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Die Marienburg (Malbork)
Von Elbing hatten wir es nicht weit bis zur Marienburg. Der Parkplatz war noch ziemlich leer, und die Touristenbusse waren auch noch nicht da. Auf Nachfrage sagte man uns, dass die Marienburg jährlich ca. 500.000 Besucher hat.
Wir hatten uns im voraus bereits gut informiert über die Geschichte der Marienburg, nun konnten wir sie besichtigen.
Die Marienburg (Malbork) - ein Kunstwerk der Wehr- und Residenzarchitektur des späten Mittelalters - gilt als grösstes von Menschenhand errichtetes Backsteinwerk. Die weltgrösste gotische Schlossanlage nimmt eine Fläche von ca. 21 ha ein, der Rauminhalt der Gebäude beträgt insgesamt über 250.000 Kubikmeter. Die Burg ist eines der eindruckvollsten Bauwerke, die ich gesehen habe.
Zunächst kommt man in die quirlige Stadt Marienburg (Malbork) mit ca. 39.000 Einwohnern, die bereits im 13. Jahrhundert gegründet wurde. Vom Zentrum aus sieht man dann schon von weitem die mächtige Burganlage: die Marienburg der Kreuzritter des Deutschen Ordens, die selbstverständlich Weltkulturerbe der Unesco ist. Stadt und Burg liegen an der Nogat, einem Mündungsarm der Weichsel.
Die Marienburg wurde mit der Zeit zum wichtigsten Bestandteil des Festungssystems des Deutschen Ordens in Preussen. Im Jahre 1300 wurde die Burg Sitz der Hochmeister und wurde massiv ausgebaut. Im 14. Jahrhundert erhielt sie die Form einer dreiteiligen Wehranlage: das Hochschloss (Kloster), das Mittelschloss (Sitz des Hochmeisters) und die Vorburg (Wirtschaftsgebäude). Die Marienburg wurde zum diplomatischen, militärischen, wirtschaftlichen und religiösen Zentrum. Hier kamen Ritter aus vielen europäischen Ländern zusammen zu Gastmahlen und Turnieren.
Das Ordensheer unterlag den polnisch-litauischen Streitkräften in der Schlacht von Tannenberg 1410, die Marienburg konnte aber gehalten werden. Nach politschen und wirtschaftlichen Krisen und einer Revolte der Untertanen ging die Marienburg 1457 an den polnischen König Kasimir Jagello.
Drei Jahrhunderte lang herrschten hier abwechselnd die polnischen und preussischen Herrscher. Nach der ersten Teilung Polens im Jahre 1772 ging die Festung an Preussen.
Erst im Jahre 1945 wurde die Marienburg erneut polnisch.
In der letzten Phase des Zweiten Weltkriegs erlitt die Marienburg starke Zerstörungen und wurde mit der Zeit aus den Ruinen wiederaufgebaut. Das Schloss ist weiterhin Gegenstand intensiver Restaurierungsarbeiten. Die Malbork wurde im Jahre 1997 UNESCO Weltkulturerbe.
Heutzutage gehört die Festung an der Nogat zum Schlossmuseum in Malbork, das im Jahre 1961 gegründet wurde.
Der 20 Hektar grosse Burgkomplex ist umgeben von mächtigen Mauern und Wassergräben.
Das am häufigsten verwendete Baumaterial waren keramische Erzeugnisse - Ziegelsteine und aus Ton hergestellte keramische Details. Die Fundamente des Schlosses sowie die Torportale und Türstöcke - besonders den feindlichen Angriffen ausgesetzt - wurden aus Granit errichtet - man brauchte ca. 4500 Kubikmeter Granit. All das Material wurde mit Ochsenkarren herbeigeschafft. Es mussten Fundamente ausgehoben, Wasserverhältnisse geregelt, Ziegeln und Dachpfannen gebrannt, Bauholz herbeigeschafft und bearbeitet werden, Metalle wurden geschmolzen und Glas sowie andere Baumaterialen produziert. Die vielen Menschen, die hier arbeiteten mussten verpflegt und untergebracht werden. Es war für die damalige Zeit ein gewaltiges Unterfangen.
m Norden ist die Marienburg vom Vorschloss umgeben, welches die grösste Fläche einnimmt. Hier befanden sich einst Ställe, Speicher, Werkstätten und Wohnungen für Bedienstete. Der grösste Komplex ist der sog. Karwan, welches früher ein Trosswagendepot war. Nach umfangreichen Konservierungsarbeiten befinden sich dort nunmehr ein Konferenzraum und die Museumsbibliothek und im Erdgeschoss ein schöner mittelalterlicher Saal.
Das Haupttor für die östliche Einfahrt in das Vorschloss wird flankiert von zwei Türmen.
Das Unterstarosenhaus und der Turm über der Bäckerei gehörten zusammen mit dem Haupttor und dem Karwan zur östlichen Wehrmauer des im 14. Jahrhunderts gestalteten Vorschlosses.
Das Wirtschaftsensemble mit der Laurentius-Kapelle, der ehemaligen Firmarie für Diener und dem Badeturm entstand bei einer Schlosserweiterung Ende des 14. Jahrhunderts. Dieser Komplex wurde im 2. Weltkrieg zerstört und erst in den letzten Jahren wieder aufgebaut. Heute befindet sich hier ein Hotel mit Restaurant.
In der Giesserei aus dem 14. Jahrhundert wurden Kugeln und Kanonenrohre gegossen.
In verschiedenen Phasen der Schlosserweiterung entstanden 1330-40 der Buttermilchturm und 1310-1311 der Viereckturm.
Der Baubeginn für das repräsentative Mittelschloss war im Jahre 1309.
In das Mittelschloss gelangt man über eine Zugbrücke und ein Torsystem. Zuerst geht es durch ein Tor mit Fallgitter und über eine Wehrbrücke, danach gibt es ein System von vier Toren und einem Fallgatter, die den Zugang zum Schloss versperren sowie den Schlosshof vor Angreifern schützen sollten.
Die Gebäude gruppieren sich um einen grossen rechtwinkligen Hof.
Vom Hof kommt man zum Hochmeisterpalast,ein Repräsentationsgebäude in Turmform mit dem Grossen Remter. Vor dem Remter befindet sich eine Treppe, damit die Hochmeister aus ihren Gemächern direkt in diesen Saal gehen konnten. Hier wurden Festmahle veranstaltet für Ritter, die an den Feldzügen gegen die Heiden teilgenommen hatten.
Im Erdgeschoss befinden sich der Kapitelsaal und Räume, die als Kanzleien genutzt wurden.
Im Mittelalter befanden sich im kleinen Hof vor dem Grossen Remter Eingänge zu den wichtigisten Räumen des Repräsentationskomplexes: der Katharinenkapelle, den Hochmeistergemächern und dem Festeingang zum Grossen Remter.
Nach der Renovation kann man die Palasträume wieder bewundern, denn besonders der Sommer- und Winterremter im gotischen Stil mit grossen rechteckigen Fenstern und prächtigem Gewölbe galten in ganz Europa Ende des 14. Jahrhunderts als schönste Festräume.
Die Renovierungsarbeien waren langwierig und kostspielig.
Im Nordflügel befanden sich die Wohn- und Arbeitszimmer für den Grosskomtur, ausserdem ein Spital und Altersheim für die Ritter. Heute sind hier die Arbeitsräume für das Schlossmuseum untergebracht.
Im Westteil befanden sich der Speisesaal, die Küche und die Vorratskammer. In einigen Sälen werden Sammlungen von Gebrauchskunst aus der polnischen Zeit gezeigt.
Im Erdgeschoss befanden sich u.a. eine Badestube und Krankenstuben.
Der Ostflügel wurde im Mittelalter als Gästezimmertrakt genutzt, es gab grosse und kleine Gästezimmer sowie eine Gästekapelle.
Im östlichen Flügel befindet sich der Hellebardensaal. Hier werden Exponate und Gegenstände aus Bernsteinsammlungen sowie Gegenstände aus Bernstein des 17. und 18. Jahrhunderts aus Danziger und Königsberger Werkstätten ausgestellt. Ausserdem sind hier Sammlungen für Porzellan, Stilmöbel und Waffen.
Im Südteil befinden sich auf 2 Etagen Ausstellungen militärischer Gegenstände, u.a. mittelalterliche Harnische und Schwerter.
In einem Saal sieht man eine neuzeitliche Waffensammlung. In Vitrinen werden mit Intarsien verzierte Schusswaffen - Duellpistolen und Jagdgewehre - gezeigt.
Südlich vom Mittelschloss schliesst sich das Hochschloss an, verbunden durch zwei Eichenbrücken. Das Eingangstor zum Hochschloss ist das älteste des ganzen Schlosses. Der viereckige Hof ist umgeben von zweigeschossigen gotischen Kreuzgängen, von hier führen Türen zu fast allen Räumen in diesem Teil der Festung. In der Mitte des Hofes befindet sich ein Brunnen.
Das quadratische vierflügelige Hochschloss ist der älteste Teil der Burg.
Im Erdgeschoss befinden sich Wirtschafsräume. Im Westflügel sieht man gewaltige Eichenholzelemente für den Antrieb der Windmühle. Vor dem Eingang zur Küche sind typische Mahlsteine zum Mahlen von Graupen.
Im Westflügel sind Küche und Bäckerei untergebracht. Es gibt hier einen Aufzug zum Transport von Speisen direkt in den Speisesaal.
Neben dem Herd und Rauchabzug sieht man eine Ausstellung von historischen Küchengeräten und Geschirr.
Im Obergeschoss befanden sich die wichtigsten Räume für den Konvent und Ordensstaat - der Kapitelsaal, die Marienkirche und der Grosse Remter. Im letzteren konnten bis zu 400 Gäste bewirtet werden, er war seinerzeit eine der grössten Säle in ganz Europa.
Im Kapitelsaal im 1. Geschoss wurden die Hochmeister gewählt und alle wichtigen Entscheidungen getroffen. An den Wänden befinden sich Bänke für die Teilnehmer dieser Treffen.
Die Dormitorien - Schläfsäle der Ritter - befanden sich im Süd- und Ostflügel.
Ein langer Gang führt zum über der Nogat errichteten Dansker - Toilettenanlage der Burg in einem Turm über fliessendem Wasser. In früheren Zeiten spülte hier das darunter fliessende Wasser alle Abwässer in die Nogat.
Im Süd- und Ostflügel sind weitere Dormitorien und eine Ausstellung von mittelalterlichen Exponaten - das kostbarste der Altar von 1504 - der zerstörten Schlosskirche,
Weiter gelangt man dann nach oben in den Remter mit einem Kreuz-Rippen-Gewölbe auf sieben Pfeilern und grossen spitzbogigen Fenstern. Sehenswert ist der mittelalterliche Fliesenboden mit verschiedenen Motiven, das Kaminfries und das Gemälde "Das letzte Abendmahl". Ein weiterer grosser Raum ist der Konventsaal.
Im zweiten Geschoss befindet sich der Konventsremter (Speise- und Versammlungsraum). Im ersten Geschoss gelangt man zur "Goldenen Pforte", einem keramischen Portal von Ende des 13. Jahrhunderts, welche zur Marienkirche führt. Diese Kirche wurde erst in den letzten Jahren renoviert. Das Chorgestühl und der hölzerne Hochaltar sind Teile aus dem Mittelalter.
Bevor wir den Nordflügel verlassen, geniessen wir noch die schöne Sicht vom Turm auf das Grosse Werder und die Nogat. Wir kommen zur St.-Annen-Grabkapelle, wo die Hochmeister beigesetzt wurden.
Die Ostterrasse diente früher als Friedhof für die Ordensbrüder. Auf der Südterrasse hatten die Hochmeister ihren Ruheplatz und auf der Westterrasse die Ordensbrüder.
Über eine Wendeltreppe geht es vom Hochschloss ins Bett des Trockengraben
Der Pfaffenturm war einst der älteste Dansker und später Wohnraum für die Priester, die in der Schlosskirche Dienst taten.
Die Ost- und Westterrassen waren früher Friedhöfe für die Ordensbrüder, die Südterrasse Ruheplatz für die Hochmeister.
Durch das Nikolaustor kann man das Schloss verlassen. Wir bewundern nochmals die Fassade des Hochmeisterpalasts aus Steinen und Ziegeln.
Eine Fussgängerbrücke führt über die Nogat.
Nach diesen überwältigenden Eindrücken setzen wir uns erstmals in den Garten des kleinen Restaurants an der Nordseite und trinken etwas, bevor wir uns auf die Weiterreise nach Danzig (Gdansk) machen.
Eigentlich kann man die grossartige Marienburg nicht beschreiben - man muss sie gesehen haben!
Aufbruch: | 30.08.2015 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 20.09.2015 |
Polen