Jakobsweg 2012 - Caminho Portuges

Reisezeit: März 2012  |  von Uschi Agboka

14. Tag - Padron - Santiago de Compostela

Padron - Santiago de Compostela

Dienstag, 20. März 2012 - 14. Tag
Padron - Santiago de Compostela - 29 km

Nach einer kalten Nacht - Dank meiner Motorradunterwäsche habe ich nicht gefroren - begab ich mich in eine Bar zum Frühstück: Milchkaffee und Croissant. Kurz vor 8 Uhr befand ich mich schon auf dem Camino. Es war sehr frisch, wenn nicht gar kalt. Die Autos und die Wiesen waren mit einer Schicht Raureif überzogen. Deshalb zog ich meine Jacke und Handschuhe an. Das Wetter war schön, keine Wolke am Himmel. Der Weg selbst war, bis auf wenige Ausnahmen, nicht besonders schön. Viel Autolärm, da es meist parallel zur Autobahn ging. Ich lief deshalb besonders schnell, so dass ich schon gegen 12 Uhr die Türme der Kathedrale von Santiago sah. Der Anstieg bis zur Altstadt war sehr steil und anstrengend, dazu die Abgase der Dieselmotore. Ich war gegen 13.30 Uhr beim Pilgerbüro und holte mir meine 4. Compostela ab. Danach ging ich in die Kathedrale, um etwas zur Ruhe zu kommen. Da es mittags war, war es sehr ruhig und schön in dem prachtvollen Bau. An-schließend ging ich wie immer in die Bar des Hospital de los Reyes Catolicos. Die 1489 von den Königen Isabel und Fernando gestiftete Pilgerherberge ist heute ein Parador Nacional (staatliches Luxushotel) und eines der ältesten Hotels der Welt. Ich wollte dort ein Bier auf den erfolgreichen Camino zu trinken. Vor der Bar traf ich einen anderen Pilger, dem ich öfter unterwegs geholfen habe, welcher aber immer in Hotels übernachtet hat. Ich habe ihn gefragt, ob er mir bei einem Bier Gesell-schaft leisten wolle, was er bejahte, doch dann meinte er, er könne nicht mit einer Fahne ins Pilgerbüro gehen. So habe ich mein Bier allein genossen, dazu gab es Mandeln und Oliven. Danach ging es, wie im letzten Jahr, in die Pension Casa Felisa, in der ich ein Zimmer unterwegs gebucht hatte. Nach dem Duschen musste ich erst einmal wieder meine Hose flicken, was ich in dem herrlichen Garten der Pension machte. Um 17.30 Uhr ging ich in die Stadt, denn ich wollte ein paar Sachen in der Apotheke bestellen. Um 19 Uhr trafen wir uns alle vor der Kathedrale, um gemeinsam zum Essen zu gehen. Mike, der Hotelpilger, den ich zufällig unterwegs traf, wollte sich uns anschließen. Wir, das waren Paco, Mario, Karsten, Martin, Mike und ich. Arnold und Anastasia wollten nur bis Teo gehen, da sie ja genug Zeit hätten! Leider hatte das Lokal Manolo noch nicht auf, so dass wir uns nach einem anderen Restaurant umsehen mussten. Paco meinte, er hätte etwas gesehen. Leider war das Lokal auch geschlossen. Ein Einheimischer aus Santiago empfahl uns ein Lokal ca. 100 m weiter, was aber Mike nicht so toll fand. Er verzichtete also darauf, mit uns zu essen und wollte sich später irgendwo einige Tapas kaufen. Ich bestellte mir Lachs, Gemüse und Zum Nachtisch Eis, dazu Kaffee und Wein, Kosten 7 €. Natürlich war das Essen nicht der Hit, aber es hat uns allen geschmeckt. Nachdem wir nach dem Essen für alle einen besseren Wein bestellt hatten, gingen wir gegen 22 Uhr zur Herberge bzw. ich in meine Pension Casa Felisa.

Santiago de Compostela ist die Hauptstadt Galiciens und hat ca. 96.000 Einwohner. Die Stadt ist katholischer Erzbischofsitz und Wallfahrtsort, Ziel des Jakobswegs sowie Standort der Universität Santiago de Compostela und wichtiger pharmazeutischer Industrie. Jakobus der Ältere war einer der zwölf Jünger Jesu, Sohn des Zebedäus und Bruder von Johannes. Der Legende nach ging er nach Christi Himmelfahrt in die römische Provinz Hispania, das heutige Spanien, um dort zu missionieren - allerdings mit wenig Erfolg. Er kehrte nach Palästina zurück und wurde dort schließlich auf Befehl des Königs Herodes Agrippa I. von Judäa im Jahre 43 geköpft. Nach einer in Spanien seit dem Mittelalter verbreiteten Legende wurde sein Leichnam in ein Boot gelegt, das an die Küste Spaniens getrieben wurde. Nach einer anderen Version brachten seine Jünger Athanasius und Theodorus den Leichnam auf dem Seeweg in sein Missionsgebiet Spanien und setzten ihn in einem Steingrab auf dem Gebiet der heutigen Stadt Santiago de Compostela bei. Nach einer anderen in Kirchenkreisen verbreiteten Legende schenkte Kaiser Justinian die Gebeine dem Sinaikloster; in den Stürmen des Islam brachten Mönche die Reliquien in Spanien in Sicherheit. Als die Muslime Spanien eroberten, vergrub man die Reliquien an der Stelle, an der sich heute Santiago de Compostela befindet. Ausgrabungen zeigen, dass sich dort eine Nekropole befand, die zu einem römischen Militärlager aus dem 1. bis 4. Jh. und einer suebischen Siedlung aus dem 5. bis 7. Jh.gehört hatte.

Im Zeitraum von 818 bis 834 wurde das angebliche Grab entdeckt. Der Legende zufolge sah der Eremit Pelayo eine Lichterscheinung, die auf ein Apostelgrab hinwies. Man meldete das Theodemir, dem Bischof von Iria Flavia. Als man tatsächlich ein Grab fand, erklärte Theodemir, es sei das Grab des Heiligen Jakobus. Darauf ließ König Alfons II. von Asturien (791-842) dort eine Kirche errichten, die sich zu einem Wallfahrtszentrum entwickelte. Um die Kirche herum entstand ein Dorf, das im 10. Jh. zur Stadt Santiago wurde. Die einschiffige Kirche wurde bald zu klein. So wurde 872 unter König Alfons III. mit einem größeren dreischiffigen Bauwerk begonnen. Am 10. August 997 zerstörte Almansor, der große Heerführer des Kalifen von Córdoba, die Stadt und die Kathedrale. Das Grab des Jakobus wurde nicht beschädigt. Die Glocken der Kathedrale wurden von versklavten Christen in das 1.000 Kilometer entfernte Córdoba geschleppt. Nach der Eroberung Córdobas am 29. Juni 1237 durch kastilische Truppen ließ man sie durch maurische Sklaven wieder nach Santiago zurückbringen. Erst unter Alfons VI. wurde die Kirche neu aufgebaut. Die Arbeiten begannen entweder 1075 oder 1078. Um diese Zeit wurde Santiago de Compostela neben Rom und Jerusalem zum bedeutendsten Wallfahrtsort der Christenheit. Die Legende, wonach Jakobus in Spanien gepredigt hat, wird von der heutigen Geschichtsforschung als unhistorisch betrachtet. Es gibt auch keinen Anhaltspunkt für die Vermutung, dass die Reliquien echt sind. Der Camino de Santiago (Jakobsweg) wurde 1987 zum ersten europäischen Kulturweg erhoben, 1989 fand in Santiago de Compostela der IV. Weltjugendtag statt. Im Jahr 2000 war Santiago de Compostela Kulturhauptstadt Europas.

Sehenswert ist die Kathedrale von Santiago de Compostela mit ihren Reliquien. Nahe der Kathedrale findet sich das Hospital de los Reyes Católicos, das seit 1509 als königliches Hospiz zur Aufnahme von Reisenden diente, die nach Santiago kamen und heute eines der bekanntesten und luxuriösesten Parador-Hotels ist. Das Hotel ist eines der ältesten der Welt. Es verfügt über vier Innenhöfe, elegante Räume und einen prächtigen Speisesaal. Sehr sehenswert ist die gesamte, von der UNESCO geschützte Altstadt, die mit der Kathedrale und dem Jakobsweg als Weltkulturerbe ausgewiesen ist.

Die Kathedrale von Santiago de Compostela steht über der Grabstätte, die dem Apostel Jakobus zugeschrieben wird. Durch die bischöfliche und päpstliche Anerkennung der aufgefundenen Gebeine als Reliquien Jakobi gilt die Kathedrale von Santiago als Grabeskirche des Apostels Jakobus. Die armenische Jakobskathedrale in Jerusalem beansprucht aber, im Besitz des Schädels des Apostels zu sein. 1985 wurde die Altstadt von Santiago de Compostela, und damit auch die Kathedrale, zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt. Das Bild der Kathedrale schmückt die kleinen Euro-Cent-Münzen aus Spanien. Die Kathedrale wurde 1120 zum Sitz des ersten Erzbischofs des Erzbistum Santiago de Compostela Diego Gelmírez. Heute ist nur noch das romanische Südportal "Puerta de las Plate-rías" in der ursprünglichen Gestalt erhalten. Die zahlreichen Erweiterungen der Kathedrale führen mit dem barocken Westportal, der klassizistischen Nordfassade und den gotischen Kreuzgängen im Inneren mehrere Baustile zusammen. Die Grundfläche wurde von ehemals 8.200 m² auf 23.000 m² erweitert. Betritt man den Dom vom Obradoiro-Platz aus über die doppelte Treppe, begegnet man im Eingang des Westportals "Fachada del Obradoiro" als erstes einem der bedeutendsten Kunstschätze der Kathedrale: dem "Pórtico de la Gloria". Er wurde von Maestro Mateo bis 1188 geschaffen. Das mit Skulpturen ausgestattete Portal gilt als künstlerisches Meisterwerk. Durchschreitet man den Pórtico, fällt der Blick durch das insgesamt fast 100 m lange, 8,5 m breite und fast 20 m hohe Mittelschiff auf den gegenüberliegenden prächtigen Hauptaltar, der über dem Grab des Apostels errichtet wurde. An den Seiten der Westfassade erheben sich die etwa 75 m hohen Türme, von denen der südliche (rechts) nach seiner Funktion Glockenturm "Torre de las Campanas" und der nördliche (links) "Torre de las Carracas" genannt wird - nach den Klappern oder Knarren, mit denen in der Karwoche "semana santa" das Läuten der Glocken ersetzt wird. Im Mittelgiebel erhebt sich das Standbild des Apostels Jakobus in einer Darstellung als Pilger. Zu seinen Seiten und etwas unterhalb begleiten ihn seine Schüler Atanasius und Theodor. Den Altar schmückt ein vergoldeter Baldachin. Darunter befindet sich die Gruft mit einem silbernen Schrein, der die Reliquien enthält, unter anderen ein auf das Jahr 874 datiertes goldenes Kruzifix, das einen Splitter des Kreuzes Christi beinhalten soll. Zu hohen Feiertagen oder auf Bestellung wird der berühmte Botafumeiro durch das Querschiff geschwenkt. Es handelt sich dabei um ein etwa 1,60 m großes Weihrauchfass, das an einem etwa 30 m langen Seil von der Decke hängt und nach dem Hochamt von sechs Männern in Bewegung gesetzt und bis hoch unter die Decke geschwungen wird. Außer seiner üblichen Funktion in der Liturgiefeier diente der Botafumeiro dazu, den Geruch der Pilger zu neutralisieren, die nach ihrer Wall-fahrt auf dem Jakobsweg eine ganze Nacht wachend und betend in der Kathedrale verbracht hatten.

Fortsetzung mit Teil III - Camino Finisterre

Diashow unter www.harley-rolf.de

© Uschi Agboka, 2012
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Bericht nach den Tagebuchaufzeichnungen meines Mannes Rolf, von Porto nach Santiago de Com-postela, 7. bis 27. März 2012. Wer Interesse hat, der schaue sich die Diashow auf Rolfs Seite an - www.harley-rolf.de - das macht Spaß und bietet viele Infos!
Details:
Aufbruch: 07.03.2012
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 27.03.2012
Reiseziele: Portugal
Spanien
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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