Götterinsel Bali - ein Traum wird wahr
Zwei alte Säcke auf Tauchkurs
Wir tauche ein - ins Meer und in die vergangenen Woche hier
Wir haben verschlafen! Total vergessen den Wecker zu stellen. Zack Zack eincremen, Badesachen an und ohne Frühstück zur Tauchschule. Wir müssen am Frühstücksbüffet vorbei, der Magen knurrt aber wir haben keine Zeit - und das in den Ferien
Tati (Tatjana) bergrüsst uns und weisst uns erst mal ein. Hier sind eure Sachen (alles was wir gestern überreicht bekamen ist nun mit Namen angeschrieben. Also wir gehen jetzt in den Pool, machen einige Übungen und dann ist Mittag, um 13.30 treffen wir uns und es geht raus zum tauchen, danach noch etwas Theorie. Der Ablauf erschreckt mich, aber ich lass mir nichts anmerken - Hilfe, heute Nachmittag geht es schon ins Meer. Nichts von wegen wie die Flaschen zusammengeschraubt werden oder sonst all das was wir gelesen haben. Die Übungen im Pool gelingen uns mehr oder minder, sieht einfacher aus als es ist. Ist meine Brille so beschlagen? Nein, der Pool ist so trüb. Ich muss schon sagen, Tati erklärt uns alles in einer Engelsgeduld und das meiste kappt ziemlich gut. Mundstück raus, das Teil suchen und wieder rein damit, nicht die Blubberbläschen vergessen, Brille fluten und wieder frei blasen, Druckausgleich machen, Tarierjacke füllen und Luft wieder raus, nur mit der Atmung sinken und steigen. Wir sind nach dem Morgen schon etwas geschafft. Nach dem Mittag wieder in die Neopren Anzüge, die haben doch tatsächlich 2 Elefantsize Anzüge gefunden. Ab aufs Schiff und raus zum Riff. Wir sitzen auf der Reeling und sollen uns rückwärts ins Wasser fallen lassen! 1, 2, 3, wir lassen uns fallen und haben die erste Hürde genommen, geht doch. Luft raus aus der Weste und am Seil sinken, tönt pipifax, ist gar nicht so einfach wie gedacht. Doch dann tauchen wir, herrlich, nur unsere "Makarena Hände" die noch wie zu einem wilden Song rum rudern kriegen wir nicht so schnell in den Griff. Auch auf gleicher Höhe bleiben stellt sich als Herausforderung heraus, aber mit jedem Meter geht es etwas besser. Da taucht die erste Moräne auf, ein Kugelfisch, ein Feuerfisch und viele bunte kleine Fischlein. Nach einigen Wiederholungen der Übungen vom Morgen ist der Tauchgang nach etwas mehr als einer halben Stunde auch schon vorbei. Die Flasche von Raymond ist schon fast leer, ich könnte doppelt so lange tauchen mit meinem Luftvorrat.
In der Tauchschule erhalten wir etwas Theorie, eigentlich sind es vor allem Fragen die in der Prüfung vorkommen, vielleicht ist das ja so wenn man Theorie schon zu Hause abgeschlossen hat? Das wars! Ach ja, morgen habt Ihr Abschlussprüfung.
Wir sitzen noch zusammen und fragen Tati über die aktuelle Situation in Lombok und auf den Gilis aus. Wir lauschen gespannt den Schilderungen: vom ersten und zweiten Erdbeben, Stromausfall, kein Telefon, kein Internet, Nächten auf dem Fussballplatz weil die Angst zu gross war es könne etwas einstürzen, der panikartigen Fluch der Touristen, die sich beinahe gegenseitig vom Bootssteg gestossen haben um aufs nächste Schiff zu kommen. Als der Strom und Telefon wieder funktionieren hat sie über 400 Mails, Absagen, erboste Nachrichten wie "ich will mein Geld zurück" oder "warum kriegt man eigentlich hier keine Antwort?" Sie hat nur gedacht, "Hallo, wir hatten ein schweres Erdbeben! Kann sich einer vorstellen was hier los ist?"
Sie erzählt von den Lombok Heros, die zum Teil aus Mitarbeitern ihrer Tauchschule besteht und vor allem die zerstörten Mauern ganz einreisst und den Bauplatz für ein Gebäude wieder frei räumt, von den Einheimischen Helfern, die in Flip Flops auftauchen und einen Helm als überflüssig betrachten bis sie ein Machwort spricht und die Leute in Turnschuhen kommen und den Helm auch aufsetzen.
Auch von den vielen kleinen Geschäften erzählt sie, die über Nacht verschwunden sind, das eigene neue Hotel der Tauchschule auf Trawang, das eigentlich unversehrt ist, nur der alte Eingangsbereich ist beschädigt, so das es zu gefàhrlich ist die Gäste ins Hotel rein gehen zu lassen. Den Vorschlag, alle durch den Hintereingang rein zu lassen wird vom Besitzer abgelehnt, so bleibt alles zu, bis es wieder Tipp topp ist und zwar bis nächsten April. Panik, keine Einnahmen über Weihnachten, eigentlich sind sie in 3 Monaten Pleite. Und die Pleite droht auch ganz vielen Besitzern auf Gili Air, denn der wieder beginnende Touristenstrom ist mit Sulawesi blitzartig eingebrochen. Es fehlen mehr als 50% Besucher.
Es gab unzählige kleine Nachbeben und irgendwann konnte auch Tati aus Angst kein Gebäude mehr betreten. Im September das nächste grosse Beben und die ganze Tauchschule flüchtet an den Strand wo alle Stunden lang an der Sonne stehen ohne jeglichen Schatten. Sie erzählt von Freunden, wo sich der Partner nicht mehr weiter als 5 Meter entfernen darf, sonst bekommt die Frau eine Panikattacke, von Kindern, die das Schulhaus nicht mehr betreten wollen oder die Eltern auf Unterricht in einem Zelt bestehen, von Leuten, die mit offenen Türen schlafen, weil sie Angst haben nicht mehr raus zu kommen. Tati schläft wieder in ihrem Bett, aber sie hat immer Kleider an.
Von den Zeltlagern auf Lombok, wo die Malaria bereits um 30% gestiegen ist, weil es für 30'000 Menschen nicht genug Sanitäre Einrichtungen gibt.
Angst ist Seelen auf!
Wir verlassen spät die Tauchschule. Nachdenklich und bewegt durch all das gehörte. Wie schnell eine solche Katastrophe aus dem allgemeinen Gedächtnis verdrängt wird und wie wenig wir nachempfinden können was sich bei den Betroffenen alles abspielt, vor allem danach!
Bei unserem Weg zu Abendessen fällt uns wieder auf wie viele Restaurants leer sind. Als wir dann endlich in einem Sitzen gibt es Stromausfall. Der Besitzer schmeisst das Agregat an und ich denke an Tati, die bei dem Geräusch einmal mehr vor Schreck zusammenzucken würde.
All das lässt mich nicht so schnell einschlafen, irgendwann bin ich dann doch weg.
Einer der letzten Gedanken die mir durch den Kopf gehen ist der Satz von Tati: "Danke das ihr trotzdem gekommen seid".
Aufbruch: | 11.10.2018 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 02.11.2018 |