Peking - Nordkorea - Südkorea August 2014
Nordkorea : Tag 3 - Kriegsmuseum
Zunächst ging es, wie immer in aller Frühe ("Einsteigen, Einsteigen, biete!"), zum Westmeerschleusensystem nördlich des Ortes Nampo. Soldaten haben das riesige Flussdelta in den 80ern mehr oder weniger mit Bauschutt zum Meer hin abgedichtet und einen Damm draufgesetzt. Somit wird die früher übliche regelmäßige Überschwemmung weiter Teile des Inlands verhindert und Trink- und Nutzwasser (weil das Flusswasser nicht mehr durch einströmendes Meerwasser brackig wird) steht auch mehr zur Verfügung. Ich meine, es war der Große Führer sebst, der zum Bau des Staudamms geraten hat ("Müsst Ihr Staudamm bauen!").
Nach dem Besuch einer kooperativen Farm, wo feste Verbünde aus mehreren Familien genau einen Feld-Abschnitt gemeinsam bewirtschaften (müssen?), sind wir wieder in Richtung Pjöngjang aufgebrochen. Es sollte das "Museum über den Sieg im Vaterländischen Befreiungskrieg" angesehen werden. Und das war ja mal - was Aufmachung und Ausstattung betrifft - top-notch und in dieser Hinsicht wahrscheinlich eines der besten historischen Museen der Welt. Nachdem uns die Englisch sprechende Führerin zunächst an säuberlich aufgereihtem, erbeutetem amerikanischen Kriegsgerät vorbeiführte, ging es durch einen nachempfundenen Schützengraben zur USS Pueblo, einem amerikanischem Spionageschiff, das die Nordkoreaner 1968 aufgebracht haben. Die Amis mussten sich für das Eindringen in nordkoreanische Gewässer offiziell entschuldigen, um ihre Crew zurückzubekommen - das Schiff blieb freilich da. Hier überraschte mich unsere Führerin, als sie mich völlig unvermittelt fragte, was ich denn "at home" für eine Meinung von Nordkorea gehabt hätte. Obwohl ich der Idee des Sozialismus durchaus wohlwollend gegenüberstehe und Nordkorea nicht von vornherein als bloßen Unrechtsstaat verdamme, war ich doch baff und fand auch die Zeit nicht reif, in Unterhemd und kurzer Hose ein differenziertes Bild des Landes zu zeichnen. Mehr als "nice country" brachte ich deshalb nicht hervor. Ich bin der Meinung, dass die Führerin durchaus angehalten war, mal bei den Touristen ob des politischen Befindens vorzufühlen. Wenn ich bedenke, wie gestört-zurückhaltend sonst alle anderen Nordkoreaner waren, mit denen wir neben unseren Reiseleitern zu tun hatten (eigentlich waren das nur Kellnerinnen) ... Wenn sie sich also soweit aus dem Fenster lehnte, konnte sie nur in höherem Auftrag handeln.
Im Museum strahlte uns alles gülden und marmorn entgegen. Eingangs hieß es, sich zum wiederholten Male vor einer Statue des Großen Führers zu verbeugen, die seinem Aussehen aus der Zeit des Korea-Kriegs nachempfunden war. Wir hätten den Großen Führer hier zunächst für den "Dicken" gehalten (unsere Bezeichnung für den aktuellen Chef), aufgrund der Frisur. Der Dicke, der Fuchs, trägt also ganz offensichtlich die Frisur des Alten auf, um durch die so erzeugte Ähnlichkeit an Legitimation zu gewinnen. Im Museum war der Krieg durch zahlreiche nachgebildete Szenen mit ganzen Häusern und gestorbenen US-Soldaten (an einer Leiche fraßen schon die Raben) sehr anschaulich dargestellt. So plastisch und aufwändig habe ich noch kein Kriegsmuseum erlebt. Auf dem Dach wartete dann ein fantastisches Panoramabild des Krieges. Man konnte sich setzen und die Führerin setzte die Plattform in Bewegung, so dass der große Sieg im Vaterländischen Befreiungskrieg um einen herum gefahren wurde - ohne Quatsch: Weltniveau.
Gleich im Anschluss fuhren wir zum Bunkermuseum - im angeschlossenen Bunker hat der Große Führer wohl während des Krieges eine zeitlang gelebt. Bis auf viel Marmor im Eingangsbereich gab es im Museum nicht viel zu sehen. Natürlich war in großen, goldenen Buchstaben vermerkt, an welchen Tagen es dem Großen Führer zur Ehre gereichte, das Museum zu besuchen. Wieder waren wir überwältigt von seiner mit Händen (zumindest mit großen Händen) greifbaren Bescheidenheit. Überhaupt halten es die Nordkoreaner mit den Daten: An welchem Tag der Große Führer oder sein Sohn (zur Erinnerung: der Geliebte Führer) wo gewesen ist, scheinen die Kameraden hier schon in der Schule zu lernen. Besuchsdaten müssen natürlich sichtbar vor Ort vermerkt werden, wofür dann aber auch schon mal ein marmorner Gedenkstein ausreichend sein kann ... Neben dem (kalten, aber sonst unspektakulären) Bunker stand ein Haus, in dem irgendein Vertrag von Wichtigkeit unterschrieben wurde (welcher, fällt mir gerade nicht ein). Dieses Haus haben die Getreuen des Großen Führers innerhalb eines Tages erbaut, denn ein wichtiger Vertrag konnte nach seiner Meinung natürlich nicht in einem Bunker unterzeichnet werden - "natürlich nicht!", leuchtete es auch uns ein.
... Denkmal zum 50. Jahrestag der Gründung der Partei. Alle Zahlen (Höhe, Entfernung zu den Statuen, Durchmesser des Rings) sind voller Symbolik: Pjöngjang ist gebaute Utopie.
Punkt 18:00 Uhr versammelten sich alle Angestellten des Buchladens vor dem Fernseher, um eine Doku über Kim Jong Il zu schauen (eine rannte sogar halb zum Fernseher), die mindestens 15 Jahre alt war und sicher morgen nochmal kommt.
Nach dem Bunkermuseum gab es endlich etwas zu schnabulieren: Enten-Barbecue stand auf dem Programm. Man grillt sich das Fleisch am Tisch auf einem kleinen, gaserhitzten Grill. Diese traditionell-koreanische Art der Essenszubereitung hat uns gut gefallen; auch in Südkorea sollten wir ihr später noch begegnen. Überhaupt muss man sagen, dass sich das nordkoreanische Reisebüro wirklich Mühe gegeben hat, beim Essen für Abwechslung zu sorgen. Unsere Reiseleiterin hat uns auch fast immer gefragt, ob es denn auch geschmeckt habe ("Wirklich?"). Geschmeckt hat es auch meistens, es fehlte an nichts. Dass wir nach einigen Tagen, die faustgroßen Portionen Kimchi nicht mehr sehen konnten, die es zu jeder Mahlzeit dazu gab - geschenkt! Wie soll es da erst den Koreanern gehen?
Aufbruch: | August 2014 |
Dauer: | unbekannt |
Heimkehr: | August 2014 |
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