2000 km mit dem Auto durch Polen
Elbing (Elblag) und Frauenburg (Frombork)
Elbing (Elblag)
Von Nikolaiken ging es weiter nach Elblag. Wahrscheinlich um die Stadt Allenstein zu vermeiden, schickte unser Navi uns quasi "durch Feld, Wald und Wiesen". Die Strassen waren teilweise in schlechtem Zustand, dabei recht schmal, zum Glück kaum Verkehr. Aber andererseits war es dann doch so, dass wir dadurch diese wunderschöne Gegend so richtig geniessen konnten: die Wälder mit Birken,und Eichen, die Lindenalleen, ab und an ein kleiner See und winzige Dörfer - es war wirklich irgendwie so "between nowhere and nowhere"...
Ein bisschen mulmig war uns dennoch, konnten wir uns wirklich auf das Navi verlassen?
Wir konnten - denn irgendwann einmal kamen wir wieder auf die E77 Richtung Elblag.
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Warum nach Elblag? Es gab drei Gründe: wir wollten den Elbländischen Kanal sehen sowie das nicht allzu weit entfernte Frombork. Und ausserdem bot es sich an, auf dem Weg von Elblag nach Danzig die Marienburg anzuschauen.
Die Stadt Elblag hat 130.000 Einwohner, sie liegt nicht weit vom Frischen Haff. Das Frische Haff ist von der Danziger Bucht getrennt durch die Frische Nehrung.
Bereits 1237 errichteten die Kreuzritter hier eine Wehrsiedlung. Elbing - wie es damals hiess - erhielt 1246 das Stadtrecht und wurde eine der Hansestädte an der Ostsee. Die Stadt war die zweitgrösste von Ostpreussen, und erlebte im 19. Jahrhundert einen wirtschaftlichen Aufschwung durch Tabakanbau, sowie Schiffs- und Lokomotivenbau.
Im 2. Weltkrieg wurde Elblag komplett zerstört, der Aufbau dauert immer noch an. Es gibt nur wenige restaurierte Strassenzüge und immer noch viele Baulücken.
Die Neubauten müssen architektonisch dem alten Stil angepasst werden.
Die Strassen und Gassen in der Altstadt sind teilweise noch im schlechten Zustand, bei starkem Regen bilden sich überall grosse Pfützen.
Andererseits sieht man den Aufschwung auch anhand einiger neuer Restaurants, die durchwegs von jungen Leuten betrieben werden.
Im Laufe der letzten Jahre siedelte sich hier wieder mehr Industrie an: Maschinen- und Turbinenbau, Bekleidungs-, Holz- und Lebensmittelindustrie. Wichtig ist auch der Binnenhafen am Oberländischen Kanal südlich der Stadt, von wo aus Schiffe auch aufs Frische Haff fahren und weiter bis Kaliningrad.
Die Stadt breitet sich mit neuen Wohngebäuden und Läden immer weiter aus.
Elblag kommt mir ein bisschen so vor wie die Städte in MeckPom kurz nach der Wende.
Im historischen Kern der Stadt liegt auch unser Hotel in einem schönen rekonstruierten Bürgerhaus. Ab Mitte des 16. Jahrhunderts übernachteten hier die Könige von Polen, Schweden und Preussen ebenso wie der russische Zar.
In der "Stary Rynek" befindet sich neben Restaurants und Geschäften auch das Rathaus.
Eine Sehenswürdigkeit in der Stadt ist die wuchtige gotische Nikolai-Kirche aus dem 13. Jahrhundert mit dem 96 m hohen Turm. Die Kirche erhielt ihren Namen nach dem Schutzheiligen der Seefahrer.
Die Kirche ist im Inneren durchaus sehenswert mit schönen bunten Fenstern, der Renaissancekanzel, dem bronzenen Taufbecken und dem Triptychon von 1510.
Nicht zu übersehen ist der Marktturm (Brama argowa), ein Überbleibsel der ehemaligen Stadtmauer. Dort befindet sich in der oberen Etage die Touristeninformation.
Im Sommer finden im Turm auch verschiedene Veranstaltungen statt.
Schon vom Turm aus sahen wir die mächtige ehemalige Marienkirche, von dominikanischen Mönchen erbaut, worin sich heute eine sehr bekannte zeitgenössische Galerie befindet.
Bekannt ist Elblag vor allem auch wegen des Oberländisches Kanals, der von hier 82 km nach Osterode (Ostróda) führt. Der Kanal aus dem 19. Jahrhundert verbindet mehrere Seen, und der Höhenunterschied von 99 m wird mit Schleusen überwunden. Die Schiffe werden auf Schienenwagen verladen und mit einem Aufzug zum nächsten Gewässer befördert.
Die Fahrt dauert insgesamt 11 Stunden, da muss man viel Zeit mitbringen. Und leider konnten wir in Elblag nicht einmal so ein Schiff einlaufen sehen...
Am Ufer der Elblag mit den Trauerweiden ist es durchaus noch recht romantisch.
Die Frage war dann, eine Fahrt auf dem Oberländischen Kanal oder doch lieber zum Domberg nach Frombork? Das Wetter entschied für uns: es war recht wechselhaft. Und bei schlechterem Wetter wollten wir lieber keine Schiffstour machen - vielleicht nächstes Mal...
Frombork (Frauenburg)
Frombork - am Frischen Haff gelegen - erhielt sein Stadtrecht 1310, es ist nur ca. 20 km von der russischen Grenze und ca. 70 km von Kaliningrad entfernt.
Anfang des 17. Jahrhunderts wurde ein Handelshafen gebaut, der sich aber nicht gegen den Hafen der Hansestadt Elblag durchsetzen konnte. So blieb nur eine Anlegestelle für Fischerboote.
Bekannt ist diese Stadt vor allem durch Nikolaus Kopernikus geworden. Der Astronom lebte hier von 1517 bis zu seinem Tod am 24. Mai 1593.
Lange Zeit war es nicht klar, ob Kopernikus tatsächlich im Dom begraben war. Erst 2005 fanden Archäologen bei Ausgrabungen dort unter einer Bodenplatte seine sterblichen Überreste.
Zu Ehren des berühmten Astronomen wurde ein Grabmal im Dom errichtet.
Im Glockenturm gegenüber des gotischen Doms auf dem Domhügel befindet sich ein Planetarium mit dem Foucaltschen Pendel. Die 46,5 kg schwere Kugel hängt an einem 28 m langen Stahlseil.
Kopernikus hat die heliozentrische - die Sonne ist Mittelpunkt der Erde - Theorie entwickelt, die besagt, dass die Erde einmal pro Jahr um die Sonne kreist, und dass Tag und Nacht entstehen, weil die Erde sich um die eigene Achse dreht. Diese Lehren von Kopernikus waren im Laufe der Jahre weit verbreitet, u.a. auch von Galilei. Dieser wurde als Ketzer verurteilt, da er keinen Beweis vorlegen konnte, und widerrief später öffentlich.
Erst 1851 demonstrierte der Franzose Foucault in Paris mit einem frei schwingenden Pendel die Richtigkeit der Theorie von Kopernikus über die Erdrotation. Eine schwere Kugel an einem langen Seil wanderte über den Boden - doch der Boden selbst ist es, der sich dreht.
Man kann auf den Glockenturm steigen und hat von dort aus eine - je nach Wetter - schöne Sicht auf die kleine Stadt Frombork, das Frische Haff und natürlich besonders auf den Dom.
Neben dem wuchtigen barocken Glockenturm sieht man den kleinen Wehrturm, der älteste Teil des Befestigungsrings, hier befand sich angeblich das Arbeitszimmer und das Observatorium von Kopernikus.
Der Domhügel (Wzgorze Katedralne) ist umgeben von einer Wehrmauer und hat ein grosses Haupttor. Sehenswert ist auch der Bischofspalast mit dem Kopernikus-Museum.
Der Dom mit dem achtjochigen Kirchenschiff wurde auf dem sog. Domhügel von 1329-1388 erbaut und im Laufe der Zeit immer wieder erweitert und umgebaut.
Auffallend ist, dass der Dom an den Ecken nur vier Ziertürmchen hat.
Die reiche Innenausstattung des Doms aus verschiedenen Jahrhunderten ist ein Mix aus Barock- und Rokokostil.
Die Decke des Mittelschiffs sieht aus wie ein Sternengewölbe. An der Seite sieht man den wunderschönen alten Hauptaltar "Muttergottes mit Kind". Der neue spätbarocke Hauptaltar ist aus schwarzem Marmor gefertigt. Links und rechts des Mittelschiffs befinden sich die vielen Altäre. Ebenfalls prunkvoll ist die Orgel von 1684 und der St. Anna Altar.
Fast eine halbe Million Menschen versuchten am Ende des 2. Weltkriegs über das Frische Haff zu fliehen, viele ertranken, andere starben in Eis und Schnee. Ausserhalb des Parks befindet sich seit einigen Jahren ein Gedenkstein für die 30.000 Opfer dieser Flucht.
Leider wurde das Wetter immer schlechter, es fing stark an zu regnen. Trotzdem schauten wir uns die Stadt Frombork an, die nach dem 2. Weltkrieg zu 80% zerstört war.
Im kleinen Hafen dümpelten die Boote vor sich hin. Und als ich doch noch einen Blick auf das Frische Haff werfen wollte, bin ich - trotz Schirm - triefend nass geworden.
Von Elblag fuhren wir in Richtung Danzig, machten unterwegs aber noch einen Stopp bei der weltberühmten Marienburg.
Aufbruch: | 30.08.2015 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 20.09.2015 |
Polen