3 Monate Freiwilligenarbeit in Togo
Fazit meiner Reise
Meine Eindrücke von Afrika, während als auch rückblickend nach der Reise sind alles in allem wirklich wesentlich positiver als erwartet. Sehr fasziniert und begeistert hat mich vor allem diese unglaublich positive und fröhliche Atmosphäre, welche auf den Straßen Togos vorherrscht. Ein schlichter Grund dafür ist sicher, dass es einfach unglaublich viele Kinder dort gibt. So liegt die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau in Togo bei 4,9 und die Hälfte der Bevölkerung ist unter 16 Jahre alt (1). Was man auch sonst immer wieder hört, dass es eine Stärke afrikanischer Menschen ist, sehr viel Freude ausstrahlen zu können, habe ich vor Ort immer wieder stark gemerkt.
Ein weiterer Grund für die lebhafte Atmosphäre dort ist sicher, dass sich das Leben in Togo einfach hauptsächlich auf der Straße abspielt. Dadurch, dass die Leute sich den Großteil des Tages auf draußen aufhalten und meistens vor ihren Häusern sitzen zum essen und trinken, entspannen, beten, Brettspiele spielen etc., bringt das natürlich eine andere Stimmung mit sich, als wenn sich die Menschen den Großteil ihrer Zeit in ihren Häusern zurückziehen, wie es in Deutschland der Fall ist.
Mit Sicherheit gibt es Probleme in Togo. Zwar muss dort in der Tat niemand verhungern, jedoch werden die Menschen auf Grund der schlechten Hygienezustände häufiger krank als in Europa und auf Grund der schlechten medizinischen Versorgung sterben sie auch häufiger an verschiedenen Krankheiten wie Malaria, Aids und Meningitis. Die hohe Kindersterblichkeit von 9,6% ist ein Problem (Sterblichkeit unter 5 Jahren nach (2)). Die Umweltverschmutzung ist ein großes Problem, welche sich auf Grund des Bevölkerungswachstums von 2,7% (1) wohl noch verschärfen wird. Ich finde es schon enorm, dass sich in Deutschland alle über Umweltschutz den Kopf zerbrechen und die meisten Leute kleinlichst ihren Müll trennen, wohingegen es in Atakpamé überhaupt gar keine Müllabfuhr gibt! Dass viele Kinder keine weiterführende Schule besuchen können, einige togolesische Kinder sogar zur Kinderarbeit ins benachbarte Ausland verkauft werden, ist ein sehr großes Problem, von dem ich erst im Nachhinein im Internet gelesen habe.
Trotzdem finde ich bei allen Dingen jedoch nicht, dass man sagen kann, dass Leben in Togo sei prinzipiell schlechter, als das Leben in Deutschland. In jedem Fall ist das Leben dort komplett anders, aber irgendwie funktioniert es auf seine Art. Der fehlende Sozialstaat wird ausgeglichen durch eine stärkere Solidarität in der Familie und Nachbarschaft, dass auch on Togo (fast) niemand unnötig Not leiden muss. Und ich denke, dass wir von den Menschen in Afrika mindestens genauso viel lernen können, wie sie vielleicht von uns.
Wirklich unglaublich faszinierend finde ich den Fakt, dass das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen in Togo mit 43€ im Monat nur ein 82tel des durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommens in Deutschland beträgt (3). Viele Menschen leben von weniger als 1€ pro Tag. Dennoch scheint dieses Geld für die Menschen auszureichen, um die Grundbedürfnisse zu befriedigen und auch für mehr. Letztlich ist das Geld dort einfach wesentlich mehr Wert und alle Dinge sind unglaublich günstig. Zumindest können sich alle ernähren und die Menschen haben auch mindestens so viel Freizeit wie wir, denke ich. Die meisten Leute gehen nach der Schule oder Arbeit noch in den Sportverein, machen Musik oder gehen eben in den Deutschclub. Deutlich mehr Leute, als ich dachte, absolvieren in Togo ihr Abitur und in der 1 Mio Einwohner Stadt Lomé leben immerhin 40 000 Studenten (1). Während meines Aufenthalts gab es eine große Kulturwoche mit mehreren Veranstaltungen in Atakpamé und ein großes kostenloses Konzert mit mehreren Musikern. Merken tut man die geringe Finanzkraft schließlich vor allem an den einfachen Behausungen und dem bescheidenem Essen.
Etwas schade finde ich nur im Nachhinein, dass ich mich in meinem Projekt eher für diejenigen Menschen engagiert habe, die dort bereits einen bevorzugten Status haben, da sie nämlich die Möglichkeit haben ein Abitur zu absolvieren. Insgesamt denke ich zwar nicht, dass das Leben in Afrika so schlecht ist, dass wir mit allen Afrikanern Mitleid haben müssen. Nur da ich unentgeltlich gearbeitet habe, hätte ich mich eben lieber für Menschen engagiert, welche dort benachteiligt sind, beispielsweise für Menschen, die überhaupt gar nicht lesen und schreiben können. Denn natürlich gibt es dort, wie auch bei uns und überall, Menschen um die es besser und Menschen, um die es weniger gut bestellt ist. Da ich an der Schule St. Albert jedoch so unglaublich freundlich und herzlich empfangen wurde, sah ich keine andere Möglichkeit für mich, als dort mein Praktikum zu absolvieren.
Allgemein möchte ich noch betonen, dass Afrika ein großer Kontinent ist und ich mich nur in einem afrikanisches Land, die meiste Zeit nur an einem bestimmtem Ort aufgehalten habe, weswegen meine Erfahrungen und dieser Bericht nicht dazu dienen sollten allgemeine Schlussfolgerungen über ganz Afrika zu ziehen.
Straße in Kpalimé [30]
Dennoch finde ich es sehr schade, dass europäische Medien meist fast ausschließlich die negativen Seiten Afrikas zeigen. Auch ich habe vor meiner Reise Afrika vor allem mit Krieg, Hunger, Armut und Korruption assoziiert. Leider sind zum Beispiel afrikanische Romane oder Spielfilme afrikanischer Produzenten, welche das „normale“ Alltagsleben in Afrika zeigen, bei uns überhaupt nicht verbreitet.
Ich kann verstehen, dass viele Afrikaner von einem Leben in Europa träumen, wo sie bei sich bloß mit den Autos fahren, welche hier womöglich durch den TÜV gefallen sind und die Klamotten tragen, welche hier in Altklamotten-Container geworfen wurden. Der Fakt, dass viele Afrikaner tatsächlich für sie sehr hohe Summen aufbringen, um die Schlepper-Banden zu bezahlen und bei dem Versuch das Mittelmeer zu überqueren ihr Leben riskieren, verstärkt natürlich noch mehr das negative Bild von Afrika, welches wir hier in Europa überwiegend haben.
Ich für mich habe durch meine dreimonatige Reise nach Togo jedoch vor allem die Vorzüge des Lebens in Afrika kennengelernt und möchte behaupten, dass Leben dort hat einfach eine andere Qualität. Die Menschen sind gelassen dort und scheinen glücklich. Ich habe mich während meines gesamten Aufenthaltes in Togo sehr wohl gefühlt, hatte niemals Heimweh und wollte am Ende absolut nicht gerne wieder zurück. Wenn ich heute Bilder aus Afrika sehe oder afrikanische Musik höre, erfüllt es mich mit Sehnsucht - und mit nichts anderem - an einen großartigen Kontinent mit vielen tollen Menschen! Ich denke, man muss dort gewesen sein, um zu verstehen, was ich meine.
Straße in Atakpamé [32]
Aufbruch: | März 2012 |
Dauer: | 3 Monate |
Heimkehr: | Juni 2012 |