Back in Namibia 2014
Besuch einer namibischen Hochzeit: die Kofferübergabe
Vorbereiten für die Delegation des Bräutigams
Um kurz vor sechs treffen Gene, Tuhafeni und ich im Dorf ein. Genes Auto ist noch voll mit allen möglichen Dingen, die auf die Schnelle noch kurz vor der Hochzeit besorgt werden mussten. Eigentlich wie überall vor einer Hochzeit.
Tuhafeni zeigt mir zuerst, in welchem Teil des Village wir übernachten werden. Es ist ein Steingebäude mit drei Räumen. In einem Raum steht ein einzelnes Bett, im zweiten Raum stehen ein Bett und zwei kleine Schränke und im dritten Raum, in den die Eingangstür führt, stehen ein Büfetteschrank, ein kleiner Tisch und drei Stühle. Ich werde, zusammen mit der Visagistin und Hairstylistin Katender, Gene und der Braut im zweiten Raum übernachten. Wirklich schlafen werden wir allerdings nicht. Aber dazu später.
Da um sechs bereits die ersten Gäste kommen sollen, ist Eile geboten. Also schnell das Auto ausladen, alles in "unseren" Raum bringen, umziehen und für das Eintreffen der Bräutigamseite bereit sein. Da sich keiner an das Zusammenbauen des neu erworbenen Ventilators traut, baue ich das Ding kurzerhand zusammen. Um zu testen, ob ich auch ganze Arbeit geleistet habe, wird einer der beiden Dieselgeneratoren angeworfen. Der Generator knattert und der Ventilator verbreitet eine kühle Briese. Der Ventilator verkomplettiert den Showroom für die Kofferübergabe. Das traditionelle Bier, Oshikundu steht bereit, ein Tisch für die Präsentation steht bereit, an zwei gegenüberliegenden Raumseiten stehen Stühle. Jetzt kann es losgehen.
Das Ankleiden
Nein, noch nicht ganz. Ich muss mich noch umziehen. Der Abend vor der Hochzeit steht nämlich ganz im Zeichen der Tradition. Und da ich vor wenigen Tagen ein traditionelles Ovambo-Gewand geschenkt bekommen habe, werde ich diese auch anziehen.
Genau passend bin ich umgezogen. Es klopft an der Tür. Es sind zwei alte Damen, die die Braut in das für sie vorbereitete traditionelle Gewand kleiden wollen. Für gewöhnlich trägt die Braut an diesem Abend einen Rock in den traditionellen Farben braun und pink, extra für sie aus Straußeneiern erstellten Schmuck und ein weißes Oberteil. Die pinke Rockfarbe ist übrigens nicht den neuerdings stark vertretenen Stoffen aus China geschuldet, sondern uralte Tradition und ganz natürlich aus einer in dieser Region stark verbreiteten Pflanze gewonnen. Da Tuhafeni eine Italiener heiraten wird, hat sie sich für ein weißes T-Shirt mit der Aufschrift "I love Milano" entschieden. So verbinden sich Tradition und Moderne.
Das Eintreffen der Delegation
Die Braut ist fertig gekleidet. Wir können den Raum verlassen. Im Dorf wird es immer voller. Mehr und mehr Gäste von der Seite der Braut treffen ein. Überall wo die Braut auftaucht wird gejallat und gesungen. Alle wollen Fotos machen.
Dann höre ich von weiter her Gesang. Mh, ist das evtl. schon die Delegation des Bräutigams mit der Fahne und dem Koffer? Ja! Die Delegation steht vor dem Tor und es wird kräftig gesungen. Keine Ahnung, was der Text bedeutete, aber mit dem Gesang soll der Einlass ins Dorf erwirkt werden. Noch ist das Tor allerdings verschlossen. Die Dorfbewohner, die auf der Innenseite stehen, fordern mehr Lieder. Fleißig wird weiter gesunden bis eine der alten Damen ein Zeichen gibt und das Tor geöffnet wird.
Nun darf die Delegation in den vorderen Bereich eintreten. Dieser Raum unter freiem Himmel war ehemals den Männern vorbehalten. Besuchte ein Mann aus einem anderen Dorf dieses Dorf, so war dieser Raum der Einzige, den er betreten durfte. Heute wird dieser Teil für Zeremonien genutzt. Wie jetzt für den Einmarsch bei der Kofferübergabe. Die Delegation formiert sich und beginnt erneut zu singen. Nach gut einer Stunde Singen wird die Delegation schließlich in den extra vorbereiteten Raum geführt. Wieder wird gesunden.
Die Prüfung
Schließlich wird die Braut herangeführt. Die Trauzeugin stellt ihr einen Stuhl an die Außenwand des Raumes. Sie setzt sich und hört nun den Gesängen zu, ohne dass die Delegation sie sehen kann. Nach weiteren gut 20 Minuten erhebt sie sich und betritt mit der Trauzeugin den Raum. Sie wird an den Kopf des Raumes geführt und darf am Tisch platz nehmen. Nun kommen auch die alten Damen in den Raum. Zehn an der Zahl. Sie setzen sich auf die bereit gestellten Stühle an die eine Raumseite und deuten der Delegation des Bräutigams, sich auf der anderen Seite des Raumes zu setzen. Eine Fragerunde beginnt. Jeder der Delegation des Bräutigams muss sich nun vorstellen, seine Verbindung zum Bräutigam erläutern und den Fragen der Alten zur Genüge antworten. Als diese Prüfung überstanden ist, darf der Koffer auf dem Tisch vor der Braut geöffnet und der Inhalt präsentiert werden. In diesem Koffer befinden sich Geschenke des Bräutigams an die Braut. Es ist Tradition, dass die Braut ab diesem Moment der Kofferübergabe bis zur Hochzeit, nur noch mit Dingen in Berührung kommen darf, die in diesem Koffer sind. So finden sich neben dem Brautkleid, dem Hochzeitsschmuck, dem Schleier und den Hochzeitsschuhen auch die Unterwäsche, die Bettwäsche inklusive Oberbett und Kopfkissen, ein Handtuch, Zahnpasta und Zahnbürste und eine Taschenlampe. Die Alten sind mit dem Inhalt zufrieden. Alle erheben sich und es wird erneut noch einmal laut gejallert, bevor die Damen den Raum verlassen. Nun darf die Delegation des Bräutigams mit der Braut zusammen Essen und Trinken. Danach verlässt die Braut die Delegation und widmet sich den übrigen Gästen des Dorfes.
dei alten Damen formieren sich auf der einen Seite des Raumes für die "Befragung" der Delegation des Bräutigams
Augen zu und lang machen
Auch ich verlasse nun die Delegation des Bräutigams und schaue mich im Dorf um. Viele der Gäste, welche in den Nachmittagstunden angekommen sind, haben nun ihre Zelte aufgeschlagen. An verschiedenen Stellen im Dorf wird gekocht. Zudem sind vier große Pavillonzelte aufgebaut worden. Hier werden Getränke und Speisen für die Gäste angeboten.
Müde von der langen Fahrt, der Hitze und den vielen Eindrücken beschließe ich mich hinzulegen. Zähne putzen und Pipi machen fällt heute allerdings weg. Fließendes Wasser gibt es nicht und die einzige Toilette (ein gemeinschaftlich genutztes Plumpsklo) des Dorfes befindet sich außerhalb des Dorfzauns. Da es keine Beleuchtung innerhalb der Räume bzw. im Dorf gibt und ich keinen Plan habe, wo ich meine Taschenlampe hingepackt habe, verkneife ich es mir einfach. Der Weg dort hin ohne ist mir einfach zu dunkel. Also: Augen zu und schlafen. Oder zumindest Beine lang machen und entspannen.
Aufbruch: | 15.08.2014 |
Dauer: | 11 Wochen |
Heimkehr: | 31.10.2014 |