Das erste Mal nach Vietnam

Reisezeit: März 2011  |  von Beate Böttner

09.03.11 - Umgebung von Hanoi

09.03.11 - Seide handgefärbt

09.03.11 - Seide handgefärbt

Der Wecker klingelte wieder um 06.45 Uhr. Um halb acht sassen wir am Fruehstueckstisch. Puenktlich um 08:15 Uhr hat uns Jeremy, der eigentlich Duc heisst, zu unserer heutigen Tour abgeholt. Mit uns kam noch ein Ehepaar aus Gera mit ihrem Guide. Sie hatten sich einen franzoesisch sprechenden Guide "gebucht", weil der Mann seinerzeit in der Schule franzoesisch gelernt hatte und es mit dem Englischen nicht so einfach war. Das war gar nicht uebel, denn so konnte ich dieser Unterhaltung folgen und erfuhr so einiges, was wir vermutlich gar nicht unbedingt gefragt haetten. Zum Beispiel wie Hochzeiten in Vietnam abgehalten werden. Das junge Paar erledigt fein herausgeputzt die Formalitaeten und laesst sich - das ist ganz wichtig - professionell fotografieren. Diese Fotos werden dann zur Bestaetigung der Eheschliessung gezeigt. Erst Tage oder auch Wochen spaeter wird dann gefeiert.

09.03.11 - Kokons

09.03.11 - Kokons

Der heutige Tag stand unter dem Motto "unberuehrtes Hanoi" - ein Tagesausflug zu traditionellen Handwerkerdoerfern in der Umgebung Hanois. Zunaechst einmal quaelten wir uns durch den ueblichen Verkehr, ehe wir in Van Phuc ankamen. Hier besichtigten wir eine Seidenfabrik, sahen die Kokons, probierten das Ziehen der Faeden und sahen zu, wie die Seidenfaeden gesponnen, gefaerbt und schliesslich zu wunderschoenen Stoffen gewebt wurden. Am seitlichen Rand der Stoffe ist der Name der "Fabrik" mit eingewebt, sozusagen als Echtheitszertifikat. Die Webstuehle machten einen ohrenbetaeubenden Laerm, so dass ich kaum etwas von den erklaerenden Ausfuehrungen verstand. Aber letztlich war der Prozess selbst erklaerend. Natuerlich sind wir auch in den Verkaufsshop der Familie. Dort durften wir anhand von Brennproben erschnuppern, woran man Baumwolle (riecht nach verbranntem Papier), 70 % Seidenstoffe (riecht nach???) und 100% Seide (riecht nach versengtem Haar) erkennt. Selbstredend erwarb ich auch tatsaechlich einige huebsche Stuecke, naemlich 3 Tuecher fuer insgesamt 26 $. Dann gab es noch einen gruenen Tee und wir zogen ueber den Dorfmarkt. Eine alte Frau kaufte gerade 100 g Rindfleisch. Es wurde ihr in ganz kleine Stueckchen zerhackt.

09.03.11 Markt in Van Phuc

09.03.11 Markt in Van Phuc

Die Fische wurden kurzerhand zerteilt. Sie zuckten noch. Eine blutige und nicht eben schoen anzusehende Angelegenheit. Es wurden auch Huehner angeboten. Ein Mann sengte einem Huhn gerade die Federn ab. Diverse Fruechte wurden feilgeboten. Schon lange hatte ich keine Guaven mehr genossen, so dass ich mir zwei Stueck kaufte. Die kann ich sicher erst in Deutschland essen, denn sie sind noch steinhart. Eine weitere Frucht hatte es mir angetan. Sie sieht wie eine riesige Stachelfrucht aus und aufgeschnitten vermuteten wir Unkundigen, es koennte sich um Kuerbis handeln. Weit gefehlt. Brotfrucht heisst das Ganze. Sie ist zuckersuess. Ich kaufte auch hiervon zwei Stueck, was zu einiger Verwunderung fuehrte, denn ueblicherweise wird hier in Kilogramm ver- und gekauft. Aber fuer 5.000 Dong war sie auch mit dem Verkauf von zwei Stueckchen zufrieden. Nach dem Markt schauten wir kurz am Tempel vorbei und natuerlich auch rein. Dann durfte ich noch in einem Laden schmoekern, wo es die traditionellen Ao Dais gab. Ich wollte fuer Lene einen erwerben, aber der, der mir am besten gefiel, war in der Groesse nicht vorhanden. Nun habe ich aber wenigstens eine preisliche Vorstellung und lasse mich bei naechster Gelegenheit nicht uebers Ohr hauen.

09.03.11 - auf dem Markt in Van Phuc wird alles ganz frisch bereitet

09.03.11 - auf dem Markt in Van Phuc wird alles ganz frisch bereitet

Wir setzten unsere Fahrt fort, Richtung Tram Gian Pagode. Unterwegs machten wir Halt und nahmen ein Lunch. Es wurde wieder reichlich aufgetischt. Wasserspinat, Fisch, frittierter Bohnenquark, auch Tofu genannt, in Tomatensauce, natuerlich Reis und eine Krabbensuppe.
Die Tram Gian Pagode wurde 1185 unter der Le-Dynastie erbaut und es lebte hier im 14. Jahrhundert ein beruehmter Moench namens Binh An. Diese Pagode ist beruehmt fuer ihre Statuensammlung. Es gibt hier einen grossen Raum, in dem man zusammenkommen kann. Auch schlafen kann man dort. Man kann hier innere Einkehr finden, aehnlich wie in Deutschland, wenn man fuer eine Zeit in ein Kloster geht. Wir beobachteten eine Frau beim Geld verbrennen.
Wir haben uns auch einen Blick in die Krankenstation fuer die Dorfbevoelkerung erlauben duerfen. Taeglich kommt ein Arzt hierher und behandelt die Leute. Die Frau aus Gera erzaehlte beim Blick in dieses Krankenzimmer, dass sie sich eher vorstellen koennte, hier von einem Knoechelbruch geheilt zu werden, als in dem Krankenhaus von Sa Pa. Na Prost Mahlzeit! Auf dass wir in Sa Pa bei den Wanderungen nur nicht ausrutschen!!!

09.03.11 - die Krankenstation bei der Tram Gian Pagode

09.03.11 - die Krankenstation bei der Tram Gian Pagode

Die Pagode liegt auf einem Huegel. Auf dem Weg zu ihr verkaufen etliche Frauen Waren. Bei einer alten Frau hielten wir uns eine Weile auf, weil unser Guide so nett mit ihr ueber ihr Alter plauderte. Wir sollten alle mal schaetzen. Tom meinte, sie sei 90. Wir haben es eben schwer, die Vietnamesen einzuschaetzen, so wie es auch ihnen umgekehrt schwerfaellt. Sie ist naemlich erst 85 . Das Alter eines Gespraechspartners in etwa zu bestimmen ist enorm wichtig fuer die korrekte Anrede. Diese haengt naemlich sehr vom Alter des Gegenuebers ab und es wird eine Wertschaetzung damit ausgedrueckt. Jeremy, unser Guide ist 32 Jahre alt. Ich duerfte "em" (Kind) zu ihm sagen. Er tituliert mich mit "chi" fuer aeltere Schwester, wohingegen er Thomas als "chu" (juengerer Bruder des Vaters, also juengerer Onkel, es gibt noch den aelteren Bruder des Vaters "bac") bezeichnen wuerde. Die 85 jaehrige ist als Respektperson "ba" - Grossmutter. Die der vietnamesischen Sprache maechtigen Leser moegen bitte fehlende Intonationszeichen nachsehen. Sie wissen ohnehin, dass ich "Onkel" und nicht "Silber" meine. Letztlich kauften wir der Frau Kekse ab.
Eine weitere Frau sass am Weg und hatte einen Reishut mit ein paar Geldscheinen vor sich. Jeremy warf etwas hinein, der andere Guide auch. Ich tat es ihnen mit 1.000 Dong gleich (und schaemte mich fast fuer die umgerechneten paar Cent). Thomas gab ihr dafuer 1 $. Jeremy sagte, dass wir so alten Menschen etwas geben koennen, niemals aber Kindern oder jungen Leuten. Das ist nicht gut fuer deren Zukunft.

09.03.11 - 85 Jahre alt

09.03.11 - 85 Jahre alt

Nach der Pagode fuhren wir weiter durch die Doerfer bis zu einem, wo Reisnudeln hergestellt werden, mit denen auch Hanoi beliefert wird. Das geht so: Reisstaerke wird in grossen Blechbottichen gewonnen (die sahen schon nicht sehr sauber aus und auf dem Wasser oben drauf waren lauter tote Muecken). Den weiteren Herstellungsprozess haben wir nur vage verstanden, fragen uns aber, ob wir in Deutschland mit eben diesen Nudeln beköstigt werden. Anschliessend wurden wir in das Haus der Familie zu einem gruenen Tee geladen. Ich glaube es ist unhoeflich, den nicht zu trinken, aber wir nahmen lediglich ein Weilchen Platz und lauschten den Erzaehlungen ueber die Familie. Wohn-, Gast- und Schlafraum war in Einem. Wir wuerden so nicht wohnen und leben koennen, da bin ich ziemlich sicher.
Das Dorf, in dem die traditionellen Huete hergestellt werden, war etwas weiter entfernt und wir schlossen uns der Idee an, mit Jeremy noch ein wenig durch Hanoi zu tigern und traten deshalb den Rueckweg an.

09.03.11 - in der Tram Gian Pagode

09.03.11 - in der Tram Gian Pagode

Gegen 16:30 Uhr waren wir am Hotel, gegen 17:00 Uhr schlenderten wir mit Jeremy los. Ein wenig durch die Altstadt mit ausgiebigem Kaffeetrinken, durchs franzoesische Viertel, vorbei am Gaestehaus der Regierung, wo gerade maechtig was los war. Lauter schicke Autos und sehr gut uniformierte Soldaten. Kein Wunder - der Staatspraesident aus Paraguay traf gerade ein.
Es ging zurueck ueber den Platz mit der Statue von Ly Thai To auf dem sich auch heute wieder viele junge Menschen zum HipHop Tanz und Inlineskating bzw. Skateboarden eingefunden hatten.
Am Hoan Kiem See fiel mir wieder ein, dass ich Morgen in den BBC News gehoert hatte, dass die im See noch lebenden riesigen Schildkroeten gefangen und umgesiedelt werden sollten, weil der See zu schmutzig fuer sie sei. Ich liess es mir von Jeremy bestaetigen.
Gegen 19:00 Uhr verabschiedeten wir uns von Jeremy an unserer Rezeption, wo er gleich einen Job fuer den naechsten Tag bekam. Privatfahrt zweier Deutscher in den Cuc Phuong NP inklusive Affenaufzuchtzentrum.

09.03.11 - gleich beginnt die Vorstellung im Wasserpuppentheater

09.03.11 - gleich beginnt die Vorstellung im Wasserpuppentheater

Wir beschlossen den Abend mit Kultur. Wunschgemaess hatte man uns die Karten fuers Wasserpuppentheater organisiert, das um 20:00 Uhr begann. Zuvor kauften wir noch eine Kleinigkeit zum Essen auf die Hand und dann schauten wir interessiert den Wasserpuppen und ihrer Geschichte zu. Verstanden haben wir kein Wort. Macht aber nichts. Es ging vordergruendig darum, dieses Theater zu erleben, in dem Holzpuppen in einem bestimmt 15 x 5 m grossen Wasserbecken an Seilen und Holzstangen zu einer Geschichte bewegt werden. Ist schon eine beachtliche Leistung wie wir meinen.
Nach der Vorstellung, die um 20:45 Uhr zu Ende war, drehten wir erneut eine kleine Runde in der Altstadt, kauften auch noch zwei hauchduenne Seidenschlafsaecke, die fuer die Nachtfahrten mit dem Zuge empfohlen worden waren, ehe wir gegen 23:30 Uhr ziemlich geschafft ins Bett fielen.

© Beate Böttner, 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Vietnam von Nord nach Süd in 3 Wochen. Hanoi und Umgebung, SaPa, Hue, Hoi An, Saigon, Mekong-Delta und die Insel Phu Quoc.
Details:
Aufbruch: 04.03.2011
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 26.03.2011
Reiseziele: Vietnam
Der Autor
 
Beate Böttner berichtet seit 13 Jahren auf umdiewelt.
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