Oktobersonne in der Südpfalz

Reisezeit: Oktober 2017  |  von Herbert S.

Schuhmuseum Hauenstein I

Per Zufall ist uns ein Prospekt für das Deutsche Schuhmuseum Hauenstein in die Hände gefallen. Wir konnten uns nicht vorstellen, dass es ein Museum mit einem derart interessanten umfangreichen Ausstellungsfundus geben kann.

Bereits im Eingang begrüßt uns ein Paar Lederschuhe der Größe 247!
Das größte Paar Lederschuhe der Welt wurde von Schuhmachermeister Heinz Plate aus Bad Salzuflen gefertigt. Sämtliche Nähte wurden mit zwölffachem Faden von Hand ausgeführt. Ein Mensch, dem dieses Paar passen würde, müßte etwa 10,80 m groß sein.

Hauensteiner Kastanienschuh
Die getrockneten Edelkastanien waren vom Mittelalter bis Ende des 19. Jahrhunderts Grundnahrungsmittel in den Cevennen und ersetzten das Getreide, für dessen Anbau in großen Mengen es bei dem Terrassenanbau einfach keinen Platz gab. Das Trocknen war (und ist) die einzig mögliche Art und Weise die Edelkastanie in unserem mediterranen Klima lange Zeit aufzubewahren (und dies war schließlich lebenswichtig zur damaligen Zeit!).
Nach dem Trocknen wurden die Edelkastanien im Winter geschält, dann, wenn man Zeit hatte. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelten die Menschen für diese Arbeit spezielle Werkzeuge, die erst per Hand und später mechanisch betrieben wurden. Das Schälen der zweiten Schale (hellbraune Samenschale) wurde in manchen Gegenden mit den „sotes", in anderen mit „prise" oder „pestel" ausgeführt. „Sotes" heißen die schweren Schuhe, deren dicke Holzsohle mit spitzen Eisenzähnen versehen ist (heute das Symbol der Edelkastanie aus der Ardeche. Jeder dieser Schuhe wiegt etwa 2 kg.

Hauensteiner Kastanienschuh (um 1840) - (Sotes)

Hauensteiner Kastanienschuh (um 1840) - (Sotes)

Im Erdgeschoß ist eine Schusterwerkstatt eingerichtet, die die Verhältnisse in der Pfalz aus der Mitte des 19. Jh. darstellt.
1886 gründeten die Gebrüder Seibel die erste Fabrik , in der handbetriebene Maschinen zum Einsatz kamen.

In Hauenstein werden weitere Schuhfabriken gegründet. Anfangs arbeiten in ihnen vor allem Familienmitglieder und Verwandte der Fabrikanten. Zunehmend wird dann aber die Zahl der Arbeitskräfte vergrößert.
Auch in anderen Dörfern im Pirmasenser Umland - Münchweiler, Thaleischweiler, Rodalben, Waldfischbach - entstehen Schuhfabriken.
1892 In Hauenstein werden die ersten Lederschuhe produziert. Den Hauensteiner Fabrikanten gelingt es, sich an das Pirmasenser Vertriebsnetz anzuhängen.
An die Stelle handbetriebener Maschinen treten zunehmend Maschinen, die von einer Dampfmaschine ihre Antriebsenergie erhalten. Auch Personen aus den umliegenden Dörfern finden in den Hauensteiner Fabriken Arbeit. Diese Einpendler erreichen ihre Arbeitsplätze oft erst nach stundenlangen Fußmärschen.
1900 In Hauenstein gibt es 11 Schuhfabriken, die ca. 400 Arbeiterinnen und Arbeiter beschäftigen.
1914 In Hauenstein werden 15 Schuhfabriken gezählt, in denen 1100 Menschen Arbeit finden. Der größte Betrieb hat 148 Mitarbeiter. Ferner finden fast 300 Personen Beschäftigung als Heimarbeiter.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse in Hauenstein haben sich in weniger als einem halben Jahrhundert grundlegend verändert. Der Ort hat sich aus einen armen Bauerndorf in eines der Zentren der deutschen Schuhindustrie verwandelt. Allerdings haben sich nicht alle Fabrikgründungen als Erfolg erwiesen. Fehlkalkulationen, mangelnde geschäftliche Erfahrung und eine zu geringe Kapitalbasis haben zuweilen zu Bankrotten und Betriebsschließungen geführt.

Arbeitsschuhe aus Holz um 1900

Arbeitsschuhe aus Holz um 1900

Damenknöpfstiefel aus Seide - 1875

Damenknöpfstiefel aus Seide - 1875

Herrenknöpfstiefel

Herrenknöpfstiefel

handbestriebene Nähmaschine für Schuhe

handbestriebene Nähmaschine für Schuhe

Nähmaschine mit Rohling für einen Schuh

Nähmaschine mit Rohling für einen Schuh

Für den Zeitraum von 1740 - 1918 sind viele unterschiedliche Schuhe ausgestellt, von denen nur einige hier vorgestellt weren können.

Schnabelschuhleiste

Schnabelschuhleiste

Moorschuh

Moorschuh

bretonischer Bauernschuh

bretonischer Bauernschuh

bestickte Sandalette mit Stegspanne und Louis XV-Absatz  - um 1910

bestickte Sandalette mit Stegspanne und Louis XV-Absatz - um 1910

Damenstiefelette 1888,  Damenstiefelette 1910, Damenhalbschuihe 1917, Damenschnürpumps 1914

Damenstiefelette 1888, Damenstiefelette 1910, Damenhalbschuihe 1917, Damenschnürpumps 1914

In der dritten Etage befindet sich mit der faszinierenden Ernst-Tillmann-Sammlung die größte europäische private Schuhsammlung; sie umfasst einen Teil der weit über 5.000 Paar Schuhe aus allen Erdteilen und zwei Jahrtausenden, die das Deutsche Schuhmuseum von Ernst Tillmann aus Viersen im Jahre 2004 erworben hat. Die hier gezeigten Exponate sind Preziosen der allerersten historischen Güte: Jeder Schuh erzählt eine eigene faszinierende Geschichte.

Glen-Lien-Schuhe - 1850 -1900 - Japan

Glen-Lien-Schuhe - 1850 -1900 - Japan

so wurden die Füße maltraitiert, damit die Schuhe getragen werden konnten

so wurden die Füße maltraitiert, damit die Schuhe getragen werden konnten

Auf dieser Museumsebene befindet sich auch noch das Pfälzische Sportmuseum - passend zum Thema seien von dort nur die Tennisschuhe von Boris Becker und Steffi Graf gezeigt.

© Herbert S., 2017
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Lange haben wir gewartet bis uns der Wetterbericht ein paar Tage Sonne bescheren sollte - Mitte Oktober sollte es so sein. Noch schnell ein Appartement gebucht und dann los.
Details:
Aufbruch: 14.10.2017
Dauer: 7 Tage
Heimkehr: 20.10.2017
Reiseziele: Deutschland
Frankreich
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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