Europas wilder Osten - Auf Jungfernfahrt mit dem Fernreisemobil
Polen: Heuscheuer-Gebirge
Weiterfahrt ins Heuscheuer-Gebirge
Das perfekte Sommerwetter ist uns weiterhin hold und heute ziehen wir weiter ins sog. „Heuscheuer-Gebirge“. Es liegt im Süden Schlesiens an der Grenze zu Tschechien. Wir finden gut wieder aus Breslau heraus und nehmen nun die B8 in Richtung Süden. Eine gut ausgebaute, aber auch sehr stark befahrene Fernstraße mit viel LKW-Verkehr. Es sind wieder mal halsbrecherische Überholer dabei – und so sind zwei Unfälle unterwegs auch nicht verwunderlich.
Eigentlich wollten wir in Zabkowice Slaskie abbiegen und auf der L385 über die Dörfer fahren. Gleich zu Beginn der Strecke ist jedoch eine Höhenbegrenzung von 2,70 Metern angezeigt, so dass wir sogleich wieder kehrt machen. Plan B führt uns über Klodzko in Richtung Kudova Zdroj.
Kurz hinter Klodzko biegen wir ab auf die L388 nach Radkow. Ab hier wollen wir nach einem Übernachtungsplatz suchen, um einen Wandertag im Heuscheuer-Gebirge einzulegen. Im kleinen Dorf Wambierzye biegen wir ziemlich unvorbereitet um die Ecke, durchqueren eine alte Durchfahrt und stehen vor einer barocken Wallfahrtskirche mit riesigem Treppenportal. Wie aus einem Munde entfährt uns ein „Boa hey….“ Wir sind erstmal platt und wollen uns dieses Bauwerk genauer anschauen. Der Ort wird auch das „schlesische Jerusalem“ genannt. Seit 1250 wirkt die Albendorfer Madonna hier Wunder und wird entsprechend von den Pilgern gehuldigt.
Weiter geht es nach unserer Besichtigung hinauf ins Heuscheuer-Gebirge. Dabei sondieren wir diverse Wanderparkplätze, aber der Brüller ist nicht dabei. Da wir nun in einem Nationalpark sind, sind alle Zufahrten in den Wald mit Schranken gesichert. In Karlow, dem Ausgangspunkt für Wanderer und Ausflügler auf die große Heuscheuer, dürfen wir nicht auf den Busparkplatz. Und auch die anderen Plätze im Ort sind nicht wirklich schön. Für 100 Zloty zwischen Baggern, Schotterhaufen und neben einem Ballermann-Restaurant - nein Danke. Wir fahren weiter und finden etwas außerhalb dann doch noch ein schönes Plätzchen. Hier richten wir uns häuslich ein, kochen uns ein Abendessen und spazieren noch auf einen nahen Aussichtspunkt, um den Sonnenuntergang zu genießen. Außerdem haben wir hier einen prächtigen Ausblick hinüber ins tschechische Sudetenland. Morgen wollen wir von hier aus einen Wandertag starten.
Von Felsen, Schluchten und schönen Aussichten
Die Sonne strahlt und heute ist ein Wandertag angesagt. Nach einem Frühstück im Wald marschieren wir los nach Karlow. Vorsichthalber entlang der Straße, da wir noch keine richtige Orientierung haben. Im Ort versorgen wir uns mit einer Wanderkarte und zwei süßen Stückle als Wegzehrung. Nun geht es zunächst weiter durch eine Touristenmeile mit Imbissbuden, Souvenirständen und einem Dinopark hinauf in Richtung großer Heuscheuer (982 Meter). Die Region mit ihren bizarren Felsformationen erinnert uns an das sächsische Elbsandsteingebirge. Und trotzdem ist es ganz anders. Jetzt ist erst einmal Frühsport angesagt. Über 682 Treppenstufen geht es bergauf. One Way - denn mit uns sind noch einige Touristen mehr unterwegs. Da muss der Wanderverkehr geregelt werden.
Oben erwartet uns neben einer Gipfelbaude eine phantastische Aussicht mit einem Gedenkstein an den ehrenwerten "Herrn Geethe" (Goethe), der 1790 hier war. Der kluge Mann wusste eben, wo es schön ist auf dieser Welt.
Zurück geht es nun nur noch gegen einen Obolus von 7 Zloty. Man kommt also nur gegen Bares wieder vom Berg herunter, aber diese Investition lohnt sich absolut. Was uns erwartet ist Abenteuer pur. Über steile Felstreppen, durch enge Schluchten in denen sich noch der Schnee gehalten hat, zwischen Felsspalten hindurch, die so eng stehen, dass wir teilweise krabbeln müssen geht es zurück ins Tal. Für Dickleibige gibt es wohl auch eine Umleitung, die wir jedoch nicht gefunden haben. Somit meistern wir - und insbesondere unser Vierbeiner - diese Herausforderung. Ein spektakulärer Weg - keine Frage. Vorbei geht es auch immer wieder an Felsformationen, die sich da "Affe", "Elefant" oder "Rübezahls Stuhl" nennen. Unterwegs beobachten wir Kletterer, die die steilen Felswände erklimmen. Herausforderungen, die wir nicht unbedingt brauchen.
Unten angekommen, gibt's erst einmal ein wohlverdientes Eis bevor wir das restliche Stück Wegstrecke zum Wanderparkplatz zurück legen.
Der Tag ist noch zu jung, um ihn auf dem (schattigen) Waldparkplatz zu verbringen. Deshalb entschließen wir uns nach einer kurzen Regenerationspause zu Weiterfahrt. Es sind nur wenige Kilometer nach Kudova-Zdroj. Im dortigen Ortsteil Czermna soll es ein Freilichtmuseum geben, das wir uns gerne anschauen möchten. Wir spekulieren auch auf einen schönen, ruhigen Parkplatz zum Übernachten. Tatsächlich finden wir das Kleinod ganz am Ende des Tales an der Grenze zu Tschechien. Das Museum "Skansen Kudova-Zdroj" liegt ziemlich versteckt und lockt wohl deshalb kaum Besucher an. Als wir ankommen, ist es trotz des schönen Sonntags bereits ziemlich ruhig und wir dürfen uns auf dem (leicht schrägen) Parkplatz häuslich einrichten. Das Beste: in unmittelbarer Nachbarschaft liegt ein Ausflugslokal mit Forellenteichen. Hier kann man sich sein Abendessen entweder selbst angeln oder aber für wenig Geld eine Forelle frisch braten lassen. Wir entscheiden uns für Letzteres und weil es so lecker ist, verleiben wir uns gleich zwei der delikaten Fisch ein. Eine direkt nach unsere Ankunft (anstatt Nachmittagskaffee) und die zweite, nachdem wir uns nach der Wanderung ein wenig frisch gemacht und in saubere Kleider geworfen haben. So geht ein perfekter Tag in einer ländlichen Idylle stimmungsvoll zu Ende.
Das Freilichtmuseum Skansen Kudova Zdroj
Nach einer wunderbar ruhigen Nacht sind wir die ersten Besucher im Freilichtmuseum. Es zeigt Gebäude der Region Schlesien und dem benachbarten Sudetenland und ist ein grenzübergreifendes Projekt. Die Gebäude sind mit viel Liebe zum Detail eingerichtet und da werden schon fast Kindheitserinnerungen wach. Wir haben ja bereits einige derartige Museen besucht, aber das hier ist wirklich ein Kleinod. In einem der Häuser wird gerade der Brotbackofen angeheizt und ein Bäcker zeigt, wie das Brot zu Laiben geformt wird. Leider sind mehr Mitarbeiter als Besucher hier und es ist zu hoffen, dass an diesem Sonntag Nachmittag noch einige Gäste den Weg in dieses abgeschiedene Idyll finden. Bei unserem Rundgang stellen wir übrigens fest, dass eine Hexe in ihrem Knusperhäuschen heute Nacht auf uns und den Mumin aufgepasst hat
Eine etwas skurrile Schädelkapelle
Fast etwas schwer fällt uns der Abschied von diesem schönen Fleckchen Erde. Der Übernachtungsplatz war zwar nicht unbedingt ein "Traumplatz", aber schön war's trotzdem
Auf unserer Weiterfahrt kommen wir an der sogenannten "Schädelkapelle" vorbei, wir uns noch anschauen möchten. Ein skurriler Ort, an dem zwei Geistliche die sterblichen Überreste von Toten aus Massengräbern in einem Beinhaus gesammelt haben, um ihnen ein "würdiges" Begräbnis zu ermöglichen. Die Knochen und Schädel stapeln sich vom Boden zur Decke und in der Krypta sind noch weitere Tausende von Knochen aufgebahrt. Wir empfinden den Ort fast ein wenig als touristische "Abzocke" - angefangen von den Parkplatzgebühren bis hin zum Eintritt. Von Pietät ist wenig zu spüren - aber ok. So ist das nun mal.
Aufbruch: | 24.05.2017 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 16.06.2017 |
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