Streifzüge durch das östliche Belgien
Eupen - das Zentrum an der Weser - Oberstadt
Eupen ist die größte Stadt in Ostbelgien. Sie gliedert sich in zwei Teile, zum einen in die Oberstadt, die in einem breiten, ausladenden Tal liegt, und zum anderen die Unterstadt, die sich an den Ufern von Weser und Hill angesiedelt hat. Eupen besitzt noch zahlreiche, guterhaltene Kaufmannshäuser aus dem 18. Jahrhundert. Diese Bauten künden von der einstigen wirtschaftlichen Bedeutung der Stadt, die ihren Reichtum, und ihre Weltgeltung den damals hier blühenden Tuchmanufakturen verdankte.
So lohnt sich ein mehrstündiger Rundgang zu den recht nahe beieinander liegenden Sehenswürdigkeiten. Wir beginnen am Marktplatz, wo sich in einem ersten ehemaligen Kaufmannshaus heute die einzige deutschsprachige Tageszeitung Belgiens 'Grenzecho' befindet.
Das Haus zeigt die für die Region typischen Blausteineinrahmungen von Fenstern und Türen (Aachen-Lütticher Schule), es wurde um 1750 für einen Tuchfabrikanten namens Ackens erbaut.
Auf der anderen Seite des Platzes (Marktplatz1) steht das Haus Vercken - benannt nach dem Tuchfabrikanten Vercken, für den es 1752 nach Plänen des Aachener Architekten J.J. Couven erbaut wurde. Seit 1857 ist es ein Kloster der in Eupen gegründeten Genossenschaft der "Franziskanerinnen von der hl. Familie". Deswegen nennen es die Eupener heute meist "Klösterchen".
Eebenfalls am Marktplatz sollte man sich die St.Nikolaus Kirche näher anschauen. Die Kirche wurde 1721-1729 nach Plänen des Aachener Stadtbaumeister Laurenz Mefferdatis im Renaissance-Stil erbaut.
Die Innenausstattung ist im im Stil des Aachener-Lütticher Barocks gehalten.
Die Fassade wurde 1897-1898 erneuert - ebenso wurden die Turmhelme zu dieser Zeit nach Plänen von Fisenne errichtet - der untere Teil des Südturms stammt von der ersten an dieser Stelle im 12. Jh. erbauten Kirche und stellt somit das älteste erhaltene Bauwerk Eupens dar
der bedeutende Hochaltar wurde von Joseph Couven (Sohn des J.J.Couven) aus Aachen entworfen und von 1740-44 von Lütticher Künstlern geschnitzt
Nach Verlassen der Kirche sollte man einen kurzen Abstecher bergan durch die Hauptgeschäftsstrasse von Eupen bis zum Rathausplatz machen, denn dort befindet sich die Kirche "Zur Unbefleckten Empfängnis" Auch "Klosterkirche" genannt. Die ehemalige Kapuzinerkirche, deren
erster Bau aus der 2. Hälfte des 17. Jh. 1771 zerstört wurde, ist 1773-1776 nach Plänen des Aachener Architekten Moretti in klassizistischem Stil neu errichtet worden. Die Freitreppe stammt jedoch aus dem 19. Jh.
Der Hochaltar ist aus dem Jahre 1783 - der linke Seitenaltar wurde 1773 von
den Eupener Webern gestiftet, der rechte von den Tuchscherern.
Da das Kloster 1796 während der Franzosenzeit aufgelöst wurde, war dieser Gebäudeteil ab 1808 napoleonische "École secondaire", bis 1863 die Stadtverwaltung von Eupen einzog und ihn als Rathaus nutzte
Wir gehen durch die Hauptgeschäftsstrasse wieder zurück bergab, an der Nikolauskirche vorbei und biegen in die erste Strasse links ab. So gelangen wir auf einen großen Platz mit Namen 'Klötzerbahn'.
Neben dem modernen Friedensbrunnen (Stiftung des Lions Club) steht die imposante, eintürmige evangelische Friedenskirche - auch Kreuzkirche genannt. Sie wurde im neugotischen Stil in den Jahren 1851 1855 nach Plänen des Regierungsbaurates Stein erbaut.
Das gegenüberliegende (Klötzerbahn 32) Regierungsgebäude der Deutschsprachigen Gemeinschaft (seit 1984) aus dem 18. Jahrhundert ist das einzige Kaufmannshaus mit einem offenen Innenhof zur Straßenseite hin. Nach Plänen von J.J. Couven wurde es 1761-1763 als Residenz für den Tuchfabrikanten Nikolaus Joseph de Grand Ry erbaut. - deshalb auch 'Haus Grand Ry' genannt. Von 1893-1978 diente es als Postamt - dehalb auch 'alte Post' genannt.
Das "Friedensgericht" genannte ehemalige Fabrikantenhaus - Mitte des 18. Jh. von der Familie de Grand Ry - liegt wiederum nahe zu gegenüber (Klötzerbahn 27) und beherbergt seit 1940 das Gericht. Bemerkenswert ist die Innenausstattung mit Stuckarbeiten des italienischen Künstlers Gagini, Treppengeländer sowie Türen im Stil des Rokoko und des Empire.
Geht man die Straße, die ab hier nun Gospert heißt, weiter so trifft man wenig später auf der linken Seite (Gospert 32) auf das sehenswerte kleine Stadtmuseum. Auch dieses giebelständige Haus ist wieder ein ehemaliges Kaufmannshaus - im Volksmund wird es "de Ru’s" (die Rose) genannt. Erbaut Ende des 17. Jh. für den Aachener Kaufmann Nikolaus Pelzer.
zu besichtigen gibt es hier: die Wohnung einer Eupener Familie aus dem 18. Jahrhundert, eine Sammlung alter Uhren sowie Töpferarbeiten aus Raeren, die Rekonstruktion eines Eupener Goldschmiedeateliers, eine Ausstellung alter Kleidungsstücke, die in Eupen gefertigt wurden
In der Gospertstrasse floss in früheren Zeiten ein offener Bach, an dem die Tuchmacher im 18, Jahrhundert ihre herrlichen Kaufmannshäuser bauten.
Am Ende der Strasse öffnet sich ein riesiger dreieckiger Platz, an dem weitere prächtige Kaufmannhäuser und eine Kapelle liegen.
Von der Gospertstrasse kommend läuft man direkt auf die Lambertuskapelle zu, sie ist Eupens ältestes Gotteshaus und wird auch Werthkapelle genannt. Sie wurde 1691 auf Initiative der Familie Klebanck für die Bewohner des Werthviertels erbaut.
Die Vorderfront ist im klassizistischen Stil gehalten. Der Altar im Inneren der Kapelle stammt aus dem Jahre 1694.
Das Wort 'Werth' bedeutet Insel. Von der Höhe des Kaperberges flossen beidseitig kleine Bächlein in den unteren Bach und der Werth-Platz wirkte dann wie eine Insel. Verläßt man die Kapelle so liegt auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes eine lange Häuserzeile, die ihresgleichen sucht.
Werthplatz 2 - Haus Tonnar - erbaut zu Beginn des 17. Jh., im 19. Jh. Gaststätte und Mittelpunkt des Eupener Kulturlebens. Wirkungsstätte des Heimatdichters August Tonnar (1827-1909), Autor von Liedern und Theaterstücken sowie Mitherausgeber eines Wörterbuchs der Eupener Mundart.
Zwischen Haus Tonnar und Lambertuskapelle versteckt sich am Heidberg das gleichnamige Kloster - das 1700-1717 von der Ordensgemeinschaft der Rekolektinnen als Kloster und Bildungsstätte für Mädchen erbaut wurde.
Wir gehen nun vom Werthplatz bergan in den eben bereits genannten Kaperberg.
Das Kaufmannshaus Kaperberg 2 wurde ebenfalls vom Aachener Architekten Mefferdatis erbaut. Sein Stil ist unverkennbar. Die Tuchmacherfamilie Rehrmann ließ es 1721-1724 im Aachen-Lütticher-Stil erbauen.
Bemerkenswert sind die Treppenhäuser mit Stuck- und Holzarbeiten sowie im Innenhof das Blausteinbecken mit dem Rehrmann- Wappen. Von der Mitte des 19. bis Ende des 20. Jh. Gymnasium bzw. Sekundarschule. Seit 1989 Staatsarchiv.
Das Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist die Volksvertretung der deutschsprachigen Belgier. Gebaut im Jahre 1812 als Wohnhaus der Tuchmacherfamilie Sternickel.
Wir wenden uns zurück und laufen durch die Schulstrasse über Klötzerbahn wieder zum Marktplatz, wo wir unseren Rundgang beenden und zum Kaffee ein Stück 'echten belgischen Reisfladen' nicht versäumen wollen. Wer noch mehr von Eupen und seinen architektonischen Schätzen sehen möchte, muß sich dann in der nahegelegenen Unterstadt und zwei kleinen eingemeindeten Vororten umschauen.
Aufbruch: | Februar 2016 |
Dauer: | unbekannt |
Heimkehr: | Februar 2016 |