Ein bißchen Argentinien - und wer weiß was noch :-)
Gaucho-spielen auf der Estancia Panagea
Wie ich ja schon im vorherigen Artikel geschrieben habe: Gauchos sind so ungefähr das hiesige Äquivalent zu den Cowboys des Wilden Westen. Und Estancias heißen deren Ranches...
Und eben auf so einer Estancia habe ich zwei tolle Tage verbracht. Es begann damit, dass ich von Juan, dem Besitzer der Estancia, vom Bus-Terminal der nächstgelegenen Stadt Tacuarembó abgeholt wurde. Auf dem Weg zum Auto direkt noch die Frage: "Brauchst du irgendwas besonderes, z.B. Cola oder Schokolade? Das haben wir nämlich nicht..." - Nein, ein paar Tage überlebe ich auch ohne
Vom Busbahnhof aus ging es dann ca. eine Stunde durch relatives Nichts, die letzten 8 km davon über eine ziemlich schlechte, unbefestigte Straße.
Dort angekommen habe ich erstmal die anderen Gäste kennengelernt: ein Gruppe aus fünf Australiern, ein australisches Pärchen und zwei Amerikaner, die ich schon aus Punta del Diablo kannte und von denen ich überhaupt erst von der Estancia erfahren habe. War eine sehr nette Truppe und nach dem super leckeren Abendessen (endlich mal wieder was richtig gutes, selbstgekochtes) haben wir noch ein bißchen alle zusammen gespielt.
Am nächsten morgen mussten wir früh aus dem Bett... Punkt 8 Uhr ging es los: ich habe wegen mangelnder Reiterfahrungen erstmal einen Crashkurs im Satteln und Reiten, außerdem ein langsames Pferd bekommen. Dafür hat mir Juan dann aber auch als einzige eine Peitsche gegeben (die ich mich nicht so richtig zu benutzen getraut habe ) Deshalb bin ich - bzw. mein Pferd - auch erstmal ein wenig hinterher getrottet, als die anderen Vieh getrieben haben Das Vieh wurde dann auf Schwangerschaft untersucht, d.h. Juan (und ein paar Leute, die das auch mal probieren wollten) hat einmal den Arm tief reingesteckt, umhergetastet und Bescheid gesagt, ob sie schwanger sind oder nicht. Die nicht-schwangeren wurden im Nacken mit Farbe blau markiert (das war meine Aufgabe) und von den Schwangeren getrennt... die nicht-schwangeren waren für das Schlachthaus bestimmt, da sie wohl zu alt waren, um nochmal schwanger zu werden, wenn sie es noch nicht sind.
Nach dem Mittagessen und einer Siesta ging es wieder raus, diesmal zum Schafe treiben... allerdings hatten wir die Schafe noch nicht einmal erreicht, als eine der Australierinnen von Pferd gefallen ist, weil ihr Sattel lose war. Sie hatte starke Schmerzen, deshalb hat Juan direkt das Auto geholt und sie ins Krankenhaus gefahren. Der Arm war gebrochen, wie sich später herausstellte. Die anderen Australier aus der Gruppe wollten dann auch nicht mehr weiterreiten und sind zurück zum Haus. Deshalb haben wir nur zu fünft weitergemacht mit Belingua, einem anderem Gaucho. Eigentlich wollten wir ja helfen und selbst eine Herde Schafe treiben, aber das ist leider schief gegangen. Statt einer Herde, die von selbst schon ungefähr in die richtige Richtung gelaufen ist, hatten wir nach unserer "Hilfe" dann zwei Herden, die panisch in die vollkommen falsche Richtung gelaufen sind. Aber Belinga hat das dann relativ schnell wieder ausgebügelt
Sinn der ganzen Aktion war, die Schafe in einen Pferch zu treiben, in dem wir sie dann leichter einfangen und zu Boden wresteln konnten, um ihnen dann - wenn nötig - rund um die Augen die Wolle zurückzuschneiden, damit sie wieder was sehen konnten. Das mit dem "zu-Boden-wresteln", für das mir einfach kein besseres Wort einfällt, war übrigens gar nicht so einfach... Schafe sind ganz schön schwer, schnell und stark Mit ein wenig Übung habe ich das aber auch hinbekommen... die beliebteste Methode war der Bodyslam: einmal komplett hochheben, und dann so auf den Boden legen, dass sie ihre Füße nicht mehr aufsetzen können. Belinga hatte da allerdings die kraftsparendere Methode. Der hat die einfach an der Schnauze gepackt, den Kopf ganz weit gedreht und dadurch sind die Schafe von selbst in die Knie gegangen.
Das gleiche haben wir am nächsten Vormittag wieder gemacht - da waren wir schon fast Profis - und den nachmittag hatten wir frei, weil Juan als Tierarzt zu einer anderen Estancia fahren musste. Wir haben an dem Nachmittag erst einen kurzen Ausflug zu Fuß zu einem nahegelegenen Fluß gemacht und sind danach wieder ausgeritten, auf ein paar Hügel von denen man eine tolle Aussicht über diese unglaublich weite und so gut wie nicht besiedelte Landschaft hatte.
Am nächsten Morgen mussten wir dann leider alle weiterfahren, da Juan mit seiner Familie in den Urlaub gefahren ist. Weil aber am selben Tag kein Bus mehr in die Richtung fuhr, in die ich und das australische Pärchen wollten, haben wir beschlossen gemeinsam zu trampen. Soweit der Plan, Juan meinte, das wär kein Problem und bis mittag wären wir bestimmt in Salto - die Stadt, in die wir wollten (etwa 2,5 h Busfahrt entfernt). Morgens um 6.15 Uhr gings los, um 7 Uhr standen wir dann im Nebel an der Haupstraße und haben tapfer bei jedem vorbeifahrendem Auto den Daumen rausgehalten, die Kapuzen abgesetzt und nett gelächelt... bis fast 11 Uhr allerdings sehr erfolglos. Viele Autos waren schon komplett voll, andere sind nur noch ein paar Kilometer weitergefahren und hätten uns sonst gerne mitgenommen, wieder andere haben gar nicht erst angehalten...
Schließlich waren wir aber doch erfolgreicher... zweimal wurden wir nur ein paar Kilometer mitgenommen, was uns aber immerhin an die nächste größere Kreuzung gebracht hat. Und kaum standen wir da, kam auch schon jemand vorbei, der uns den ganzen Weg bis nach Salto mitgenommen hat. Und dank diesem Fahrer haben wir eine Menge Zeit wieder rausgeholt und waren tatsächlich mittags noch in Salto Dafür ist der aber auch mit gut 160 km/h über die Straße geheizt... eine Straße, die nicht unbedingt mit einer deutschen Autobahn vergleichbar ist
Aufbruch: | 21.03.2010 |
Dauer: | 4 Monate |
Heimkehr: | 06.07.2010 |
Uruguay