Albanien Juni 2011
Tala und Kruja
Endlich am Meer - Tala
Nachdem wir so viel Bergluft geschnuppert hatten, lockte uns nun auch das Meer. Schließlich hat Albanien 300 km Küste. Wir hatten uns für die nächsten Tage den Ort Tala an der Drini-Bay, einem Küstenabschnitt ca. 50 km südlich von Shkodra ausgesucht. Nach der Schüttelei gestern, freuten wir uns heute über die asphaltierte und gut ausgebaute Küstenstraße Richtung Süden. Zwar stand wie überall auf den Hauptstraßen alle paar Kilometer die Polizei an der Straße und maß die Geschwindigkeit mit neuesten österreichischen Hand-Radargeräten, aber da wir uns immer an die vorgeschriebenen 60 km/h bzw. 80 km/h außerorts hielten, hatten wir nichts zu befürchten und wurden kein einziges Mal zur Kasse gebeten. Einige Male stoppten sie uns jedoch, salutierten sehr höflich - und winkten uns dann ohne weiteren Kommentar einfach weiter!
Heute erlebten wir das erste Mal das moderne Albanien - schicke neu erbaute Häuser und Hotels überall an der Küstenstraße. Schließlich bogen wir nach Tala ab, um eines der im Reiseführer empfohlenen Hotels zu suchen, entdeckten auch bald ein Werbeschild mit einem Hinweis auf das Hotel "Keshtjella Margarita" 200 m rechts (Keshtjella ist dem englischen Wort Castle für Schloss entlehnt) und vermuteten, dass wir das Hotel nach 200 m auf der rechten Straßenseite entdecken würden. Nach 300 m standen wir dann vor diesem Haus, was ja einem Schloss nicht so ganz unähnlich ist:
Wir wunderten uns zwar, dass am Eingang kein Firmenschild und keinerlei Hotelwerbung war, konnten uns aber andererseits nicht vorstellen, dass dies ein gewöhnliches albanisches Privathaus sei und drückten kurz entschlossen auf den Klingelknopf. Nach einiger Zeit öffnete uns eine Frau, die uns nach kurzer Verwirrung mit Gesten erklärte, dass dies tatsächlich ein Privathaus sei, und wir an der Abzweigung zum Hotel schon vorbeigefahren wären - das ist Albanien! Also wieder zurück bis zu dem Werbeschild - ja, jetzt bemerkten wir es, gleich hinter dem Schild bog ein unscheinbarer Feldweg in die Richtung ab, die auf dem Schild angegeben war. Konnte so ein ungepflasterter Feldweg zu einem Hotel führen? Ja, er konnte! Und dann sahen wir das:
Das haute uns echt vom Hocker! Ein dem Aussehen nach superteures Hotel der Spitzenklasse inmitten von Feldern, nur über einen, wenn auch halbwegs befahrbaren Feldweg zu erreichen!
Sofort wurden wir von den Hotelangestellten begrüßt, von denen jedoch keiner auch nur ein Wort Englisch und schon gar nicht Deutsch sprach. Eventuell wäre eine Verständigung auf Italienisch möglich gewesen, aber da mussten wir wiederum passen. Irgendwie schien es mir eigenartig, dass sie unsere Frage nach Übernachtung auch mit Gesten nicht zu verstehen schienen, und uns statt dessen einen Platz im superschicken, völlig leeren Restaurant und etwas zu trinken anboten. Zwar standen ein paar albanische Autos auf dem Parkplatz, aber wie ausgebucht sah es nun wirklich nicht aus. Plötzlich drückte mir einer der Hotelleute - wohl der Chef - unvermittelt ein Handy in die Hand. Am anderen Ende hatte ich eine sehr gut englisch sprechende Dame in der Leitung, die als erstes fragte, was wir denn essen möchten. Ich wollte jedoch erstmal das Zimmer festmachen, sie sagte "yes of course" und fragte gleich wieder, um welche Zeit wir das Dinner wünschen und was wir essen möchten - offenbar hatten wir einen kleinen Mentalitätsunterschied, der hier deutlich wurde. Schließlich konnte ich sie aber doch überzeugen, dass wir erstmal das Zimmer sehen und ggf. buchen wollten, bevor wir uns für das Essen interessieren. Das dolmetschte sie dann dem Chef, der uns gleich ein wunderschönes Doppelzimmer (auch wieder mit Klimaanlage) zeigte, dass wir zu einem Preis von 30 Euro pro Nacht zusammen! für zwei Nächte buchten.
Das Preisniveau in Albanien ist noch echt günstig und nicht mit Italien, aber auch nicht mit Kroatien oder einem der anderen Mittelmeerländer zu vergleichen! Ein Essen in einem mittleren Restaurant z. B. kostet inklusive Vorspeise, Salat, Hauptgericht und Getränk selbst in einem Touristenort am Meer kaum mehr als umgerechnet 10 Euro, im Hinterland ist es noch eine Stufe günstiger. Die Preise für Softdrinks oder auch Bier im Restaurant liegen bei 0,70 - 1,00 Euro und auch die normalen Preise in den meisten Geschäften sind für unsere Verhältnisse - wohl aber nicht für die meisten Albaner - ein echtes Schnäppchen.
Nachdem wir realisiert hatten, dass wir tatsächlich in diesem superschicken Schloss eingecheckt hatten, ging´s zum Strand. Auch der war nur über eine Schotterpiste zu erreichen. Was etwas gewöhnungsbedürftig ist, man fährt mit dem Auto bis direkt an den Strand, es gibt keine Parkplätze, aber auch keine Verbotsschilder. Der Strand ist kilometerlang und so parkt und badet halt jeder, wo es ihm gefällt! An der Zufahrt zum Strand mussten wir noch an diesen eigenartigen Bauwerken vorbei...
Diese Bunker stehen überall in Albanien, besonders jedoch an Küsten, Bergpässen und sonstigen strategisch wichtigen Stellen. Sie stammen aus der Zeit des albanischen Diktators Enver Hoxha, der das Land von 1944 bis zu seinem Tode 1985 in stalinistischer Manier regierte. Da Hoxha neben den USA und den westlichen Staaten auch die Sowjetunion und Jugoslawien als seine Feinde betrachtete, meinte er das Land nach allen Seiten mit diesen Betonkonstrukten verbunkern zu müssen um gegen alle Angreifer der Welt gewappnet zu sein. Ein weiteres Kalkül war, dass die Albaner in diesen Bunkern den unausweichlichen Atomkrieg zwischen NATO und Warschauer Pakt überleben und anschließend unter seiner Führung die Weltherrschaft antreten würden! Zum Glück passierte weder das Eine noch das Andere und die Bunker sind nun nicht mehr als unschöne Relikte aus dieser Zeit, deren Beseitigung jedoch viel Mühe macht und daher nur vereinzelt in Angriff genommen wird. Manche werden auch noch als kleine Lagerräume oder Viehunterstände genutzt.
Wir ließen uns von diesen ehemaligen "Strandwächtern" nicht weiter stören und genossen unser Badevergnügen in dem schönen klaren Wasser an dem trotz herrlichen Badewetters alles andere als überlaufenen Strand, blieben weil es so schön war viele Stunden lang - und ich legte, so wie es einem dummen Menschen wie mir eben immer wieder passiert, die Grundlage für einen schönen Sonnenbrand...
Gut, dass wir vor Beginn der Reise den einzigen in D erhältlichen Albanisch-Sprachführer gekauft hatten, so kamen wir zumindest mit der natürlich nur auf Albanisch vorhandenen Speisekarte zurecht und konnten uns dieses leckere Gericht bestellen...
Kruja
Am nächsten Tag planten wir einen Ausflug nach Kruja. Diese Stadt kann als Nationalheiligtum der Albaner betrachtet werden, von hier aus verteidigten sie unter ihrem Nationalhelden, dem Fürsten Skanderbeg, Mitte des 15. Jahrhunderts Albanien mehrere Jahrzehnte lang gegen die nach Norden vorstoßenden Osmanen. Erst nach seinem Tod konnten diese Stadt und Festung 1478 schließlich doch erobern und beherrschten von da an Albanien 400 Jahre lang. Kruja liegt am Abhang steiler Berge 520 m hoch über der Küstenebene.
Die Bektaschi sind ein in Albanien ziemlich verbreiteter islamischer Derwisch-Orden.
Mitten in die Festung wurde später dieses im Stil einer mittelalterlichen Trutzburg errichtete mehrstöckige Museum hineingebaut, welches wir uns auch ansahen. Es ist ganz dem Leben und Wirken des Fürsten Skanderbeg gewidmet, ein Raum beherbergt sogar eine Bibliothek mit Büchern aus aller Welt, in denen Skanderbeg erwähnt ist.
Der Rückweg gehörte der unterhalb der Festung liegenden mittelalterlichen Basarstraße. Neben vielen anderen, für Albanien typischen Dingen gab es hier auch handgemachte Teppiche, die direkt im Verkaufsraum hergestellt werden.
Auf dem Rückweg beschlossen wir eine Straße durch das Hinterland zu nehmen. Und die sah so aus:
Wegweiser gibt es an solchen "Straßen" nicht, Abzweigungen dagegen mehr als genug. Und so muss man sich auf die eher ungenaue Karte und die Orientierung nach Richtungen nach dem Stand der Sonne verlassen... Eine Alternative besteht noch darin jemanden zu fragen, wobei die Verständigung nicht immer einfach ist. Kopfnicken bedeutet nein, Kopfschütteln ja...
Zusätzlich wird die Sache noch dadurch erschwert, dass man nur erahnen kann, in welchem Dorf man sich gerade befindet, denn es gibt auch keine Ortsschilder.
Aufbruch: | 11.06.2011 |
Dauer: | 16 Tage |
Heimkehr: | 26.06.2011 |
Kroatien
Montenegro
Bosnien und Herzegowina