Ionisches Meer

Reisezeit: Mai - Oktober 2004  |  von Doris Sutter

Ionisches Meer

30.7. Preveza

Wir kommen spät weg, weil wir erst morgens nach 9 unsere Rechnung in der Marina bezahlen können. Die Fahrt durch die Bucht ist wunderschön. Endlich sind die Inseln richtig zu sehen, ohne Dunst, nicht verhangen. Hier schmiegt sich die Insel Levkas sehr eng ans Mutterland. Eine schmale betonnte Fahrrinne führt uns durch Lagunen mit Fischzuchtbecken und Salinen in ein großes Hafenbecken. Wieder einmal ist vor uns die Welt zu Ende. Eine Brücke verschließt die Ausfahrt zum Meer.
Eine Stunde Wartezeit, dann wird sie zur Seite gefahren, die Schiffe können passieren.

eine Brücke verbindet die Insel Levkas mit dem Festland

eine Brücke verbindet die Insel Levkas mit dem Festland

Wir treffen ein Meer mit mehr als 1 m hohen Wellen und pfeifendem Wind an. Der Wind steht gegen uns, das Wasser fliegt. Keine Insel kann die tobende See ablenken. Wir peilen ein Kap an. Es würde nichts bringen durch die Bucht unter Land zu fahren. Die Wellen werden immer schlimmer. Es gibt nichts, was den Wind Meilen um Meilen hintern kann heulend über das Kap ins Meer zu fegen. Es ist wie die Hand eines Riesen, der uns von unserem Ziel zurückhält.
Wir geben auf, drehen ab, laufen in den Ambrakischen Golf und gehen in Preveza an die Kaimauer.

Kein ruhiger Liegeplatz. Touristenrummel, Gestank und Schwell, aber sicher.

der Mond geht auf im Ambrakischen Golf bei Preveza

der Mond geht auf im Ambrakischen Golf bei Preveza

31.7. Korfu

Nach einem Tag Pause wollen wir einen neuen Versuch wagen. Das Problem ist der Küstenabschnitt ohne jede Möglichkeit auszuweichen, an welchem wir der offenen See unsere Breitseite zeigen. Es hat Dünung im Meer, doch die Wellen sind rund, schaukeln uns nur, tun uns nicht weh.
Dr Wind ist mäßig, trotz der vorhergesagten 4-5 Bft.
In der Abdeckung von Antipaxi und Paxi flaut der Wind völlig ab, die See ist glatt, wir machen eine wundervolle Fahrt nach Korfu.

Korfu

Korfu

Um die Insel Kerkira (Korfu) ist der Teufel los. Frachter, Sportboote, Segler unter Motor und eine Fähre nach der anderen. Diese Kisten sind unheimlich schnell und Manfred versucht ihnen in weitem Bogen auszuweichen.

In die Bucht von Kerkira laufen zu gleicher Zeit 4 Fährschiffe ein- und aus. Sie hupen sich gegenseitig. Keiner macht auch nur einen Deut langsamer. Zwischen sie und ihre Wellen zu geraten wäre tödlich. Während sie mit 20 Knoten in die Bucht rasen, legen Glasboddem-Boote im Hafen ab, kreuzen Ausflugsboote, schießen große und kleine Motoryachten dazwischen. Segler hüpfen über die Wellen. Wir versuchen dem Chaos in etwa auszuweichen und kommen uns vor wie der Hase auf der Treibjagd.
Dazwischen faucht plötzlich eine steife Brise und setzt bissige kleine Wellen ab.
Im Stadthafen einen Platz zu bekommen ist ein Unding. Nachdem wir mehrere Male vertrieben werden, verbringen wir die Nacht vor Anker ganz hinten in der Bucht.

Der Wind schläft in der Nacht völlig ein. Die See ist ruhig.

Morgens klarieren wir im Zollhafen aus. Wir bekommen einen Stempel auf unsere Crewliste und zwei in das Transitlog. Jetzt können wir nach Italien fahren wann immer wir wollen. Ich bin sicher, dass sich kein Teufel in Italien für unser griechisches Transitlog interessiert und wären wir nicht immer selbst zum Hafenamt gelaufen, kein Hahn hätte nach uns gekräht. Aber es soll ja alles seine Ordnung haben.

Für zwei Stunden erlaubt uns ein Ausflugsboot auf seinen Platz im alten Hafen zu liegen umd die Stadt zu besichtigen.
Mehr als zwei Stunden könnte man es in dem alten Hafen auch nicht aushalten. Stadt und Hafen stinken bestialisch.

Korfu-Stadt

Korfu-Stadt

2.8. Othonoi

Und weil es immer noch völlig windstill ist, entschließen wir uns heute noch ein Stück Richtung Italien zu schaffen und auf der Insel Othonoi zu übernachten. Dann wird unsere Überfahrt nach Italien übers freie Meer ein ganzes Stück kürzer.

Nach einer Stunde kommt eine leichte Brise auf. Nach zwei Stunden stehen schon wieder Wellen von 1,5 m im Meer. Der Wind nimmt zu. Wir überlegen, was sollen wir tun? Umdrehen? Der Weg zurück ist genauso weit wie auf die Insel. Vier Windstärken wurden für die Adria gemeldet, wir sind noch ein gutes Stück weg, wird wohl nicht schlimmer kommen.
Doch es kommt schlimmer.
Nach drei Stunden plärrt Olympic Radio eine Securite-Warnung durch den Äther, 7 -8 Windstärken, in Böen bis 9. Großartig.
Einige Minuten später schreit einer hilfesuchend mayday-mayday für die Coastguard Brindisi. Lecker.
Beluga läßt kein Schlagloch aus. Die Wellen sind mittlerweile 4 m hoch. Beluga steht zeitweise senkrecht im Wasser. Nicht mehr jede siebte Welle ist ein Monster, jede Welle ist ein Monster. Eine hebt Beluga 4 m hoch, lässt sie ins Wellental schießen, die nächste rollt lässig oben drüber. Manfred steht 3 m hoch auf seinem Steuerstand und wird geduscht. Ich bin clever, ducke mich hinter Persennige und Fahrstand und lasse die Flut über mich hinwegrauschen.
Trotz allem ist es noch nicht so schlimm wie im Schwarzen Meer, weil die Wellen mehr von vorne als seitlich kommen.

Wir kämpfen uns in die Abdeckung der Insel Othonoi. Jetzt habe ich wirklich Angst. Der Insel vorgelagert sind Untiefen und Riffe. Manfred kann zur Zeit unmöglich eine Kursbestimmung machen.
Unter der Abdeckung wird der Seegang besser, jetzt kann er seinen Kurs bestimmen. Wir tasten uns in die Bucht, zwischen Klippen und Untiefen hindurch.
Der Alptraum vom August im Mittelmeer, heute hat er begonnen, allerdings nicht so wie der Spruch allgemein gemeint ist, nämlich glastische Hitze von 40 Grad und keinem Hauch Wind.

Wir sind nicht die einzigen die hier Zuflucht suchen. Abends zählen wir 45 Boote. Von einer idyllischen Badebucht kann wirklich nicht die Rede sein.

Wir sind nicht die einzigen die hier Zuflucht suchen. Abends zählen wir 45 Boote. Von einer idyllischen Badebucht kann wirklich nicht die Rede sein.

Zu behaupten wir würden Griechenland mit einem lachenden und einem weinenden Auge verlassen, wäre untertrieben. Die Menschen sind genau wie ihr Land, karg, schroff, abweisend und ungastlich.

© Doris Sutter, 2004
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Unsere Bootstour die Donau abwärts findet ihr im ersten Teil. Vom Donaudelta quer durchs Schwarze Meer führt uns unsere Heimreise durch den Bosporus, das Marmarameer, die Dardanellen, quer durch die Ägäis,rund Griechenland, die Straße von Korinth,wie auch die Straße von Messina, die italienische Westküste entlang, an der Cote d'Azur vorbei in die Rhone. Hier folgt der 2. Teil
Details:
Aufbruch: Mai 2004
Dauer: 5 Monate
Heimkehr: Oktober 2004
Reiseziele: Schwarzes Meer
Bulgarien
Türkei
Griechenland
Straße von Korinth
Ionisches Meer
Italien
Frankreich
Der Autor
 
Doris Sutter berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Doris sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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