Rajasthan - fremde Welten, ferne Zeiten
die Rundfahrt - 1. Teil: Mandawa und Bikaner
Dienstag, 21.02.2012 Ziel: Mandawa
Frühstück wie gestern. Pünktlich steht Pappu (unser Fahrer und Begleiter für die nächsten 15 Tage) vor der Tür und dann geht es los gen Südwesten Richtung Mandawa in der Region Shekhawati.
Abfahrt 8.30h - Außentemperatur 19°C.
Und wieder dieser mörderische Verkehr. Von zwei Fahrspuren werden mindestens 3 genutzt. Der Lauteste, der schnellste Lückenschließer gewinnt. Lautes Hupen, es wird rechts wie links überholt. Motorräder, meist doppelt bis vierfach besetzt, preschen vor. Am Straßenrand trotten Kühe gemächlich vor sich hin. Sie haben alle Zeit der Welt. Regeln gibt es nicht. Es ist Rushhour. Anscheinend will jeder zur Arbeit. Da das Industrie- und Bürogebiet außerhalb Delhis liegt, streben alle in die gleiche Richtung. Ein interessanter 'Schulbus' fällt uns auf: ein Tuktuk mit blauem vergitterten Aufbau in dem bestimmt 10 Kinder untergebracht sind. Wie sagt Pappu: you need good eyes, good brakes and - good luck. An den Ausfallstraßen und auch später im Laufe des Tages fallen immer wieder Straßengebühren an. Man muss ja auch die Leute bezahlen: einer steht an der Schranke, einer nimmt das Geld an und reicht es weiter an den Dritten, der kassiert.
Endlich auf dem Land sehen wir den Senf (wir dachten erst es sei Raps) blühen und grüne Weizenfelder. Und immer wieder kleine Tempel/Schreine, bunt angemalt am Straßenrand.
Mittags zeigt unser Thermometer 27 °C an. Der Boden scheint hier sehr sandig zu sein. Trotz dessen sehen wir weiterhin viel blühenden Senf, Reis wo gewässert werden kann, Aloe, Getreide, Hülsenfrüchte und einiges, was wir vom Auto aus nicht erkennen können. Ziegelbrennereien mit langen Schornsteinen sind eifrig an der Arbeit. Jetzt wissen wir auch, wozu der viele Dung getrocknet wird. Weniger zum Eigenbedarf, als zum Anheizen der Brennöfen. Entsprechend dunkel sind die Abgase, die oben aus dem Schornstein herauskommen. Die Strassen sind stellenweise katastrophal - einspurig mit fast unbefahrbarem Rand.
Stop in Jhunjhunu beim Rani Sati Temple (Ende 16./Anfang 17. Jh.) (sati = Selbstverbrennung von Witwen). Ein aus weißem Marmor bestehender Tempel mit reichem Deckendekor und mit Silber beschlagenen Säulen und Türen. Der "Altar" ist reich mit Gold versehen und mit vielen Blumengirlanden geschmückt und wird gern von Einheimischen besucht. Natürlich fehlen die farbigen Elemente nicht ganz!
Unterwegs bestaunen wir einige Havelis. Nicht nur wegen der Malereien auf den Außenfassaden, die von Ort zu Ort variieren, sondern auch wegen der Architektur mit Balkönchen und Erkern und Verzierungen. Was ist dagegen Fachwerk. Hier ist das Ganze aus Sandstein.
Gegen 17 Uhr treffen wir in Mandawa ein. Einchecken ins Hotel Shekhawati und noch ein kurzer Rundgang durch die Stadt mit seinen vielen etwas morbiden Ecken, bei dem wir 2 Havelis besichtigen. Unser Guide, den wir akzeptiert hatten, führte uns zum Schluss noch bei seinem Vater vorbei, der uns selbst angefertigte Miniaturmalereien (auf alten Buchseiten) zeigte. Sehr schöne Bilder und auch recht preiswert, was uns aber erst im Nachhinein klar wurde, nachdem wir später andere Malereien und Preise gesehen haben.
Nach dem Abendessen heißt es Duschen und Schlafen.
Als Frühstück wird 1 x Kontinental mit gutem Rührei und 1 x Radjastani Puri Bhaji (fettige, würzige Bratkartoffeln und fettgebackene Brotfladen) - nur etwas für Leute mit robustem Magen - bestellt.
Mittwoch, 22.02.2012
Km-Stand: 280, Ziel: Bikaner
Nach den gestrigen Straßen muss erst mal Luft in die Reifen. Kaum aus dem Ort heraus hat man den Eindruck, dass die Wüste sich nähert. Vermehrt sieht man Dromedare als Zugtiere von Lastkarren. Neben der Straße fallen uns im Sand Kuhlen auf. Dort sind junge Bäume gepflanzt, die im Schutz der Kuhlen genug Wasser bekommen sollen. In Fatehpur sehen wir Havelis, die noch beeindruckender sind als die in Mandawa. Die Motive der Wandmalereien unterscheiden sich sehr von gestern. Ein Spaziergang in der Stadt lohnt sich trotz des immensen Verkehrs. Wir besichtigen Nadines Haveli. Die französische Malerin hat das Haus in den 90ern gekauft und restaurieren lassen. Es ist sehr schön geworden und teilweise auch mit alten Einrichtungsgegenständen bestückt. Fürs Mittagessen werden noch Bananen besorgt.
Bei der Weiterfahrt Richtung Bikaner sehen wir (leider abgeerntete) Erdnussäcker unter Bäumen und einige 'Zelt'behausungen neben der Straße.
Langsam verändert sich die Landschaft und wird hügelig, sandig/steppig mit Akazien, wobei das Grün eher grau vom Staub ist.
Kurz vor Bikaner besichtigen wir die Devi Kund Chhatris. Das sind "Pavillons" die als Cenotaphen (Leergräber) an die Verstorbenen erinnern sollen. Da dies heilige Stätten sind, müssen wir die Schuhe ausziehen und barfuß laufen. Der unvermeidliche Taubendreck hält sich aber in Grenzen. Dies ist eine sehr schöne Anlage. Die Chhatris sind mit viel Liebe und Aufwand erstellt. Der Blick über die Anlage ist sehr beeindruckend und ansprechend.
Um 14 Uhr kommen wir in Bikaner an. Unser Hotel überrascht uns. Aus dem Internet hatte Wolfgang einen modernen Bau ausgedruckt bzw. erwartet. Die attraktive alte Front im Stil eines Havelis war dort (noch) nicht zu sehen gewesen. Wir bekommen aufgrund unserer frühen Reservierung ein Appartement: Vorraum mit Sitzgruppe, ein riesiges Schlafzimmer und ein großes Bad mit sich auflösender Acrylbadewanne. An den Wänden des Schlafzimmers hängen Trophäen von Tieren, die der Großvater des jetzigen Besitzers vor 100 Jahren erlegt hatte. Es ist das ehemalige Wohnzimmer der Familie.
Frisch machen, einen Tee genießen und dann zum Junagarh Fort (1589-1593) mit Umweg über zwei Cashmachines zum Geld holen. Besichtigung mit einem AudioGuide. Ergebnis: unendlich viele Bilder von beeindruckenden Steinschnitzereien, Balkonen, Türmchen und Fenstern, enorm dekorierten Palasträumen und -gängen. Und vom Schlafzimmer der Maharani, das uns heimlich von einem Wärter (gegen Bakschisch natürlich) aufgeschlossen wird. Beim Rausgehen vergewissert sich der Mann erst durchs Schlüsselloch, ob uns auch niemand beobachtet. (man muß ja was für die Touristen tun...).
Am Ende der Besichtigung nimmt uns dann Ali, ein mit Pappu befreundeter Tuktukfahrer, in Empfang. Wir fahren mit ihm durch die (Alt-)Stadt und bewundern sehr große "Stadt"Havelis. Hier ist nicht die malerische Ausgestaltung das Besondere, sondern der "geschnitzte" rote Sandstein. Welch ein Reichtum muss vor 200 Jahren in der Stadt gewesen sein, dass Händler sich solche Häuser leisten konnten.
Durch die Altstadt geht es weiter zum Jain-Tempel Bhandasar (1468), der über 3 Etagen geht. Hier haben wir gelben Sandstein. Entsetzlich bunte Skulpturen und tolle Bilder schmücken den ganzen Tempel aus. Besonders die Miniaturen erscheinen uns bemerkenswert. Ein toller Blick über die Stadt belohnt uns für den Aufstieg nach oben. 50 Rps bekommt der freundliche Priester (klein, Bäuchlein, fröhlich) freiwillig von uns.
Anschließend geht es mit Ali in seinem Tuktuk wieder durch die Altstadt vorbei am Gewürzmarkt und den unzähligen kleinen Läden, Unmengen von Menschen, Motorradfahrer und Tuktuks zurück zum Hotel.
Duschen und es ist Zeit zum Abendessen:
Egg-Curry = hartgekochte Eier in kräftiger Soße
Mutton-Curry = gek. Hammelstücke in kräftiger Sauce
Veg. Pilao = Gemüsereis mit Tom.Stk., Erbsen, Bohnen, Cashuekernen, Rosinen, Zwiebeln
Tandori und Parantha = Fladenbrot ohne Fett u. Fladenbrot in Fett gebacken.
Im Übernachtungspreis von 1600 RPS ist das Frühstück enthalten. Wie gestern haben wir wieder 1 x Kontinental und 1 x Puri Bhaji und dazu Tee.
Fatehpur: Haveli (altes Kaufmannshaus)
Bikaner: Jain-Tempel Bhandasar
Donnerstag, 23.02.2012
Km-Stand: 493, Abfahrt 8.45 h bei frischen 13 °C, Ziel: Jaisalmer
Heute geht es nach Jaisalmer über eine weite, flache, sandige Ebene, in der Ackerbau kaum möglich scheint. Ab und an sieht man kleinere Rhizinusanpflanzungen. Ziegenherden weiden das spärliche trockene Gras ab. Staubige Akazien und vereinzeltes Strauchwerk stehen am Rande der Straße. Lebhafter LKW-Verkehr erfordert die Aufmerksamkeit Pappus. Vor und bei jedem Überholvorgang wird gehupt. Auf der Rückseite der LKWs wird sogar dazu aufgefordert. Man scheint den Rückspiegel nicht zu nutzen. Und da sowohl von rechts als auch von links überholt wird, muss gehupt werden. "blow horn, use dipper by night" - sind die Aufforderungen auf den bunt bemalten LKWs.
Die Ziegeleien verteilt über das Land produzieren Unmengen von Ziegeln. Die Öfen, teils gefeuert mit Spreu, der auf riesiegen Dromerdarkarren angeliefrt wird, erreichen anscheinend nicht die Temperaturen, die notwendig wären. Überall, wo Ziegel lagern, bilden sich große Flächen roten Sandes. Da kann man sich die Qualität der Wände vorstellen.
Abseits der Hauptstrasse besuchen wir einen heiligen Bezirk mit See und kleinen Tempeln und Schreinen. Eine Oase inmitten einer staubigen und sandigen Landschaft.
Wir kommen um 15 h in Jaisalmer mit Km-Stand 845 an.
Da unser Hotel innerhalb der Festung liegt, in die Autos nicht hineinkommen, hat uns Pappu angemeldet. Ein Tuktuk erwartet uns bereits, um uns mit unserem Gepäck ins Hotel zu bringen. Die nächsten 3 Nächte werden wir im Shreenath Palace im Maharani-Room übernachten. Es handelt sich um ein altes Haveli mit kleinem Innenhof und nur fünf Zimmern. Über eine enge Treppe erreichen wir unser unbeschreibliches Zimmer - Photos!!!!! Hindu, ein junger Mann, wird uns vorgestellt als Ansprechperson für alles, was wir benötigen sollten.
Nachdem wir einen Masala Chai (schwarzer Tee eingekocht mit Milch und Gewürzen, stark gesüßt) genossen haben, machen wir uns auf den Weg, die Festung zu erkunden. Enge Gassen, alte Havelis, "neue" Havelis tw. zusammengesetzt aus alten Bauteilen, viele Baustellen, kleine Läden und natürlich Verkäufer, die ihre Waren anpreisen, allerdings bei weitem nicht so aufdringlich wie in Nordafrika.
Abendessen gibt es in einem windigen Dachterrassen-Restaurant, in dem wir die einzigen Gäste sind. Aber das Essen ist gut: Kartoffeln mit Kokosfüllung in roter Soße, Palak Paneer ("Hüttenkäse" in Spinatsauce), veg. Pilao und Naan (Brot). Nach dem Essen schnell nach Hause, einen heißen Chai und ab ins Bett.
Morgen wollen wir erst einmal das Umfeld um Jaisalmer erkunden....
Ziegelbrennerei
Aufbruch: | 18.02.2012 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 08.03.2012 |