Peking - Nordkorea - Südkorea August 2014

Reisezeit: August 2014  |  von Christian T

Nordkorea : Tag 5 - Küss' die Hand gnä' Frau!

Heute stand endlich die DMZ (die 4 km breite demilitarisierte Zone zwischen Nord- und Südkorea) auf dem Programm. Wie stets, wenn wir über Land gefahren sind, waren nur wenige Autos unterwegs und die Straßen recht rumpelig - etwas unter DDR-Standard, aber viel schlimmer auch nicht. Unterwegs - mitten im Nichts - sahen wir des öfteren Leute, die zu Fuß unterwegs waren, ohne dass (für uns erkennbare) Siedlungen in der Nähe gewesen wären. Wohin diese Menschen wanderten, war uns unklar. Auch was die sporadisch auftauchenden Arbeitskommandos für einen Auftrag hatten, erklärte sich uns nicht. Vereinzelt wurde mit kleinen Scheren Gras auf der Straße geschnitten, wurde irgendwas in Büschen gesammelt und geschnippelt, ohne dass wir erkennen konnten, was. Auch ganze Soldatenbrigaden haben wir mehrmals im Morast hacken und graben sehen. Einen Sinn, geschweige denn ein Bauprojekt, ließ sich aber auch hier nicht ausmachen.

Wir standen vor diesem etwa 3 m hohen Gedenkstein und die Führerin klärte uns auf, dass er tatsächlich 7 m hoch ist.

Wir standen vor diesem etwa 3 m hohen Gedenkstein und die Führerin klärte uns auf, dass er tatsächlich 7 m hoch ist.

Reisegruppen ab einer gewissen Größe werden die ganze Zeit gefilmt (rechts unten).

Reisegruppen ab einer gewissen Größe werden die ganze Zeit gefilmt (rechts unten).

An der DMZ war es eigentlich recht unspektakulär: Man hat sich die bekannten Baracken angeguckt, kurz einen ersten Schritt "nach Südkorea" gewagt und ist wieder losgefahren. Zuvor haben wir noch eine andere, vorgelagerte Baracke besichtigt, in dem der Waffenstillstandsvertrag unterzeichnet wurde, die in nur fünf Tagen hochgezogen wurde ... Interessant finde ich aber, dass es auf der südkoreanischen Seite wegen der paranoiden Amis viel strenger zugehen soll als auf der Nordseite. Dort ist wohl Fotografieren und Rauchen verboten und nur angemessene Kleidung gestattet. Dagegen ging es bei uns recht locker zu. Insbesondere die chinesischen Touristen - von den Grenzanlagen nicht im Mindesten eingeschüchtert - sorgten durch ihr übliches Gedrängel, Gerauche, und weil sie sich natürlich nicht an Fotografier-Verbote halten, eher für Betriebsausflugsstimmung.

Rückzu besichtigten wir das Grab des ersten Koryo-Königs, der um 1000 über die erstmals geeinigte Halbinsel herrschte. Das sah richtig vernünftig, geradezu wertig, aus. Noch bemerkenswerter waren aber die spontanen Feierlichkeiten, die wir neben dem Grab und auch später noch gewahrten. Gruppen von bis zu zehn Leuten picknickten gemeinsam, tranken Bier und sangen fürchterlich (mit Mikrofon und Verstärker). Anlass der Feierlichkeiten war der heutige Feiertag (Tag der Befreiung). Ob diese Feierlichkeiten wirklich "spontan" waren konnten wir nicht beurteilen. Aber ich glaube, für Bier trinken, Picknick und ein bisschen Singen braucht es nicht viel Zwang, wenn die Alternative Gras schnippeln ist.

In Pjöngjang angekommen ging es zum Kim-Il-Sung-Platz - das ist der Platz, auf dem der jeweilige Herrscher vom Balkon des Großen Studienpalastes des Volkes die Militärparaden abnimmt. Auf dem Boden sind auch feinsäuberlich die Markierungen für die Massenchoreographien aufgezeichnet. Die Athmosphäre auf dem Platz war eigentlich normal großstädtisch: Niemand störte sich an den Kindern, die dort mit Inline-Skates um die Wette fuhren. Weil es eines der ersten Male in Nordkorea war, dass wir außerhalb geschlossener Anlagen mal einige hundert Meter zu Fuß gehen konnten, erfuhren wir erst jetzt davon, dass es in Pjöngjang - sofern keine Ampeln da sind - verboten ist, die Straße zu betreten. Das erklärte auch, warum die Nordkoreaner stets so diszipliniert die allgegenwärtigen Unterführungen benutzten, obwohl nur wenig Autos auf der Straße fuhren.

Hernach fragte uns unser Reiseleiter - also der ausgezeichnet Deutsch sprechende Herr vom "Außenministerium" -, ob wir nicht Lust hätten, ins nahe gelegenen "Wiener Kaffeehaus" einzukehren. Na freilich hatten wir. Und das Kaffeehaus war ja mal ein richtig Potemkinsches Dorf. In den drei kleinen Räumen langweilten sich sage und schreibe acht junge Mädels (und eine etwas ältere Dicke, mit der Spezialausbildung zum Geldwechseln). Für gepflegte EUR 4,20 habe ich mir auch einen Kaffee mit Schlagsahne gegönnt ("Kapuziner"). Der wurde von einer niedlichen Nordkoreanerin immerhin mit einer richtigen Bistro-Kaffee-Maschine gezaubert. Meine Kameraden sind unterdessen im angeschlossenen Laden fündig geworden und haben ein Eis erstanden, dass dort keinesfalls länger als zwei Jahre gelagert worden sein konnte. Ich habe zwecks Erwerb eines Feuerzeugs auch mal vorbeigeschaut und fühlte mich ein wenig an die DDR erinnert. Wenn man nicht viel Auswahl an Waren anzubieten hatte, stellte man halt das, was man hatte, gleich dutzendfach ins Regal. Was hier dazu führte, dass fast alle Vitrinen mit Bockwurstgläschen aus Deutschland vollgestellt waren. Auf eine zimmertemperierte Bocke habe ich dann aber doch nicht optiert, zumal ich ja schon mit meinem unverschämt teuren Kaffee acht Arbeitsplätze (und den der Dicken) für die nächsten Monate gesichert hatte.

Abends im Vergnügungspark in Pjöngjang waren WIR dann kurzzeitig die heimliche Attraktion. Es war nun nicht so, dass alle plötzlich erstarrt wären, als sie uns gesehen haben. Wenn wir aber an einer Warteschlange vorbeigelaufen sind, haben uns fast alle Wartenden länger hinterhergeschaut. Im Park selber herrschte ansonsten recht ausgelassene Stimmung. Wenn aber doch mal gewisse Wartezeiten an den aus Italien importierten Fahrgeschäften in Kauf zu nehmen waren, kam es den Nordkoreanern natürlich zupass, dass sie Schnauze-halten und militärisch-diszipliniertes Anstehen von der Pieke auf gelernt haben.

Nicht so dunkel wie erwartet.

Nicht so dunkel wie erwartet.

Zurück in der Schafsklöte haben wir mit unseren Reiseleitern im Drehrestaurant noch ein paar Biere getrunken. Unserer Reiseleiterin hatte ich tagsüber mit ernster Miene auch den gebräuchlichen Diminutiv für Bier beigebracht, in der Hoffnung, dass die kleine Maus die nächste deutsche Reisegruppe fragen wird, ob sie auch gerne "Bieh-chen" trinkt.

© Christian T, 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nach zweieinhalb Tagen Peking haben wir uns acht Tage Nordkorea angeschaut und nach einem Tag Zwischenstop in wiederum Peking noch Seoul und Busan in Südkorea.
Details:
Aufbruch: August 2014
Dauer: unbekannt
Heimkehr: August 2014
Reiseziele: China
Nordkorea
Südkorea
Der Autor
 
Christian T berichtet seit 10 Jahren auf umdiewelt.