Beluga geht durchs Nadelöhr 2
Vom Regen in die Traufe
Unsere Flucht aus Burgas führt uns direkt auf ein völlig aufgewühltes Schwarzes Meer mit 3 m hoher Dünung. Es kann nicht schlimmer kommen. Doch es kommt schlimmer. Nach Umrundung von Kap Sveti Ivan nimmt die Dünung nochmals zu und der Wind frischt auf. Jetzt haben wir nicht nur 4 m hohe seitlich Dünung von backbord, sondern auch Wellen von hinten und von Land zurücklaufende Wellen an steuerbord. Der herrliche Küstenstrich ist schon lange nicht mehr interessant. Wir leben nur von einer Welle zur nächsten, von einer Minute zur nächten. Mit verspannten Schultern und steifen Fingern klammere ich den Geräteträger. Abwechseln hat man 4 m über sich den Bug des Bootes, dann blickt man seitlich waagerecht in das feuchte, schwarz-glitzernde Auge einer Wasserwand, dann hebt sich das Heck und man surft in ein tiefes Wellental. Es ist schlimm.
Wir umrunden Kap Maslen Nos, das nächste, Kap Muchurin, wieder eins, Kap Akhtopol, die Landzungen wollen nicht enden, Kap Nos Rezovo. Das Wassser knallt mit Wucht gegen die Felsen, wird 20 m hoch geschleudert. Wenn die Motoren ausfallen, knallen wir genauso gegen die Felsen. Immer wieder ziehen die Propeller Luft. Die Vibrationen lassen das ganze Schiff erzittern. Die Geräusche dabei sind grauenerregend.
Da, endlich die letzte Felswand, Kap Koru Burnu. Wir biegen in die Bucht von Igneata. Achterlicher Wind jagt uns vor sich her in den Hafen. Ich winke der Coastguard, doch sie drehen die Köpfe weg. Türkische Fischer winken uns an ihrem Boot anzulegen. Mit tremolierenden Händen übergebe ich Belugas Tau.
Wir sind willkommen.
Wir dürfen allerdings Beluga nicht verlassen, weil wir hier nicht einklarieren können, doch wir dürfen im Hafen bleiben bis die Dünung des Meeres sich beruhigt hat.
Es ist etwas gewöhnungsbedürftig, dass sich Horden von Fischern mit öligen Schuhen durch Beluga wälzen und in jede Ecke schauen, um ja alles richtig zu bewundern, doch die uns entgegengebrachte Freundschaft tut gut nach so einem Tag.
Der Patron des Fischerbootes schenkt uns einen Glücksbringer, so eine Art türkischer Rosenaugenkranz. Hoffentlich hilft er uns die letzten 60 Seemeilen Schwarzes Meer noch heil zu überstehen.
türkische Muschelfischer in Igneata
11.7 Istanbul
Das Schwarze Meer verabschiedet uns genauso wie es uns empfangen hat. Immer noch steht 2 m hohe Dünung und Kreuzseen im Meer. Torkelnd wie ein fehlgeleitetes Jojo suchen wir unseren Weg in den Bosporus.
Das Herz dieses gastlichen Meeres ist genauso schwarz wie sein Wasser unruhig. Wir sind froh ihm heil entkommen zu sein.
Bosporus nennt man die Verbindung von Schwarzem Meer und Marmarameer. Ursprünglich war der Bosporus ein Flusstal, 32 km lang und bis zu 2,5 km breit.
Bosporus
Die Einfahrt ist problemlos zu finden. Davor auf Reede liegen mindestens 10 Frachter und warten auf die Durchfahrt. Das Schwarze Meer schiebt heftig Dünung in die Meerenge und sorgt für kräftig Strom. Der Verkehr ist erstaunlich. Der Bosporus ist Verkehrstrennungsgebiet, doch kaum einer hält sich daran. Alles braust kreuz und quer durcheinander. Es gibt mehrere Häfen, die aber alle bereits im Marmarameer liegen.
Wir haben jedenfalls Istanbul schadensbegrenzt erreicht.
Der Anblick dieser riesigen Stadt mit seinen exotischen Bauwerken ist umwerfend.
Byzanz, Konstantinopel, eine Hauptstadt des Römischen Reiches, von den Kreuzfahrern geplündert und ab dem 15 Jh. osmanisch, Treffpunkt zweier Welten, zweier Kontinente, Lärm, Gedränge, Verkehr, Pracht, Armut, Feilschen und Schachern, Gebäude aus tausend und einer Nacht.
Und wenn man sich endlich die Peripherie von Istanbul so richtig reingezogen hat und der Finger steif vom Filmen ist, dann hat man den Bosporus schon hinter sich und ist im Marmarameer.
Istanbul
Aufbruch: | Mai 2004 |
Dauer: | 5 Monate |
Heimkehr: | Oktober 2004 |
Bulgarien
Türkei
Griechenland
Straße von Korinth
Ionisches Meer
Italien
Frankreich