Abenteuer Around the World

Reisezeit: August 2011 - August 2012  |  von Nico Amann

Nicaragua: Projekt "Agua Agrias"

Meine Grossfamilie

Meine Grossfamilie

Nun hiess es auch fuer mich mal wieder "Arbeiten"! Das Projekt, welches ich schon von Deutschland aus "gebucht" hatte, hoerte sich recht spannend an. Ich sollte in einer "Kooperative" (oder auch Doerfchen), mitten im Nirgendwo, bei der Konstruktion von verschiedenen Gebaeuden helfen. So war der Plan ...

Vor Antritt meiner Reise in das Dorf erfuhr ich dann noch kurz, dass ich der erste Freiwillige in diesem Projekts sei und dass die meisten Einheimischen noch nie einen Weissen gesehen haben . Da ich nun absolut nicht wusste, was auf mich zukommt, entschied ich mich ein "Ueberlebenspaket" zu packen: halbes Kilo Haferflocken, eine Fertigsuppe und jede Menge Kekse sollten mich vom Hungertod retten .

Nun ging die Reise ins Ungewisse los, bei der mich ein Einheimscher begleitete. Zuerst ging es eine Stunde mit dem "Chickenbus" am nahegelegenen Vulkan Mombacho vorbei. Danach ging es fuer ca. 45 Minuten mit dem Tuk Tuk weiter. Die "Strasse" wurde immer schlechter, vereinzelt standen "Haueser" aus Holz und Blech entlang. Es war deutlich zu spueren, dass die Region immer aermer wurde. Langsam verlor auch ich meine Gelassenheit, denn ich wusste absolut nicht, was auf mich zu kommen wuerde. Die Blicke der Menschen entlang der Strasse waren alle auf mich gerichtet und ich fuehlte mich ein wenig wie ein Auserirdischer .

Nach der holprigen Fahrt bin ich dann endlich im Doerfchen "Agua Agrias" mit ca. 120 Einwohnern angekommen. Die Menschen dort wussten auch nicht wirklich, wie es nun weitergehen sollte. Doch irgendwann nahm mich dann ein Mann mit auf sein Grundstueck, auf dem er mit seiner Familie lebte. Mit grossen Augen wurde ich angestarrt und mir dann mein Zimmer zugewiesen. Die Familie war sehr schuechtern oder fast schon aengstlich mir gegenueber. So versuchte ich verzweifelt eine Konversation mit ihnen zu fuehren. Womit ich direkt vor dem naechsten Problem stand, denn ich hatte das Gefuehl eine neue Sprache lernen zu muessen . Denn die Menschen hier sprechen eine Art "Bauernspanisch", das groestenteils aus nuscheln und komplett anderen Worten besteht. Das Problem lag darin, dass die Menschen noch nie zuvor mit einem Auslaender gesprochen hatten. Normalerweise sprechen mir andere spanisch Sprechende Mut zu und behaupten, dass mein Spanisch gut sei. Doch als ich in meiner Familie sagte: "Mein Spanisch ist noch relativ schlecht" - bekam ich die trockene Antwort: Ja .

Meine Arbeit sollte erst am naechsten Tag beginnen und somit zeigte mir Jose den nahegelegenen Fluss zum Baden. Den Rest des Tages verbrachte ich mit Spanisch lernen und lesen.

Das "Haus" glich eher einem grossen Huehnerstall aus zwei Zimmern und Ueberdachung. Die Eltern rauemten fuer mich ihr Zimmer und schliefen quasi im Freien. Als dann noch die Verwandtschafft kam wurde rund um das Haeuschen geschlafen. Fuehlte mich ein bischen schlecht mit meinem Luxus - Einzelzimer...

Nun zum Essen! Da die Familie nur einen winzigen Tisch besass, hiess es fuer mich immer alleine essen. Waehrend die Familie irgenwo im Stehen oder Sitzen ass, wurde mir immer sorgfaeltig der Tisch gedeckt. Zum Essen gab es immer Reis mit Bohnen und zwar dreimal am Tag. Die einzigste Variation bestand darin, dass die Bohnen vermischt (= Gallo Pinto) oder getrennt voneinander serviert wurden. Ab und zu gab es ein bischen Mais, fritierte Bananen oder andere nicht identifizierbare Sachen dazu . Egal was ich auf den Teller bekam, es wurde immer alles aufgegessen. Und genau das wurde mir dann zum Problem !
Da ich immer meinen Teller aufass, bekam ich von Mahlzeit zu Mahlzeit mehr serviert. Was anfaenglich echt gut war, wurde schliesslich zu gewaltigen Portionen Reis mit Bohnen. Und so sass ich dann morgens um 6:00 da und loeffelte ca. 30 Minuten mein Gallo Pinto in mich hinein . Meine verzweifelten Versuche weniger Essen zu bekommen, blieben jedoch auch erfolglos. Lag wohl auch daran, dass ich weiss bin und mindestens einen Kopf groeser als der Rest der Familie. Somit konnten sie nicht wirklich einschaetzen, was ich zu essen benoetige. Mit diesen Massen an Reis und Bohnen kam dann auch irgendwann meine Verdauung nicht mehr klar und ich bekam einen "Gallo Pinto Bauch" .

Zur Arbeit! Die beschriebenen Konstruktionsarbeiten gab es einfach nicht und keiner traute mir so wirklich zu sagen, was ich tun soll. Daher fragte ich einfach staendig nach, lief den Einheimischen hinterher oder machte irgendetwas. Nach einiger Zeit hatte ich dann auch meinen "geregelten" Tagesablauf: Morgens um 6:00 fing mein Tag an mit einem gewaltigen Gallo Pinto Fruehstueck. Danach ging es meistens mit meinen beiden Gastbruedern, Efrain und Jairo, mit einer Machete bewaffnet an einen Hang, um Buesche und Baueme zu faellen, damit sie neues Ackerland gewinnen. War anfangs ganz witzig aber entpuppte sich dann als extrem anstrengend in der Hitze und mit den ganzen Insekten... Daher war taeglich nach ca. 3 Stunden schluss.
Nach einem Gallo Pinto Mittagessen waren dann andere Arbeiten angesagt: Feuerholz besorgen, Fischen mit einer Schnur in einer weit entfernten Lagune, den Fluss reinigen mit einem Stock oder Bohnen pfluecken... Ganz einfache Arbeiten, welche fuer die Menschen dort jedoch lebensnotwendig sind.
Gegen Nachteinbruch - 17:30 gab es dann wieder ein Gallo Pinto Abendessen. Danach wurde bis 20:00 eine Art "Gute Zeiten, Schlechte Zeiten" angeschaut. Ist hier mega angesagt ! Um punkt acht hiess es dann fuer alle Bettzeit. Da es dunkel war und es nur so von Moskitos gewimmelt hat, konnte man auch kein Licht mehr anschalten.

Die Naechte waren realtiv "hart", in dem 1,60 Holzbett . Schlafen war hier auch fuer mich relativ schwierig:
- das Schlafen auf Holz machte meinem Ruecken mit der Zeit zu schaffen
- trotz Moskitonetz verstachen mich jede Nacht die Moskitos
- dann hoerte man die ganze Nacht irgendwelche Tiere schreien: Affen, Hunde, Rinder, Huehner, Schweine

- oder es regnete in Stroemen auf das Blechdach
- und wenn die Tiere mal ruhten und es nicht regnete schrie wieder ein Kind

Einer der Schluesselpunkte im Dorf war das Feuerholz besorgen! Mit meinen Bruedern ging es 30 Minuten durch den Wald zu den Hartholzbaeumen. Mit einer Axt bewaffnet und von Affen beobachtet schlugen wir dann einen Stamm in drei Teile. Danach bekam jeder einen der gewaltigen Staemme auf die Schulter, um sie zurueck ins Dorf zu tragen. Mein Stamm war sowas von schwer - und dann noch bei drueckender Hitze mitten durch den Wald! Hatte am naechsten Tag auch einen schoenen blauen Fleck auf der Schulter .
Aber als das Dorf und die Familie sah, wie ich den Stamm schleppte, waren sie alle ziemlich verwundert, aber freuten sich riessig. Warum traegt der Fremde uns einen Stamm? Von diesem Augenblick an hatte ich dann den Bann durchbrochen! Sie realisierten, dass ich wirklich helfen wollte und fingen dann auch mehr und mehr an mit mir zu reden und mir Fragen zu stellen...
Die Frauen waren jedoch nochmal eine andere Nummer . Wenn mir eine entgegen kam, senkten sie ihren Kopf auf den Boden und liefen an mir vorbei .
Allein die Kinder hatten keinerlei Angst, fragten mich alles und liefen mir immer hinterher. Somit wurde ich dann auch mehr und mehr zum Kinderanimateur . Musste mit den Kleinen manchmal 20 Minuten zum Fluss laufen zum "Waschen". Denn fliesendes Wasser gab es nicht! Somit wurde alles im klaren Fluss gewaschen...

Normalerweise konnte ich am Wochenende zurueck nach Granada gehen. Doch da ich mich nun wirklich wohl fuehlte in der Familie, entschied ich mich zu bleiben. Da ich jedoch keine grosse Hilfe fuer das Dorf war und mein Spanisch auch leidete, verkuerzte ich meinen Aufenthalt auf 2 Wochen.

Normalerweise sollte ich auch jede Woche die Gastfamilie wechseln. Aus dem einfachen Grund, da ich auch eine sehr gute Einnahemquelle war. Doch da ich nicht schon wieder den ganzen Eingewoehnungsprozess durchlaufen wollte, fragte ich, ob ich noch laenger in meiner Familie bleiben konnte. Freute sie natuerlich riessig!

Mit meinem Gastbruder Jairo machte ich mich frueh morgens an einem Samstag auf den Weg zum Vulkan Mombacho. Durch Mais - und Bohnenfelder, durch Fluesse und Schlamm machten wir uns auf den Weg zum Vulkan. Nach knapp 3 Stunden standen wir dann im Krater des Vulkan, umgeben von Kaffeepflanzen. Denn im Krater wird fleissig Kaffe angebaut und nebenan steigt Wasserdampf hinauf . Die "normalen" Touris besteigen den Vulkan von der anderen Seite, da sich dort Granada befindet.

Sonntag ist der einzige "freie" Tag im Dorf und daher eilen alle zu einem "Baseballplatz" (eigentl. einfach eine grosse Wiese). Denn Baseball ist im ganzen Land die Sportart Nr. 1! Dort verbrachten wir dann den ganzen Sonntag nur mit Baseball spielen...

Nach 2 Wochen harter Arbeit und einer komplett anderen Erfahrung, hiess es dann zurueck Richtung Zivilisation fuer mich! Verkratzt, verstochen und mit Vollbart - aber happy - ging es zurueck nach Granada.

Dort angekommen, kam mir dann das Hostel wie ein 5 Sterne Hotel vor !

Die Arbeit im Projekt war eine riessige Erfahrung fuer mich! Ein sehr hartes Leben, welches die Leute dort leben. Sie haben zwar so gut wie nichts, doch sie sind einfach gluecklich mit ihrem Leben dort. Im Gegensatz zu vielen unter uns, die alles haben aber gleichzeitig nichts!

Nachdem ich dann weitere 2 Wochen in Granada mit Spanisch lernen verbrachte, liess ich die zahlreichen Bilder von "meinem Dorf" entwickeln. Mit den Bildern und 2 Basebaellen machte ich mich dann erneut auf den Weg nach Agua Agrias. Die Familie freute sich riessig ueber meine Ankunft!
Sie waren von den Bildern absolut begeistert und realisierten anfangs ueberhaupt nicht, dass diese ein Geschenk waren!

Meine Gasteltern: Jose und Sabina!

Meine Gasteltern: Jose und Sabina!

Die Kleinsten, welche mich gerne verfolgten

Die Kleinsten, welche mich gerne verfolgten

Die Familie beim Bohnen sortieren...

Die Familie beim Bohnen sortieren...

Die Kids...

Die Kids...

Mein heimlicher Liebling - Ingri

Mein heimlicher Liebling - Ingri

Meine Gastbrueder Efrain und Jairo

Meine Gastbrueder Efrain und Jairo

Beim Spanisch lernen hatte ich auch immer Unterstuetzung

Beim Spanisch lernen hatte ich auch immer Unterstuetzung

Das Weihnachtsferkel - verirrte sich auch gerne in meinem Zimmer

Das Weihnachtsferkel - verirrte sich auch gerne in meinem Zimmer

Bei der Arbeit mit Machete!

Bei der Arbeit mit Machete!

Das Haus meiner Familie...

Das Haus meiner Familie...

Das "Haus" meines Bruders...

Das "Haus" meines Bruders...

Die Toilette! Innenansicht erspar ich euch ...

Die Toilette! Innenansicht erspar ich euch ...

Der Vulkan Mombacho...

Der Vulkan Mombacho...

Der Weg zur Lagune...

Der Weg zur Lagune...

Hab tatsaechlich 5 Stueck gefangen...

Hab tatsaechlich 5 Stueck gefangen...

Die Lagune mit dem Mombacho im Hintergrund!

Die Lagune mit dem Mombacho im Hintergrund!

Beim Brennholz schlagen!

Beim Brennholz schlagen!

beobachtet von Affen...

beobachtet von Affen...

und dann wurds anstrengend...

und dann wurds anstrengend...

Im Krater des Vulkan Mombacho!

Im Krater des Vulkan Mombacho!

Eine riessige Kaffeeplantage im Krater...

Eine riessige Kaffeeplantage im Krater...

Die Aussicht vom Vulkan...

Die Aussicht vom Vulkan...

Der Rueckweg zum Dorf ueber Bohnenfelder...

Der Rueckweg zum Dorf ueber Bohnenfelder...

Irgendwo in Mitten des Waldes befindet sich "Agua Agrias"

Irgendwo in Mitten des Waldes befindet sich "Agua Agrias"

Im "Badezimmer"...

Im "Badezimmer"...

Der Fluss zum Waschen...

Der Fluss zum Waschen...

Bananen gab s ueberall...

Bananen gab s ueberall...

Beim Lernen...

Beim Lernen...

Beim Bohnen pfluecken...

Beim Bohnen pfluecken...

Manchmal war sogar der Vulkan Conception auf der Insel Ometepe zu sehen...

Manchmal war sogar der Vulkan Conception auf der Insel Ometepe zu sehen...

Wurde immer mehr zum Kinderanimateur...

Wurde immer mehr zum Kinderanimateur...

Siesta hab ich immer unter dem Orangenbaum gemacht

Siesta hab ich immer unter dem Orangenbaum gemacht

© Nico Amann, 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Hola Amigos, mittlerweile bin ich nun schon 10 Wochen unterwegs und habe so einiges erlebt. Da ich immer auf einen schlechten Tag gewartet habe, um meinen Reisebericht zu schreiben, kam ich nie dazu - denn es gab bis jetzt keinen schlechten :-). Daher muss ich nun einen guten opfern... Nochmals zur Erinnerung der Plan lautet: USA - Mexiko nach Kolumbien mit dem Bus mit 2 monatigem Stop in Nicaragua zum Arbeiten- Los Angeles - Fidschis - Neuseeland - Australien - open End! Alles in einem Jahr..
Details:
Aufbruch: 16.08.2011
Dauer: 12 Monate
Heimkehr: 16.08.2012
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Mexiko
Belize
Guatemala
El Salvador
Nicaragua
Costa Rica
Panama
Kolumbien
Der Autor
 
Nico Amann berichtet seit 13 Jahren auf umdiewelt.