Tempeltour Japan
Nara: Stadtgebiet Nara
Im gesamten Stadtgebiet, das durch den "Deer Park" (nach dem indischen Vorbild in Sarnath) aufgelockert wird, laufen Rehe (engl. deer) frei herum. Den Böcken, deren Brunftgeschrei wie eine sehr schlecht geölte Tür klingt, werden die Hörner abgeschniten. Durch generationenlange Fütterung (es gibt im ganzen Park spezielle Reiskekse zu kaufen) sind die Tiere zutraulich. Natürlich steht der ganze Park voll von Warnschildern, was einem diese "Wildtiere" so antun können.
Zwei brunftige Rehböcke, die Geräusche machen wie eine schlecht geölte Türangel. In allen Parks kann man die Tiere mit speziell zu kaufenden Reiskeksen füttern. Die Hörner werden einmal jährlich gestutzt.
Diese Hotel mag auf seinem Parkplatz keine ungebetenen Gäste.
Ichwar zum 1300jährigen Stadtjubiläum in Nara. Neben zahlreichen anderen Festlichkeiten hat man im Oktober noch - historisch nicht ganz exakt - die erste Inthronisation der letzten weiblichen Kaiserin gefeiert. Sie amtierte erst als Koken (749-58), dann nachdem sie zu Gunsten ihres Sohnes Junnin zurückgetreten war, den sie, als er eigene Ideen entwickelte, schnell wieder vertrieb, ab 764 wieder als Shotoku († 770). Durch ihr skandalöses Verhältnis mit ihrem Beichtvater, der sie gesundgebetet hatte und dem sie immer mehr Privilegien und Titel einräumte, kam es unter ihren Nachfolgern zu zwei Entschlüssen. Erstens wurden Frauen von der Thronfolge ausgeschlossen (eine Ausnahme im 17. Jhdt., Meisho), zum zweiten wurde die Hauptstadt (bis 1876) nach Heian (heute Kioto) verlegt, in dem zunächst keinerlei Tempelbauten zugelassen wurden. Dadurch wurde der Einfluß der Geistlichkeit zurückgedrängt.
Nicht ganz ohne Ironie erscheint mir, daß aus Anlaß der Feierlichkeiten Masako, die Frau des Thronfolgers, nach Nara kam. Deren Schwägerin hat es ja nach etlichen Jahren doch geschafft einen männlichen Thronerben zu produzieren, nachdem in der Kaiserfamilie seit über 40 Jahren kein Knabe geboren worden war. Der Grund lag darin, daß die "himmlische Majestät," der Showa-Tenno (zu Lebzeiten von Westlern respektlos Hirohito genannt) die Vielweiberei in der Kaiserfamilie abgeschafft hatte. Vorher gab es immer eine reichliche Auswahl (strikte Primogenitur, auch wenn die Mutter die Putzfrau war - was übereings gar nicht so selten vorkam. Die Dame wurde dann schnell geadelt, oder samt ihrem kaiserlichen Bastard gut verheiratet) an Halbbrüdern für die Thronfolge. Noch von Meiji († 1911) gibt es ein im Englischen wunderbar als "stud book" bezeichnetes Verzeichnis, in dem genau festgehalten ist, welche seiner zahlreichen (Hof)-Damen er wann beglückte.
Angesichts der Thronfolgerkrise (1992-2005) hatte man im extrem konservativen Hofamt schon damit begonnen laut darüber nachzudenken, ob man denn nicht vielleicht, eventuell doch, wenn denn nun gar nichts geht, gegebenfalls die Nachfolge für Frauen wieder zulassen solle. Wie reaktionär diese Herrschaften wirklich sind, soll eine Anekdote von der Hochzeit Masakos (1992) zeigen. (Deren Großvater war überings als Vorstandsvorsitzender des Chemieriesens Chisso für die Minamata-Krankheit - Quecksilbervergiftung durch Fisch, der in ungeklärten Abwässern in der Bucht von Minamata lebte - und die Vertuschung des Skandals verantwortlich). In einer Tageszeitung wurde nach der Hochzeit ein Photo abgedruckt, auf dem das Paar (beide in westlcher Hochzeitskleidung) zu sehen war und sie ihm eine Locke aus der Stirn strich. Der verantwortliche Journalist und seine Zeitung wurden aus dem Journalistenklub des Hofes, der eine Monopolstellung hat, mehrere Wochen ausgeschlossen, weil eine derartige "menschliche" Darstellung eines Angehörigen des Kaiserhauses unangemessen ist!
Zum Fähnchenschwenken angetreten!"
Ihro kaiserliche Hoheit geruhen mir huldvoll zuzuwinken (Das war fast so geil, wie damals, als mir, in einem Sushi-Restaurant, Bayerns fähigste Hotelfachfrau - die sich als Kultusministerin tarnte - in Begleitung Ihrer Privatschulen besuchenden Söhne, zugenickt hat.)
Aufbruch: | 10.10.2010 |
Dauer: | 15 Tage |
Heimkehr: | 24.10.2010 |