Ägypten, wieder einmal!

Reisezeit: Dezember 2010 - Januar 2011  |  von Kristina Beatrice Holler-Bouldin

Nichts für schwache Mägen...

Ein Nachmittag in Islamic Cairo

Als ich am Samstag aus Alexandria zurückkam war ich froh endlich einmal einen Deutschen im Hostel zu treffen und wir haben uns gleich sehr gut unterhalten. Wir beschlossen während eines gemeinsamen Cafébesuchs am Sonntag gegebenenfalls gemeinsam das islamische Viertel von Kairo zu besuchen, vorausgesetzt, wir wachen etwa zur gleichen Zeit auf. Da ich für meine Verhältnisse relativ früh - gegen 9 Uhr - aufstand, beschloss ich, erst einmal im Hauptraum zu warten um herauszufinden, ob Philipp noch kommen würde oder schon weg war.

Nachdem ich "Lustrum" bereits am Vortag beendet hatte, begann ich ein Buch zu lesen, welches ich mir in Alexandria gekauft habe: "Khul-Khaal: Five Egyptian Women Tell Their Stories" von Nayra Atiya. In diesem Buch erzählen fünf Ägypterinnen - vier von ihnen aus eher bescheidenen Verhältnissen, eine aus der Mittelklasse - über ihre Kindheit, ihr Leben, ihre Familie, die Religion, Arbeit, Trauer, Glück, etc. Mme Atiya hat sich in den 70er Jahren mit den Frauen lange über deren Leben unterhalten und anschließend ihre Geschichten aufgeschrieben. Es sind Geschichten voller Schmerz, Trauer, Leid (Tod von Familienangehörigen, vor allem von Geschwistern und Kindern, Klitorisbeschneidung, das Leben am Existenzminimum), aber auch voller Hoffnung, Zuneigung und Liebe (zu den Kindern, dem Ehemann, der Religion).

Gegen 11 Uhr bin ich dann alleine losgezogen, denn, wie ich am Abend erfuhr, war Philipp schon vor 8 Uhr weg gewesen. Ich lief vom Hostel (am Midan Orabi) aus über den Midan Ataba in Richtung der Al-Azhar Moschee und bog gegenüber vom Eingang zum Khan el-Khalili Basar nach Süden ab. Ich war dort vorher bereits ein paar Mal entlang gelaufen, oft aber entweder abgebogen oder wieder umgekehrt.

Sabil und Kuttub des Muhammad Ali Pascha

Sabil und Kuttub des Muhammad Ali Pascha

Ich hatte dieses Gebäude schon öfters gesehen, habe es auch schon fotografiert, aber mir nie genauer angeschaut, um was es sich hierbei eigentlich handelt. Ich ging also an der Mauer entlang und sah dort ein Schild, dass es sich um das Sabil und Kuttub des Muhammad Ali Pascha (1769-1849) handelte - eine Zisterne, der früher eine Schule angeschlossen war.

Mit 5 LE (ca. 0,70€) für Studenten war der Eintrittspreis sehr günstig (im Vergleich zu 30 LE bei den Pyramiden von Giza) und ich bekam von einem sehr netten Ägypter eine kleine Führung durch die Räumlichkeiten.

Ich durfte in den Wasserspeicher hinabsteigen, der natürlich schon seit mehreren Jahrzehnten trocken ist.

Ich durfte in den Wasserspeicher hinabsteigen, der natürlich schon seit mehreren Jahrzehnten trocken ist.

Der Raum ist schätzungsweise 9 Meter hoch und er fasste eine ganze Menge Wasser, das an die Bewohner des Viertels verteilt wurde. Als das Sabil vor einigen Jahren wieder geöffnet wurde fand man noch sehr sauberes, trinkbares Wasser. Durch das Loch in der Decke schöpfte man mit Eimern das Wasser nach oben.

In den Räumen des Sabil wird der Nutzen und die Geschichte des Gebäudes auf Schautafeln in Arabisch und Englisch erzählt. So diente die Zisterne der Wasserspeicherung zu Zeiten, als es noch keine Wasserleitungen gab. Das Wasser selber kam aus dem Nil, welcher damals noch nicht so verschmutzt war wie er es heutzutage leider ist.

Wie bereits erwähnt wurde das Wasser per Eimer nach Oben befördert, anschließend konnte man sich damit an großen öffentlichen Waschbecken waschen oder es wurde zum Hausgebrauch verwendet.

Nach den Räumen über dem Sabil ging ich durch den angenehm sonnigen Innenhof von wo eine Treppe in den Kuttub, die Schule hinaufführt.

So oder so ähnlich sah wohl vor 250 Jahren der Schulraum im Kuttub aus.

So oder so ähnlich sah wohl vor 250 Jahren der Schulraum im Kuttub aus.

Im Kuttub fand der Unterricht statt. Hier sah ich zwei größere Räume, zum einen den Unterrichtsraum, zum anderen einen Raum mit weiteren informativen Schautafeln, die das Leben und Wirken des Muhammad Ali Pascha beschreiben. Das bekannteste Bauwerk von ihm ist natürlich die Alabastermoschee neben der Zitadelle, wo er auch begraben liegt. Muhammad Ali Pascha hat sich unter anderem sehr darum bemüht, die Bildung im Land voranzutreiben.

Der Ägypter, der mir netterweise den Weg durch Sabil und Kuttub gezeigt hat, mit Katze.

Der Ägypter, der mir netterweise den Weg durch Sabil und Kuttub gezeigt hat, mit Katze.

Nach etwa einer halben Stunde machte ich mich dann wieder auf den Weg und folgte der Straße, bis ich nach wenigen hundert Metern zu einer Moschee, der Al Mu'Ayyad-Moschee gelangte. Dort wurde ich herzlich hereingebeten, durfte mich umsehen und bekam die Möglichkeit auch auf das Dach zu gehen, von wo man einen recht guten Ausblick über die umliegenden Gegenden hat.

Der Blick vom Dach der Al Mu'Ayyad-Moschee auf Bab Zuweila und Alabastermoschee im Hintergrund.

Der Blick vom Dach der Al Mu'Ayyad-Moschee auf Bab Zuweila und Alabastermoschee im Hintergrund.

Wie auf dem Foto zu erkennen ist, hat man vom Dach der Moschee beste Sicht auf die Türme des Bab Zuweila.

"Es ist eines der wichtigsten Wahrzeichen der Stadt und das letzte verbleibende Tor von den Wänden des Fatimiden Kairo des 11. und 12. Jahrhunderts. Kairo wurde in 969 zur königlichen Stadt der Fatimidendynastie und in 1092 wurden um Kairo zwei Mauern errichtet. Bab Zuweila war das südliche Tor. Es besteht aus zwei Türmen, welche über eine Treppe bestiegen werden können."*

Durch dieses alte Stadttor führten mich meine Schritte auch wenige Minuten später; hinein in eine weitere Marktstraße. Auf der Nordseite des Bab Zuweila wird hauptsächlich Kleidung verkauft, auf der Südseite gibt es einen kurzen Abschnitt für Touristen, danach folgt dann ein Markt für Lebensmittel. Man kann hier Obst und Gemüse kaufen, Fleisch und Fisch, aber auch noch lebendige Hühner und Kaninchen.

Frauen, die Gemüse auf dem Markt verkaufen.

Frauen, die Gemüse auf dem Markt verkaufen.

Auf Grund der Vielzahl an angebotenen Waren, die nicht wie bei uns in Geschäften, sondern direkt auf der Straße verkauft werden, ist es natürlich schon etwas besonderes, über so einen Markt zu schlendern: Ins besondere für den Geruchssinn! Das Fleisch hängt in großen Stücken an Haken und wird je nach Bedarf geschnitten, die Fische werden in Körben auf Eis "präsentiert". (Da kommt mir unweigerlich Verleihnix, der Fischhändler aus Asterix in den Sinn. Der behauptet ja auch ständig, dass sein Fisch nicht stinke!) Daneben findet man dann eben auch immer wieder Käfige mit Lebendvieh, das natürlich noch seinen ganz eigenen Geruch beisteuert; genau so wie viele der Esel, die die Obstwägen ziehen. Durch dieses Gewühl von Mensch und Tier fahren auch ständig Mopeds oder Autos unter lautem Gehupe über die holprigen Straßen. Ein ägyptischer Markt ist schon ein Erlebnis für sich, das ich nicht verpassen möchte. Man muss aber eine hohe olfaktorische Schmerzgrenze haben oder wenigstens einen guten Magen haben, sonst kann es einem schon auch schlecht werden, wenn man nicht daran gewöhnt ist.

Sultan Hasan und Al Rifa'i Moschee

Sultan Hasan und Al Rifa'i Moschee

In einer Saftbar, die es in Ägypten an jeder Straßenecke gibt, machte ich dann kurz Pause, gönnte mir einen frisch gepressten Orangensaft (2LE = ca. 0,30€), um anschließend gut gestärkt zur Sultan Hasan (erbaut 1356-1363) und Al Rifa'i Moschee (erbaut 1869/1912) zu laufen. Diese beiden Moscheen sind ein sehr beliebtes Ziel für Touristen, daher muss man dort auch Eintritt zahlen (30LE = ca. 4€ für Studenten für beide Moscheen. Man kann aber auch nur für eine Moschee ein Ticket kaufen, das kostet dann 15 LE.) Auch diese beiden Moscheen waren sehr beeindruckend.

Von den beiden Moscheen aus hat man die perfekte Sicht auf die Alabastermoschee.

Von den beiden Moscheen aus hat man die perfekte Sicht auf die Alabastermoschee.

Nach dieser Tour durch Islamic Cairo führte mich mein Weg zum Hotel zurück entlang der Al Qalaaha und Port Saeed Straße. Nach mehreren Stunden Fußmarsch war ich froh, mich endlich im Hostel hinsetzen zu können, denn vom vielen Laufen in Flip Flops (ich hasse diese Dinger eigentlich) tat mir mein linker Fuß ganz schön weh.

Am Abend habe ich mich dann wieder mit Philipp unterhalten, der seinen Tag auch in Islamic Cairo verbracht hatte, jedoch in einer etwas anderen Gegend. Er wurde ständig von den Einheimischen angesprochen und hat mittlerweile schon viele neue Freunde gefunden. Natürlich bekomme ich als Frau/Touristin oft ein nettes "Hello" oder ähnliches zugerufen, mehr passiert aber in den Gegenden, in denen kaum Touristen unterwegs sind nicht, was sehr angenehm ist! In Downtown versuchen die Jungs einen ständig in Gespräche zu verwickeln und laufen einem manchmal ein paar Blocks nach. Das kann einem schon ziemlich auf die Nerven gehen, man kann es aber auch einfach ignorieren. Schön ist es hingegen durch die von Touristen wenig frequentierten Gegenden zu laufen, da bekommt man eben freundlich einen guten Tag gewünscht und oft ein bezauberndes Lächeln! Es ist auch keinerlei Problem hier alleine als Frau durch die Straßen zu laufen. Ich liebe diese Stadt von Tag zu Tag mehr!

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Meine Ägyptenreise Dezember 2010 - Januar 2011 Einen Plan gibt es nicht, nur ein Flugticket hin und eins zurück, ansonsten 1 Monat Zeit um Land und Leute noch ein bisschen besser kennen zu lernen. Vorherige Reisen nach Ägypten haben mir gezeigt, dass man abseits der Touristenpfade auch als allein reisende Frau eine sehr schöne Zeit verbringen kann. Ich liebe dieses Land und vor allem die Hauptstadt Kairo von Tag zu Tag mehr!
Details:
Aufbruch: 14.12.2010
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 16.01.2011
Reiseziele: Ägypten
Der Autor