Italien 2008 -Toskana-Umbrien-Marken mit dem Motorrad
Terni - Assisi
San Vittore - Terni (Cascate delle Marmore) - Assisi - Corciano
14. Tag 05.10.2008 Mantignana - S. Vittore (Grotte dei Frasassi) - Terni (Cascate delle Marmore)
Im Innern der Region Marken finden wir Ortschaften, wo die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Aber Rolf und mir gefällt das ganz besonders. Es ist Herbst geworden in Umbrien und den Marken. Morgens ist es kalt und nebelig. Doch die Sonne kommt bald und so starten wir unsere Fahrt nach einem guten Frühstück auf der Terrasse gegen 10.30 Uhr. Wieder fahren wir Richtung Gubbio und dann ins Gebirge. Es geht durch wunderschöne tiefe Täler, Felsen und Berge zu beiden Seiten. In S. Vittore, Nähe Genga, kann man die Grotte dei Frasassi anschauen. Die Tropfsteinhöhle ist so groß, dass man ohne weiteres den Kölner Dom hier unterbringen könnte. Rolf und ich haben schon viele Höhlen angeschaut, darum fahren wir weiter ins nächste Dorf, zumal an der Höhle heute ein Massenandrang von Besuchern herrscht. In einer kleinen Einheimischen-Bar sitzen wir in der Sonne, Cappuccino und Frizzantino für 2,40 €. Rolf raucht gemütlich seine Zigarre, während ich die Karte studiere und in mein Tagebuch schreibe. Anzumerken ist, dass man, wenn man hier über Land fährt, unbedingt eine Karte braucht, auf der auch die kleinsten Orte, Straßen und Wege eingezeichnet sind, damit man auch dort ankommt, wo man hin will und nicht in Rom landet. Denn hier weisen alle Straßen hauptsächlich Wegweiser nach Rom aus! Unsere Fahrt geht weiter durch malerische Täler in Umbrien und den Marken und wieder gelangen wir in unser kleines Bergdorf Visso, sitzen auf der Piazza. Rolf mit einem traumhaft guten Eis und ich mit dem leckeren roten Hauswein zu 1 €/Glas. Die Leute - zum Teil sehr alte Menschen - sind interessiert an uns: einem Mann, der ein schönes Motorrad fährt (keinen Renner wie sonst in Italien üblich), der das Geschirr
zurück in die Bar bringt und einer Frau, die Italienisch wie die Einheimischen spricht und die beide keine Be-rührungsängste mit den Einheimischen haben. Wir fühlen uns wohl und angenommen. So entstehen kleine Gespräche, die mir das Gefühl von Heimat und Nachhausekommen geben, denn 1967/68 war ich hier für kurze Zeit Zuhause. Wir sehen viele Männer, die auf die Jagd gehen oder zur Trüffelsuche unterwegs sind. Hier ist das Land der weißen und schwarzen Trüffeln. Wieder auf serpentinenähnlichen Straßen fahren wir später Richtung Terni. Die Stadt wurde vermutlich im 7. Jahrhundert v. Chr. von den Umbrern gegründet. Zur Römerzeit war sie wichtige Station an der Via Flaminia. Bald erreichen wir die Cascate delle Marmore, mit 165 m Fallhö-he einer der höchsten Wasserfälle Europas. Der römische Konsul Dentatus ließ 271 v. Chr. den Fluss Velino durch einen Kanal umleiten, um ein Sumpfgebiet trocken zu legen. Der Kanal wird seit den 1950er Jahren zur Stromgewinnung verwendet. Aber nicht immer. Zum Wohle des Tourismus wird der Fluss Velino zeitweise nach ausgetüfteltem Stundenplan freigelassen. Dann brausen die gewaltigen Wassermassen den grünen Berg hinab. Selbst untenstehend spüren wir die Gischt im Gesicht, denn wir haben das Glück, dieses Schauspiel heute erleben zu dürfen. Mit Sicherheit ist dies einer der schönsten Wasserfälle Europas. Wir haben ihn beide schon vor Jahren gesehen, doch es ist immer wieder beeindruckend. Wir fahren weiter, der Verkehr wird stärker. Immer mehr rasende Motorradfahrer begegnen uns. Die Stadt Terni selbst war im letzten Jahrhundert durch die Schwerindustrie geprägt, das erste Stahlwerk Italien entstand hier. Mussolini sah in Terni seine Waffenschmiede. Heute sind die Stahlwerke geschlossen, viele Menschen verloren ihre Arbeit, doch die 110.000 Ein-wohner Ternis erfreuen sich seither an gesunder frischer Luft. Gegen 17.45 Uhr sind wir zurück. Ich bin froh, Zuhause zu sein. Ein heißes Bad lindert die Schmerzen an meiner kaputten Hüfte und die zum Teil katastrophalen Straßen sind auch nicht gerade förderlich für meinen Rücken. Die Straßen Sardiniens waren dagegen ein Traum. Um 19 Uhr essen wir: ein ganz zartes Rindersteak, Salat, Brot, Bier, Wein und ganz tolle aromatische Pfirsiche. Wir haben unendlich schöne Tage hier.
Tagesmeilen: 214 (345 km)
15. Tag 06.10.2008 Mantignana - Assisi - Madonnuccia - Corciano
Auch heute können wir auf unserer sonnigen Terrasse frühstücken. Um 10.20 Uhr fahren wir los, Richtung As-sisi. Dort bin ich noch nie gewesen, Rolf - wie könnte es anders sein - schon. Assisi ist eine bemerkenswert saubere, gepflegte und natürlich schöne Stadt, Weltkulturerbe. Von den Folgen des Erdbebens ist nichts mehr zu sehen. Der Ort wurde von den Römern terrassenförmig auf einem Felsrücken an der Westseite des Monte Subasio aus den weiß-rosa Steinen des Berges errichtet. Aus römischer Zeit finden sich noch heute die Stadt-mauern, das Forum (Marktplatz - heute Piazza del Comune), ein Theater, ein Amphitheater und der Tempel der Minerva, der später in die Kirche Santa Maria sopra Minerva umgebaut wurde. 545 wurde der Ort von den Ost-goten zerstört, er geriet unter die Herrschaft der Lombarden und wurde dem Grafen von Spoleto unterstellt. 1181 wurde der Heilige Franz von Assisi hier geboren. Im Jahr 1197 wurde der spätere Kaiser Friedrich II in Assisi getauft. Unsere erste Besichtigung führt uns in den Dom San Rufino. Baumeister dieses Meisterwerks umbrischer Romantik war Giovanni da Gubbio. Wir wandern weiter auf die Piazza del Comune, wo wir die Säulen des Tempels der Minerva bestaunen. Auch Goethe konnte sich an ihnen nicht sattsehen. Auf dem schö-nenPlatz machen wir eine erste Pause und sehen dem Treiben der Menschen zu. Dann besichtigen wir San Francesco, die Unter- und Oberkirche mit den einmaligen Fresken, die nach dem Erdbeben in mühsamer Kleinarbeit wieder instandgesetzt wurden, mittels moderner Computertechnik. Erstaunlicherweise ist der Eintritt in die Kirchen und das Museum frei. Da wir durch das romanische Portal in die Unterkirche eintreten, erhalten wir Ablass für alle Sünden, an diesem Tag und für immer. So heißt es auf einer Inschrift. Die Unterkirche ist Grab-stätte und Pilgerkirche, die Oberkirche dient Gottesdiensten und Messen. Papst Gregor IX ließ die Kirchen als Gold- und Bilderprunkbauten errichten. Ein Widerspruch zu der Lehre des Franziskanerordens, der Armut und Bedürfnislosigkeit predigt. Noch heute ist der Vatikan Eigentümer des gesamten Komplexes. Wettermäßig ist es ideal, nicht zu warm, nicht zu kalt und auch die Besucherzahlen halten sich in Grenzen. An manchen Wo-chenenden soll die Stadt über 10.000 Besucher haben. Ein Graus. Wir wandern durch die schönen Gassen und ich besichtige einige malerische Hotels, die erstaunlicherweise nicht zu teuer sind: DZ 65 € incl. Frühstücksbüf-fet für 2 Personen. Nach 14 Uhr sitzen wir wieder auf der Piazza del Comune in der Sonne und laben uns an einfachem Wasser, 2 Gläser für 60 Cent! Rolf steigt noch auf die Rocca Maggiore. Sie war ursprünglich eine deutsche Lehensburg. Friedrich von Staufen, Kaiser Friedrich II, verbrachte hier einige Jahre seiner Kindheit. 1198 zerstörten die Bürger von Assisi anlässlich einer Unabhängigkeitserhebung die Burg, unten ihnen war der 16jährige Francesco, Sohn des reichen Tuchhändlers Pietro di Bodone aus Lucca, der spätere Heilige Franziskus. Erst 1367 veranlasste Kardinal Albornoz den Wiederaufbau. Mir ist der Aufstieg zu steil, ich wandere daher in den Gassen herum, schaue mir die kleinen Geschäfte an und erstehe einige Mitbringsel für Zuhause und für Rolfs Tochter Heike. Nach 15.30 Uhr verlassen wir Assisi. Ein beeindruckender Ort, den man immer wieder besuchen kann. Auf unserer Fahrt durch das Gebirge halten wir in "unserer" Bar in Madonnuccia. Der Ort liegt in der Comune Pieve Santo Stefano, Provinz Arezzo, hat 351 Einwohner und jede Menge Hunde und Katzen. Die Leute sind freundlich und aufgeschlossen. In der Gesellschaft von Hund und Katze sitzen wir vor der Bar mit Cappuccino, Eis und Hauswein, das Ganze für 1,90 €. Hier ist es schön, man kann die Seele baumeln lassen und die traumhafte Landschaft genießen. Auf dem Heimweg halten wir noch in Corciano, einem mittelalterlicher Ort auf einem Berg, kurz vor Mantignana. Corciano gehört auch zu den schönsten Borghi Italiens. Hier ist alles liebevoll restauriert und gepflegt. Kleine verwinkelte Gassen, schöne Palazzi, natürlich autofreie Zone, denn alles ist so schmal und klein, dass jeder Verkehr unmöglich ist. Aber hier leben Menschen, der Ort ist kein Museum. Ich erstehe in einem Krimskramsladen für Rolf leckere Kekse und Mortadella. Um 18 Uhr sind wir zurück im Turm. Baden, Duschen. Unser Abendbrot - natürlich wieder auf der Terrasse - heute: Spiegeleier, Mortadella, Schinken, Salat, Brot, Wein, Bier. Später sitzen wir vor dem Kamin und schauen uns das italienische Programm an. Um 22 Uhr gehen wir schlafen.
Tagesmeilen: 82 (132 km)
Weitere Bilder zu diesem Bericht unter www.harley-rolf.de
Rocca Maggiore (oberhalb Assisis)
- Friedrich von Staufen (Kaiser Friedrich II) verbrachte einige Jahre seiner Kindheit in dieser ehemaligen deutschen Lehensburg
Aufbruch: | 22.09.2008 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 09.10.2008 |