Südostasien, nur wohin?

Reisezeit: Februar / März 2003  |  von Martin Gädeke

LAOS: Louang Prabang: Der erste Versuch

Hübsch, ich wollte mich mit 2 Freundinnen aus Deutschland in Bangkok treffen, um mit ihnen Laos zu bereisen.
Die Aktion hat mich bis heute 4 Tage gekostet (Anreise aus Kambodscha und Warterei) und als Belohnung habe ich heute erfahren (erst nach ihrer Ankunft, nicht vorab per Mail - das ist persönlicher, langsamer, schockierender), dass sie ihre Pläne geändert haben und eine etwas andere Ecke bereisen wollen.

Trotzdem entscheide ich mich, nach Laos zu fahren, und zwar

  • allein,

  • so bald wie möglich,

  • und so weit, wie an einem Stück möglich.

Meine Route führt von Bangkok aus mit dem Nachtzug nach Norden. Die laotische Hauptstadt Vientiane (gespr. "Vientschiang") ist gleichzeitig auch wichtigster Grenzposten und mit Thailand über eine nicht ganz kleine Brücke verbunden, die den Mekong überspannt: die Freedom Bridge. Mit nur 133.000 Einwohnern ist Vientiane mit Verlaub ein rechtes Kaff, schafft es allerdings immer noch, als Laos' größte Siedlung zu gelten.
Ich komme morgens mit tausend anderen Touristen auf der thailändischen Seite an und schaffe es, als erster den Grenzübergang zu erreichen ("10 Baht more for you, if you drive faster than the other Tuk-Tuks!").
Schnell noch das Visum besorgt und schon bin ich wieder in einem anderen Land. Der freundliche Taxifahrer auf der anderen Seite erklärt mir auf meinen misstrauischen Blick hin noch kurz, dass es viel interessanter und abenteuerlicher sei, das Lenkrad auf der rechten Seite des Wagens zu haben. Laos hat Rechtsverkehr, sprich während der Fahrt nach Vientiane bin ich dafür verantwortlich, dass mein blinder Fahrer nicht im falschen Moment zum Überholen ausschert.

Reisewarnung?
Noch heute will ich hier weg, was vom Land sehen und weiter nach Norden. Der Weg dorthin ist eine Sackgasse und so werde ich auf dem Rückweg ohnehin noch genügend Zeit in der Hauptsiedlung Vientiane haben. Und wo ich schon die ganze Zeit über meinen Motorradhelm mit mir rumschleppe, bietet sich die Reise per Motorrad doch geradezu an.
Mein einziges ernst zu nehmendes Problem ist jedoch die Reisewarnung unseres Auswärtigen Amtes, die exakt diese Straße betrifft. Ungefähr vor 3 Wochen wurde hier ein lokaler Bus von Hmong-Rebellen, Angehörigen eines Bergstammes, unter Maschinengewehrbeschuss genommen. Die beiden Schweizer, die zufällig zur selben, falschen Zeit am selben, falschen Ort waren, sind dort unfreiwilligerweise geblieben. Ich aber will dort nicht bleiben und entschließe mich deshalb unvorsichtigerweise, zügig zu fahren. Noch will ich unbedingt diese sehr tolle Passtraße nach Norden sehen, bin auch nicht der einzige Wahnsinnige. Nach Auskunft unserer Botschaft in Vientiane haben schon mehrere Deutsche diesen Weg in den letzten Wochen ohne Probleme beschritten, vermutlich warten die Rebellen nur auf mich. Nun ja.

Mein Mopped und sein Vermieter (von links nach rechts).

Mein Mopped und sein Vermieter (von links nach rechts).

Nach mehrstündiger Rumorganisiererei und nachdem ich jeden einzelnen Motorradladen des Orts - Verzeihung, der Stadt - aufgesucht habe, steht mir ein Leihmotorrad für sagenhafte 16 $ pro Tag zur Verfügung. Um den Verleiher von 20 auf 16 $ zu drücken, fahre ich während der Probefahrt zur Konkurrenz, handele dort einen Alternativpreis von 17 $ aus und verwende diesen Preis anschließend als Basis für weiteres Feilschen. Ob ich jetzt mein Gesicht dadurch verliere, oder er, oder wir beide, ist mir ehrlich gesagt ziemlich egal, denn meine Finanzen kann man zurzeit kaum mehr als solche bezeichnen, vielmehr wäre die Bezeichnung "Taschengeld" angebracht.

Von Vientiane in den Norden nach Vang Vieng:
Letztlich verlasse ich dieses prickelnde Zentrum asiatischen Temperaments bereits nach knapp 5 Stunden in Richtung Norden über eine mehr als malerische Straße. Überall entlang der Straße passiere ich Dörfer, von denen keines so aussieht, als hätte hier schon einmal ein Tourist angehalten, im Gegensatz zu den vermutlich unzähligen Besuchen der Entwicklungshelfer. Auch ich, selber Tourist, mache da keine Ausnahme, rausche im Eiltempo durch Büffelherden und zerstreue Truthahn-Versammlungen in alle Himmelsrichtungen.
Leider bleibt mir kaum Zeit, denn es wird dunkel und ich will das 156 Kilometer im Norden gelegene Vang Vieng noch vor Einbruch der Dunkelheit erreichen. Also lasse ich die giftgrünen Reisfelder mit ihren Kühlung suchenden Wasserbüffeln links (und auch rechts) liegen und halte nur an den malerischsten Ecken an, um auf die Schnelle ein Foto zu machen.

... where the Water Buffalo roam ...

... where the Water Buffalo roam ...

Kurz nach Sonnenuntergang erreiche ich die Gegend um Vang Vieng und wie immer in diesen Ländern ist es nicht ganz leicht, herauszufinden, ob man schon da, schon durch oder schon zu weit ist. Da die Region denselben Namen trägt wie ihre Hauptstadt, erhalte ich auf meine Frage (mit Fingerzeig in die vermutete Fahrtrichtung) ständig die Antwort, dass das alles hier Vang Vieng ist. Na toll. Trotzdem schaffe ich es letztlich und suche mir als Erstes mal was zu essen.

Beim Melonenhändler. Hier gibt's Melonen mit gelbem Fruchtfleisch, die aber fast genauso schmecken wie die roten.

Beim Melonenhändler. Hier gibt's Melonen mit gelbem Fruchtfleisch, die aber fast genauso schmecken wie die roten.

Vang Vieng und noch mehr Drogen:

Vang Vieng, genauso wie das noch weiter nördlich gelegene Louang Prabang, wurde mir als ruhiger, beschaulicher Ort inmitten traumhafter Landschaften beschrieben, in dem ein paar Aussteigertypen hin und wieder mal ein Pfeiffchen rauchen und ein paar Pilze essen.
Und tatsächlich: Rund um das Dorf befindet sich nichts als Gegend. Und im Dorf befinden sich nur Touristen. Dafür aber viele. Und Einheimische. Und die backen die Pizza. Für die Touristen. Da es aber so viele Touristen gibt, braucht man auch viele Pizzerien. Viele Pizzerien wiederum bedeuten Konkurrenz, da muss man sich dann schon was einfallen lassen, um den Touristen als solchen zufrieden zu stellen. Da greift dann folgende Formel:
House-Musik + Bier + Pizza + HAPPY (s. Kambodscha) = zufrieden und ruhig gestellter Tourist
Da aber nicht jeder Tourist Pizza mag, kann man die Formel auch kürzen (Mathematik, Klasse 8):
House-Musik + Bier = zufrieden gestellter Tourist
Das ist dann zwar recht laut, aber genauso toll wie daheim. Und man kann trotzdem allen Leuten erzählen, Laos sei cool. Wenn man allerdings wirklich nicht auf Pizza steht, sondern nur auf Bier und House, lohnt sich die Anfahrt (mindestens 18 Stunden) von der Khao San Road (Bangkok) nicht und man kann gleich dort bleiben für die 3 Wochen.

Rund um Vang Vieng erheben sich die tollsten Berge. Die Landschaft lohnt sich wirklich!

Rund um Vang Vieng erheben sich die tollsten Berge. Die Landschaft lohnt sich wirklich!

Die Landschaft um Vang Vieng herum ist allerdings tatsächlich schwer beeindruckend. Ähnlich wie an manchen Orten in Südthailand erheben sich hier gigantische bewaldete Gipfel aus der Ebene steil in die Höhe und überall finden sich heilige Höhlen und Grotten mit klarem, türkisfarbenem Wasser. Die Laoten sind nun nicht ganz blöde, obwohl sie schon in frühester Kindheit Bier trinken - ein Grundnahrungsmittel wie in Bayern -, und verlangen darum Eintritt für jedes einzelne Naturwunder. So muss man halt hier mal einen Dollar zahlen, dort mal einen halben. Es wäre schön zu wissen, dass die älteste Tochter des Bauern von dem Geld in Vientiane Englisch studiert, doch schätzungsweise ist hier für den Vater ein eigener Jeep oder Fernseher erstrebenswerter.

Liegender Buddha in einer der gigantischen Höhlen bei Vang Vieng.

Liegender Buddha in einer der gigantischen Höhlen bei Vang Vieng.

Zivilisationskrankheiten:

Die Jugend hier ist zwar nicht eifrig am Studieren, sondern eher am Arbeiten, hat aber zumindest Zugang zu westlichen Werten. Genau wie in allen anderen Ländern dieser Welt gehört ein gutes Handy hier zum guten Ton und hat, genau wie bei uns, kommunikative Auswirkungen. So erzählt mir die Tochter des Hauses, während sie ihre SMS abfrägt, dass das rote ... ähm ... Zeug, das ihre alte Mutter ... ähm ... gerade erbricht, ... ähm ... Blut sei, weil nämlich ... ähm ... ihre Mutter irgendeine ... ähm ... seltsame Gehirn ... ähm ... krankheit hat. Schrecklich.

Auf Volkserhebung:
Leider habe ich ein bisschen Pech in Vang Vieng und verliere, nachdem meine Kamera zu Bruch gegangen ist, zu allem Überfluss auch noch meine Brieftasche, die sich während einer kurzen Motorradfahrt nicht die Chance entgehen lässt, aus meiner kaputten (und darum nicht ganz dichten) Tasche zu fallen.
Mit viel Vertrauen in die Ehrlichkeit der Laoten und ausgestattet mit einer Übersetzungshilfe mache ich mich also ganz optimistisch an die Recherche und frage praktisch jeden Anwohner der entsprechenden Strasse, ob er was gesehen hat. Nichts. Meine Vermutung ist sowieso eher die, dass sich irgendein Opium-Süchtiger Tourist über die 10 Dollar gefreut hat und die (für mich wichtigeren) Adressen, die drin waren, einfach weggeschmissen hat.
Eine Sache, die mir jedoch bei meiner kleinen Volkserhebung aufgefallen ist, ist die Dauer der nämlichen: knappe 20 Minuten. Die Laoten legen wie mir scheint sehr viel Wert auf Distanz, denn nachdem sich die Befragten meinen Zettel durchgelesen haben, erhalte ich jedesmal ein 'Nein' und die Unterhaltung ist damit beendet. In Kambodscha hingegen hätte ich für dieselbe Befragung einer ganzen Straße mindestens ein Wochenende einplanen müssen.

Irgendwie mag ich Vang Vieng nicht, Zeit für was Neues.

© Martin Gädeke, 2003
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nachdem offenbar vor wenigen Stunden die thailändische Botschaft in Kambodscha abgebrannt ist - offenbar nicht ohne Fremdeinwirkung - stehe ich nun vor dem Scherbenhaufen meiner hochtrabenden Kambodscha-Pläne. Sicher scheint im Augenblick nur die Landung in Bangkok - die Frage nach dem "Wohin" wird sich dann wohl dort lösen.
Details:
Aufbruch: 08.02.2003
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 23.03.2003
Reiseziele: Katar
Thailand
Kambodscha
Phnom Penh
Laos
Kambodscha-Packliste
Der Autor
 
Martin Gädeke hat www.umdiewelt.de vor über 23 Jahren gegründet, ist aber nur einer von tausenden Aut­oren - und bei Weitem nicht der Aktivste. Dafür ist er für alles andere auf der Seite zuständig und immer für Dich erreichbar!
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