gibt es mehr Saunen als Menschen, und würden mich die Außentemperaturen nicht davon abhalten, würde ich glatt behaupten das ganze Land sei eine einzige Sauna. Jedes Studentenwohnheim hat eine Sauna und manchmal sogar jedes einzelne Haus eines Wohnheims. Aber auch in Schwimmbädern, Sporthallen oder einfach nur so findet man hier öffentliche Saunen.
T wie "Tierfutter": Das Wohlergehen ihrer Hunde und Katzen scheint den Finnen besonders am Herzen zu liegen. Der Supermarkt kann noch so klein sein, aber eine große Regalreihe ist immer mit Tierfutter bestückt und auch eine Frischetheke mit leckeren Pedigree und Chappi Kühlprodukten darf nicht fehlen. Meist auch direkt im gleichen Gang mit dem Babyzubehör zu finden.
V wie "verkleidet saufen": Hiervon habe ich ja auch in den letzten Monaten schon zu genüge berichtet, aber das Thema ist einfach auch zu spannend. Und wenn man zu den unterschiedlichsten Anlässen lustig verkleidete Finnen durch die Strassen laufen sieht, kann man das Stereotyp vom unterkühlten, schweigenden Finnen nicht mehr wirklich glauben. Positiv zu erwähnen ist aber noch, dass ich in bisher zwei Monaten nicht eine Schlägerei oder sonstige Auseinandersetzung mitbekommen habe. Wenn ich das mit nur einem Wochenende in Liverpool vergleiche ....
W wie "Was zum Teufel haben Eilen, Olli und Torsti miteinander zu tun?": Ja genau diese Frage habe ich mir vor Finnland nie gestellt bis mir in meinem Sprachkurs folgender Satz unterkam: "Eilen oli torstai". Dies bedeutet soviel wie "Gestern war Donnerstag", was die Frage was die drei miteinander zu tun haben nicht wirklich beantwortet, aber zumindest Raum für Spekulationen lässt.
Z wie "Zebrastreifen": Besagter hat eigentlich wenig bis überhaupt keine Bedeutung. Hier halten es die Finnen südeuropäisch, wer mehr Blech vor der Nase hat fährt vor.
To be continued ...
Und was sonst noch passierte ...
Ist ja jetzt schon ein bisschen her, dass ich das letzte mal geschrieben habe, aber all zu viel ist auch nicht passiert.
Zu den Highlights gehörte unsere National Food Party, die wir zu irgendeinem Koreanischen Feiertag veranstaltet haben. So was wie Weihnachten mit viel Essen, nur halt auf koreanisch. Sarah und ich steuerten einen deutschen Salat mit deutschem Dressing und deutschem Baguette bei. Zu den weiteren deutschen Highlights gehörten überbackene Baguette und verbrannte Reibekuchen (zumindest etwas original deutsches, wenn auch verbrand). Wobei allerdings auch die mit Sauerkraut gefüllten polnischen Piroggen, leicht als deutsche Maultaschen durchgegangen wären. Lecker war zumindest alles.
Mitte Oktober musste Sarah dann leider nach Hause fliegen, was wir zum Anlass nahmen vor dem Flug noch ein Wochenende in Helsinki zu verbringen. Der Vorteil Helsinkis gegenüber Turku ist, dass man auch in der Innenstadt merkt direkt am Meer zu sein. Turku ist leider doch zu weit vom Meer weg, aber in der Innenstadt von Helsinki sieht man die großen Fähren im Hafen liegen.
Ab Mitte Oktober änderte sich das Wetter hier dann sehr rasch. Schon ab dem 15. konnte man nur noch mit dicker Winterjacke draußen rumlaufen und schon am 31. gab's gut 5 cm Schnee. Gefolgt von einem halben Tag Regen und Tauwetter, um dann zu einer einzigen Eisfläche zu gefrieren. Und so sieht's auch heute noch aus. Halb Turku liegt unter ner dicken Eisschicht und darauf noch ein paar Zentimeter Neuschnee. Vom räumen hält man hier allerdings nicht all zu viel. Die meisten Leute scheint dies allerdings nicht wirklich zu stören und so erkennt man vor allem die Ausländer daran, dass sie sich langsam tapsend über das Eis bewegen, während die Eingeborenen mit Schwung darüber gleiten.
Die erste Semesterhälfte ist seit dem 13. Oktober auch vorbei und die anschließende Klausurenwoche habe ich gut überstanden. Als die Dozentin mir per e-Mail mitteilte das ich eine 5 hätte, war ich doch schon etwas verwundert und fragte bei ihr an, ob ich nachschreiben könnte, worauf sie mir etwas verwundert antwortete, dass 5 doch die beste Note sei. Der Sprachkurs ist jetzt auch endlich mal vorbei und bestanden und am 23. hat die zweite Semesterhälfte mit vier neuen Veranstaltungen angefangen.
Mit meinem Fahrrad hatte ich in letzter Zeit natürlich auch wieder viel Spaß. Zunächst fiel beim fahren einfach mal so ein Pedal ab. Notdürftig mit nicht wirklich passenden Muttern aus dem Baumarkt repariert, brachte ich das Fahrrad zum Händler, wo man feststellte, dass ein gefeuerter Mitarbeiter (den ich bis dahin eigentlich immer für den Chef gehalten hatte) das ganze Werkzeug mitgenommen hatte und man erst neues kaufen müsste. Nach einer Woche konnte ich das Fahrrad dann endlich abholen, doch zuhause angekommen fuhr ich zur Abwechslung schon wieder auf der Felge.
Seitdem sind mein Fahrrad und ich geschiedene Leute und das Eis hat mich auch davon überzeugt, dass es gefährlich genug ist hier zu Fuß rum zu laufen.
Die Hütte auf dem Cottage Weekend.
Dieses lustige Spiel auf dem Cottage Weekend hieß: Stellt eine Weltkarte nach. Hier zu sehen: der Blick vom übervölkerten Deutschland nach Australien
Padeeln auf dem Cottage Weekend.
Stiefelweitwurf mit original Nokia Stiefeln.
National Food Party
Wenn das Essen mit Stäbchen nicht klappt, muss eben nachghelfen werden.
Ein Weihnachtsbaum darf natürlich auch nicht fehlen.
Manche Leute waren da immer noch am essen suchen.
Der Olympaturm. 1952 wollte man noch nicht so hoch hinaus.
Kirche in Helsinki.
Ein Ferienhaus nur kanpp 100 Meter vor Helsinki wäre schon supi.
Orthodoxe Kirche in Helsinki
Superman
Absolute super einrichtung. Spülen ohne abtrocknen. Schranktür zu und fertig.
Lordi Cola (natürlich Light)
Lordi Master Card
Glücksspiel im Supermarkt.
31. Oktober und der erste Schnee.
Aufbruch: | 03.09.2006 |
Dauer: | 4 Monate |
Heimkehr: | 22.12.2006 |
Typisch finnisch
Estland