Teil 1 - Pyrenäen 2012 (Frankreich/Spanien)

Reisezeit: September / Oktober 2012  |  von Uschi Agboka

Les Aspres - Villefrance de Confluent

11. Tag- Prieure de Serrabone- Prades St. Michel de Cuxa - Fort Liberia

12. September 2012 - Mittwoch - 11. Tag
Llauro, Pyrenäen (Frankreich)
Col du Fourtou - Prieure de Serrabone - Les Aspres - Gorges du Boules - Barrage de Vinca - Prades - Abbaye de St-Michel de Cuxa - Villefranche de Conflent - Fort Liberia - Thuir
Fahrzeit: 7 Stunden- 135 km

Ein herrlicher Sonnenaufgang weckt uns am Morgen. Da einzelne Schauer angesagt sind, werden wir uns einige alte Gemäuer ansehen. Abfahrt um 9.45 Uhr. Es geht nach Fourques, dann über eine abenteuerliche Straße über Montauriol, Les Hostales. Nun folgt die Bergstraße D 618 über Col du Fourtou, 655 m, eng, kurvig, über Boule d'Amont, hinauf zur Prieure de Serrabone, eine alte Abtei mit Klostergarten und Friedhof, mit einem herrlichen Blick über die Landschaft. Vor der Gründung des Klosters existierte schon eine Pfarrkirche, seit 1069 Wallfahrtsstätte, bei der sich einige Chorherren niedergelassen hatten.

Serrabone, auf Katalanisch Serrabona -"guter Berg" - ist ein ehemaliges, 1082 gegründetes Priorat in den französischen Pyrenäen (Region Roussillon) am Fuße des Canigou - Monument historique. Zusammen mit den wenigen Überresten der gleichnamigen Siedlung liegt die Kirche auf dem Gemeindegebiet des französischen Dorfes Boule-d'Amont im Massiv Les Aspres (felsenreich) über der Schlucht von Boules in 600 Metern Höhe. Serrabone ist immer gleichzeitig eine Pfarrei (Dorfkirche) geblieben. Bis vor vierzig Jahren, als es noch nicht die Straße durch das Tal von Boules gab, verband lediglich ein Netz von meist steilen Maultierpfaden das Priorat mit den verstreut gelegenen Höfen von Serrabone und den Dörfern der Umgebung.

Die heutige Kirche und das Priorat Sainte-Marie de Serrabone sind vor allem bekannt durch die berühmte Empore inmitten des Hauptschiffs, die einzigartig in der romanischen Kunst Kataloniens ist. Die Interpretation ihrer Skulpturen ist immer noch problematisch. Heute erscheint sie als eine von vierzehn Säulen und Pfeilern getragene Plattform, von denen zwölf aus Marmor gefertigt sind. Es gibt wunderbare gut erhaltene Kapitelle, von einem unbekannten Künstler. Das Kloster Serrabonne gehörte im 11. Jh. den Augustiner-Chorherren, die die Klosterkirche 1151 vergrößern ließen. Im Jahre 1592 übergab Philipp II. von Spanien das Kloster dem Domkapitel von Solsona. Im Zuge des Pyrenäenfriedens wurde das verfallene Kloster 1659 an Frankreich zurückgegeben.

Les Aspres - im Norden vom Tet-Tal, im Süden vom Tech-Tal, im Osten von der Ebene von Perpignan und im Westen vom Massiv des Canigou begrenzt. Das unberührte und kaum besiedelte wilde Land ist mit Olivenbäumen und Korkeichen bedeckt. Es zeigt die Schönheit mediterraner Landschaft vor einem Hinter-grund aus Schiefer und Granit.

Durch die Gorges du Boules, eine enge Schlucht, mit Felsen bis an die Straße - Gott sei Dank so gut wie kein Verkehr -, vorbei am Barrage de Vinca, einem großen Stausee der den Fluss Tet hier staut, über Marquixanes nach Prades. Dort machen wir um 12.45 Uhr Kaffeepause. An der Kirche Saint Pierre scheint ein Treff für Hundeliebhaber zu sein. Leider lassen sie ihre großen Tiere überall hinkacken, vor der Kirche, beim Cafe etc. Eine ziemlich eklige Angelegenheit. Wir machen einen Rundgang durch den historischen Ortskern mit seinen schönen mittelalterlichen Häusern, auch hier überall mit Blumen geschmückt.

Prades, am Fluss Tet, von Obstgärten umgeben, am Fuß des Canigou gelegen, war ab 1939 Wahlheimat des Cellisten Pablo Casals. Er suchte hier Zuflucht vor dem Franco-Regime. Als Zeichen seines Protestes gegen dieses Regime, weigerte er sich 10 Jahre lang, öffentlich aufzutreten. Prades verdankt es ihm, dass es zu einer Hochburg der Kammermusik wurde.

Die Kirche Saint Pierre (im 17. Jh. wieder aufgebaut auf den Resten einer romanischen Kirche) besitzt nicht nur einen herrlichen Glockenturm, sondern auch einen der größten Barock-Altaraufsätze Frankreichs. Er besteht aus mehr als 100 skluptierten Figuren und schil-dert in 6 Fächern das Leben des Apostel Petrus, geschaffen von dem katalanischen Künstler Joseph Sunyer. Der Glockenturm im lombardischen Stil stammt noch aus dem 12. Jh. Schön sind besonders die herrlichen Rundbögen. Die Kirche Saint Piere ist eine eigenartige Mischung aus Romanik und Gotik.

Nach der Besichtigung Prades fahren wir zur Abbaye de St-Michel de Cuxa, eines der ältesten Benediktinerklöster in den Pyrenäen. Der elegante zinnenbewehrte Turm der Abtei erhebt sich in einem kleinen Tal der Tet (430 m) am Fuss des Canigou. Im Sommer ist die Abtei Mittelpunkt des Musikfestivals von Prades. Auch sonst ist die Abtei von großem Interesse, besonders aufgrund ihrer zahlreichen Umbauten.

Sehr deutlich veranschaulicht die Abtei das Mäzenatentum der Grafen der Cerdagne auf dem Höhepunkt ihrer Macht. Die heutige Kirche des 883 gegründeten Klosters Cuxa stammt aus dem Jahr 974. Ihr Schiff ist eines der seltenen vorromanischen Bauwerke in Frankreich. Im 11. Jh. erweiterte Abt Oliba ihren Chor, fügte die Krypta der Muttergottes von der Krippe hinzu und ließ die beiden romanischen Glockentürme errichten. Der während der Französischen Revolution zerstörte Kreuzgang wurde im Metropolitan Museum in New York nachgebaut, zur Hälfte im Kloster selbst wieder aufgebaut. Seine fein behauenen, zierlichen Kapitelle stammten aus dem 12. Jh. Seit 1965 lebt eine kleine Gemeinschaft von Benediktinermönchen in der Abtei, die Montserrat untersteht.

Es geht weiter, zu dem historischen kleinen Ort Villefranche de Conflent, ca. 260 Einwohner, 5 km westlich von Prades, am Nordfuss des Canigou am Ufer der Tet.

1090 von Guillaume Raymond, Graf von Cerdagne gegründet. Es hatte früher städtischen Charakter und war Hauptstadt der Region Conflent. Villefrance hatte auch immer eine militärische Funktion. Die ältesten Befestigungen stammen aus dem 11. Jh. Sie wurden im 12. Jh. durch 8 Türme ergänzt und im 17. Jh. durch 6 Bastionen verstärkt.

Villefranche de Conflent gehört zu den "Schönsten Dörfern Frankreichs". Die mittelalterliche Stadtmauer ist vollständig erhalten. Über dem Dorf, 734 unterirdische Stufen hoch, liegt das Fort Liberia. Die Festung wurde 1681 vom berühmten Festungsbauer Vauban errichtet und unter Napoleon III. ausgebaut - Souterrain des "1000 Marches" (Untergeschoss der "1000 Stufen"). Das entspricht ca. 42 Stockwerken. Der Bau dieses unterir-dischen Ganges dauerte 3 Jahre! Fort Liberia beherbergte im Laufe der Zeit u. a. ein Frauengefängnis, berühmte Insassen: Die Giftmörderin "La Chapelain" (Giftaffäre am Hof Louis XIV.) und ihre Helferin Anne Guesdon, die nach 36 Jahren in diesem Kerker starb. Madeleine Chapelain musste in diesem Kerker 44 Jahre auf ihren Tod warten! 1927 verkauft die Gemeinde das Fort an einen Unternehmer aus Algier. 1957 wurde es von Marcel Puy zurückgekauft. 1984 verpachtete er es mit einem 99-jährigen Erbbaurecht an vier Kaufmanns-Paare aus Villefranche de Conflent. 3 Jahre lang wurde die Festung restauriert, mit der notwendigen Infrastruktur und Sicherheitsvorkehrungen versehen und seit 1987 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Jahr 2008 wurde Fort Liberia, zusammen mit anderen Festungsanlagen von Vauban, in die UNESCO-Welterbe-Liste aufgenommen.

Leider sind die herrlichen alten Häuser des Ortes Villefranche de Conflent oft verschandelt durch Billig-Läden und Billig-Restaurants. Ein Trost, es gibt einige schöne Künstler-Ateliers, in denen man gute Handwerksartikel zu einem ausgewogenen Preisleistungsverhältnis kaufen kann. Ich erstehe einen wunderschönen Keramik-Krug und eine Hexe, die uns vor Unheil bewahren soll. Wir bedauern die Menschen, meist ältere, die in dem schönen Ort leben, denn die Touristen überfluten das Dorf in den Monaten Juli und August zu Tausenden. Jetzt, in der Nachsaison, ist wenig los, was uns natürlich freut. Wir mögen keine Menschenmassen.

Nach der Besichtigung des alten Ortes fahren wir nach Thuir, Rolf geht zum Einkaufen und ich zum Friseur. Welche Überraschung, Stefan spricht perfekt Deutsch. Er ist erst im März nach 8 Jahren Griechenland (wegen der Krise dort weggegangen) nach Frankreich zurückgekehrt. Eigentlich stammt er aus Paris, dort ist ihm das Leben zu teuer und zu gefährlich, er lebt gerne in der Provinz. Ich bin froh, meine Haare mal wieder ordentlich gepflegt zu bekommen und die Zeit verfliegt durch die Unterhaltung wie im Fluge. Dann fahren wir zurück durch das Gebirge, immer mit Blick auf den mächtigen Canigou. Dunkle Wolken sind am Himmel, unheimlich aussehend, ich glaube, es sind Raumschiffe, die uns belagern. Rolf amüsiert das sehr.

16.45 Uhr sind wir zurück auf dem Campingplatz, nach 135 km und müde vom vielen Schauen. Der Wind hat zugenommen, nun entwickelt sich ein Orkan, der Tramontane. Alle bauen die Vorzelte ab und verziehen sich in ihre Fahrzeuge. Nur wir nicht, Rolf baut mir einen Windschutz und so kann ich unsere Sardinen und Zucchini draußen grillen, dazu gibt es Salat, Trauben, Baguette und Weißwein. Um 20 Uhr verziehen wir uns in den Bus und schauen uns einen Tatort an. Rolf verstaut die Möbel unter dem Bus und auch die Satellitenschüssel muss in Sicherheit gebracht werden. Unser Bus wackelt stark, doch Rolf beruhigt mich, wir würden schon nicht wegfliegen. So gehe ich beruhigt schlafen. In der Nacht lässt der Wind nach.

© Uschi Agboka, 2012
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es handelt sich um eine 42-tägige Tour von Niederbayern nach Frankreich, in die Auvergne, weiter in die französischen und spanischen Pyrenäen.
Details:
Aufbruch: 02.09.2012
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 13.10.2012
Reiseziele: Frankreich
Spanien
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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