Das erste Mal nach Vietnam
11.03.11 - Sa Pa - Cat Cat
11.03.11 - schwarze H'mong- Frau
Irgendwann sind wir in unseren Zugbetten tatsächlich eingeschlafen, trotz des Hustens und vernehmlichen Atmens des älteren Herrn. Er war es auch, der uns dann so gegen 05:15 Uhr geweckt hat, weil Lao Cai gleich erreicht sei. Seine Tochter und er bleiben nur einen Tag in der Gegend und fahren mit dem Nachtzug wieder zurück nach Hanoi. Sie wollen sich hier mit japanischen Freunden treffen. Er ist Chemiker und war auch schon mal in Deutschland. An Dresden konnte er sich noch erinnern, die anderen Orte, in denen er war, hatte er vergessen.
Als wir ausstiegen war ein Heer an Menschen auf dem Bahnsteig. Wir fanden alsbald den jungen Mann, der uns für die kommenden Tage in und um Sa Pa herum begleiten sollte. Es war noch stockfinstere Nacht und dennoch herrschte an den Straßenrändern bereits lebhaftes Verkaufstreiben. Es war einigermaßen warm, wie mir schien.
11.03.11 - junger schwarzer H'mong
Dann setzte sich unser Minibus gegen 05:45 Uhr gen Sa Pa in Bewegung. Für mich war es ganz gut, dass erst die Dunkelheit und in der Dämmerung dichter Nebel größere Aussichten aus dem Fenster verhinderten. Mir wäre bei der bergigen, engkurvigen und ohnehin schmalen Straße sonst sicher speiübel geworden. Oft genug passten uns entgegen kommende LKW oder Busse nur im Zentimeterabstand an uns vorbei. Links Abgründe, rechts Felsen. Leitplanken? Steinschlagschutznetze? Ich habe keine gesehen. Unser Guide erzählte auch noch, dass in der Nacht auf der Fahrt nach Lao Cai unser eigentlicher Bus einen Unfall gehabt hatte. Glücklicherweise sei nur der Fahrer im Bus gewesen und dem sei nichts passiert.
11.03.11 - Blick auf Cat Cat
Gegen 07:00 waren wir an unserem Hotel angelangt. Die Straßen in Sa Pa waren ziemlich nass. Nicht weil es geregnet hat, sondern von den Wolken, die den Ort einhüllten. Sa Pa liegt immerhin 1.600 m hoch. Wir bekamen zunächst unser Frühstück. Da wir die Zimmer nicht schon am Vormittag beziehen konnten, deponierten wir unser Gepäck an der Rezeption. Um 08:30 Uhr brachen wir zu unserem ersten Besuch eines Minderheitendorfes auf. Das Dorf heißt Cat Cat und wird von den schwarzen H'mong bewohnt. In Vietnam leben 54 ethnische Minderheiten, die insgesamt jedoch nur 13 % der Gesamtbevölkerung ausmachen. Die meisten hier in der Gegend Lebenden kamen irgendwann aus Südchina hierher und leben noch heute nach alter Tradition. Sie sprechen ihre Sprache, tragen ihre jeweils spezifische Kleidung und leben, wie sie es seit Urzeiten gewöhnt sind.
Nach Cat Cat sind es von Sa Pa etwa 3 km. Zunächst ging es immer schön bergab - auf nassen, lehmigen Straßen bzw. Wegen. Man zahlt Eintritt, der für den Ausbau der touristischen Infrastruktur genutzt werden soll. Wir fanden dies in Form von angelegten Wegen aus Steinen bestätigt.
11.03.11 - ein typisches Haus in Cat Cat
Ehe wir die eigentlichen Häuser erreichten, kamen uns Wasserbüffel entgegen und wir hielten einen Moment inne und sahen bei einem Hausbau zu.
Zu den Häusern ging es steil bergab. Kinder über Kinder sahen wir. Frauen mit Körben auf dem Rücken und landwirtschaftlichem Gerät darin, junge Männer, die ebenfalls etwas ins Dorf transportierten. Die liefen die steilen Treppen in einer Geschwindigkeit hinunter, dass einem schon beim Hinsehen ganz mulmig werden konnte. Aus einem Haus kamen zwei kleine Mädchen den rutschigen Hang an ihrer Hütte herunter geklettert. Sie waren vielleicht 4 und 5 Jahre alt. Sie mussten mal pullern. Das erledigten sie dann vor dem Haus am Wegesrand. Wir gingen weiter talabwärts und durften alsbald in das Haus einer 10 köpfigen Familie eintreten und uns umsehen.
11.03.11 - in einem Haus in Cat Cat
Hatten wir zwei Tage zuvor in den Dörfern rund um Hanoi noch gedacht, dass wir so niemals leben könnten, so schien es beim Anblick dieser Verhältnisse rückblickend jedoch immerhin noch irgendwie möglich. Aber hier? 10 Menschen, 4 Generationen, in einem Haus aus Holz mit festgetretenem Lehmfußboden, schlafen, essen, kochen, wohnen - alles in einem. Es gibt einen offenen Boden - bei uns würde man es Galerie nennen - auf dem offensichtlich geschlafen wird. Ich frage mich bloß wo? Überall lagen prall gefüllte Säcke und ich konnte kein Plätzchen entdecken, wo auch nur eine Matte für einen Einzelnen hingepasst hätte. Aber irgendwie musste es ja so sein. Die Mädchen in diesem Dorf haben im Durchschnitt 6 - 7 Kinder. Früher waren auch 10 Kinder keine Ausnahme. Sie heiraten im Alter zwischen 13 und 17 Jahren, bekommen im Durchschnitt mit 14 - 15 Jahren ihr erstes Kind. Es gibt auch eine Grundschule im Ort. Die Schulkleidung, die Mahlzeit, die Schule an sich sind umsonst. Dennoch vergessen die meisten Kinder nach den Ferien, wieder dorthin zu gehen. Für diese Dorfbewohner ist es noch nicht so wichtig - Schule. Sie bestellen ihre Felder und verkaufen ihre Waren, wie eben seit Jahrhunderten.
Wir für uns müssen feststellen, dass der Zauber und die Faszination des Traditionellen eben auch Grenzen hat.
11.03.11 - der Cat Cat Wasserfall
Notwendige Medizin gewinnen sie aus Kräutern und Tieren. Zum Beispiel gibt es eine Pflanze, mit der sie sich von Kopfschmerzen befreien. Das Blatt bleibt mehrere Stunden auf der Stirn. Zurück bleiben ein schmerzfreier Kopf und ein dunkler Fleck an der Stelle des Blattes.
Wir zogen weiter des Wegs hinunter in das Tal, wo uns der Cat Cat Wasserfall erwartete. Nach wie vor ging es steil hinab. Der Weg war gesäumt von riesigen Bambushainen. Vorbei kamen wir auch an einer Art Wasserauffangpumpe. Aus einem Rohr fließt Wasser in einen ausgehöhlten Baumstamm und wenn dieser vom Wasser schwer genug ist, kippt er vornüber und das Wasser nimmt den vorgesehenen Weg.
Am Wasserfall machten wir eine kleine Rast. Auf dem Weg zur Toilette (einige glitschige Stufen bergan) kam einer unserer holländischen Mitreisenden arg zu Fall. Es sprangen sofort drei Vietnamesen und H'mong herbei, um ein weiteres Abrutschen zu verhindern und zogen ihn mit vereinten Kräften wieder auf die Stufen. Gerade noch mal gut gegangen, wenn das Knie auch arg aufgeschlagen war. Von der zerschundenen Kleidung gar keine Rede. Uns wurde sofort "Happy-Water" angeboten. Keiner von uns nahm einen Schluck. In etlichen großen Plastegefäßen mit Schraubverschluss waren Skorpione, Schlangen, Spinnen und anderes Getier mit Alkohol übergossen worden. Das war das "Happy Water". Uns schauderte schon allein beim Anblick.
11.03.11 - "Happy Water"
Wir setzten unseren Weg fort, vorbei an blühenden Obstbäumen, blühendem Bambus und anderen seltsam blühenden Bäumen.
Dann galt es den Fluss über eine stabile Hängebrücke zu überqueren. Der verunglückte Holländer und seine Frau nahmen von hier aus für die restlichen 3 km ein "xe om" - ein Moped samt Fahrer, was bei der zu bewältigenden Strecke nicht eben ungefährlicher als ein Fußmarsch schien.
Wir anderen gingen zu Fuß weiter - nunmehr stetig bergan. Unterwegs sahen wir einem Mann dabei zu, wie er einen Ast spaltete: Er nahm ein scharfes Messer, setzte es in der Mitte des Astes an und schlug mit einem anderen Holzstück auf die Klinge.
Der Anstieg brachte uns ganz schön ins Schwitzen. Einer nach dem anderen zog seine Jacke aus. Und wieder stapften wir durch zentimeterhohen Schlamm.
11.03.11 - schwarze H'mong
Um 12:00 Uhr langten wir am Hotel an, wo draußen erst mal vom Personal die Schuhe etwas abgespritzt wurden.
Tom und ich bezogen dann unser Zimmer und freuten uns auf die Dusche. Anschließend fielen wir in einen tiefen Mittagsschlaf, aus dem wir gegen 17:00 Uhr erwachten.
Da es draußen immer noch sehr neblig war, lohnte ein kleiner Rundgang durch die Stadt nicht wirklich. Wir hatten nicht mal mehr Lust, uns ein Restaurant zu suchen. So blieben wir in unserem Hotel und aßen hier sehr gut zu Abend.
11.03.11 - Schwarzer H'mong beim Äste spalten
Aufbruch: | 04.03.2011 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 26.03.2011 |