Durch Südböhmen per Fahrrad

Reisezeit: Mai 2009  |  von Manfred Sürig

im Thaya-Nationalpark in Tschechien

Uns zieht es wieder über die Grenze. Der Thaya-Nationalpark/narodni park Podyji steht auf dem Programm. Bei Heinrichsreith finden wir einen versteckten Radweg über die Grenze, die Gegend "drüben" sieht nicht anders aus als in Österreich, die Dörfer nur etwas ärmlicher, die Linienbusse älter. Nach 15 Kilometern geht es steil bergab nach Vranov, und gleich am Ortseingang lädt eine stattliche Burg zur Besichtigung ein

Fein restauriert mit einem umwerfenden Blick ins Thayatal aufwärts und abwärts. Das sehen wir uns auch von innen an. Nichts ist hier im Krieg verlorengegangen, die alte Pracht ist erhalten und nach der Wende noch verschönert worden.

Tapeten, die zu den Bezügen der antiken Möbel passen, Parkettfußboden mit feinen Intarsien, Festsaal, Herrenzimmer, Damenbad, Bibliothek, den Schloßherren hat es an nichts gefehlt. Heute gehört das Schloß und die Kirche dem tschechischen Staat, der alles als Kulturdenkmal pflegt und erhält.

Da muß man einfach einkehren !

Da muß man einfach einkehren !

Wir wollen Steigungen vermeiden und radeln im Thayatal weiter, auf einem gekennzeichneten Radweg.

Doch der endet plötzlich und man muß nach links bergauf. Nun ist der Weg nur noch als Wanderweg gekennzeichnet und führt gar nochmals links, also zurück.

Das wollen wir nicht mitmachen und schieben unsere Räder weiter steil bergauf auf einem fast zugewachsenen Asphaltweg. Da hilft uns unsere Karte auch nicht weiter, wir können nur noch nach Kompaß und Sonnenstand navigieren - und keinesfalls den Weg verlassen, denn da gehts steil bergab. Gut 300 Höhenmeter sind wir gestiegen, als wir auf der Höhe ankommen und wieder in weites, fast ebenes Land blicken können.

Südostkurs müßte etwa richtig sein, und der Asphaltweg führt auch in diese Richtung.
Endlich kommen wir in ein Dorf Cizov und blicken genau auf Stacheldraht und einen Wachturm. Ein stehengelassener Rest der ehemaligen Grenzbefestigungsanlagen.

Deshalb also war unten der Weg zuende - man kam zu nahe an die Thaya, die dort die Grenze zu Österreich bildet, seit dem Fall des Eisernen Vorhangs gibt es da noch keinen Thaya-Talweg!

Man kann den Nationalpark allenfalls zu Fuß durchwandern, aber nicht der Länge nach und nicht am Wasser entlang.
Der Weg zum nächsten Ort Lukov ist dürftig gekennzeichnet und stimmt nicht mit der Karte überein, da ziehen wir zunächst die Straße bis Podmoli vor. In Podmoli steht - wohl von der EU finanziert - im Dorfzentrum ein schöner Wegweiser mit einer Landkarte, auf der wir sehen können, wie man auch mit dem Fahrrad weiterkommt.
Dieser Weg führt wieder auf die Asphaltpiste, die früher als Patrouillenweg gedient hatte, um die Grenze abzusperren - fast 4 km schnurgerade durch den Wald mit leichtem Gefälle.
Als die Thaya einen Knick macht, macht auch der Weg einen Knick und als die Grenze von der Thaya weg zur österreichischen Seite zurückweicht, geht der Weg dazu parallel. Und wird immer steiler bergab.

Plötzlich sehen wir zu beiden Seiten des Weges über 200 Meter unter uns die Thaya - meine Güte, da müssen wir runter und womöglich auf der anderen Seite wieder herauf ! Wir befinden uns genau auf einer hohen Halbinsel über der ersten Schleife der Thaya auf tschechischem Gebiet.

Aber es kommt noch dramatischer ! Der Weg endet auf einem Weinberg in praller Sonne, mindestens 35 Grad Hitze sind hier und man könnte in einer Weinstube einkehren. Doch wir wollen herunter zur Thaya - aber wo nur ? Wir finden ein Loch im Gebüsch, in das ein gepflasterter Pfad steil bergab führt. Radfahren ist hier abolut unmöglich, selbst beim Schieben muß man höllisch aufpassen. Nach 100 Metern Gefälle ist man auf den Thayawiesen, kommt an eine Hängebrücke, über die jeweils ein einzelnes Fahrrad fahren kann.

Drüben kommt es fast wie befürchtet: Es geht wieder steil bergauf nach Hnanice im Znaimer Land.
Aber nicht ganz so hoch, und am Ende der Steigung radeln wir durch Weinfelder bergab, wieder eine ganz andere Landschaft. Wir sind so beeindruckt, dass wir beschließen, uns hier eine Übernachtung zu suchen und heute abend einmal den tschechischen Wein zu probieren.

© Manfred Sürig, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Mitten in Europa gab es eine Ecke, die ich noch nicht kenne: Ein Streifen abseits des Verkehrs, zu dessen Erkundung man Zeit braucht. Ein Trip von Bayerisch Eisenstein bis Breclav, Slalom über die Grenze, die Europa einmal teilte, war da genau das Richtige.
Details:
Aufbruch: 20.05.2009
Dauer: 11 Tage
Heimkehr: 30.05.2009
Reiseziele: Tschechische Republik
Österreich
Der Autor
 
Manfred Sürig berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.