Albanien Juni 2011

Reisezeit: Juni 2011  |  von Torsten H.

Entlang der Küste nach Süden

Auf dem Weg zum Frühstück fiel uns auf, dass vor dem Hotel mitten in den Feldern plötzlich Fernsehkameras aufgebaut und ein Übertragungswagen in Position gebracht wurde. Beim Frühstück machten wir dann die Bekanntschaft eines gut Deutsch sprechenden albanischen Journalisten, der sich als Projektleiter der OSZE vorstellte und uns sagte, dass im Laufe des Tages hier eine Promotion-Veranstaltung für den albanischen Tourismus unter Beteiligung der OSZE stattfinden würde. Mit seiner Hilfe konnten wir uns dann auch etwas mit dem Chef unterhalten und erfuhren, dass dieses Hotel erst vor zwei Jahren eröffnet wurde und wir die ersten Gäste aus Deutschland sind!

Da wir heute eine große Fahrtstrecke geplant hatten, verzichteten wir aber darauf, auf diese Veranstaltung zu warten - obwohl, interessiert hätte es uns schon - packten unsere Siebensachen und starteten Richtung Süden!

Tirana ließen wir links liegen, fuhren nur durch die Vororte

Tirana ließen wir links liegen, fuhren nur durch die Vororte

Teilweise ist die Küstenstraße autobahnähnlich ausgebaut, dann gibt es aber auch - ohne Vorankündigung - solche Stellen

Teilweise ist die Küstenstraße autobahnähnlich ausgebaut, dann gibt es aber auch - ohne Vorankündigung - solche Stellen

Das moderne Durres

Das moderne Durres

Auch in Durres, der mit gut 200.000 Einwohnern zweitgrößten Stadt des Landes sparten wir uns das Zentrum und blieben auf der im Bau befindlichen Autobahn - auf einem schmalen Streifen zwischen Autobahn und Strand wächst hier eine Betonburg nach der anderen empor, vom Meer ist von der Autobahn aus schon nichts mehr zu sehen.

Überall wird gebaut - da es keine alternativen Ausweichstrecken gibt, immer bei laufendem Verkehr

Überall wird gebaut - da es keine alternativen Ausweichstrecken gibt, immer bei laufendem Verkehr

Nachdem wir den dicht besiedelten Großraum Tirana-Durres hinter uns gelassen hatten, wurde es wieder etwas ruhiger. Einige Kilometer weiter verließen wir die Küstenstraße und unternahmen einen Abstecher zu einem Ort "wo man meint, die Schreie vergangener Gemetzel nachhallen zu hören, wo einen der Gedanke überkommt, die Geister der Ritter müssten des nachts hier noch umherreiten, das ist Bashtova". (Zitat aus dem Reiseführer Albanien von Volker Grundmann).

Festung Bashtova

Festung Bashtova

Die Festungsmauern sind noch größtenteils erhalten, die Anlage liegt total einsam inmitten von Wiesen, 12 Kilometer entfernt von der Hauptstraße - ein echter Geheimtipp mit Gruselfaktor! Wir liefen ein Stück auf den Mauern entlang, um den Eindruck auf uns wirken zu lassen. Wie so oft, waren wir an diesem sonnig-warmen Junitag mal wieder die einzigen Touristen weit und breit. Zu und an solchen Sehenswürdigkeiten, die bei uns ein überlaufenes Touristenziel mit riesigem Parkplatz und Andenkenbuden davor wären, gibt es in Albanien kaum Hinweisschilder. Man findet sie nur mit Hilfe der Angaben aus dem Reiseführer - und etwas Orientierungssinn - und ist dann häufig ganz allein dort!

Villa im Ort Vile

Villa im Ort Vile

Als Kontrastprogramm gibt es auch solche modernen Villen zu sehen - viele Albaner arbeiten im Ausland und können sich dann dank der niedrigen Bau- und Arbeitskosten in der Heimat so etwas leisten. In den Dörfern entlang der Hauptstraße an der Küste sieht man schon kaum noch alte Häuser. Neubauten sind entweder fertig oder im Bau befindlich - häufig ist das Erdgeschoss schon bewohnt, während oben noch die Armierungsstäbe aus der Betondecke ragen und als Halter für die Wäscheleine verwendet werden...

Der nächste Abstecher führte uns durch die Stadt Fier zur Ruinenstätte Apollonia, einer alten griechisch-dorischen Kolonie. Im Gegensatz zu Bashtova ist hier zumindest ein Teil des Areals mit englischen Hinweisschildern versehen und man trifft eine Handvoll anderer Touristen.

Apollonia wurde 588 v. Chr. von den Dorern gegründet, später von den Römern übernommen und beherrschte als städtisches Zentrum über 1.000 Jahre lang die fruchtbare Myzeqe-Ebene.

Die Ruine des Tempels von Apollonia

Die Ruine des Tempels von Apollonia

Neben dem antiken Areal gibt es noch eine orthodoxe Kirche aus dem 14. Jahrhundert

Neben dem antiken Areal gibt es noch eine orthodoxe Kirche aus dem 14. Jahrhundert

Von Apollonia führte uns unser Weg an der malerischen Bucht von Vlore vorbei in Richtung Llogara-Pass. Der Landschaftscharakter veränderte sich. Während im Norden und in der Mitte Albaniens die Küsten eher flach sind, reichen im Süden die Berge bis ans Meer heran und bilden malerische Buchten.

Anfahrt zum Llogara-Pass

Anfahrt zum Llogara-Pass

Auf einer Serpentinenstraße fuhren wir bis zum Llogara-Pass auf 1.027 m Höhe. Von hier hatten wir einen phantastischen Blick auf das Meer und konnten am Horizont die zu Griechenland gehörende Insel Korfu entdecken.

Blick aufs Meer aus über 1.000 m Höhe

Blick aufs Meer aus über 1.000 m Höhe

Llogara-Pass - die Straße quert hier einen Ausläufer des Ceraunischen Gebirges

Llogara-Pass - die Straße quert hier einen Ausläufer des Ceraunischen Gebirges

Von dort oben entdeckten wir viele einsame Badebuchten mit blau-grün schimmerndem Wasser...

Wir fuhren dann weiter über Dhermi nach Himara und entschieden uns schließlich für diese Bucht:

Bucht von Himara

Bucht von Himara

Nachdem wir in einer kleinen Pension direkt am Strand eingecheckt hatten, stürzten wir uns in der Abenddämmerung noch in die Fluten des Ionischen Meeres und beobachteten den Sonnenuntergang hinter Korfu.

Strand von Himara vom Balkon unserer Pension aus

Strand von Himara vom Balkon unserer Pension aus

Zum Abendessen gab es leckeren Oktopus und einen kleinen Erfahrungsaustausch über Albanien mit einem Paar aus Österreich. Sie hatten eigentlich Montenegro geplant und waren ganz spontan mit ihrem 30 Jahre alten Oldtimer-Wohnmobil noch einige Hundert Kilometer weiter nach Süden, bis hierher an die warme Küste des Ionischen Meeres gefahren.

Beim Auschecken am nächsten Morgen hatten wir noch ein besonderes Erlebnis: Wir meinten am Abend einen Preis von 30 Euro für das DZ vereinbart zu haben. Der Wirt zeigte uns jedoch beim Bezahlen fünf Finger - nanu - 50 Euro etwa?! Nein - falsch gedacht - er wollte uns im Gegenteil - warum auch immer 5 Euro (nachträglichen) Rabatt geben, hatte aber keinen 5-Euro-Schein zum Rausgeben und wollte also 25 Euro passend von uns haben, was wir ihm dann auch geben konnten. So etwas erlebt man wohl nur in einem Land, was noch nicht so sehr vom Tourismus frequentiert ist! Schade nur, dass es andererseits mit der Verständigung schwierig ist, weil Englischkenntnisse bei den meisten der "einfachen" Leute die man so trifft, und mit denen man gerne ein paar Worte wechseln würde, nicht vorhanden sind.

Kleine Anmerkung zum Geld:
Touristische Angebote wie Übernachtungen bezahlt man in Albanien überall mit Euro, alles andere (Essen, Einkaufen, Tanken) in albanischen Lek. Der Kurs lag im Juni 2011 bei 140 Lek für einen Euro, was das Umrechnen etwas schwierig machte. Bargeld (Lek) haben wir überall problemlos mit der Kreditkarte aus einem der in Städten relativ verbreiteten Bankautomaten ziehen können. Die Belastung erfolgte immer korrekt, ohne zusätzliche Gebühren. An einigen Bankautomaten hätte man auch Euro abheben können. Zahlung mit Kreditkarte ist jedoch von Ausnahmen abgesehen nicht möglich.

"Rehabilitating our Common European Heritage" - auch in Albanien fühlt man sich - zu Recht - als Europäer, auch wenn es bis zum EU-Beitritt bestimmt noch eine ganze Weile dauern wird.

"Rehabilitating our Common European Heritage" - auch in Albanien fühlt man sich - zu Recht - als Europäer, auch wenn es bis zum EU-Beitritt bestimmt noch eine ganze Weile dauern wird.

Der nächste Morgen gehörte dem hoch über dem Meer liegenden "Kastro" von Himara. Das Kastell wurde von Justinian im 6. Jh. gegründet. Einige der Häuser auf dem Gelände des Kastells sind nach wie vor bewohnt. Es gibt von Wein überrankte Gässchen mit Kopfsteinpflaster und kleine Treppchen - echt sehenswert!

Ruinen des "Kastro" von Himara...

Ruinen des "Kastro" von Himara...

und der Blick aufs weite blaue Meer!

und der Blick aufs weite blaue Meer!

Weiter ging´s südwärts die Küste entlang Richtung Saranda. Hier schlängelt sich die Küstenstraße an kleinen Buchten entlang und über Hügel hinweg, immer mit Blick auf das herrlich blaue Meer.

Die Bucht von Palermos mit der Ali Pascha Festung im Hintergrund auf der Halbinsel

Die Bucht von Palermos mit der Ali Pascha Festung im Hintergrund auf der Halbinsel

Diese Festung ist obwohl gut erhalten (noch) nicht für Touristen zugänglich gemacht worden. Wer möchte, kann aber trotzdem mit einer Taschenlampe bewaffnet durch die Katakomben kriechen. Wir verzichteten jedoch darauf und fuhren weiter Richtung Saranda.
Irgendwann mündete die Straße irgendwo zwischen den Hügeln in einen neu erbauten Kreisverkehr, da es keine Wegweiser gab, fuhren wir instinktiv nach rechts, Richtung Küste, was richtig war. Bald tauchten einige größere Häuser auf, der Verkehr wurde dichter und wir schlussfolgerten daher in Saranda zu sein - wieder richtig. Der Blick, den wir dann von der Kuppe des Hügels hatten, überwältigte uns mal wieder - nach der Schlängelstraße durch das Hügelland erwartete uns eine topmoderne aber trotzdem stilvolle Urlaubsstadt an einer Bucht, die ihresgleichen sucht. Aber das ist schon ein neues Kapitel.

Blick über die Bucht von Saranda vom Balkon unseres Hotelzimmers

Blick über die Bucht von Saranda vom Balkon unseres Hotelzimmers

© Torsten H., 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Warum gerade Albanien? Vielleicht der Reiz, ein Land zu besuchen, das in D kaum jemand kennt, vielleicht die Kombination von Meer, Bergen und einer unbekannten Kultur, vielleicht alles zusammen? Wer die meisten europäischen Länder schon besucht hat und sich andere Kontinente für später aufheben möchte, kommt eigentlich an Albanien nicht vorbei :-) !
Details:
Aufbruch: 11.06.2011
Dauer: 16 Tage
Heimkehr: 26.06.2011
Reiseziele: Albanien
Kroatien
Montenegro
Bosnien und Herzegowina
Der Autor
 
Torsten H. berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
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