Auf dem Drahtesel durch den wilden Westen
Mitten rein
Nein, in Ruhe in den Urlaub starten sieht anders aus. Am Donnerstag noch bis 17.00 Uhr im Buero, dann den Abwesenheitsassistenten aktivieren, nach Hause, die letzten Sachen packen und um 03.00 Uhr wieder aufstehen, um rechtzeitig in Hamburg am Flughafen zu sein. Dass ich dabei ein bisschen neben mir stehe, merke ich erst unterwegs, als ich die Wanderschuhe an meinen Fuessen realisiere - Fahrradschuhe sind eigentlich angesagt. Aber zum Wechseln ist es in Paris definitiv zu spaet. Aber es wird auch so gehen und mir ist meine Hauptausrede genommen, warum ich so wenig wandere, wenn ich unterwegs bin. Hamburg - Paris - Salt Lake City - St. George. Alles problemlos. In Salt Lake City dann die Einreiseprozedur, bei der man sich schon mal wie ein Straftaeter fuehlen darf, wenn der Zehnfingerabdruck gescannt und ein digitales Foto aufgenommen werden - weiss man ja, braucht man sich also nicht drueber beklagen. Entgegen der Auskunft beim Einchecken muss ich in Salt Lake City mein Gepaeck noch einmal in Empfang nehmen und erneut aufgeben. Und hier faengt mein erstes kleines Problem mit den Einreisebehoerden an. Denn beim Auspacken am Zielort fallen mir drei kleine Zettel aus meinem Packsack entgegen: Mein Gepaeck wurde zur Kontrolle geoeffnet (als haette ich es geahnt, hatte ich aus Versehen den Schluessel im kleinen Vorhaengeschloss vergessen - so brauchte es zumindest nicht aufgebrochen werden). Aber es fehlt meine Brennstoffflasche einschliesslich Pumpe. Auch das weiss man, dass keine brennbaren Fluessigkeiten im Flugzeug transportiert werden duerfen. Aber die Flasche war neu, unbenutzt und leer! Das Denken ist allen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart! Zum Glueck habe ich einen Allesbrenner und finde am naechsten Tag auch recht schnell eine passende Gaskartusche.
Fahrrad zusammenbauen, Sachen umpacken und dann verlasse ich vermutlich als letzter Fluggast den kleinen Flughafen von St. George und mache mich mehr als 24 Stunden, die ich inzwischen unterwegs bin, in der Abenddaemmerung auf den Weg in die Stadt, um mir einen Campingplatz zu suchen. Selbst in der anbrechenden Dunkelheit herrschen noch Temperaturen um 29 Grad.
Ein erster Eindruck von den roten Bergen Utahs in der Abendsonne auf dem Weg vom Flughafen nach St. George
Bei Dunkelheit finde ich einen Campingplatz in St. George direkt am stark befahrenen Highway von Los Angeles nach Salt Lake City. Egal. Ich bin so muede, dass ich von dem Verkehrslaerm nichts mitgekommen.
Zion National Park
Gleich am ersten Tag meiner Reise ist ein Highlight das Ziel: der Zion National Park. Im dichten Wochenendverkehr verlasse ich nach einem typisch amerikanischen, extrem ueppigen Fruehstueck (wie war das doch gleich? Keiner versteht es wie die Amerikaner, Kalorien zu verdichten...) und mit einem kleinen Lebensmittel- und einem grossen Getraenkevorrat die Stadt. Es ist heiss! Die Temperaturen steigen am Lenker aus 42 Grad. Dazu kommen lange Steigungen und mir stecken noch die Anreise und die acht Stunden Zeitverschiebung in den Knochen. Das wird hart. Nach einem kleinen Mittagsimbiss sinken die Temperaturen leicht und ich fahre mitten in einen Gewitterregen hinein, in dem die Temperaturen auf angenehme 22 Grad fallen und die nassen Klamotten sind eine willkommene Erfrischung. Leider ist die Sicht auf die grandiose Landschaft nur noch halb so schoen - aber immer noch spektakulaer!
Am Parkeingang erwerbe ich fuer 80$ das Jahresticket fuer alle Nationalparks und mit viel Glueck bekomme ich fuer eine Nacht auch noch einen Stellplatz auf einem der fuenf Campingplaetze im Park - es ist das Wochenende bevor die Sommerferien enden und offenkundig ist jeder, der einen fahrbaren Untersatz hat unterwegs und selbst fuer einen Radler mit Zelt kann es da schwierig werden, einen Platz abzubekommen.
Die Kontaktfreude der Amerikaner hat schon etwas und waehrend ich noch beim Zeltaufbau bin, bekomme ich auch schon eine Einladung zum Abendessen einer groesseren Gruppe, die die Nachbarstellplaetze besetzen und gleich dazu den Platz fuer die zweite Nacht, die ich hier verbringen moechte, denn morgen ist eine Wanderung in die Schlucht "The Narrows" geplant.
Mit dem kostenlosen Shuttle fahre ich bis an das Ende der Strasse dann geht es zu Fuss weiter. Ein kurzes Stueck auf einem befestigten Weg, dann im Flussbett und ueberwiegend im Wasser, dass nach dem gestrigen Regen mit Sedimenten gesaettigt ist und sich braun und undurchsichtig seinen Weg durch die Schlucht bahnt.
The Narrows
Ab jetzt geht es ueberwiegend im Hochformat weiter, denn die enge Schlucht laesst sich anders kaum ins Bild setzen und mehr als einmal bereue ich, dass auf dem Fahrrad keine Platz fuer die Ausruestung fuer 360-Grad-Panoramafotos ist.
Hier ist man nicht allein! Die Shuttlebusse sind ueberfuellt und hunderte, wenn nicht tausende Touristen machen sich auf den Weg in die Schlucht am Ende des Zion Canyon
Und auch auf dem Rueckweg bleibt die Kamera nicht in der Tasche, denn der veraenderte Lichteinfall zaubert immer neue Motive
Fuettern streng verboten. Die Strafandrohung von 100$ ist ein ueberzeugendes Argument, meine Nussmischung nicht mit den aufdringlichen Kameraden zu teilen
Ich bin jetzt zwei Tage hier und habe schon ein Problem: Es ist mir heute schon klar, dass ich zu wenig Zeit habe. Vom Zion Nationalpark habe ich nur einen kleine Bruchteil gesehen und werde morgen schon weiterfahren. Und ich befuerchte, es wird mir hier ueberall so gehen Ein echtes Luxusproblem dieser einzigartigen Landschaft! Mal sehen wohin ich die naechsten Tage fahre. Die Entscheidung faellt mir wirklich nicht leicht.
Aufbruch: | 30.08.2013 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 28.09.2013 |